The Texas Chain Saw Massacre - Test, Action-Adventure, PC, XboxOne, XboxSeriesX, PlayStation5, PlayStation4

The Texas Chain Saw Massacre
17.08.2023, Michael Sonntag

Test: The Texas Chain Saw Massacre

Schreist du noch oder sägst du schon?

Wer Horror, Schrecken und Albträume erleben will, findet im Untergrund der Horrorspiele zwei Abteilungen vor. Zur Linken gibt es die Singleplayer-Spiele: Ein intimer Genuss für jene, die sich gerne alleine fürchten. Zur Rechten gibt es die asymmetrischen Multiplayer: Die richten sich eher an Spieler, die es lieben, gemeinsam Angst zu haben. Oder anderen Angst einzujagen. Resident Evil beherrscht die Singleplayer-Abteilung, mit seinem Phoenix-Zyklus aus Fortsetzungen und Remakes. Dead by Daylight (DbD) wiederum dominiert die Multiplayer, mit seinem kingdom-heartschen Crossover-Strudel aller Horrorwelten.

Die Killer: Leatherface ist das Monster der Familie. Seine Kettensäge ist absolut tödlich und kann Hindernisse zerstören.
Mein Charakter hängt kopfüber in einem Keller. Neben ihm ein weiteres Opfer. Wir rütteln solange an unseren Fesseln, bis wir zu Boden fallen. Doch was nun? Der Keller ist ein einziges Labyrinth aus Türen, Gassen, Werkbänken, Schrott und Fleisch. Dann ertönt eine Säge und dieser vertraute Klang löst sowohl Angst als auch Begeisterung in mir aus. Aber eigentlich mehr Angst, weil das dieses Mal kein Film ist. Scheiße, Leatherface steht wirklich vor mir! Was mache ich nur, was mache ich nur? Mein Körper dünstet alles aus, was er an Flüssigkeiten findet. Lauf, Lauf, Lauf! Ist mir egal, dass mein Charakter keine Ausdauer mehr dafür hat. Dann humple eben röchelnd weiter! Nichts führt irgendwohin! Ich schwöre, so oft habe ich mich auf 20 Quadratmetern noch nie verlaufen.

The Texas Chain Saw Massacre (ab 33,47€ bei kaufen): Wieder daheim, in der Hölle

Bedenken: “Es ist bestimmt nur ein Dead by Daylight-Klon mit The Texas Chain Saw Massacre-Skin.”

Ein anderes Opfer hat es geschafft, die Kellertür zu öffnen. Leatherface lässt von mir ab. Ich verstecke mich, doch das kostet Zeit. Ich laufe nach oben, nur um dort zu erfahren, dass das noch nicht der Ausgang ist. Jetzt muss ich noch das gesamte Haus der Familie Sawyer durchqueren, das nächste Labyrinth. Rauf in den ersten Stock oder quer durch? Ich muss überleben, nachdenken und fliehen, und das alles gleichzeitig. Doch die Tortur zieht sich nicht allzu lange, da mich der Koch wieder nach draußen jagt. Direkt in die Arme des Messer schwingenden Anhalters. Schlitz, aus, Ende. Meine hämmernde Herzpumpe applaudiert diesem Wahnsinn zwischen Fan-Service und Survial-Gameplay.

Jeder der vier Ausgänge ist an andere Bedingungen geknüpft. Für diesen muss eine Sicherung richtig eingesetzt und der Stromkasten richtig eingestellt werden.
Sommer, Pampa, Schlachterei – um The Texas Chain Saw Massacre zu verstehen, muss man das Franchise nicht kennen. Aber dann ist es umso besser. Mit viel Liebe zum Detail hat Entwickler Sumo Digital die einzelnen Räume und Kulissen aus den Filmen nachgebaut und in drei spannende und recht abwechslungsreiche Karten umgewandelt. Ob Schlachtbetrieb, Haus oder Tankstelle – es reicht schon aus, hier zu sein, um Angst zu haben. Alles wirft Fragen auf, alles verstört. Die Killer, ihre Modelle und ihre Sprüche sind es schließlich, die diesen Schauplatz aktivieren und vollenden. Es ist mir eine Freude, dass der Entwickler die Lizenz verwendet und nicht verschwendet. Das zieht sich vom dokumentarischen Intro bis zu Leatherfaces Sägentanz bei Sonnenaufgang.

Erkenntnis: “The Texas Chain Saw Massacre bietet seine ganz eigene, atmosphärische Erfahrung.”

Bei den Killanimationen nimmt sich The Texas Chainsaw Massacre nicht zurück. Wozu auch?
Nachdem wir nun die Lizenzfrage hinter uns haben, kommen wir zum Spielablauf. In jeder Runde treffen drei Killer auf vier Überlebende. Zur Auswahl stehen verschiedene Charaktere auf beiden Seiten. Den Cast kurz vorgestellt: Einer ist schneller, einer ist kräftiger, einer ist leiser. Auf der Gegenseite stellt ein Charakter Fallen auf, einer hat Ohren wie ein Luchs und einer kann vergiften. Zusätzlich hat jeder seinen eigenen Skillbaum, den er mit Punkten ausbauen kann. So weit, so DbD. Die Fähigkeiten und ihre Konterfähigkeiten schaffen (mit Blick auf die ersten Spielstunden) eine gut funktionierende Balance. Wie durchdacht und lohnend das Levelsystem und seine Unterschiede dann auf der Spitze ausfallen, werden die Zeit (und die Community) zeigen.

(K)einer wird zurückgelassen

Bedenken: “Es ist ein komplett unausbalanciertes Chaos.”

Das Hauptziel des Spiels ist es, lebend aus dem Albtraum zu entkommen – oder eben alle zu töten. The Texas Chain Saw Massacre verfügt über vier verschiedene Fluchtmöglichkeiten, jede ist an andere Bedingungen geknüpft. Mal muss eine versteckte Sicherung eingesetzt, mal ein verstecktes Ventil gedreht werden. Die Überlebenden schleichen durch die Map und bereiten die Fluchtwege vor. Die Killer wandern die Wege ab und stellen sicher, dass alle Fluchtmöglichkeiten versperrt bleiben. Und töten natürlich jeden Überlebenden, den sie erwischen. Großvater Sawyer ist der inoffizielle vierte Killer mit einem Sonar. Wird er mit Blut gefüttert, kann er die Umgebung aushorchen. Wer sich dann noch bewegt, wird für alle Killer markiert. Ein herrlich-gemeines Feature!

Das Matchmaking ist zurzeit noch sperrig und langatmig. Erst ab sieben Leuten kann es losgehen. Wenn die Bedingungen nicht erfüllt werden, wird die Lobby aufgelöst.
Wird das nicht schnell unfair? Nun ja, das Raffinierte an The Texas Chain Saw Massacre ist, dass es nicht unbedingt ein Teamspiel ist. Die Überlebenden können zusammenarbeiten, sie können aber auch ihr eigenes Ding durchziehen und die anderen als Ablenkung nutzen. Das kann sich in jeder Situation ändern. Vor allem, wenn ich gerade von einem Killer verfolgt werde. Planung und Map-Kenntnis bleiben das A und O. Während der Überlebenskampf in einem Hinterhalt schnell endet, können Überlebende mit Heilfläschen, Abkürzungen und Verstecken ihr Dasein deutlich verlängern. Für die Killer wiederum gilt der Leitsatz der Fast and The Furious-Filme: Mit einer Familie kannst du alles schaffen. Einzeln sind sie händelbar, koordiniert sind sie unschlagbar.

Erkenntnis: “Die Killer und Überlebenden verfügen über sehr viele Möglichkeiten, um ans Ziel zu kommen. Es bleibt asymmetrisch, ist aber nicht unfair.”

Als Killer seid ihr permanent auf der Jagd und müsst gleichzeitig darauf achten, dass die Fluchttore versperrt bleiben.
Während die Welt, das Gameplay und die Atmosphäre an sich so einen tollen Job machen, ist es leider die Organisation der Runden, die den Spielspaß immer mal wieder killt. Schlüsseln wir das Ganze einmal auf: Im Laufe meiner Testphase verbrachte ich immer wieder zehn bis fünfzehn Minuten damit, in der Lobby auf eine volle Runde zu warten und mit den Anwesenden gemeinsam über die lange Wartezeit zu lästern. Jede Runde benötigt sieben Mitspieler. Ein Spieler muss Leatherface übernehmen, sonst kann das Match nicht gestartet werden. Gehen oder kommen neue Leute dazu, wird der Timer bis zum Matchbeginn zum Teil resettet. Sollten die nötigen Anforderungen bis zum Ablauf des Timers nicht erfüllt sein, wird die komplette Lobby aufgelöst. Nervig, aber das kann sich zum Release von The Texas Chain Saw Massacre sicher noch ändern.

Nein, wir können nicht alle Leatherface spielen!



Bedenken: “Der wahre Horror ist sicherlich das Matchmaking”

Umständlich sind auch die Tutorials, die für den komplexen Spielablauf extrem notwendig sind, aber nicht langweiliger hätten ausfallen können: Die einzelnen Erklärungen lassen sich im Menü als trockene Lernvideos finden. Das erfordert viel Geduld und Auswendig lernen. Selbstverständlich kann man es auch ohne Anleitung probieren, doch dann wird das die ersten Runden ein recht frustrierendes Erlebnis werden. Die beste Option ist es dann noch, nach dem Tod einem der anderen (hoffentlich erfahrenen) Überlebenden über die Schulter zu schauen. Apropos frustrierend: Wie bei jedem Multiplayer hängt die Spielqualität natürlich von der Erfahrung seiner Teilnehmer ab. Bei diesem Spiel ganz besonders.

Die Tutorials gibt es als Lernvideos. Trocken und antiquiert.
Wenn ihr Glück habt, landet ihr in einer Runde mit cleveren Killern und cleveren Überlebenden. Falls nicht, haben es die Killer oder die Überlebenden viel zu leicht. Oder beide Parteien wissen überhaupt nicht, was sie machen sollen. Das ist blöd, vor allem, wenn wir uns an das Matchmaking von The Texas Chain Saw Massacre zurückerinnern. Sein Lowlight im Bereich Balance erreicht das Spiel zurzeit, wenn ihr der letzte Überlebende seid: Da die Killer in der Überzahl sind, hängt es jetzt stark von Glück oder Erfahrung ab, ob ihr die Runde noch gewinnen könnt. In 70 Prozent der Fälle endet es in einem sinnlosen Gemetzel. Oder ihr wendet das Blatt und fühlt euch wie der glücklichste Held auf Erden.

Erkenntnis: “Sperriges Matchmaking, langweilige Tutorials und durchwachsene Gruppenkonstellationen sind das Salz, das das Fleisch ab und zu etwas fad macht.”

Fazit

Als The Texas Chain Saw Massacre-Fan bin ich absolut begeistert. Als jemand, der die Karten und Charaktere in DbD noch nie gefühlt hat, weil sie immer um die gleiche Struktur herum gebaut sind, finde ich diese reduzierte Version recht vielversprechend. Das würde so als Singleplayer-Spiel nicht funktionieren. Vor allem, da das 4vs3-System tatsächlich aufgeht und viele spannende Möglichkeiten und Situationen liefert. Persönlich finde ich den Kampf als Überlebender deutlich spannender als den als Killer. Es sei denn, ich bekomme Leatherface. Wirklich richtig gut.

Das heißt, wenn das Matchmaking auf Anhieb klappt. Wenn die Lobby erfahrungstechnisch gleich aufgestellt ist. Und wenn ich nicht nach drei Minuten der letzte Überlebende bin und eigentlich sofort aufgeben sollte. Warum man ausgerechnet bei den Tutorials gespart hat, ist mir ein Rätsel. Viele meiner Negativpunkte sind reparabel, eventuelle Probleme auf dem höchsten Skilllevel werden sich vielleicht noch zeigen. Aber ehrlich: Das ist endlich ein neuer und würdiger Anwärter auf den Horror-Multiplayer-Thron. Wie bei jedem Service-Game ist der Release von The Texas Chain Saw Massacre allerdings nur die halbe Miete. Ich bleibe gespannt.

Pro

  • Schaurige und originalgetreue Atmosphäre
  • Interessantes Stealth vs Jagd-Gameplay
  • Beeindruckende Karten

Kontra

  • Matchmaking frustrierend
  • Tutorials langweilig
  • Spielqualität hängt stark von Konstellation ab

Wertung

PlayStation5

Gelungene Multiplayer-Umsetzung vom gleichnamigen Film-Franchise, die unter holprigen Tutorials und schwankendem Matchmaking leidet.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Für Echtgeld könnt ihr kosmetische Items kaufen und beispielsweise eure Waffen aufmotzen.
Kommentare
X5ander

ich kann mit solchen spielen nix anfangen.
Geht mit genau so. Am ärgerlichsten finde ich aber, dass immer bekannte Namen für so etwas missbraucht werden.

Bin gespannt, welche(r) Kult-Horrorserie(film) als nächstens für diesen asymmetrischen Schlonz herhalten muss: Nightmare on Elmstreet, Halloween, Scream...?
von den Umsetzungen in neuen Filmen wohl am ehesten Scream. Durch die Vielzahl an Filmen haben sie da mittlerweile ja genug Charaktere, da kann es dann sogar eine "old Sidney" und "young Sidney" geben.

vor 9 Monaten
Brotsuppe

ich kann mit solchen spielen nix anfangen.
Geht mit genau so. Am ärgerlichsten finde ich aber, dass immer bekannte Namen für so etwas missbraucht werden.

Bin gespannt, welche(r) Kult-Horrorserie(film) als nächstens für diesen asymmetrischen Schlonz herhalten muss: Nightmare on Elmstreet, Halloween, Scream...?

vor 9 Monaten
die-wc-ente

ich kann mit solchen spielen nix anfangen.

vor 9 Monaten