Cyberpunk 2077: Phantom Liberty - Test, Rollenspiel, PlayStation5, XboxSeriesX, PC

Cyberpunk 2077: Phantom Liberty
21.09.2023, Sören Wetterau

Test: Cyberpunk 2077: Phantom Liberty

Ein DLC, der jeden Eddie wert ist

Fast drei Jahre ist es her, da sorgte Cyberpunk 2077 für einen riesigen Hype und für eine ebenso große Enttäuschung: Das neue Rollenspiel von CD Projekt Red war zum Release im Dezember 2020 verbuggt, unausgereift und schlicht nicht fertig. Zahllose, teils wirklich riesige Patches und eine überaus erfolgreiche Netflix-Serie sorgten im Anschluss dafür, dass die The Witcher-Entwickler doch noch die Kurve bekommen haben. Jetzt soll Phantom Liberty als DLC mit neuer Story, einem erweiterten Gebiet, frischem Waffen-Arsenal und vielen Verbesserungen unter der biomechanischen Haube für die Krönung und einen großartigen Abschluss sorgen. Wir sind für euch ein letztes Mal nach Night City gereist und in ein Abenteuer mit Idris Elba eingetaucht, das man selbst gespielt haben sollte.

Cyberpunk 2077: Eine drei Jahre lange Reise

Johnny Silverhand ist wieder da: Keanu Reeves ist auch in Phantom Liberty ein absolutes Highlight.

1.054.388 gleichzeitige Spieler auf Steam: Nie war ein Singleplayer-Spiel erfolgreicher gestartet als Cyberpunk 2077 am 10. Dezember 2020. Der Hype um CD Projekts nächster großer Marke nach The Witcher war gigantisch und der Ruf des Studios bis dahin exzellent. Schnell zeigte sich aber eine hässliche Fratze, von der man dachte, dass das Studio sie längst abgelegt hatte – Cyberpunk 2077 war nicht fertig. Wohlgemerkt auf allen Plattformen, auch wenn die Umsetzungen für die PlayStation 4 und Xbox One in technischer Hinsicht einer absoluten Vollkatastrophe glichen, die so unter keinen Umständen hätte veröffentlicht werden dürfen. Aber selbst auf dem PC, der im Vergleich noch saubersten Version, war man vor enormen Grafikbugs, Questabbrüchen und anderen Problemen nicht geschützt.

Doch Cyberpunk 2077 war nicht nur rein technisch eine Enttäuschung, auch spielerisch und inhaltlich offenbarten sich einige Schwächen. Ein unausgegorenes Skillsystem, ein quasi nur auf dem Papier existierendes Wanted-System der Polizei, eine mit nutzlosen Items zugemüllte Spielwelt, dümmliche KI-Gegner, ein fehlendes Transmogrifikationssystem (in einem Cyberpunk-Spiel!) und so viel mehr. Cyberpunk 2077 war zum Release kein Rohdiamant, den man nur etwas schleifen und polieren muss, sondern eher ein Stückwerk in gleich vielerlei Hinsicht, getragen von einer unfassbar dichten Atmosphäre, einer fantastischen Weltdarstellung, sowie spannenden und komplexen Charakteren.

Der ehemalige CD Projekt Red CEO Marcin Iwinski wurde im DLC auch verewigt.
Das war der Stand vor drei Jahren. Aufgegeben hat CD Projekt Red danach aber nicht, sondern in monatelanger Arbeit Stück für Stück den Mix aus Ego-Shooter und Rollenspiel ausgebessert. Zivilisten reagieren nun nachvollziehbar auf spontane Gewaltexzesse, Autos umfahren Hindernisse, es kommt zu Unfällen und an fast jeder Ecke herrscht ein vielfältiges Treiben auf den optisch glatten, aber nie vom Restmüll befreiten Straßen Night Citys. Das Skillsystem wurde überarbeitet, ehe es jetzt mit Update 2.0 noch einmal komplett auf den Kopf gestellt wurde. Man kann Vs Apartment umgestalten, richtige Outfits zusammenstellen und diese über der eigentlichen Kleidung tragen. Die künstliche Intelligenz verhält sich in Gefechten seit einigen Updates auch schlauer, obwohl Feinde immer noch den Drang haben, an kleineren Ecken hängen zu bleiben. Nichtsdestotrotz hat sich sehr viel in Cyberpunk 2077 getan und zum Positiven gewendet, was zu gestiegenen Verkaufs- und Spielerzahlen führte.

Vorhang auf für Dogtown

Das große Finale ist jetzt Cyberpunk 2077: Phantom Liberty, der große und einzige DLC, welcher mich ein letztes Mal in die Rolle von V schlüpfen lässt. Die Erweiterung ist aber keine Fortsetzung der Haupthandlung und erzählt auch keine Vorgeschichte, sondern alle Ereignisse spielen parallel zu den Geschehnissen des Originalspiels. Das bedeutet, dass der DLC jederzeit in Angriff genommen werden kann, sobald der Auftrag "Transmission" abgeschlossen wurde. Wer keinen geeigneten Speicherstand mehr zur Hand hat und auch nicht noch einmal von vorne anfangen möchte, kann aber auch nur den DLC spielen.

Unabhängig davon wie ihr euch entscheidet, startet Phantom Liberty mit einem Anruf der Netrunnerin Songbird, oder auch So Mi genannt. Zusammen mit der Präsidentin der New United States ist sie an Bord der modernen

Dogtown ist optisch ein Leckerbissen und liefert ein weiteres düsteres Kapitel von Night City.
 Air Force One, die aber just im Flugraum über Night City gehackt wurde und nun Richtung Dog Town stürzt – einem bislang abgesperrten Gebiet innerhalb der Stadt, der vom durch den Krieg gezeichneten und auf dunklen Pfaden wandernden Kurt Hansen und seiner Gruppierung Barghest regiert wird. Logisch, dass die Präsidentin an einem solchen Ort nicht allzu lang verweilen sollte, weshalb Songbird mich intensiv und ausdrücklich darum bittet, zur Hilfe zu kommen. Als Gegenleistung verspricht sie mir eine Lösung für das kleine Silverhand-Problem in meinem Kopf. Gut, das haben schon ganz andere versprochen, aber ohne zu viel verraten zu wollen: Sie hat ein paar echt gute Argument auf ihrer Seite.

Also ab ins Auto und nach Dogtown, wobei es zu Beginn ein kleines Problem gibt: Man kann nicht einfach so in den Stadtbezirk fahren, wie man lustig ist. Abwehrgeschütze, Panzer und jede Menge gut bewaffnete Soldaten schützen den Eingang, weshalb ein alternativer Weg her muss. Für meine erfahrene V aber kein Problem, weshalb ich nur wenige Minuten später auf einem Schwarzmarkt lande. Was ein Kuriosum an sich ist, bedenkt man, dass Dogtown ohne große Gesetze auskommt. Hansen regiert zwar mit eisernen Fäusten und harten Bandagen, aber so richtige Regeln gibt es nicht, solange man dem Militärfanatiker nicht gerade ins Müsli pinkelt.

Dogtown ist ein fantastischer Absturz

Angeführt wird Dogtown von Hansen und seinen Militärhandlangern, die sich vom NCPD nichts sagen lassen.
Wo der Rest von Night City einen argen Kontrast zwischen der High-Society, die sich problemlos stets die teuersten und sichersten Cyberimplantate leisten kann, und der armen, mit billiger Technik ausgestatteten und im Drogensumpf langsam zu Grunde gehenden Bevölkerung widerspiegelt, ist Dogtown "nur" eine weitere Parallelgesellschaft. In diesem keineswegs kleinen, aber doch überschaubaren Distrikt inmitten des Stadtteils Pacifica herrscht ein sehr anarchistischer und rauer Umgangston – auch wenn Hansen auf riesigen Bildschirmen etwas anderes propagiert. In Dogtown hat das NCPD keine Macht, aber das heißt nicht, dass man hier ohne Strafen lebt: Wer sich nicht benimmt, muss dennoch damit rechnen, auf offener Straße die Seele aus dem Leib geprügelt zu bekommen oder direkt gehängt zu werden. Nur, dass es hier eben nicht die Männer und Frauen in blauer Uniform sind, die einen bestrafen, sondern Söldner und ehemalige Diener des Militärs in neongrüner Kleidung.

Der anarchistische Grundton zeigt sich derweil auch in der Architektur Dogtowns: Alles ist heruntergekommen, teilweise zerstört und nur wenige Gebäude erinnern an das, was hier einst mal hätte sein können. Schließlich sollte Pacifica eigentlich eine Art kleines Las Vegas mit teuren Hotels und riesigen Kasinos werden, in denen die Reichen ihr Geld in Hülle und Fülle verprassen. Dogtown hat aufgrund des Vereinigungskriegs nie etwas davon erlebt, aber ein paar der Grundfesten stehen noch, wie etwa das riesige und stets hell erleuchtete Pyramidengebäude, welches nicht ganz zufällig an das berühmte Luxor Hotel in Las Vegas erinnert. Ein paar Wolkenkratzer gepaart mit Straßen, deren Schlaglöcher schon längst nicht mehr die Definition erfüllen dürften, und abgewrackte Häusern inklusive notdürftig improvisierten Dächern sind ebenso zu sehen: Wer in Dogtown lebt, der ist längst ganz unten angekommen – physisch, psychisch und oft auch moralisch, unabhängig davon, ob frei- oder unfreiwillig.

Dank der neusten und womöglich letzten Iteration der redEngine sieht Dogtown trotz des heruntergekommenen Looks fantastisch aus. Die Lichtstimmung ist zuweilen phänomenal, aber sticht besonders in der Nacht hervor, wenn man im strömenden Regen über den Dächern lauert und die verbliebene Neon-Leuchtreklame ein herausragendes und trotzdem deprimierendes Bild auf den Monitor zeichnet. Wer über leistungsstarke Hardware verfügt, kann außerdem Ray- und Pathtracing aktivieren und so seinen PC an die Leistungsgrenzen bringen.

Spionage-Thriller mit Hollywood-Glamour

In Dogtown bin ich aber nicht für eine traurige Sightseeing-Tour, sondern soll eigentlich die Präsidentin und
Spielt eine wichtige Rolle im DLC: Solomon Reed, dargestellt von Schauspieler Idris Elba.
Songbird retten, deren Flugzeug sich ja immer noch im freien Fall Richtung Erdboden befindet. Nach ein paar kräftig durchgezogenen Sprints kommt es dann zu den ersten Gefechten, denn schließlich haben auch die anwesenden Barghest-Söldner das drohende Unglück mitbekommen – oder es sogar speziell verantwortet? In die Details will ich an dieser Stelle gar nicht gehen, aber die größten Stärken von Cyberpunk 2077: Phantom Liberty sind natürlich die Story und ihre Charaktere. Allen voran Solomon Reed, ein Schläfer-Agent der FIA, gespielt vom britischen Schauspieler Idris Elba, bekannt aus Luther, The Suicide Squad oder den Thor-Filmen des Marvel Cinematic Universe.

Nach Keanu Reeves, der auch im DLC wieder einen hervorragenden Job als Johnny Silverhand mit Arschloch-Attitüde macht, ist Elba der zweite große Hollywood-Star, den CD Projekt Red angeheuert hat. Und Elbas Auftritt ist nicht nur ein simples Gastspiel: Er ist für den Großteil des DLCs euer erster und wichtigster Ansprechpartner. In den Dialogen mimt Elba zu Beginn sehr stark den abgebrühten Spion, der schon unzählige Aufträge erfolgreich abgeschlossen, aber auch keine einfache Vergangenheit hat. Reed ist dabei im Kern das komplette Gegenteil von Silverhand und auch wenn beide nicht direkt miteinander kommunizieren können, gibt es immer wieder kurze Momente, in denen sich der Ex-Rockstar nicht mehr mit seiner oftmals nur so Zynismus triefenden

Aber auch die anderen Charaktere machen einen guten Job im DLC.
Art zurückhalten kann. Als mich Präsidentin Myers selbst zu einem Agenten befördert, ich mich dazu aber entscheide, keinen Eid zu leisten, freut sich Johnny sogar ein bisschen: "Gut, dass du den Fascho-Eid nicht geschworen hast."

Aber nicht nur Elba und Reeves passen herausragend in ihre Rollen, auch die weiteren Charaktere des DLCs wissen zu überzeugen und bringen mich mehr als einmal in die Bredouille. Denn spätestens gegen Mitte der Erweiterung wird es zu nehmend schwieriger zu wissen, wem man überhaupt noch trauen kann und wer tatsächlich ehrlich mit mir umgeht. Kennt Songbird wirklich einen Weg, um mich zu heilen? War der Absturz der Präsidentin wahrhaftig nur ein Zufall? Und hat Reed tatsächlich das Staatsoberhaupt in Sicherheit gebracht, wie er behauptet? Viele Fragen stellen sich und bis zum Schluss liefert Phantom Liberty seine Antworten nicht auf dem Silbertablett, sondern zieht die circa zehn bis zwölf Stunden lange Geschichte eines fulminanten Spionage-Thrillers durch.

Zwischenstopp: Nebenmissionen

In einer Nebenmission muss ich in eine Kirche eindringen, die sich von außen schon sehr extravagant gibt.
Keine Sorge, die Hauptgeschichte mit ihren 13 Hauptmissionen ist nicht das Ende der Fahnenstange, sondern Dogtown bietet noch jede Menge weitere Möglichkeiten, sich auszutoben. Insgesamt gibt es 17 Nebenmissionen und Aufträge, die in der Regel vom bereits aus dem Hauptspiel bekannten Mr. Hands eingeleitet werden. Der bislang sehr mysteriöse und zurückhaltene Fixer spielt in Dogtown eine wichtige Rolle. Welche genau müsst ihr aber selbst herausfinden.

Die Nebenmissionen präsentieren sich derweil auf dem gewohnt hohen Niveau, zumindest die meiste Zeit. Ein paar weniger aufregende Aufträge gibt es, aber die lassen sich schnell verzeihen, wenn man auf einmal mit den wohl zwei inkompetesten Polizisten der gesamten Spielwelt zu tun hat und kurz darauf in eine sehr unangenehme Situation stolpert. Oder aber eine Schauspielerin mit einem Fan zusammenbringen muss, der nach einem Unfall glaubt, besagter Star zu sein. Darüber hinaus muss auch nicht jede Mission in einer riesigen Schießerei enden: Je nach gewählter Entscheidung oder Vorgehensweise kann einiges ganz ohne Blut vergießen über die Bühne gehen.

Darüber hinaus darf man in Dogtown Jagd auf abgeworfene Lieferkisten machen, die auch die anderen Fraktionen vor Ort spannend finden. Immerhin lassen sich darin seltene Crafting-Ressourcen und mitunter wirklich gute Waffen bergen. Oder aber man besorgt sich ein paar seltene Autos und kassiert beim Abliefern unzählige Eddies, die man wiederum investieren kann, um seine eigene Karre aufzumotzen, zum Beispiel mit Waffensystemen. Immerhin dienen Autos nun nicht mehr nur noch dem Transport von A nach B, sondern können auch für Gefechte genutzt werden. Entweder mit vorinstallierten Waffensystemen, mit der eigenen Pistole oder mithilfe von Quickhacks. Letztere lassen dabei Erinnerungen an Watch Dogs wach werden, wenn man etwa Autos gegen den Willen des Fahrers zum Vollgas zwingt und auf der bis dato noch friedlichen Kreuzung pures Chaos ausbricht.

Mehr Kleidung, mehr Cyberware

Eine weitere Neuerung, die es für alle Spieler mit Update 2.0 gibt, ist die komplette Überarbeitung des Rüstungssystems. Die Zeiten, in denen eine Anzugsjacke meiner V mehr Rüstungspunkte gab als eine Militärweste, sind vorbei, denn fortan dienen Klamotten in erster Linie dem eigenen Style. Nur auf einigen ausgewählten Stücken gibt es noch ein paar spezielle Perks, die mir etwa ein paar Boni fürs Schleichen geben. Wirklich relevant ist das eher weniger, weshalb man jetzt komplett frei ist, welche Kleidung man trägt.

Frisch vom Ripperdoc: Cyberware spielt mit Update 2.0 eine noch viel wichtigere Rolle.
Der für den eigenen Schutz relevante Rüstungswert läuft ab sofort über die von mir verbaute Cyberware. Ripperdocs gewinnen dadurch noch etwas mehr an Relevanz, ebenso wie meine Auswahl der verbauten Hardware-Teile. Denn ich kann mir nicht unendlich Implantante reinpfeffern, sondern muss auf die sogenannte Cyberware-Kapazität achten. Letztere lässt sich mithilfe von Levelaufstiegen und verschiedenen Skills erhöhen, aber verbaue ich zu viel Technik-Schnickschnack, dann kann es passieren, dass ich eine Cyberpsychose auslöse. Dadurch verursache ich zwar temporär mehr Schaden, aber meine Lebenspunkte sind umso anfälliger. Ganz so extrem wie es im Anime Cyberpunk: Edgerunners dargestellt wird, fallen die Psychosen im Spiel aber nicht aus.

Für die Praxis bedeutet das neue System derweil, dass ich mehr darüber nachdenke, welche Module mein Spielstil tatsächlich benötigt. Gorilla-Arme sind für mich als Netrunner beispielsweise eher weniger von Vorteil, während ein Beinmodul, mit dem ich besser und schneller schleichen kann, durchaus spannend ist. Wer übrigens zu viele Euro-Dollar auf der hohen Kante hat, kann bei den Ripperdocs ordentlich Geld lassen, um die Hardware auf das bestmögliche Niveau zu upgraden.

Es schießt sich viel besser

Den spielerisch aber vielleicht größten Sprungt schafft Cyberpunk 2077 mit Update 2.0 beim Kampfsystem: Die
Bei solchen Kisten wartet toller Loot, aber das wissen auch andere Fraktionen.
Schießereien, um die man nicht komplett drumherum kommt, spielen sich nun wirklich gut. Zum einen haben die Macher generell am Waffengefühl gearbeitet, zum anderen muss man nun wie in einigen Souls-Spielen auf die eigene Ausdauer achten, selbst beim Abdrücken der Waffen. Aber keine Sorge, allzu streng ist das Rollenspiel dabei nicht, dennoch macht es sich bemerkbar, wenn man außer Atem noch versucht zu schießen: Dann verzieht das Fadenkreuz merklich und die Trefferchance sinkt. Das gilt übrigens ebenso für den Nahkampf, falls ihr darüber nachdenkt, mit einem brennenden Katana nach vorne zu stürmen, um die neuen Finisher-Moves einzusetzen.

Für mich als schleichender Netrunner enorm praktisch ist das überarbeitete und erweiterte Quickhacksystem. Zum einen darf ich nun mehr Gegenstände in der Spielwelt beeinflussen, zum anderen auch mehrere Hacks aneinanderreihen. Für Letzteres gibt es lediglich die Grenzen meines Cyberdecks, ansonsten bin ich sehr frei in der Umsetzung. In die eine Gruppe eine Verseuchung, die sich automatisch ausbreitet, zwei Geschütze umpolen und beim Scharfschützen kurzfristig einen Neustart durchführen – das ganze spielt sich angenehm flüssig und gibt mir das Gefühl, dass ich ein besonders krasser Hacker bin. Der einzige Nachteil? Je mehr Hacks ich ausführe, desto schneller wird meine Position von feindlichen Netrunnern aufgedeckt. Aber dagegen hilft entweder ein Absturz der Soundsysteme oder eine schallgedämpfte Pistole.

All diese Verbesserungen sorgen vor allem dafür, dass sich die Kämpfe in Cyberpunk 2077 jetzt dynamischer und vielseitiger anfühlen. Dabei hilft auch die bereits angesprochene künstliche Intelligenz, die jetzt deutlich schlauer agiert, sich aber trotzdem noch immer einige Aussetzer leistet.

Alles neu macht der Skillbaum

Was wieder einmal mit Update 2.0 passiert: Der Talentbaum wird zurückgesetzt, weil CD Projekt Red noch
Langweilig: Nur an solchen Kästen erhält man die Relic-Talentpunkte.
einmal die Skills auf den OP-Tisch warf, um die jeweiligen Spielstile stärker herauszustellen. Das klappt im Grunde auch ganz gut, da man nun erst einmal die Kernfähigkeiten freischaltet und danach Verbesserungen an diesen vornehmen kann. So erhalte ich beim Ducken zum Beispiel etwas mehr Widerstand und kann mich dann noch dazu entscheiden, zukünftig auch im geduckten Zustand zu sprinten. Auch andere Skills bieten nun solche Möglichkeiten, die sich deutlich stärker auswirken als ein paar Prozentpunkte hier und da, deren Effektivität sich kaum bemerkbar macht.

Von Anfang an darf man zudem nicht alle Skills freischalten, stattdessen sind die jeweiligen Talentbäume an das Level der jeweiligen Attribute gebunden. Da ich bewusst sehr viel Wert aufs Hacken legen, habe ich natürlich schnell Intelligenz auf die Maximalstufe gebracht, um die mächtigsten Skills einsetzen zu können. Alle Fähigkeiten wird man übrigens nicht unterbekommen, trotz der erhöhten Maximalstufe von 60.

Und dann wären da noch die weiteren Boni, die in der Vergangenheit Charakterwerte darstellten, aber sich nun auf bestimmte Vorgehensweisen beziehen: Assassine, Netrunner, Shinobi, Techie und Solo werden über die eigenen Handlungen gelevelt und gewähren euch alle paar Aufstiege ein paar Verbesserungen. Ist ganz nett und passt dazu, dass man in Cyberpunk 2077 technisch gesehen keine eigene Klasse hat, sondern irgendwie alles abdecken darf.

Ganz neu ist derweil der Relic-Talentbaum, der ausschließlich Käufern von Phantom Liberty zur Verfügung gestellt wird. Dort gibt es insgesamt acht mächtige Fähigkeiten, die es mir zum Beispiel ermöglichen, Quickhacks direkt über den Monodraht auf Gegner zu übertragen. Das ist recht praktisch, aber das Freischalten der Fähigkeiten wirkt langweilig, weil es die benötigen Relicpunkte nicht durch Levelaufstiege gibt. Stattdessen gilt es verschiedene Militech-Kisten aufzuspüren, die überall in Dogtown verteilt sind. Nähert man sich einer solchen Kiste, ertönt ein leises Piepen, das nach und nach lauter wird – alles schon hundertmal gehört und gesehen.

Was ist denn jetzt mit der Polizei?

Eine weitere große Neuerung mit Update 2.0: Die Polizei beziehungsweise die Gesetzeshüter haben endlich was
Eine Partybegleitung, die man selten hat: Idris Elba weiß jederzeit zu überzeugen.
auf dem Kasten und wissen sich zu wehren. Das System erinnert dabei sehr an GTA, sprich: Je mehr Chaos ich in der offenen Welt verursache, desto mehr Fahndungssterne sammel ich. Das führt wiederum dazu, dass mehr blaue (oder in Dogtown grüne) Männchen Jagd auf mich machen und immer stärkere Geschütze auffahren, um mich endlich aus dem Verkehr zu ziehen.

Um die Sterne zu senken, muss ich wie im Rockstar Games-Vorbild eine Zeit lang untertauchen, damit sich die Lage beruhigt. Das ist auf den unteren Stufen noch recht einfach, aber bei Level fünf wird es richtig knackig und es kommt zu Verfolgungsjagden, die aufgrund des Chaosfaktors wirklich Spaß machen. Wenn man sich in den Straßen von Night City mit dem Auge des Gesetzes waghalsige Schießereien liefert, Zivilisten vom Getümmel in Panik geraten, man im richtigen Moment den Reifen des feindlichen Wagens zerstört und dieser mit Hochgeschwindigkeit gegen eine Laterne knallt, ist der Unterhaltungsfaktor schon verdammt hoch. Besonders cool: Extra dafür hat CD Projekt Red das Schadensmodell der Fahrzeuge ausgeweitet, wodurch nun Windschutzscheiben korrekt zerspringen, einzelne Seitenteile abfallen oder Türen komplett verbeult sind.

Großartige Grafik, saftiger Soundtrack

Natürlich könnte man noch unheimlich viel mehr über Cyberpunk 2077: Phantom Liberty und Update 2.0 schreiben, weil es noch so viele Details gibt, die das Team in den letzten Monaten angepackt und verbessert hat. Lasst es mich so sagen: Endlich ist das Rollenspiel auf dem Niveau, wo es vor drei Jahren schon hätte sein sollen. Nicht nur inhaltlich und spielerisch, sondern auch auf der technischen Ebene. Cyberpunk 2077 läuft selbst auf einem Mittelklasse-Rechner mit den richtigen Einstellungen flüssig und sieht dabei noch ordentlich aus, und wer
Ein paar Easter-Eggs, wie das Plötzerennen, haben es auch ins Spiel geschafft.
mehr Leistung unter der Haube hat, kann alles auf Maximum drehen und erfreut sich an einem der schönsten Spiele der aktuellen Zeit.

Es gibt aber immer noch ein paar Fehlerchen, die seit Anbeginn der Zeit vorhanden sind: Noch immer laufe ich etlichen Doppelgängern auf den Straßen über den Weg, hin, noch immer fahren NPCs komplett durch andere Autos und wenn ich schnell durch ein paar Menüs wechsel, kommt es auch mal zu unschönen, aber wirklich nur ganz kurz auftretenden Grafikfehlern. Das Meiste davon ist kaum der Rede wert, fällt aber nach vielen Stunden Spielen immer mal wieder ins Auge und kann die Atmosphäre zumindest temporär etwas drücken. Extreme Bugs und ganze Plotstopper, wie man sie noch aus der Anfangszeit kennt, sind mir beim Spielen zum Glück nicht mehr untergekommen.

Ein letztes Lob gibt es an dieser Stelle noch für den Soundtrack, der erneut ganz große Klasse ist. Die drei neuen Radiosender fügen sich hervorragend ein, insbesondere die von der ehemaligen Pornodarstellerin Sasha Grey als Moderatorin geführte Station 89.7, welcher mit Songs aus der Community bestückt wurde. Die Genremischung ist in dem Fall besonders vielseitig und dennoch auf einem dem Gehörgang schmeichelnden Niveau.

Fazit

Ich muss ja eines sagen: Beim Release von Cyberpunk 2077 im Dezember 2020 war ich kein allzu großer Fan des Rollenspiels. Sowohl die immense Bugdichte als auch einige spielerische Entscheidungen waren mir ein Dorn im Auge, während die inhaltliche Seite zwar insgesamt spannend war, aber mich emotional nie so ganz fesseln konnte. Durchgespielt habe ich die Story trotzdem und blieb über 80 Stunden lang Night City treu – die großen Patches habe ich aber nicht mehr miterlebt. Warten wollte ich auf den großen Story-DLC, um ein weiteres Mal mit V loszulegen. Nun ist Phantom Liberty da und die Wartezeit hat sich auf jeden Fall gelohnt: Zwar mag der DLC nicht ganz an die große Klasse der Witcher-Erweiterung Blood and Wine heranreichen (welches Addon kann das schon?), aber dennoch liefert CD Projekt Red hier auf ganzer Linie ab und sogar noch darüber hinaus. Denn es ist eben nicht nur eine weitere tolle Story (inklusive eines komplett neuen Endes für die Hauptkampagne!) mit Idris Elba als Starfaktor, sondern eine spielerische Erneuerung, die dem RPG wirklich gut tut. Die Gefechte sind spaßiger, das Hacken umfangreicher, die Verfolgungsjagden ein wahnsinniger Chaosfaktor und darüber hinaus funktioniert auch endlich die Technik. Ein paar Mängel sind immer noch vorhanden, aber hey: Die kann man vielleicht dann beim Nachfolger anpacken, der ja bereits seit ein paar Monaten geplant wird.

Pro

  • umwerfende Grafik
  • dichte Atmosphäre zum Niederknien
  • Dogtown als neues Gebiet inklusive eigener Gesellschaftsstruktur
  • Verfolgungsjagden und bewaffnete Fahrzeuge
  • verbessertes Gunplay und Quickhack-System
  • überarbeitetes Skillsystem mit mehr Auswirkungen
  • neuer Relic-Talentbaum
  • fantastischer Soundtrack
  • hochqualitativer Charakter-Cast
  • spannende Spy-Thriller-Story
  • vielfältige Missionen, die sich auf unterschiedliche Weise lösen lassen
  • DLC ermöglicht komplett neues Ende für die Hauptgeschichte

Kontra

  • immer noch kleinere Technik-Probleme
  • langweiliges System zum Freischalten der Relic-Talente
  • KI hat hin und wieder klare Aussetzer
  • kein durchgängiger Stealth-Run möglich
  • Auf Diebstahl wird weiterhin nicht realistisch reagiert

Wertung

PC

Ein umfangreicher, qualitativ hochwertiger DLC, der mit Story und einer dichten Atmosphäre zu begeistern weiß und sogar das Hauptspiel noch verbessert. Ein rundum gelungenes Comeback für Cyberpunk.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
str.scrm

jo das Ende war einfach

Spoiler
Show
mega depressiv
ich hatte mir sehr gewünscht, dass V geheilt werden und man ohne Dauerdruck in der open world spielen kann
das ganze DLC war trotzdem eine absolute Referenz, Wahnsinn

vor 7 Monaten
NewRaven

Du musst einfach das Spiel speichern und dann den Spielstand neu laden. Das Problem kann übrigens bei allen Missionen, wo du deine Identität ändern musst, auftreten - allerdings passiert es eben auch nicht immer. Die Lösung ist aber immer gleich. Einfach speichern und dann neu laden. Und ja, es sind ein paar nervige Bugs in 2.0 - und in 2.01 sind sogar noch ein paar noch nervigere neu dazu gekommen. Achtet beispielsweise genau auf die Werte, wenn ihr eure Cyberware und ikonischen Waffen upgradet... und mit den auf Attributswerten Bonuswerten für Skills soll aktuell auch was nicht stimmen.

Und könnten wir alle mal bitte mal über das neue Ende reden? Das ist meiner Meinung nach mal eine neue Stufe von "schlechten Enden"...

Spoiler
Show
und das nicht, weils genretypisch kein "happy-end" ist, sondern weil es beim Spieler einfach - noch mehr als ME3 damals - den "wofür hab ich den ganzen Scheiß jetzt eigentlich gemacht?"-Gefühl hinterlässt. Es ist gut geschrieben und inszeniert, keine Frage - für nen Roman oder einen Film in diesem Genre wäre das super, weil man da nur als passiver "Zuschauer" dabei ist - einem Spieler solltest du aber niemals das Gefühl geben, alles was er die letzten paar dutzend Stunden investiert hat, war völlig wertlos - zumal wir ja schon andere Enden haben, die das auch zumindest leicht implizieren, während dieses einem das einfach voll in die Fresse haut.

Zuletzt bearbeitet vor 7 Monaten

vor 7 Monaten
Scourge

Mittlerweile doch schon einige nervige Bugs entdeckt. Keine kompletten Gamebreaker, aber machen zu mindest ein Neustart des Spiels notwendig. Bei "Run this Town" ist es mir jetzt schon das zweite Mal in Folge passiert dass ich mein Inventar/Stats-Screen nicht mehr öffnen kann - bisher jedes Mal nachdem ich die Fake Persona wieder ablegte, die man da mehrmals annehmen muss.

Edit: Und zum dritten Mal, nachdem die Mission abgeschlossen wurde. Hat die Mission denn keiner mal probegespielt? -.-

Zuletzt bearbeitet vor 7 Monaten

vor 7 Monaten
Rooster

Zusätzlich zu den bisherigen Bugs habe ich jetzt auch noch den infinite Auto Save Bug. Den gibts anscheinend schon seit 2022 ... toll, CDPR. So langsam wird es echt unbequem zu spielen. Eigentlich müsste man von den Konsolen Versionen (zumindest Xbox Series) immer noch abraten.

Zuletzt bearbeitet vor 7 Monaten

vor 7 Monaten
str.scrm

mittendrin im DLC und einfach nur wow ... WOW Alter
spiele es jetzt zum 3. Mal dabei durch und trotzdem fesselt mich diese ganze Inszenierung noch so krass - absolute Oberliga

vor 7 Monaten