Jusant - Test, Action-Adventure, XboxSeriesX, PlayStation5, PC
Jusant: Ein Turm in der Wüste
In dem entschleunigten Adventure, in dem vom ersten Augenblick an eine sehr ruhige Atmosphäre herrscht, erklimmt ihr einen bis in die Wolken reichenden Turm und stöbert in den Überresten der Zivilisation, die diesen Monolithen einst bevölkert hat. Euer wichtigstes Utensil in Jusant ist dabei euer Kletterseil, ohne das auch der Alltag der Menschen an diesen zerklüfteten Hängen einst undenkbar war. Doch ihr habt zusätzlich noch euren „Ballast“, der zum wegbereitenden Helfer wird.Euer Weg führt nach oben; doch wonach die namenlose Hauptfigur dieses Spiels konkret auf der Suche ist, wird im Laufe der Geschichte, die gänzlich ohne Sprachausgabe auskommt, nicht näher spezifiziert. Dank Briefen und Notizen, die ihr in den verlassenen Siedlungen findet, könnt ihr aber die Historie dieses Ortes nachvollziehen. So hat sich das Wasser um diesen turmartigen Felsen nach und nach zurückgezogen, die Menschen siedelten von den Höhen in tiefer gelegene Gebiete um. Nach einem Ereignis, das in den Schriften als Jusant bezeichnet wird, verschwand das Wasser schließlich ganz, nicht einmal Regen gab es seitdem mehr.
Der Rückzug des Wassers
Dass diese nicht nur ein Märchen sind, erfahrt ihr ziemlich schnell: Immerhin habt ihr einen waschechten Ballast dabei. Dieser kleine, quietschende Knilch – optisch eine Mischung aus hellblauem Frosch und den Waldgeistern aus Prinzessin Mononoke – ist allerdings gerade mal so groß, dass er in eine kleine Umhängetasche passt oder auf eurer Schulter sitzen kann. Mit seiner besonderen Aura kann er euch jedoch helfen, den Weg oder in der Umgebung versteckte Gegenstände zu finden oder Pflanzen in der Umgebung wachsen zu lassen. Und natürlich könnt ihr den kleinen Ballast auch tätscheln und herzen.
Klettern wie die Profis
Der Aufstieg teilt sich in fünf Abschnitte auf, die Umgebung verändert sich dabei jeweils. Mal macht euch die brütende Sonnenhitze zu schaffen, weiter oben dann starke Windstöße. Ihr klettert an hervorstehenden Felsen und in die Wand geschlagenen Griffen empor, habt dabei aber immer die Möglichkeit, bis zu drei Sicherungshaken zu setzen. Falls ihr also an einer Stelle mal mit dem Fuß daneben tretet, bewahren euch diese vor dem Sturz.Ihr müsst immer eine Taste gedrückt halten, um euch an der Wand festzuhalten. Klettern und besonders Sprünge zum nächstgelegenen Vorsprung verbrauchen Ausdauer, ähnlich wie in The Legend of Zelda: Breath of the Wild oder Genshin Impact; diese könnt ihr zwischendurch zwar immer bis zu einem bestimmten Punkt regenerieren, irgendwann ist sie aber komplett aufgebraucht. Erst wenn ihr wieder festen Boden unter den Füßen habt oder euch an einem der Rastpunkte einhakt, lädt sie sich wieder komplett auf.
Stein auf Steinchen
Wer schon einmal im echten Leben vor einer Boulder-Route an der Kletterwand stand und sich gefragt hat, auf welchem Weg sie zu bezwingen ist, wird sich in diesem Abenteuer wiederfinden. Nicht immer lässt sich ein Kletterpart im ersten Anlauf hinter sich bringen und ihr müsst euch im Vorfeld überlegen, welche Route die beste ist. Dabei werden die Passagen sehr abwechslungsreich erweitert: In der prallen Sonne sinkt eure Ausdauer schneller, Wind trägt euch bei Sprüngen weiter, und dann gibt es da noch die Steinchen – faustgroße Krabbelviecher mit einem Rücken aus Stein, die aber problemlos euer Gewicht tragen können und euch eine Weile an der Wand entlang befördern. Dank der Aura eures Ballasts wachsen manche Pflanzen rankenartig in die Höhe, andere lassen Wurzeln im kargen Fels sprießen, an denen ihr euch festhalten könnt.Schriften der Vergangenheit
Immer, wenn ihr eine Kletterpassage hinter euch gebracht habt, lädt ein neuer Teil der verlassenen Welt zum Verweilen und Bestaunen der Umgebung ein. Oder ihr beobachtet eine Weile die Chocos – kleine, dicke Rüsselmäuse, die aufgeregt auf den Plateaus umher wetzen. Hier und da findet ihr optionale Sammelobjekte wie rauschende Muscheln, die euch akustische Erinnerungen an eine lebhaftere Zeit bescheren, leuchtende Wandbilder, die vom Regen und den Ballasts erzählen, sowie Seiten aus dem Tagebuch von Bianca, die sich einsteiner Reisegruppe auf der Suche nach den legendären Himmelswalen angeschlossen hat.Akustisch abgerundet
Das Ganze wird begleitet von einem wunderschönen und atmosphärischen Soundtrack, der mit der wechselnden Umgebung variiert und stets einen passenden Rahmen bildet, wenn ihr beispielsweise ein neues Gebiet betretet oder euch einem Endpunkt eines Abschnitts nähert. Dieser wird stets durch ein großes Monument markiert, das ihr mit der Aura eures Ballasts aktivieren könnt und so zumindest auf einem Teil des Felsenturms die Vegetation zurückbringt.Jusant ist eine Reise in die Vergangenheit einer fast vergessenen Welt, von der wir nur ahnen können, wie lebhaft sie einmal gewesen sein mag. Und sie ist gleichzeitig die Suche nach Hoffnung und Antworten. Freunde von Spielen wie RiME, The Last Guardian oder Gris werden mit diesem Titel sicher ihre Freude haben. Er lädt euch dazu ein, dieses Kletterabenteuer in eurem eigenen Tempo anzugehen. Zwischen fünf und acht Stunden solltet ihr dafür brauchen – je nachdem, wie geschickt eure Kletterkünste sind oder wie genau ihr nach den Collectibles sucht. Belohnt werdet ihr auf jeden Fall mit einer beeindruckenden Kulisse und dem Gefühl, auf eurer Reise wirklich etwas erlebt zu haben.
Fazit
Jusant ist sicher kein Spiel für jeden – man muss schon das Ruhige und Unaufgeregte mögen. Es ist mehr eine entspannende Reise als ein wirklich nervenaufreibender und fordernder Weg. Es gibt keine Kämpfe und keine Interaktion mit NPCs; ihr seid allein mit eurem niedlichen Kompagnon und ein paar Möwen, Steinchen und Chocos. Wer kurzweilige und atmosphärische Fantasy-Abenteuer mag, die in kleinen Etappen erzählt werden, könnte in Jusant vielleicht einen neuen Lieblingstitel finden. Tatsächlich gibt es fast nichts Negatives, was ich zu dem Spiel sagen könnte: Die Optik ist vielleicht nicht jedermanns Sache, grafisch gibt es aber nichts zu bemängeln. Der Schwierigkeitsgrad ist sehr moderat – selbst anfangs anspruchsvolle Passagen werden mit der richtigen Taktik schnell zu lösbaren Aufgaben. Vielleicht könnte das Spiel ein, zwei Kapitel länger sein, aber auch so bietet die Reise sehr viel (besonders für den relativ geringen Preis). Die verlassene und doch bezaubernde Welt kann einen – unterstützt durch den exquisiten Soundtrack und den putzigen Kumpanen – wirklich schnell in den Bann ziehen.
Pro
- charmanter Look
- unverbrauchtes Gameplay
- atmosphärischer Soundtrack
- kurzweilig
- interessante Lore
- knuffiger Ballast
Kontra
- könnte ein, zwei Kapitel länger sein
- keine adaptiven Trigger mit PS5-Controller
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.