Taito Egret 2 Mini - Test, Hardware, Arcade
Den Spielhallen-Pionier kennt wohl jeder passionierte Gamer: Die Japaner haben 1978 mit Space Invaders Spielegeschichte geschrieben und damit einen der ikonischsten Titel der Videospiel-Frühzeit auf dem Kerbholz. Wenngleich die Geschichte von der Space-Invaders-induzierten 100-Yen-Münzen-Knappheit im Land wohl ins Reich der Mythen gehört, ist das frühe Einer-gegen-alle-Shoot’em-Up einer der prägendsten Titel jener Ära – und lieferte mit seinen ikonischen Pixelfeinden eines der Motive schlechthin, das auch heute sinnbildlich für Videogames steht. Seit 2005 gehört Taito zu Square Enix, die Firma betreibt heute immer noch zahlreiche Arcade-Tempel im Land und hat mit Bubble Bobble und dessen Blasen-Platzer-Spinoff Puzzle Bobble mindestens zwei weitere Lieblingsspiele in seinem reichhaltigen Markenportfolio. Gut, dass wir das geklärt haben: Taito kennt man also.
Wie nerdig willst du sein? Taito: Ja.
Und nun gibt den schon immer mit vielen unterschiedlichen Games bestückten Automaten Egret 2 im Hosentaschenformat – die Mini-Konsolen-Fans unter euch erinnert der Look der kleinen Plastikkiste an das Neo-Geo Mini oder das Astro City Mini, zwei andere Klein-Konsolen der letzten Jahre, die auf ein ähnliches Konzept mit integriertem Bildschirm und Mini-Stick plus -Buttons setzten. Doch wie unser Bildvergleich zeigt ist das Egret 2 Mini ein Riese unter den Zwergen. Es ist deutlich wuchtiger (Maße: 15 x 20 x 21 cm, Gewicht: 1.130 g) als die Konkurrenten und punktet natürlich auch mit einem größeren Screen (Größe: 5 Zoll, Format: 4:3, Auflösung: 1024 x 768) sowie Stick und Knöpfen, mit denen man auch in der Praxis lange zocken kann, ohne sich die Finger zu verkrampfen.
Gar nicht so klein!
Überhaupt ist das Egret 2 Mini schnörkellos und klug konzipiert: Auf der Geräte-Unterseite befindet sich ein kleiner Drehschalter, um beim Joystick zwischen 4-Wege- und 8-Wege-Betrieb umzuschalten, und an der Rückseite findet ihr alle wichtigen Anschlüsse: Kopfhörer-Buchse, Strom via USB-C, HDMI (für den 720p-Output am TV), zwei USB-Ports für die Controller und natürlich den Ein/Aus-Schalter. Wer nicht über HDMI zockt oder Kopfhörer anschließt, dem dudelt der etwas blecherne, aber noch erträgliche Sound aus zwei kleinen Front-Lautsprechern entgegen. An der rechten Gerätseiten ist dann noch ein SD-Kartenslot, über den ihr den Arcade-Zwerg mit zusätzlicher Software füttern könnt.
Das Menü für die 40 installierten Games ist ausgesprochen schlicht, erwartet also keine stylischen Gimmicks, museale Features oder ähnliches. Es gibt immerhin englische Texte, je fünf Lautstärke- und Bildhelligkeits-Stufen, eine Wallpaper-Funktion für die HDMI-Ausgabe in 16:9 sowie eine Funktion namens "Filter". Ganz wichtig: Ist diese auf "on", dann ist das Bild sowohl auf dem verbauten Screen als auch via HDMI knackscharf und pixelgenau. Schaltet ihr den Filter auf "off", dann liegt ein dezenter Unschärfe-Effekt über dem Bild, was so ziemlich genau gar keinen Vorteil bietet. Neben einer Sortier-Funktion der 40 Games und einem aktivierbaren Favoriten-Sternchen für eure liebsten Titel war es das auch schon! Wie gesagt: schnörkellos, aber funktionabel das Teil. Ach ja: Es gibt drei Spielstände für jedes Game; und während der Action leider keine Option, aufs Menü zuzugreifen – wer also die Lautstärke ändern will, muss das Spiel speichern, verlassen und anschließend neu starten. Kein Beinbruch, aber unkomfortabel.
Einmal querbeet durch alle Genres
Starten wir mit dem Blasenschuss-Klassiker Bubble Bobble: Kennt jeder, mag (gefühlt) jeder und kann man auch heute noch richtig gut spielen – und die Nachfolger/Spin-offs Rainbow Islands Extra, Bubble Memories und Bubble Symphony sind auch am Start. Spielerisch ähnlich gelagert, also auch ein Action-Plattformer mit Ein-Screen-Stages, ist Don Doko Don, wo bis zu zwei Holzfäller-Papa-Schlumpfs gegen niedlich Pilz-Boys, Maus-Mädels und Steinwichtel kämpfen. Eine zuckersüße Sause! Wer Lust auf ein bisschen Spielegeschichte hat, der studiert die sehr frühe Anime-Versoftung Lupin the Third von 1980 (nur echt mit Teleportfunktion!), oder springt und taucht mit Pirate Pete (1982) in ein Abenteuer ein, das nicht nur spielerisch an Pitfall! erinnert, sondern auch im selben Jahr erschien.
Natürlich sind auch seitlich scrollende Straßenklopper am Start: The Ninja Kids setzt auf schrille Figuren, ulkige Animationen und einen Mix aus Nah- und Fernkampf, Runark bietet schmuddelige Gang-Hintergründe und vier abgedroschene Haudraufs mit unterschiedlichen Statuswerten. Und dann gibt es da noch die stylische Raumschiff-Knobelei Outer Zone, die euch mit optisch anspruchsvollen Level-Layouts foppt, oder Kiki Kaiki, den Vorgänger der feudalen Tempel-Schießerei Pocky & Rocky. Aber bevor ich jetzt noch die rechtlichen 30 Games vorbete, nehmt gerne folgendes Fazit mit: Nicht alle Games sind spielerisch super oder gut gealtert, aber vieles davon ist extrem spannend und man verbringt Stunde um Stunde mit dem bunten Ausprobieren. Da stört es auch fast nicht, dass etliche Titel nur im japanischen Original am Start sind – Story-Verständnis ist nämlich nur selten gefragt.
Drehwurm
Nächster Punkt: der Arcade-Controller. Obwohl schon der im Gerät verbaute Stick und die Buttons für eine Mini-Konsole ziemlich ordentlich sind, stellt der separat erhältliche Arcade Stick ein sinnvolles und gewichtiges Upgrade dar. Dessen Basis ist angenehm schwer und die für einen Arcade Stick natürlich immer noch geringe Größe stellt kaum ein Problem dar. Antirutsch-Pads an der Unterseite sorgen für einen festen Sitz auf der Tischoberfläche und der Stick ist richtig gut; beim Dauerzocken hat mich lediglich die Klapper-Lautstärke der Buttons gestört, das kann auch schon mal andere Menschen im Raum auf Dauer nerven. Das kann euch mit dem Egret-2-Mini-Gamepad nicht passieren: Das Sechs-Button-Pad, natürlich auch in passendem Pink-Weiß gehalten, erinnert spürbar an den ollen Mega-Drive-Controller – und es überzeugt durch gute Knöpfe und ein präzises Steuerkreuz, das zwar etwas schwammig wirkt, seinen Dienst aber super verrichtet.
Das Taito Egret 2 Mini ist – anders als Segas Astro-City-Automat – offiziell in Europa erhältlich, und zwar über den Publisher Strictly Limited Games. Die Basic-Variante gibt es exklusiv im Online-Shop des mit Strictly Limited verbandelten Spiele-Labels Games Rocket, für 199 Euro. Außer Anleitung, USB-C-Kabel, HDMI-Strippe und den 40 im Gerät enthaltenen Games liegt dann aber sonst nix bei. Für 35 Euro gibt es bei Games Rocket das Gamepad, für 90 Flocken den "Control Panel" getauften Arcade Stick, das "Paddle and Trackball Game Expansion Set" inklusive zehn Spielen kostet 120 Euro. Kurz zusammengerechnet: Für unser Test-Bundle zahlt man, einzeln zusammengestellt, also 444 Euro!
Wo kaufen, und zu welchem Preis?
- Adventure Canoe (1982)
- Bubble Bobble (1986)
- Bubble Memories (1995)
- Bubble Symphony (1994)
- Cadash (1989)
- Chack‘n Pop (1983)
- Dan Ku Ga (1994)
- Darius Gaiden (1994)
- Don Doko Don (1989)
- Elevator Action (1983)
- Elevator Action Returns (1994)
- Gun Frontier (1990)
- Halley‘s Comet (1986)
- Hat Trick Hero (1990)
- Kaiser Knuckle (1994)
- Kiki Kaikai (1986)
- Kyukyoku Tiger (1987)
- Lunar Rescue (1979)
- Lupin the Third (1980)
- Metal Black (1991)
- Mizubaku Adventure (1990)
- Outer Zone (1984)
- Pirate Pete (1982)
- Puzzle Bobble 2X (1995)
- Qix (1981)
- Raimais (1988)
- Rainbow Islands Extra (1988)
- Rastan Saga (1987)
- RayForce (1994)
- Runark (1990)
- Scramble Formation (1986)
- Space Invaders (1978)
- Steel Worker (1980)
- Tatsujin (1988)
- The Fairyland Story (1985)
- The Legend of Kage (1985)
- The New Zealand Story (1988)
- The Ninja Kids (1990)
- Violence Fight (1989)
- Volfied (1989)
Bonus-Info 1: diese 40 Games sind auf dem Gerät
- Arkanoid (1986)
- Arkanoid -Revenge of DOH- (1987)
- Arkanoid Returns (1997)
- Birdie King (1982)
- Cameltry (1989)
- Marine Date (1981)
- Plump Pop (1987)
- Puchi Carat (1997)
- Strike Bowling (1982)
- Syvalion (1988)
Bonus-Info 2: diese 10 Spiele liegen der Paddle-Expansion bei
Fazit
Hier ist nicht nur der Preis premium: Das Taito Egret 2 Mini ist ein Traum für nerdige Arcade- und Retro-Fans (wie mich)! Das Gerät ist robust und wertig, die Controller-Addons ebenso – hier bekommt man Spielhallen-Feeling pur. Außerdem ist das Egret 2 Mini durchdacht: Der Bildschirm-Dreh ist ein mega Feature, das sich cool anfühlt und in der Praxis überzeugt, schön ist auch die Dauerfeuer-Funktion für die vielen Shoot’em-Ups. Natürlich ist nicht jedes olle Game gut gealtert, doch vieles davon ist mindestens kurios, interessant oder spielehistorisch relevant. Man hat richtig Lust, die mal seltsamen, mal ikonischen, mal zuckersüßen Titel stundenlang auszuprobieren – diese Mini-Konsole ereilt vermutlich nicht das Schicksal ihrer Konkurrenten, die man oft nur auspackt, bestaunt und dann ins Regal verfrachtet. Wer alles haben will und auch die kuriosen Games mit dem Paddle-Controller ausprobieren möchte, der muss über 400 Euro hinlegen – das ist natürlich viel Geld und verdammt nah dran am Preis von Xbox Series X oder PS5. Habt ihr so viele Euros übrig, empfehle ich das Bundle-Paket, das mit seinen Dreingaben für Glückseligkeit im Sammlerregal sorgt. Mit ein bisschen mehr Menü-Optionen, Software-Features und digitalen Goodies hätte das Egret 2 Mini unsere Best-Wertung abstauben können – aber auch so reicht es für ein verdientes "sehr gut".