Super Mario Bros. Wonder - Test, Plattformer, Switch
Super Mario Bros. Wonder: Klempner und Co. auf Staatsbesuch
Bevor wir uns den vielen spielerischen Kniffen und Neuerungen widmen, tritt Super Mario Bros. Wonder zumindest zu Beginn aber noch einmal kurz auf der Stelle, nämlich bei der Story. Mario und seine Freunde haben zwar ausnahmsweise die bekannte Landschaft des Pilzkönigreichs hinter sich gelassen, um Prinz Florian im befreundeten Blumenkönigreich zu besuchen, doch Bösewicht Bowser ist ihnen natürlich schon auf den Fersen. Mithilfe der Wunderblume verschmilzt der König der Koopas kurzerhand mit Florians Schloss und platziert seine verwandelte Fratze inmitten der sechs Welten, die ihr in Super Mario Bros. Wonder nach und nach bereist.Peach wird dieses Mal übrigens nicht entführt: Stattdessen ist die pinke Prinzessin genau wie der Rest der Crew an der Rettung des Blumenkönigreichs beteiligt und zusammen mit Mario, Luigi, Daisy, Toadette, Mopsie sowie zwei Toad- und vier Yoshi-Varianten ist die Auswahl der spielbaren Helden größer als je zuvor. So darf jeder seine ganz persönliche Lieblingsfigur aus dem Mario-Universum wählen, auch wenn aufgrund der Abzeichen (dazu später mehr) keine mehr mit spielerischen Besonderheiten daherkommt und Mopsie und die Yoshis keinen Schaden erleiden können.
Weil man auch im Blumenkönigreich Traditionen zu pflegen scheint, heißt es nach der Introsequenz direkt ab nach Welt 1–1. Und klar, das hat Nintendo natürlich wieder mit bisschen grasgrüner Grundierung gesegnet, damit sich Mario-Fans gleich wie zuhause fühlen. Aber wer glaubt, dass sich das durch die gesamte Welt zieht und danach eine Wüste folgt, der irrt: Tatsächlich sind die einzelnen Areale nicht mehr strikt in Themen unterteilt, sondern vereinen auch schon mal mehrere zu einer gesunden Mischung. So stolpert ihr nach den ersten Leveln über Wiesen und Hügeln in eine staubige Steppe, eingerahmt von braunen Bergen und in der zweiten Welt geht es über Gletscherspalten bis hoch hinaus in ein waberndes Wolkenwunderland.
Gehüpft wie gesprungen? Von wegen!
Alle Level-Arten können mit frischen Ideen punkten und ergeben zusammen ein divers gestaltetes Plattform-Potpourri, das in seinem kleinen Finger mehr Innovation und Einfallsreichtum besitzt als die letzten drei 2D-Ableger zusammen. Einzig das Suchtrupp-Konzept, in dem ihr unsichtbare Blöcke finden müsst, ist eine uninspirierte und langweilige Suche nach der Nadel im Heuhaufen, die das grandiose Gesamtbild aber nicht trüben kann. Von spaßigen Spaziergängen bis hin zu kniffligen Klippenhopsern wartet das Abenteuer dabei auch mit einer Reihe an unterschiedlich schwierigen Herausforderungen auf, die bei der Level-Auswahl durch die Anzahl der Sterne gekennzeichnet sind. Unter die familienfreundlichen, weil gemütlichen Gefilde schleicht sich die ein oder andere Veteranen-Prüfung, sodass keine Gefahr besteht, wegen Unterforderung vor dem Fernseher einzuschlafen.
Und wie spielt sich das nun alles? Zum Glück genauso, wie man es von Nintendo gewohnt ist: Mario und seine Freunde steuern sich präzise und feinfühlig, das Tempo und Momentum beim Sprinten sind stimmig und Stampfattacken lassen sich in der Animation abbrechen, was die Luftkontrolle erhöht. All das resultiert in einem hervorragenden Spielgefühl, mit dem sich die Level zwar nicht in halsbrecherischen Hetzjagden, aber zumindest in schön schnellen Sprints durchlaufen lassen, bei denen man abhängig von der aktuellen Schwierigkeit mal mehr, mal weniger gefordert wird. Das Leveldesign ist zwar größtenteils handzahm, aber eben auch intuitiv und abwechslungsreich, die Power-Ups und Checkpoints sind fair verteilt, die Geheimnisse liegen mitunter auf dem Weg, sind aber auch gern ganz gut versteckt.
Wandelbare Wunderblume
Dass Super Mario Bros. Wonder zum spielerischen Spektakel wird, dafür sorgt dann die titelgebende Wunderblume, die sich in fast jedem Level versteckt und das Gameplay, manchmal sogar wortwörtlich, auf den Kopf stellt. Findet ihr eines der Gewächse und schließt den dann folgenden Abschnitt ab, erhaltet ihr einen Wundersamen als Belohnung, die essenziell für den Spielfortschritt sind, also die Rettung des Blumenkönigreichs. Doch weil in der wildwachsenden Topfpflanze offenbar spezielle Substanzen enthalten sind, landet Mario beim Einsammeln jedes Mal in einem Fiebertraum, in dem Röhren zum Leben erwachen, eine Stampede von Rhinozerossen durch den Bildschirm galoppiert oder sich gleich die ganze Levelstruktur verändert.Während der optische Effekt der Darstellung eines LSD-Trips in Film und Fernsehen gleicht, versteckt sich hinter jeder Wunderblume eine spielerische Überraschung, wodurch sich Super Mario Bros. Wonder regelmäßig neu erfindet und nie vorhersehbar wird. Mit kindlicher Neugier bin ich von Welt zu Welt gehüpft, begierig darauf herauszufinden, welche Einfälle mich noch erwarten und zum Staunen bringen. Die Wunderblume ist nicht nur das Highlight eines jeden Levels, sondern des ganzen Spiels und zeigt, dass die Entwickler mit ihrer Kreativität noch lange nicht am Ende ihrer Kräfte angelangt sind. Es ist das Salz in der Suppe, das die zuletzt ungewürzten 2D-Mario-Abenteuer so dringend gebraucht haben, um wieder an Geschmack zu gewinnen.
Die Wunderblumen sind aber nicht die einzige Besonderheit im Blumenkönigreich, denn Mario und seine Freunde haben ein paar mächtige neue Power-Ups im Gepäck, um den vielen unbekannten Gegenspielern zu zeigen, woraus Klempner und Konsorten gemacht sind. Mit der prominent in Trailern beworbenen Elefantenfrucht steht eine Verwandlung in den gleichnamigen Dickhäuter ins Haus, die Nintendos Maskottchen einen stattlichen Rüssel verleiht. Damit lassen sich nicht nur Gumbas aus dem Weg schubsen, sondern auch durstige Blumen wässern, die dann ein paar Münzen springen lassen. Mit der Seifenblasen-Blume sperrt ihr dagegen Koopas in durchsichtige Gefängnisse, um sie dann zerplatzen zu lassen, und mit dem Bohrer-Pilz auf der Birne grabt ihr euch in den Boden oder die Decke, womit ihr Hindernissen ausweichen und fiese Geheimnisse aufspüren könnt.
Famose Feindesvielfalt und frische Fähigkeiten
Die spielerischen Neuerungen von Super Mario Bros. Wonder werden durch die eingangs erwähnten Abzeichen abgerundet, die ihr nach und nach freischaltet und von denen ihr immer nur ein einziges anlegen könnt. Angefangen bei kleinen Komfortfunktionen, wie einem automatischen Superpilz am Anfang des Levels oder einem magischen Münzmagneten, bis hin zu Bewegungsverbesserungen wie dem Delfin-Kick, der eure Kontrolle unter Wasser beträchtlich erhöht, oder dem Rankenschuss, der euch wie Spider-Man mit einem Seil zur nächsten Wand schwingen lässt, sorgen die Abzeichen für einen gewissen Grad der Individualisierung eurer Fähigkeiten. Die kommen zwar auch in den normalen Leveln zum Einsatz, richtig glänzen können sie aber in den Abzeichen-Tests, die auf die jeweilige Fähigkeit passgenau zugeschnitten sind.
Aktenzeichen Abzeichen
Mario im Wunderland
Vor allem optisch hat sich das Team hinter Super Mario Bros. Wonder selbst übertroffen. Das Blumenkönigreich scheint geradezu zu strahlen, begeistert an jeder Ecke mit liebevoll platzierten Details und vereint pittoreske Pastellfarben mit knalligen Akzenten. Röhrenfelsen zäunen die gestreifte Steppe ein, goldenes Wasser schimmert im Sonnenlicht und im Hintergrund grasen Gallopterosse und hüpfen Hutmonster. Und weil man abseits der Kampfpartys und einiger weniger Ausnahmen das Zeitlimit komplett aus dem Spiel geschmissen hat, könnt ihr die Landschaften und Levelkulissen ganz in Ruhe genießen. In den Menüs weiß man hingegen mit Zurückhaltung zu glänzen: Dank dicker Linien, viel schwarz, viel weiß und zwischendrin einem satten Gelb auf der aktuell ausgewählten Fläche, machen das Navigieren zur wahren Freude.Noch deutlich beeindruckender als Spielwelt und Menüs sind allerdings die Charaktere, die wirklich unglaublich charmant animiert wurden und mit ihrer Gestik und Mimik ausdrucksstärker daherkommen als jemals zuvor. Elefanten-Mario quetscht sich mit Mühe durch eine Röhre oder zittert am Rand eines Abgrunds, Luigi hüpft voller Elan in die Luft und sprintet so energisch los, dass seine Beine zu bloßen Umrissen verkommen. Peach hält sich die Arme an den Kopf, wenn sie zur Stampfattacke ansetzt und Daisy schlägt triumphierend mit ihrer Fäuste gegen schwebende Blöcke: Alle Bewohner des Pilzkönigreichs zeigen in Super Mario Bros. Wonder eine Bandbreite an Emotionen, die man dem Klempner und seinen Kollegen zumindest in 2D beinahe nicht mehr zugetraut hätte.
Auch beim Soundtrack zieht Nintendo wieder alle Register und fährt das facettenreiche Orchester eines milliardenschweren Multimediakonzerns auf: Wogende Wiesen werden von Panflöten und sanftem Klatschen begleitet, im von Piranha-verseuchten Dickicht stehlen Trompeten und ein Xylophon die Schau und im Schneegebiet sorgen Streichinstrumente und Schlittenglocken für eine stimmige Soundkulisse. Viele der Instrumente bekommen mehrere Auftritte, werden immer wieder neu zusammengesetzt und passen sich so thematisch ihrem aktuellen Umfeld an, um eine stimmige Atmosphäre für eure Gehörgänge zu zaubern.
Mit Pauken und Töröööten
Die Kirsche auf der auditiven Sahnehaube sind die vielen gelungenen Soundeffekte, etwa der Trommelwirbel bei der Stampfattacke. Und ja: Der neue Synchronsprecher von Mario und Luigi, Kevin Afghani, macht einen fantastischen Job und muss sich nicht hinter Veteran Charles Martinet verstecken. Der einzige Wermutstropfen in der sonst herausragenden Soundkulisse sind die absurd nervigen Plauderblumen, die Belanglosigkeiten durch die Lautsprecher tröten, sich aber glücklicherweise im Menü stummschalten lassen. Genießen könnt ihr den Soundtrack sowie den Rest des Spiels dann ab dem 20. Oktober, wenn Super Mario Bros. Wonder exklusiv für die Nintendo Switch erscheint. Ein Ausflug in das Blumenkönigreich kostet 59,99 Euro und wird Story-Spieler knapp zehn Stunden beschäftigen, während diejenigen, die wirklich alles einsammeln und erkunden wollen, bis zu 15 Stunden brauchen dürften.
Fazit
Dass Mario zumindest im Bereich der 2D-Abenteuer zuletzt in einer Schaffenskrise steckte, ist schwer zu leugnen – die zehnjährige Pause kommt ja nicht von ungefähr. Und nachdem man bei Nintendo mit den letzten Titel im ewiggleichen Trott gefangen zu sein schien, war der kreative Abstand von der Reihe sicherlich eine gute Idee, um mit Super Mario Bros. Wonder nach langer Zeit wieder zu altem Einfallsreichtum zurückzufinden. Das ist den Verantwortlichen der japanischen Spieleschmiede glücklicherweise gelungen: Marios Abstecher ins Blumenkönigreich verbindet die traditionelle Plattformer-Erfahrung des Klempners mit einer Wagenladung an Abwechslung und steckt nicht zuletzt wegen der Wunderblumen voller frischer Ideen und kreativer Überraschungen. Super Mario Bros. Wonder schreibt sich Spielspaß und Spektakel auf die rote Mütze und transportiert dieses Ziel auch in der optischen und auditiven Präsentation, die von knalligen Farben, charmanten Animationen und dynamischer Musik getragen wird. Kleinere Übel wie die geringe Anzahl an Bosskämpfen, die mangelhaften Optionen und die unglückliche Easy Modus-Verteilung bei den Charakteren können den sprintenden Schnauzbartträger zwar verlangsamen, aber keinesfalls aufhalten.
Pro
- Große Auswahl an spielbaren Charakteren
- Jede Menge kreative neue Gegnertypen
- Frische Power-Ups und Abzeichen
- Abwechslungsreiche Level
- Wunderblumen sorgen für regelmäßige Überraschungen
- Leuchtende Farben und scharfe Texturen
- Extrem liebevolle Animationen
- Gelungener Soundtrack mit neuen Songs und Remixes alter Titel
- Dynamisches Musikdesign
Kontra
- Easy Modus-Verteilung bei den Charakteren
- Kaum Optionen
- Suchtrupp-Level sind ziemlich uninspiriert
- Viel zu wenige Bosskämpfe
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