Layers of Fear (2023) - Test, Adventure, XboxSeriesX, PC, PlayStation5

Layers of Fear (2023)
15.06.2023, Jan Wöbbeking

Test: Layers of Fear (2023)

Aufpolierter Abstieg in den Wahnsinn

Silent Hill 2 lässt zwar noch auf sich warten, doch Entwickler Bloober Team gönnt auch seinem eigenen Horror-Universum Layers of Fear einen weiteren Auftritt. Das psychotische Gruselabenteuer im surrealen Anwesen eines gescheiterten Malers sorgte 2016 für den Durchbruch des polnischen Studios. Die aktuelle Neuauflage ist eigentlich eine überarbeitete Spielesammlung. Sie fasst Teil 1, Teil 2 und alle DLCs zusammen, inklusive aufpolierter Grafik, neuem Sound, einer frischen Rahmenhandlung und neuer Mechaniken. Ob die Mischung aufgeht, überprüfen wir im Test der erzählerisch fokussierten Tragödie mit ihren ihren sich wild wandelnden Horrorkulissen.

Bloobers „Meisterstück“ in Form einer überarbeiteten Sammlung

Layers of Fear (zum Test) von polnischen Bloober Team bot 2016 eine anschauliche Umsetzung dafür, was es bedeuten kann, langsam aber sicher in den Wahnsinn abzudriften. Auch der Name der technisch aufgepeppten Neuauflage wirkt nicht besonders logisch. Sie heißt ebenfalls schlicht Layers of Fear, obwohl im Gesamtpaket auch Teil 2 (zum Test), alle DLC-Episoden, eine neue Rahmenhandlung und sogar neue Mechaniken enthalten sind. Sie alle wurden zu einem Gesamtwerk verknüpft, das sich nahtlos durchspielen lässt. Wer möchte, kann aus dem Hauptmenü aber auch in einzelne Episoden mit separatem Speicherstand starten (Maler, Tochter, Musikerin, Schauspieler). So lassen sich andere Entscheidungen ausprobieren und alternative Enden erreichen. Die Entwickler sehen in der Spielesammlung vermutlich das Meisterstück der Reihe, das diesmal übrigens größtenteils beim polnischen Studio Anshar entsteht. Bloober selbst ist vermutlich zu sehr mit Konamis Auftragsprojekt Silent Hill 2 beschäftigt.

Auch in der neuen Komplettfassung von Layers of Fear zeigt sich schon früh, dass die zahlreichen Botschaften, die auf Zetteln in dem verlassen wirkenden viktorianischen Anwesen verstreut sind, nichts Gutes verheißen. Nach einer kreativen Blockade sowie Konflikten mit Ehefrau und Bediensteten wandle ich als namenloser Maler durch mein Haus. Surreale Verwandlungen der Flure sorgen im Sekundentakt für Überraschungen. Vor meinen AUgen bauen sich immer neue Abschnitte des Horroranwesens auf. Ihre finstere Gestaltung spiegeln meinen Abstieg in innere Konflikte treffend wider.

Worum es im Einzelnen geht, möchte ich lieber nicht verraten. Mein Alter Ego ist jedenfalls getrieben von dem Gedanken, sein letztes großes Werk zu vollenden. Könnte es vielleicht doch noch alles zum Guten wenden? Schnell offenbart sich, dass Themen wie Entfremdung, künstlerischer Anspruch, Alkoholismus und klaustrophobische Schockmomente zwischen lodernden Flammen eine wichtige Rolle spielen. Ähnlich wie in Konamis legendärem Horrorfilm P.T. spielt die Umgebung ständig mit meinen Erwartungen. Nachdem ich mich vor einer verschlossenen Tür umgedreht habe, öffnen sich in dem eben noch leeren Gang neue Türen.

Die letzte Chance

Gelingt dem gebrochenen Maler doch noch ein letztes Opus Magnum?
Dahinter warten Unmengen grausiger Gemälde schmerzverzerrter Figuren. Oder übernatürliche Installationen wie bis zur Decke aufgetürmte Stuhlberge. Kaum schaue ich in die andere Richtung, haben sie sich schon wieder verwandelt und ich kann in neu aufgetauchten Schränken nach Schlüsseln und Hinweisen auf die düstere Geschichte suchen. Ähnlich wie in Gone Home steht die Story im Mittelpunkt des Erlebnisses, das man despektierlich als Walking Simulator bezeichnen könnte.

Spielerisch nach wie vor enttäuschend

Diese Zeichnung zumindest kam nicht allzu gut bei einem Kinderbuchverlag an.
Einige Entscheidungen führen erneut zu alternativen Story-Ausgängen. Rätsel spielen hingegen nur eine Nebenrolle: Mal lasse ich den Blick durch übernatürliche Bilderrahmen schweifen, um Geheimnisse zu erspähen, anderswo gelange ich schnell an offensichtlich versteckte Tresorcodes. Auch das passende Abbiegen in übernatürlichen Schleifen immer gleicher Räume gehört zu den Puzzles, die insgesamt deutlich zu leicht bleiben. Schade, denn mehr Rätsel hätten den auf Dauer monotonen Erkundungsrhythmus besser auflockern können. Einige Lösungen wurden übrigens leicht überarbeitet.

Fluchtsequenzen mit der neuen Laterne wirken ebenfalls größtenteils aufgesetzt als spielerisch herausfordernd.
Lust auf eine Grillparty? Mit der wirksamen neuen Laterne bleiben geisterhafte Attacken meist chancenlos.
Ab und zu betäube ich mit ihr auf Knopfdruck kurz eine gespenstische Verfolgerin, um Zeit zu gewinnen und zum Beispiel den Ausgang eines kleinen Labyrinths zu öffnen. Wirklich knapp oder spannend wird es aber selten. Auch geheime Botschaften enthüllt der Lichtstrahl. Die Steuerung ist in der Neuauflage deutlich besser auf den PS5-Controller abgestimmt, so dass ich mich bei Schreiten durch die Gänge deutlich souveräner fühlte. Nur selten komme ich ins Straucheln, etwa wenn ich einige Sessel umständlich mit dem rechten Analogstick verschiebe, der gleichzeitig auch für die Sicht zuständig ist. 

Das Erzählen der Geschichte über Umgebung und Erinnerungsstücke gelingt den Entwicklern aber recht gut. Nach und nach erfahre ich durch Briefe und alten Zeitungsschnipsel, was hinter den Konflikten stecken könnte. Dazu gehören auch eklige Visionen entstellter Figuren oder lebendig werdende Metaphern wie aus einem Gemälde quellendes Obst. Zartbesaitete Naturen könnten in manchen klaustrophobischen Momenten zu viel bekommen. Schon zum Spielstart bekam ich daher eine Vielzahl von (deaktivierbaren) Warnhinweisen zu Gesicht. Meist habe ich die finstere Stimmung genossen, auch wenn dabei selten ein Gefühl echter Bedrohung wie etwa in Resident Evil 8 oder The Dark Pictures: Switchback VR aufkam. 

Visuelle Erzählung

Die dynamische Beleuchtung lässt selbst solche traumähnlichen Momente schick und plastisch erscheinen.
Layers of Fear 2 handelt von einer Kreuzfahrt, auf der ich mich in der Rolle eines Schauspielers meinen inneren Dämonen stelle. Bereits der Einstieg auf dem scheinbar verlassenen Kahn lässt erahnen, dass ich mich inmitten von Animatronik-Figuren und finsteren Kreaturen vor allem auf der Suche nach meiner eigenen Rolle im finsteren Chaos befinde. Einige Fluchtpassagen entwickeln sich allerdings zum frustrierenden Trial & Error (mehr dazu im Test). Auch die Controller-Steuerung erweist sich als etwas fummeliger. In Funkkabinen oder Aufzügen muss ich deutlich häufiger umständlich mit dem rechten Stick Hebel umlegen.

Neu dabei sind das DLC-Kapitel „The Last Note“ sowie eine Rahmenhandlung um eine Autorin, die die restlichen Geschichten miteinander verknüpft. Nach dem Gewinn eines Wettbewerbs wird sie in eine gruseligen Leuchtturm eingeladen, in dem sie die Geschichte mithilfe ihrer Schreibmaschine praktisch selbst beeinflusst. Auch hier beginnt es bald zu spuken, während ein altmodisches Telefon die einzige Verbindung zu ihrem Sohn bleibt. Der Einstieg war zunächst etwas verwirrend, da er abrupt in die ursprüngliche Geschichte übergeht. Später fand ich aber Gefallen an der Abwechslung, wenn ich zwischendurch für weitere Episoden in den rustikalen Spuk-Leuchtturm zurückkehren konnte. Zusammen mit den anderen Episoden kommt das Abenteuer auf etwa zehn Stunden Spielzeit.

Neuer Glanz aus der Unreal Engine 5

Eine regelrechten Schockmoment erlebte ich beim Start des Originals aus dem Jahr 2016. Das Unity-Original wirkte plötzlich so altbacken, dass sich die Neuauflage in der Unreal Engine 5 auf jeden Fall gelohnt hat. Allein die globale dynamische Beleuchtung mit Lumen-Unterstützung vermittelt mir im Testmuster auf der PS5 viel mehr das Gefühl, durch echte dunkle Gänge zu laufen, als die deutlich platter wirkenden alten Kulissen. Rundungen sind runder, ehemals verschwommene Texturen nun angenehm scharf. Selbst die einst prominenten Alias-Treppchen gehören endlich der Vergangenheit an. Lediglich die feinen Spiegelungen auf gemasertem Holz konnten sich schon im Original sehen lassen.

Gruseliges Gesamtbild

Rätsel wie diese Teeparty lösen sich durch offensichtliche Suchaufgaben fast von selbst.
Wer Wert auf konstant flüssige 60 Bilder pro Sekunde legt, sollte in den Optionen den Modus „Leistung“ auswählen. Aufgrund des langsamen Spieltempos habe ich mich schnell für den etwas hübscheren „Quality Mode“ mit Raytracing bei konstanten 30 Bildern pro Sekunde entschieden. Der grafische Vorteil macht sich zum Beispiel hinter Glasbausteinen bemerkbar, hinter denen das gebrochene Licht in feineren Strukturen auf den Boden fällt. Oder auch in einem Gemäldesaal, durch dessen offenes Dach der Regen ins gleißende Licht prasselt. Falls ihr auf der PS5 schon vor dem Day-One-Patch loslegt, solltet ihr in den Einstellungen unbedingt die HDR-Option deaktivieren. Der entsprechende Schalter ist in der Testversion noch vertauscht: „An“ bedeutet hier in Wahrheit „aus“.

Auch auf dem Kreuzfahrtschiff in Teil 2 beginnt es schnell zu spuken.
Das aufpolierte Gesamtergebnis kann zwar nicht mit den fiesen Foltermomenten aktueller Action-Highlights wie The Callisto Protocol mithalten, bietet aber ein stimmungsvolles Gesamtbild. Auch der überarbeitete Sound mit neuen, klaren Soundeffekten und einer dynamischen räumlichen Abmischung macht den Ausflug spürbar gruseliger. Statt einer deutschen Sprachausgabe gibt es übrigens wieder nur eine englische Vertonung. Auch die Inszenierung ist in der Neufassung um Welten professioneller geraten als die schlichten Menübilder des Originals.

Fazit

Mit „Layers of Fear“ ist Serienschöpfer Bloober Team und den Anshar Studios ein durchaus stimmiges Gesamtpaket gelungen. Mit Teil 1 und 2, sämtlichen DLCs und sogar neuen Geschichten bietet die Mischung aus Spielesammlung, Remaster und Remake genügend Umfang, um Freunde narrativer (Action-) Adventures im Horrorgenre rund zehn Stunden lang solide zu unterhalten. Schade nur, dass der spielerische Inhalt der surrealen Reisen in die Psyche der Protagonistinnen und Protagonisten nach wie vor recht dünn ausfällt. Neben simplen Schlüsselrätseln wirken auch die neuen Laternenmechaniken auf der Flucht etwas aufgesetzt, statt wirklich zu fordern. Trotz solcher Schwächen und einiger monotoner Phasen besitzt die Reise durch wild wechselnde, bizarr inszenierte Schauplätze aber ihren Reiz. In der getesteten PS5-Version profitiert sie vor allem von der gründlich überarbeiteten Inszenierung inklusive Raytracing und hübscher Lumen-Beleuchtung aus der Unreal Engine 5. Nach und nach enthüllen Fundstücke und Symbolik immer mehr spannende Details um den gescheiterten Maler und weitere Tragödien.

Pro

  • runde, erweiterte Zusammenfassung der Reihe
  • bizarr morphende, surreale Gruselkulissen
  • viele interessante Geschichten
  • verstörend inszenierte Schreckmomente
  • massiv aufpolierte Kulissen und Beleuchtung
  • besser abgemischter, teils neu eingespielter Sound

Kontra

  • kaum vorhandene, meist simpel gehaltene Rätseleinlagen
  • (auch neue) Spielmechaniken bleiben sehr eingeschränkt
  • Dauer-Wanderung durch Kulissen auf Dauer etwas monoton
  • keine komplette Lokalisierung (nur deutsche Untertitel)

Wertung

PlayStation5

Schön aufpolierte und erweiterte Sammlung des atmosphärischen Horror-Wahnsinns, dem es allerdings nach wie vor an spielerischer Substanz mangelt.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
HELLJOE

Habs auch mal angefangen und es ist ganz cool mal für zwischendurch....

Aber länger als ein paar Stunden Pro Woche Zocke ich das nicht. Dafür ist mir da zu wenig los

Hab mir auch von der UE5 ein bisschen mehr erhofft muss ich sagen

vor 9 Monaten
Herschfeldt

Danke für den Test! Warum nutzt ihr nicht euren HighEnd-PC (mit 4090) für den Test? Würde mich mehr interessieren, was da so an FPS rauskommt und ob es Nachladeruckler etc. gibt... bin erstmal angetan von dem (überarbeiteten) Spiel und hab es mir als alter Fan geholt für Steam!

vor einem Jahr
Eisenherz

Atmosphäre können sie, das muss man ihnen lassen. Was aber immer wieder auffällt, ist die Spielzeitstreckung mit Szenen, die einfach für das, was sie aussagen sollen, viel zu lang ausfallen. Gutes Beispiel: Die Kino-Passage in Layers of Fear 2 und das Herumgeirre im Haus in Blar Witch. Manchmal möchte man Blooper Team am liebsten "Ja, ich habs doch verstanden!" ins Gesicht brüllen, wenn man denselben Gang zum zehnten Mal entlangläuft.

vor einem Jahr
DerSnake

Und von denen kommt Silent Hill 2 Remake...^^

Edit: Für mich hat nur Layers of Fear 1 +DLC getaugt. Alles danach eher Mittelmaß.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
Eisenherz

Teils 1 fand ich sehr gut, Teil 2 war hingegen für mich eine herbe Enttäuschung, da ich bis heute nicht sagen kann, worum es dort überhaupt ging. Leiden neigen Blooper Team gelegentlich dazu, ihre Stories ein klein wenig überkryptisch zu gestalten.

Meine Favoriten sind daher auch Blair Witch und vor allem Observer, die hier klarer "auf den Punkt" kommen und in dem, was sie sein wollen, deutlich besser funktionieren.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr