Dead Island 2 - Test, Action-Adventure, PlayStation4, PlayStation5, XboxSeriesX, PC, XboxOne

Dead Island 2
18.04.2023, Eike Cramer

Test: Dead Island 2

Zombiekalypse in der Stadt der Engel

Dead Island 2 (ab 19,00€ bei kaufen) ist ein Spiel, das wortwörtlich aus der Entwicklungs-Hölle zurückgekehrt ist. Nach dem Absprung von Techland, einem missglückten Versuch bei Yager sowie dem kurzen Intermezzo bei Sumo Digital wurde das Projekt 2019 den Dambuster Studios übergeben. Die hatten nach der Aquise durch Deep Silver zwar Homefront: The Revolution, aber eben keinen echten Hit auf dem Kerbholz. Entsprechend gering war meine Erwartungshaltung gegenüber der Zombie-Schnetzelei, die nach zehn langen Jahren endlich auf PC und Konsolen schlurft.

Tatsächlich ist das bis zu den Knien im Pixelblut stehende Zombie-Killer-Abenteuer zu Release aber nicht nur in einem erstaunlich guten Zustand, sondern konzentriert sich auch sehr konkret aufs Wesentliche: Zombies mit maximalem Gewalteinsatz in ihre Einzelteile zu zerlegen. Genau wie der Vorgänger – und die Dying-Light-Reihe von den Serien-Begründern von Techland – ist Dead Island 2 im Kern ein nahkampflastiges Action-Rollenspiel aus der Ego-Perspektive. Mit improvisierten Waffen, Elektro-Axt, Schrott-Säbel und Wolverine-Klaue werden die Untoten in den Straßen von LA mit Vollkontakt direkt zurück in die Hölle befördert. Und das wird bis zur absoluten Gnadenlosigkeit maximal brutal inszeniert.

Ein LA River voller Pixelblut

Das sonnige LA wird von einer Zombie-Plage heimgesucht.
Da werden mit Hiebwaffen Löcher durch Zombie-Köpfe gestanzt, Gliedmaßen mit sprühenden Blutfontänen vom Torso gerissen, faulige Haut mit Flammen und Säure von den verwesenden Muskeln geschält und Unterkiefer aus untoten Gesichtern geprügelt. In akribischer Kleinarbeit wird die Verteilung von Zombie-Innereien und Gehirnen inszeniert oder per Finisher der Zombie-Schädel gespalten, während Messer oder Degen einigermaßen akkurate Schnittspuren durch Haut und Gewebe ziehen. Aber nicht nur Zombies werden zerlegt: In einer Zwischensequenz wird einem lebenden NPC von einem Muskelprotz-Zombie der Kopf direkt vor den Augen der Spielfigur regelrecht auseinandergerissen – spritzendes Gehirn, platzende Augäpfel und intensiver Kamera-Zoom auf die noch zuckenden Überreste inklusive.

Brachial-Zerhackung: Das wäre vor ein paar Jahren wohl noch im BPJM-Giftschrank verschwunden.
Klingt euch jetzt etwas zu eklig? Dann ist Dead Island 2 kein Spiel für euch. Ja, die karmesinroten Splatter-Flüsse in den Straßen sind knallbunt und völlig over the top inszeniert und die Welt von „HelLA“, wie Dambuster seine von Zombies überrante Stadt der Engel im bisher schlimmsten PR-Wortspiel des Jahres nennt, ist sarkastisch, albern und vor allem durch „Spaß“ geprägt. Trotzdem wäre dieses Schlachtfest, genau wie Teile der Dead-Rising-Reihe, noch vor zehn, 15 Jahren gnadenlos wegindiziert worden. Nicht missverstehen: Ich finde es richtig gut, dass heutzutage eine völlig sinnlose Minimal-Entschärfung (Leichen am Boden können nicht zerlegt werden) reicht, um ein 18er-Siegel zu bekommen. Wen die pure Lust an der allumfassenden, digitalen Gewalt gegenüber hirnlose Zombiescharen aber eher abstößt, der sollte einen größeren Bogen um Dead Island 2 einschlagen.

Zombie-Zerhackung, das Videospiel

Alle anderen, mich eingeschlossen, bekommen dafür eines der belohnendsten Treffer-Feedback-Systeme der Zombie-Schnetzel-Geschichte. Ja, das Remake von Dead Space war schon richtig gut was taktische Zerstückelung angeht – aber Dead Island 2 ist schlicht besser. Abgehackte Beine sorgen für Kriech-Zombies, abgetrennte Arme für weniger angriffslustige Schläger-Brocken. Dazu kommt ein einfaches, aber herrlich effektives Elementar-System mit Wasser, Strom, Säure und Feuer. An vielen Stellen in der Welt können Ölfässer, Benzinkanister und Co. genutzt werden, um die untoten Horden in feurige Falle zu locken. Schwimmbäder mit Säure-Füllung lösen das Problem ebenfalls sehr elegant, während man mit der Kombination aus Strom und Wasser ganze Straßenzüge elektrisieren kann, wenn man den Kanistern nur ausgiebig genug auskippt. Das ist sehr unterhaltsam - nicht zuletzt, weil man den Zombies eben auch ansieht, was man ihnen antut. Zugegebenermaßen könnten einige der Meinungsverstärker mehr Wucht mitbringen und fuchteln etwas kraftlos vor der Kamera herum, der Effekt am Feind ist aber fast immer herrlich brachial. Irgendwann kommen dann auch noch Schusswaffen zum Arsenal hinzu, die etwas mehr Distanz in die Auseinandersetzungen bringen – und ebenfalls mit wunderbar brachialem Trefferfeedback aufwarten.

Die Fratze des Todes - die Gesichter sehen dank Unreal Engine 4 echt ordentlich aus.
Der Schnetzelei liegt wie üblich ein Action-Rollenspiel-System zugrunde. Gegner und Charakter haben Level, die eine grobe Information über das Kräfteverhältnis parat halten. Waffen werden gewohnt farbcodiert nach Level und Seltenheit geordnet, was Einfluss auf Stärke, Fähigkeiten und Spezialslots hat. Es gibt ein solides Crafting-System, mit dem Upgrade-Blaupausen via Werkbank an den aufgesammelten Waffen-Schrott geschraubt werden können, die dann entsprechend Elementarschäden und Werte verändern. Außerdem gibt es noch herstellbare Verbrauchsgegenstände wie Munition und Medipacks. Cool: Wurf-Waffen wie Molotowcocktails oder Rohrbomben sind per Cooldown reguliert. Das verringert die Haushaltsaufgaben im Inventar, sorgt aber für taktischere Momente – weil man eben bei einem Boss keinen Granatenhagel entfesseln kann, sondern seine Ressourcen einigermaßen gezielt einsetzen muss.

Das unvermeidbare Action-Rollenspiel

Zusätzlich zu den Waffen gibt es im Charakter-Menü noch Fähigkeitenslots die mit freigeschaltete Skill-Karten bestückt werden. Neben den zwei persönlichen Fähigkeiten der fünf Spielfiguren, von denen man sich zu Beginn für eine entscheiden muss, gibt es passive Schadens-Boosts, die auf Spielsituationen angepasst werden können; etwa, wenn man seinen Charakter auf das Abtrennen von Zombie-Extremitäten spezialisiert. Auch aktive Fähigkeiten wie Block oder Ausweichen, Dropkick-Varianten oder Stun-Attacken gibt es. Im weiteren Spielverlauf kommt dann auch noch eine Zombie-Raserei dazu, während der man in übermenschlichem Blutrausch die untote Brut händisch in ihre Einzelteile zerlegt. Die Charaktere fungieren hier im Grunde als Klassen-Variante – Jacob hat mehr Lebensenergie, die Punkrock-Lady Dani mehr Ausdauer.

Apropos Bosse: Die sind nett bis lustig inszeniert, zumeist aber nicht ganz so einzigartig wie es zunächst wirkt. Die schlagkräftige Boss-Braut aus dem ersten richtigen Endgegner-Stelldichein wird in verschiedenen Variationen zu einem normalen Zwischengegner, der oft am Ende von Zombie-Wellen auftritt. Ähnliches gilt für weitere Alpha-Zombies. Dadurch wiederholt man oft eine bestimmte Form des Kampfes, was die Boss-Schlachten etwas entwertet und auf die Dauer auch ermüdet.

Gibt’s auch ne Story?

Falls ihr euch jetzt fragt ob es eigentlich auch eine Story bei Dead Island 2? Ja, naja, schon. In LA ist die Zombie-Apokalypse ausgebrochen, der eigene Spielercharakter schmiert gemeinsam mit einem B-Movie-Sternchen samt Assistenten mit dem letzten Evakuierungsflug ab und muss sich zu Fuß bis Bel Air durchschlagen. Hier stellt sich heraus, dass man selbst immun ist – und eventuell mit den Behörden Kontakt aufnehmen sollte. Der Ton der Handlung ist eher humorvoll angelegt und nimmt die reichen und schönen der Hollywood-Glitzerwelt auf die Schippe – allerdings ist die obercoole deutsche Übersetzung schon in Textform kaum zu ertragen. Immerhin wurde auf eine entsprechende Vertonung verzichtet, so richtig stark ist das Gebotene aber nicht. Immerhin liefert die Handlung aber immer wieder Gründe, quer durch LA zu ziehen, etwa um Forscher am Pier von Santa Monica zu treffen.

Die Waffen können an Werkbänken repariert, modifiziert und aufgerüstet werden.
Dead Island 2 setzt übrigens nicht auf eine offene Welt. Stattdessen ist LA in kleinere Abschnitte unterteilt, die per Ladezeit verbunden sind - darunter Straßenzüge in Bel Air, Filmstudios oder die Kanalisation. Dieser Fokus ist für den Spielfluss aber durchaus förderlich, zumal die Hauptmissionen recht linear durchs Spiel führen. Nebenaufgaben und Beute gibt es in den kleineren Arealen zudem zur Genüge, sodass ich eine echte Open World zu keinem Zeitpunkt vermisst habe. Stattdessen finden sich in den Gebieten immer wieder kleine Rätsel oder witzige Elementar-Kombo-Rätsel, die ein bisschen Abwechslung zum allgegenwärtigen Splatterfest bieten. Denn, sind wir mal ganz ehrlich – so richtig viel mehr bietet Dead Island 2 nicht. Alles ist auf die brachiale Zombie-Zerlegung ausgerichtet, was der Action einen guten Fokus aufs Wesentliche gibt. Insgesamt ist das aber für ein Vollpreis-Spiel auch etwas wenig verrottendes Fleisch auf den Knochen, denn der Gewalt-Effekt zeigt spätestens nach der Hälfte der rund 20-stündigen Kampagne erste Abnutzungserscheinungen.

Technik? Ordentlich!

Technisch ist Dead Island 2 auf dem PC durchaus konkurrenzfähig – dank der Unreal Engine 4 und einer ordentlichen Optimierung. Gerade die Figuren, egal ob lebend oder untot, überzeugen mit fein modellierten Gesichtern, guten Animationen und detaillierten Kleidungs-Materialien. Auch die Umgebungen und Waffen werden stimmig in Szene gesetzt, besonders Flüssigkeiten sehen oftmals erstaunlich gut aus. Einzig die Sichtweite ist nicht besonders hoch und sorgt für ein unscharfes Flimmern in der Ferne – dies es aber ohnehin nur selten zu bestaunen gibt. Schön ist, dass das brachiale Abenteuer einen Mehrspieler-Modus mitbringt, man sich also mit bis zu drei weiteren Zombie-Slayern durch Los Angeles hacken kann. Nicht so schön ist, dass es keine Crossplay-Möglichkeiten zwischen den Plattformen PC, PS4 / 5 und Xbox Series X / One gibt. Auch ein lokaler Splitscreen-Multiplayer ist leider auf keiner Plattform möglich.

Fazit

Insgesamt besser als befürchtet: Dead Island 2 ist ein brachialer Zombie-Schlitzer mit ordentlicher Technik – und damit der zehn Jahre währenden Entwicklungshölle und vielfacher Entwickler-Wechsel einigermaßen schadlos entkommen. Der lockere Ton, die teils gute Technik und ein ganzer LA River voller Pixelblut machen die Zombie-Schnetzelei dann auch noch zu einem ordentlich unterhaltsamen Hirn-aus-Slasher, der jenseits der auch zu viert spielbaren Splatter-Orgie allerdings kaum Mehrwert mitbringt. Wer hier eine tiefgreifende Handlung, vielschichtige Charaktere oder mehr als einen sarkastisch-oberflächlichen Sozialkommentar der LA-Glitzerwelt erwartet, der rechnete vermutlich auch mit einem Oscar für das Snyder-Werk Army of the Dead. Dead Island 2 ist solide, blutige, kompromisslose Splatter-Unterhaltung ohne großen Anspruch. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Pro

  • totale Zombie-Zerhackung
  • gute Kulisse
  • solider Fokus aufs Wesentliche
  • solides Action-Rollenspiel
  • Vier-Spieler-Koop

Kontra

  • Story nicht der Rede wert
  • wenig mehr als stumpfe Action
  • per Ladezeit verbundene Gebiete
  • schlimme deutsche Texte
  • manchmal etwas zu "lustig"

Wertung

XboxSeriesX

Stumpf, blutig, brachial - nach zehn Jahren Entwicklungshölle ist Dead Island 2 ein guter, stumpfer Action-Snack ohne Anspruch oder Story-Highlights.

PC

Stumpf, blutig, brachial - nach zehn Jahren Entwicklungshölle ist Dead Island 2 ein guter, stumpfer Action-Snack ohne Anspruch oder Story-Highlights.

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Kommentare
HELLJOE

Das Spiel ist nicht verkehrt...

Hab lange gebraucht um reinzukommen.

Hab dann nochmal mir nem anderen Char neu gestartet und jetzt läuft es

Star den Spieles ist definitiv das FLESH System. Ich staune oft, wie sich die Zombies Zerlegen und Verletzen Lassen

vor 8 Monaten
GoodOldGamingTimes

So ne gute Wertung? Heißt wohl das Holz diesmal brennt.

Hatte mit dem ersten viel Spaß. Sobald es auf Steam erscheint wird zugeschlagen.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
FroZ3nObi

Ich bin nun 5 Stunden ca im Spiel und hab wirklich viel Spaß. Klar ist das eher was, ohne groß die Gehirnzellen anstrengend zu müssen. Aber die Erkundung der Umgebung macht sehr viel Spaß , die Nebenquest sind echt Unterhaltsam und erinnern an GTA. Bei der Hauptquest brauch man aber nicht viel erwarten. Positiv ist auch das leveldesign mal ohne Open World auskommt.
Ingesamt ist das Spiel vom Look and feel sehr rund und wirkt wie aus einen Guss. Feine Technik und knackige Steuerung.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
PhotoFox

Würde ich auch sehr empfehlen Gameplay technisch liegen da für mich persönlich Welten zwischen Dead Island 2 und Dying Light 1 und vor allem 2. Ich finde gerade die Erkundung, Parkour und das entdeckt von Orten zb gefährlichen Laboren etc sehr spannend DL2.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
Todesglubsch

Also die ersten paar Minütchen gefallen mir deutlich besser als Dying Light 2. Flüssiger, knackiger, nehmen sich selbst nicht so ernst.
Aaaaaber: Ich müsste Dying Light 2 noch einmal anschauen. Da sind mittlerweile so viele Patches reingeflossen, dass es mich nicht wundern würde, wenn auch DL2 sich mittlerweile deutlich fluppiger spielt.

vor einem Jahr