Star Trek: Resurgence - Test, Adventure, PC, PlayStation4, XboxOne

Star Trek: Resurgence
26.05.2023, Jan Wöbbeking

Test: Star Trek: Resurgence

Adventure-Perle oder Technik-Unfall?

Star Trek: Resurgence (ab 24,99€ bei kaufen) bringt das filmisch inszenierte Adventure in Gene Roddenberrys Science-Fiction-Universum. Neue Helden und alte Bekannte ringen in einem Konflikt zwischen zwei einst verbündeten Zivilisationen um Entscheidungen und ihr Ego. Im Test überprüfen wir, ob das rund zehn Jahre alte Telltale-Konzept nach wie vor aufgeht - oder ob die Geschichte am Rande eines Ionensturms zu sehr unter der schwachen Technik leidet.

Die unbeschwerte Aufbruchstimmung zwischen Protagonist Carter (rechts) und seinen Kolleginnen Edsilar (links) und Miranda (Mitte) währt nicht lange.
Hinter den Machern von Star Trek: Resurgence stecken alte Bekannte: Mehr als 20 ehemalige Telltale-Entwickler, Autoren, Produzenten und Designer arbeiten für das neue Studio Dramatic Labs. Darunter befindet sich auch der Gründer und ehemalige CEO Kevin Bruner. Kein Wunder also, dass der Spielablauf mit seinem Fokus auf Entscheidungen statt Rätseln stark an Vorbilder wie The Walking Dead erinnert. Trotz der bekannten Formel liefern die Macher diesmal keine Episoden, sondern ein vollwertiges Abenteuer mit über zehn Stunden Spielzeit ab. Eine gute Entscheidung! So kann ich mich ausgiebig an all die gut ausgearbeiteten neuen Charaktere gewöhnen, von denen sich einige erst kennenlernen.

Star Trek: Resurgence - Der perfekte Sturm?

Da wäre zum Beispiel Commander Jara Rydek mit ihrer vorbildlichen Laufbahn. Als Außenseiterin in der Führungsposition als First Officer muss sie sich dennoch erst einmal beweisen. Nach einem Unglück wird sie mitten in einem Ionensturm auf die USS Resolute beordert, um einem ungewöhnlichen Konflikt zweier benachbarter Völkern auf den Grund zu gehen. Zwischendurch wechselt die Geschichte zu Unteroffizier Carter Diaz aus dem Maschinenraum, der die Handlung aus einer zweiten Perspektive vorantreibt. Die Story spielt nach den Ereignissen aus Star Trek: The Next Generation.

Spock hilft in Notlagen oft mit pragmatischen Geistesblitzen.
Irgendetwas stimmt nicht an diesem Konflikt, in dem die Sternenflotte eigentlich als neutraler Vermittler auftreten sollte. Warum sind die technisch hoch entwickelten Alydianer so eingeschüchtert von den primitiveren aufständischen Hotari-Arbeitern? War der Ionensturm der ideale Vorwand, um die ehemaligen Betreiber zu überrumpeln? Oder steckt mehr hinter den gut bewachten Minen auf dem Hotari-Mond Tau? Zu allem Überfluss gehörte auch die Sternenflotte zu den Dilithium-Abnehmern der Alydianer und ist somit nicht wirklich neutral. All dies gilt es bei den Verhandlungen auf Hotari zu berücksichtigen.

Geheimnisvoller Konflikt

Vielfältige Beziehungsgeflechte und neue Bekanntschaften werden hier wunderbar weitergesponnen. Unter den Hotari findet sich beispielsweise die hohe Diplomatin Tylas Altaras. Sie ist mit den aktuellen Machtverhältnissen überhaupt nicht einverstanden und eröffnet Jara mithilfe von Ablenkungsmanövern neue Wege. Auch mögliche Intrigen zwischen Carters Kolleginnen Edsila und Miranda wecken schnell meine Neugier. Aus welchem Grund startet Unteroffizierin Miranda plötzlich geheime Ermittlungen hinter dem Rücken ihrer Freunde? Ihr Verhalten wirkt reichlich verdächtig, vor allem nach ihren romantischen Avancen gegenüber Carter.

Shuttleflüge und zahlreiche Minispiele steuern sich allesamt ziemlich steif.
Jara wiederum muss sich in Abwesenheit von Captain Solano auf der Brücke beweisen, um später knifflige Gewissensentscheidungen zu rechtfertigen. Wie in alten Telltale-Spielen können auch hier nicht alle gerettet oder glücklich gemacht werden. So zum Beispiel, wenn Jara entscheiden muss, ob sie bei einer kritischen Transporter-Evakuierung an den Instrumenten bleibt oder einem zuckenden Crewmitglied hilft, das wortwörtlich unter Strom steht. Auch ihre Beziehung zum opportunistischen Captain oder zum vordergründig mürrischen Commander Westbrook machen die Entscheidungen interessant. Im Hintergrund unterstreicht ein serientypischer orchestraler Soundtrack die Dramatik.

Entscheidungen über Entscheidungen

Alles andere als spannend sind hingegen die meisten eingestreuten Minispiele. Das simple Einstellen von Instrumenten, Kurven oder Lichtstrahlen erinnert eher an Malen nach Zahlen als an ein anspruchsvolles Adventure. Klassische Rätsel gibt es kaum. Stattdessen warten kurze Schleich- und Deckungsshooter-Passagen mit recht hölzerner Steuerung, etwa bei der Erkundung von Minen. Auch Scan-Aufgaben mit dem Tricorder wie die Suche nach DNA-Proben für ein Türschloss werden schnell öde. Immerhin passen sie in den Kontext der Ermittlungen. Auch das etwas schwammige Steuern der Fähre durch den blitzenden Ionensturm gehört zum Programm.

Auch Schießereien und Schleichpassagen wirken meist aufgesetzt.
Während die Momente im Weltraum zumindest stilistisch die Star Trek-Atmosphäre einfangen, stören zu Fuß viele kleine technische Mängel. Dazu gehören struppige Haare, reichlich steife Animationen und grobe Texturen, die manchmal Erinnerungen an alte SD-Konsolen wecken. Für unseren Test habe ich die Playstation 4-Version gespielt. Selbst im Vergleich zu anderen PS4-Titeln wirkt das Ergebnis aus der Unreal Engine 4 ungewöhnlich altbacken. Bei Szenenwechseln kommt es sogar zu kurzen Zuckungen der Charaktere. Oder sie verschlucken Dialoge, um andere Passagen gleich zweimal herunter zu rattern. Aktiviert also möglichst Untertitel, um ja nichts zu verpassen! Schade, denn eigentlich wirkt die englische Vertonung angenehm professionell. Eine deutsche Synchro fehlt allerdings.

Technisch nicht auf der Höhe

Enttäuscht war ich auch von der schlichten Präsentation der Entscheidungs- und Beziehungsdiagramme. Nachdem ich im brillanten Detroit: Become Human sehr frei mit multiplen Handlungsverläufen experimentieren konnte, gibt es hier nur relativ einfache Übersichten. Sie zeigen mir immerhin, wie meine Entscheidungen bei bestimmten Figuren ankamen. Manche Statistiken und Entscheidungen anderer Spieler gibt es sogar nur in einem ausgelagerten, teils fehlerhaft umgesetzten Browser-Portal zu sehen. Voraussetzung ist auf der PS4 die Verknüpfung des Playstation-Accounts.



Fazit

Endlich kehrt Star Trek wieder zu seiner klassischen Formel zurück. Ich war regelrecht verblüfft, wie gut Story und Inszenierung die typische Tiefenentspannung der TV-Serienvorbilder transportieren. Ein wichtiger Faktor dafür sind die sympathischen neuen Charaktere und bekannte Gesichter wie Botschafter Spock. Wir sind tatsächlich an einem Punkt angelangt, an dem mich Videospiele im Star-Trek-Universum (und bei Star Wars) erzählerisch überzeugender in ihre Welt befördern als aktuelle Filme und Serien. Welch wichtige Rolle dabei persönliche Einschätzungen spielen, beweisen die ehemaligen Telltale-Entwickler auch beim Nachfolgestudio Dramatic Labs. Rund um den ungewöhnlichen Konflikt halten zahlreiche Entscheidungen meine Neugier geschickt aufrecht, auch wenn die Verzweigungen weit weniger modern umgesetzt sind aus als im genialen Detroit: Become Human. Die Traditionstreue bringt aber auch spielerische Altlasten mit sich, die mich schon in Adventures wie dem faden Batman: The Telltale Series regelmäßig störten. Minispiele, Tricorder-Suchaufgaben oder die hakelige Schleich-Action wirken meist aufgesetzt. Ein paar eingestreute Kopfnüsse wie in klassischen Adventures wären mir deutlich lieber gewesen. Der größte Schwachpunkt ist aber die technische Umsetzung mit unscharfen Texturen, zuckenden Figuren oder sogar verschluckten Dialogzeilen. Sei’s drum. Wenn mich die filmreife Inszenierung derart gut unterhält, können mir auch die vielen kleinen Macken den Spaß nicht wirklich verderben. Wer Lust auf Science Fiction alter Schule hat, ist bei Star Trek: Resurgence an der richtigen Adresse!

Pro

  • klassische Star-Trek-Atmosphäre
  • serientypisch entspannter Erzählrhythmus
  • sehr sympathische Charaktere mit Ecken und Kanten
  • unterhaltsame Story um Konflikte und Ionensturm
  • viele glaubwürdige Entscheidungsmomente
  • professionelle (englische) Sprecher
  • ordentlicher Umfang von über zehn Stunden

Kontra

  • viele kleine Grafik
  • und Sound-Glitches
  • Kulisse und Animationen rundum altbacken
  • simple, umständlich ausgelagerte Entscheidungsübersicht
  • überwiegend fade Such
  • und Minispiele
  • fast keine fordernden Rätsel

Wertung

PlayStation4

Sympathische Charaktere und spannende Entscheidungen schaffen klassisches Star-Trek-Flair – trotz vieler kleiner technischer und spielerischer Macken.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
flozn

Krass hohe Wertung hier. Die Grafik ist derart primitiv und lieblos, das wäre nicht einmal vor 20 Jahren als hübsch durchgegangen. Spielerisch? Telltale für Arme. 5/10 (Trekkie-Bonus bereits inkludiert.)

vor einem Jahr
gEoNeO

Hm, also abgesehen von Discovery, fand ich sowohl Strange New worlds, als auch Picard Season 3 zuletzt sehr ordentlich. Neue Star Trek Filme sind mir nicht bekannt, also da stimmt das mit den besseren Spielen schon mal nicht. Zumal ST Spiele ziemlich rar sind in letzter Zeit.

Und auch das hier scheint wohl ok, aber mehr auch nicht, hätte man wohl besser ne Visual Novel draus gemacht.

Ach so sind die Zeiten von Elite Force, Hidden Evil und Armada nur hin...

Armada 1 & 2 waren für mich die besten Ableger im ST Universum. Birth of federation war auch ziemlich gut. Man waren das Zeiten.

vor einem Jahr
kamm28

Wenn es jetzt noch einen vernünftigen PC-Release gegeben hätte, würde ich sogar über einen Kauf nachdenken.
Dann eben nicht.

vor einem Jahr
crazillo87

Es gab so lange keinerlei Star Trek-Spiele mit immersiven Anspruch mehr, dass ich sogar in Dreams Teil eines großen Teams bei Project Enterprise D war, damit man dieses Gefühl in einem Fanspiel endlich einfängt (die Enterprise erkunden, Charaktere treffen, kleine Quests, Shuttle-Flüge, sowas). Es freut mich total, dass es endlich auch wieder ein richtiges Star Trek-Spiel gibt, dass dies offensichtlich gut schafft.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
Resistanc3

Das Spiel wurde hier offenbar nicht unbedingt unterbewertet.
Das kann man sicherlich so und so sehen...mir hat es wie gesagt gefallen und ich denke 7/10 ist hier trotz der ganzen Schwächen die richtige Wertung. Bei so ziemlich jedem Aspekt dieses Spiels wäre zweifelsfrei deutlich mehr drin gewesen, aber trotz der ganzen Verfehlungen ist das Gesamtpaket, für alle die diesen Kram mögen, deutlich besser als die einzelnen Teile...die 26€, die ich bezahlt habe, fühlen sich im nachhinein gut investiert an und das ist bei den ganzen Games, die ich kaufe und nach kurzer Zeit weglege, für mich persönlich durchaus was...

vor einem Jahr