Little Goody Two Shoes - Test, Rollenspiel, PC, Switch, XboxSeriesX, PlayStation5

Little Goody Two Shoes
09.11.2023, Anny Bader

Test: Little Goody Two Shoes

Ein märchenhafter Albtraum

Zwischen all den gigantischen Releases in letzter Zeit erschien um Halloween ein kleines Rollenspiel, das Horror mit niedlichen Aspekten kombiniert. In Little Goody Two Shoes kämpft ihr euch durch den Alltag einer jungen Frau, die von einem besseren Leben träumt und sich stattdessen in einem Albtraum wiederfindet. Denn ihr Heimatdorf Kiefernberg wird bedroht, woraufhin sie sich zusätzlich zur harten Arbeit auch noch die Nächte im Wald um die Ohren schlägt. Das RPG stammt vom portugiesischen Entwickler AstralShift, spielt aber in Deutschland.

Little Goody Two Shoes: Der Traum vom besseren Leben

Protagonistin Elise mit ihrem täglichen Look, den sie in Kiefernberg trägt: Rote Schleife in den langen Haaren und ihr Kleid mit einer Schürze davor.
In Little Goody Two Shoes tauchen Spieler in eine märchenhafte Welt ein und schlüpfen in die Rolle einer Frau namens Elise. Sie wohnt in dem kleinen Städtchen Kiefernberg, das sich in einer an Deutschland angelehnten Umgebung befindet. Ich durchlebe eine Woche im Leben der Protagonistin, die aus bescheidenem Hause stammt und sich ihren Wunsch nach einem besseren Leben erfüllen möchte. Doch die Bewohner der Stadt behandeln sie oft mies, während Elise für sie arbeiten muss. Für ihren Traum, aus alldem auszubrechen, ist die sie bereit, einige Opfer zu bringen.

Das Spiel bietet eine vielschichtige Erfahrung, in der Tageszeiten, Elises Grundbedürfnisse und die Entscheidungen, die die Spieler treffen, eine tragende Rolle spielen. Arbeit für die Nachbarn erledige ich in Form von Minispielen, die als Arcade-Automaten dargestellt sind und mich maximal zwei verschiedene Tasten bedienen lassen. So muss ich Eier im Hühnerstall sammeln, Holzhacken, Äpfel fangen oder mit den Kindern spielen. Je mehr Punkte, desto besser, ich verdiene aber immer nur ein paar Münzen. Am Ende der Woche fühlen sich die immergleichen Minigames etwas trocken an, doch da das Spiel recht kurzweilig ist, kommt kaum Langeweile bei den täglichen Aktivitäten der Hauptfigur auf.

Elise muss pro Tag sechs Mahlzeiten essen, die zu jeder Tageszeit und zusätzlich bei Aktivitäten verbraucht werden. Zudem ihre Besucherin Rozenmarine versorgen, die zu Beginn des Spiels bei ihr einzieht. Ich kann sie als Unterstützung meiner Aufgaben mitnehmen, wodurch ich mehr Punkte bekomme, aber auch zwei zusätzliche Mahlzeiten verbrauche. Auch eine Lebensanzeige mit fünf Herzen muss ich beachten und in der Bäckerei Brot und Bretzeln kaufen – so ist das verdiente Geld schnell wieder weg und als Spieler kann man leicht nachvollziehen, wie es für Elise ist, von der Hand in den Mund zu leben. Nach ein paar Tagen findet sie im Garten ein paar blutrote Schuhe, über die sie sich sehr freut.

Die Hexe von Kiefernberg

Elise ist keine gewöhnliche Spielfigur - ihre starke, manchmal anstrengende Persönlichkeit ist ständiger Begleiter und, obwohl ich zwar selbst Entscheidungen treffen kann, kommt ihr Temperament mir teilweise in die Quere. In den Dialog-Optionen habe ich manchmal das Gefühl, mich um Kopf und Kragen zu reden und kaum etwas Zufriedenstellendes erwidern zu können. 

Vor jeder neuen Tageszeit ist dieses Rädchen zu sehen, bei der Witch-Hour sehr verzehrt.

In Kiefernberg treiben dunkle Mächte ihr Unwesen, die Bewohner vermuten eine Hexe. Daher muss ich darauf achten, nicht zu verdächtig zu wirken, also meine „Suspision“ nicht zu erhöhen. Manche Aktivitäten und Antworten auf Fragen erhöhen diese und ein kleines Mädchen läuft im Dorf herum, beobachtet mich und erpresst mich: Sie fordert bestimmte Nahrungsmittel, sonst verpetzt sie mich und meine Suspision steigt. Nachts gibt es ein Zeitfenster, das sich „Witch-Hour“ nennt und Elise in den Wald schickt, wo sie nach der Hexe sucht und mit mysteriösen Wesen spricht. Hier kommt der Grusel-Aspekt in das Spiel, da sie verzerrte Bilder von sich selbst und bekannten Personen aus Kiefernberg begegnet, die in der Nacht herumstromern - so erinnert Little Goody Two Shoes zu dieser Stunde an ein brutales, unheimliches Märchen.

Die Protagonistin findet ihren abgetrennten Kopf, der in einem Korb liegt.
Die Nächte nehmen den Großteil des Spiels in Anspruch, je nachdem, wie lange man für die zu lösenden Rätsel braucht und wie oft man stirbt. Nachts kann man nämlich auch angegriffen werden, verliert Leben und löst möglicherweise ein „Game Over“ aus. Auch auf Elises psychischen Zustand muss ich achten und Streichhölzer anzünden, damit sie nicht im Stockfinsteren unterwegs ist und den Verstand verliert. 

Obwohl die Spielwelt in 2,5D dargestellt ist, fühlt sie sich alles andere als statisch an. Alles um mich herum bewegt sich und ich kann mit vielen Elementen interagieren, auch wenn ich dafür manchmal mehrere Versuche brauche, da man genau die richtige Stelle treffen muss und keinen Zentimeter zu weit entfernt stehen darf. Das frustriert mich manchmal, aber nicht sehr. Zudem reagiert die Umgebung auf meine Anwesenheit: Es bewegen sich Pflanzen, wenn ich beispielsweise durch ein Feld laufen, überall sind Tiere und es gibt unterschiedliche Wetterszenarien wie Wind, Regen, Blitz und Donner. Wenn ich die Map öffne, kann ich einsehen, welche Ereignisse gerade anstehen, was ich erledigen kann und, was zu späteren Tageszeiten passiert. Das Ganze sieht aber überschaubar aus, sodass ich mich gut zurechtfinde und in Ruhe überlegen kann, was ich wo erledige.

Elise, während sie abends zuhause einen Monolog führt. Sie fragt sich oft, wann sie Kiefernberg endlich verlassen kann.


Handgezeichnet und hübsch

Die Welt ist in kunstvoller, märchenhafter Anime-Grafik dargestellt. Sie steckt voller Details und versteckten Winkeln, die es zu entdecken gilt. Jedes Mal, wenn ich von einem Abschnitt zum nächsten wechsle, muss ich allerdings mit einem kurzen Ladescreen leben, was meine Geduld auf die Probe stellt, wenn ich gerade etwas suche oder schnell an einen entfernten Ort auf der Map gelangen will.

Zudem gibt es häufige, wunderschöne Zwischensequenzen. Darin sehe ich handgezeichnete Momentaufnahmen der Figuren, während die Dialoge eingeblendet werden. Im regulären Spielverlauf sehe ich die Charaktere nur recht klein, während die volle Pracht ihres Designs erst bei der Vergrößerung zum Vorschein kommt. Eine Vertonung gibt es auch, allerdings hat jede der Frauen nur eine geringe Anzahl unterschiedlicher Voice-Lines, die während der Gespräche manchmal abgespielt werden und mal mehr und mal weniger gut passen. Elise sagt zum Beispiel oft „What in the lords name?“, „Out with it!” oder “What…is this?”. Hinzu kommt ein Soundtrack mit passenden Melodien zu Orten und Tageszeiten, die sanft mit der Story mitklingen und durch ihren Ohrwurm-Charakter auch nach dem Spielen von mir gesummt werden.

Neben Story und Arbeit spielt Dating in Little Goody Two Shoes eine relevante Rolle. Ich habe die Möglichkeit, als Elise mit drei verschiedenen Figuren eine romantische Beziehung aufzubauen. Hier gibt es eine bemerkenswerte Besonderheit: Alle davon sind weiblich, ich kann als Frau also nur Frauen daten, was ich sehr erfrischend und cool finde.

LGBTQIA-Dating

Freya und Elise kommen sich nach einigen Verabredungen immer näher, bis sie die Hauptfigur in einer Umarmung halb zerquetscht.
Elise sammelt Herzen mit der jeweiligen Figur, wenn man mit ihnen spricht und die optionalen Dates besucht, die auf der Map angezeigt werden. Die Anzahl gesammelter Herzen nimmt Einfluss auf den Verlauf der Story und das Ende des Spiels. Je nachdem, mit welcher der drei Dating-Optionen sie flirtet und wie intensiv diese Beziehungen sind, entwickelt sich die Handlung auf unterschiedliche Weise. Zehn verschiedene Enden soll es geben, für diesen Test erreiche ich das Ende Nummer 10.

Speicherpunkte sind durch eine rote Schleife gekennzeichnet, wie sie auch Elise auf dem Kopf trägt. Stelle ich mich dorthin, kommt ein Vogel mit einer Rose im Schnabel angeflogen, der mich meinen Spielstand speichern lässt. Die Punkte gibt es recht häufig, was auch nötig ist, weil man nie weiß, was als nächstes passieren könnte.

Bugs und Speicherpunkte

Manchmal bringen mich die Speicherpunkte jedoch an den Rand der Verzweiflung, da sie vor Cutscenes gelegt sind, nach denen schwierige Herausforderungen bevorstehen, beispielsweise ein tödliches Rätsel. Ich sterbe beim ersten Versuch, muss den letzten Speicherstand laden und, da ich nach der Sequenz nicht erneut speichern konnte, muss ich sie nochmal anschauen. Überspringen lässt sich nichts. Nach vielen Anläufen und genauso häufigem Durchklicken der Cutscene schaffe ich es, bin aber sehr frustriert. 

Abgesehen von der Verteilung der Speicher-Vögel wirkt Little Goody Two Shoes aber sehr durchdacht, die Rätsel sind unterhaltsam und kreativ. Bugs treten wenige auf, lediglich an einer Stelle muss ich das Spiel neu starten, weil meine Figur auf einer Sumpf-Map feststeckt. Außerdem buggt sie während einer Zwischensequenz hin und her, was mich vom Dialog stark ablenkt, aber verzeihbar ist. Großteils ist das Spiel technisch einwandfrei.

Fazit

Ein hübsches Rollenspiel mit einzigartigen Ideen, das an manchen Stellen noch etwas durchdachter sein könnte. Die Figuren, besonders Elise und ihre Dates, glänzen durch Charakterstärke, weshalb man ihnen gegenüber schnell eine emotionale Bindung aufbauen kann und nicht müde wird, ihre Dialoge zu verfolgen. Sie lockern die teilweise kryptisch formulierte Hauptstory auf und lassen mich rätseln, wem ich nun vertrauen kann und wem nicht. Auch die romantischen Aspekte des Games empfinde ich als sehr positiv und erfrischend, da hier das Gegenteil von der allgegenwärtigen Heteronormativität herrscht, und man als Frau nur andere Frauen daten kann.


Tage könnten in Little Goody Two Shoes ruhig etwas länger dauern und die Nächte würden sich deutlich kürzer anfühlen, wenn die Speicherpunkte schlauer verteilt wären. Dann hätte man weniger Druck bei den tödlichen Rätseln und, dank geringerem Frust, eine Cutscene 20 Mal anschauen zu müssen, womöglich mehr Freude an dem Spiel. Nachdem eine Nacht vorbei ist, bin ich meistens froh, Elises tägliche Aufträge in der Stadt erledigen zu können, auch wenn sich diese nach ein paar Ingame-Tagen leicht repetitiv anfühlen.

Es ist mit einer Spielzeit von knapp zwölf Stunden definitiv die Zeit wert, obwohl manch schwierige Stelle häufig gespielt werden muss, wenn man die Situation nicht sofort durchblickt. Die Tage in Kiefernberg, die Figuren und die liebevolle, manchmal schaurig-schöne 2,5D-Gestaltung der Spielwelt gleichen die Fehler des Spiels wieder aus. Nicht alle Nächte sind so unnötig anstrengend, manche stecken voller unglaublich einfallsreicher Mysterien; so gelingt dem Spiel letztendlich der Spagat zwischen Horror und Cozy Game.

Pro

  • Ansprechende Grafik
  • Mischung aus Horror und Niedlichem
  • Kreative Rätsel

Kontra

  • Schlechte Verteilung der Speicherpunkte
  • Voice-Lines, die manchmal nicht so gut passen
  • Ladescreens zwischen einzelnen Teilen der Karte

Wertung

PC

Little Goody Two Shoes ist ein hübsches Rollenspiel mit einzigartigen Ideen, das an manchen Stellen noch etwas durchdachter sein könnte.

Kommentare
USERNAME_2541563

Wie oft war SE zu faul für ne Übersetzung.

Der Gag: bei nem Spiel, dass in Deutschland spielt.

vor 6 Monaten
flozn

Leider läuft es auf der Switch gar nicht rund. 60 FPS kann die Konsole nicht erreichen und weil es kein 30-FPS-Limit gibt, schwankt die Bildrate wild zw. unter 30 in Extremfällen bis so ca. 45 herum inkl. grauenhaftem Frame-Pacing, was sich v.a. in Form von ruckelndem Scrolling bemerkbar macht.

vor 6 Monaten
Sylver001

Wie ulkig, hätte net erwartet, dass Ihr dazu nen echten Test macht. Find ich gut =)

vor 6 Monaten
die-wc-ente

Ladescreens zwischen einzelnen Teilen der Karte
so wie damals bei half life ?

vor 6 Monaten