Hi-Fi RUSH - Test, Action-Adventure, XboxSeriesX, PC
Ich nehme euch an dieser Stelle direkt die Spannung: Hi-Fi Rush ist für mich der erste Hit des Jahres. Und das liegt vor allem an der zentralen Spielmechanik der ansonsten eher klassischen Charakter-Action, die mich ab der ersten Minute mitreißt. Schläge, Kombos und Finisher, die mit ihren Verkettungen, Sprüngen & Co. direkt aus Devil May Cry stammen könnten, werden von Protagonist Chai nämlich auf den Beat von treibenden Rocksongs absolviert, die den Flow des gesamten Spiels bestimmen. Treffe ich mit meinen leichten und schweren Attacken den Beat oder pariere Schläge der Robo-Übelwichte im Rhythmus erhalte ich Boni in der Auswertung und kann Folge-Finisher auslösen, die ebenfalls auf den Takt ausgelöst werden können. Außerdem wird jeder Treffer auf dem Beat mit Applaus und einem Gitarrenlick belohnt. Was ist das nur für eine großartige, für eine tolle Idee – die gleichzeitig so naheliegend ist, dass ich mich frage, wieso noch nie jemand vorher darauf gekommen ist.
Eine richtig gute Idee
Schläge, Attacken und Paraden passieren ausschließlich auf den Zählzeiten der Songs, wobei ich leichte Angriffe auf jede, schwere Angriffe nur auf jede zweite Zählzeit ausführen kann. Durch diese klare Strukturierung werden Kombo-Timings oder Paraden herrlich eindeutig, da alles auf dem Beat passiert. Gleichzeitig bin ich natürlich auch Sklave des Metronoms – verlässt mich mein Taktgefühl, klappt im Kampf gar nichts mehr. Praktisch: Ich kann eine visuelle Hilfe einblenden, die mir im Stil klassischer Rhythmusspiele bei der Orientierung in der Musik weiterhilft.
Ein Robo-Arm, eine Gitarre, ein MP3-Player
Chai und seine Umwelt reagieren plötzlich auf den Beat der auf dem Gerät gespeicherten Songs – und der junge Rock-Fan muss sich mit einem Schlagwerkzeug in Form einer Flying V seinen Weg durch Vandelay-Roboter und den Vorstand des Konzerns prügeln, um von der Insel des Techriesen zu entkommen. Gleichzeitig gibt es aber auch noch ein Vandelay-KI-Geheimprojekt namens SPECTRA, das dringend aufgehalten werden muss. Chai ist ein trotteliger Gernegroß, der weder versteht, was mit ihm passiert, noch die Tragweite seiner Handlungen wirklich einordnen kann. Durch den generell eher lockeren Ton von Hi-Fi Rush fällt das aber nicht negativ auf, die absurden Dialoge und bescheuerten Situationen tragen eher zum großen Spaßfaktor dieser knallbunten Rhythmus-Klopperei bei.
Auf seiner Flucht trifft Chai auf die schusskräftige Hackerin Peppermint und ihre knuffige Robo-Katze 808. Die heißt nicht nur wie die legendäre Drum-Machine Roland TR-808 sondern macht auch nur Geräusche des berühmtesten Drum-Computers aller Zeiten. Eine tolle Hommage – und ein wirklich unheimlich herziger Sidekick. Peppermint kann – genau wie weitere, im Spielverlauf dazukommende Verbündete – per Tastendruck im Kampf von mir hinzugerufen werden, um etwa die Schilde von Vandelay-Bots zu zerbröseln.
Action mit knuffiger Robo-Katze
Nicht nur der Kampf, auch der generelle Spielablauf von Hi-Fi Rush orientiert sich nachhaltig am Vorbild Devil May Cry. Grundlegend teilt sich die Action in die Erkundung von Leveln und Kampfarenen auf. Die Erkundung schließt dabei kleinere Platforming-Passagen, Mini-Rätsel und Quick-Time-Events im Rhythmusspiel-Stil mit ein, während die Kämpfe meist in mehreren Phasen in kleineren Arenen absolviert werden. Das funktioniert gewohnt gut und fordert im späteren Spielverlauf mit variantenreichen Feinden. Mal muss zunächst ein Schild von Peppermint ausgeschaltet, mal erst eine Reihe von Attacken pariert werden, bevor Chai Schaden an den Robo-Kollegen anrichten kann. Das ist cool – nicht zuletzt, weil gerade die Paraden unheimlich befriedigend sind.
Das Comic-Geschwister von Devil May Cry
Genau wie im Vorbild kann Chai übrigens auch seine Lebens- und Energieleiste (die brauche ich für das Auslösen der explosiven Spezialattacken) mit mehrteiligen Sammel-Items aufwerten, zudem finden sich neben der Zahnrad-Währung sowie Gesundheits- und Energie-Items auch Upgrade-Bauteile in den Levels, die sich in Buff-Implantate umwandeln lassen.
Stilsicher ohne Ende
Von den trotteligen Vandelay-Bots und der drahtigen Peppermint über die Super-Bösewichte des Konzern-Vorstandes bis hin zur unfassbar herzige Robo-Katze 808: Ich liebe den Look und die Attitüde dieses quietschbunten Abenteuers. So muss Cel-Shading aussehen!
Fazit
Ey Bethesda, was ist das denn für ein Überraschungshit? Die unheimlich stilsichere Genre-Verquickung Hi-Fi Rush begeistert mit rhythmusbasiertem Kampf der Geschmacksrichtung Devil May Cry und verzückt mit witziger Story sowie einmalig charmantem Look. Dieses charakterstarke Action-Adventure mit guter Basis-Mechanik und genialem, spielerischen Twist ist für mich das bisher beste Spiel von Tango Gameworks, auch wenn gerade bei Leveldesign oder Bewegungs-Groove noch mehr drin gewesen wäre. Trotzdem sind die schweißtreibenden Beat-Duelle mit Vandelay-Bots, die guten Bosskämpfe und die humorvollen Dialoge eine farbenfrohe und mehr als willkommene Spaß-Ladung im grauen, norddeutschen Januar. Ach, und Microsoft: Falls noch mehr Spiele dieser starken Qualitätsliga bei euch in Entwicklung sind – ihr wisst, wo ihr mich findet.
Pro
- tolle Verbindung aus Action und Rhythmusspiel
- starke, stilsichere Kulisse
- charmante Charaktere
- grundsolider Action-Kern
- coole Bosse
- unterhaltsame Story
- leichter, lustiger Tonfall
- gutes Kampfsystem
- Katze kann gestreichelt werden
Kontra
- im Kern sehr nach an DMC und Co.
- starres Gerüst aus Erkungsabschnitten mit Kampfarenen
- Leveldesign manchmal etwas zu simpel
- Bewegungsgeschwindigkeit etwas langsam
- Soundtrack könnte prominenter sein
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