Sniper Elite VR: Winter Warrior - Test, Shooter, OculusQuest

Sniper Elite VR: Winter Warrior
14.01.2024, Gerrit Menk

Test: Sniper Elite VR: Winter Warrior

So hässlich wie der Krieg

Winter Warrior ist die Erweiterung zum 2021 erschienenen Sniper Elite VR und erzählt die Geschichte eines italienischen Partisanen im zweiten Weltkrieg. Beziehungsweise erzählt er mir die Geschichte. Seine geheime Mission besteht darin, die Reihen der Nazis zu unterwandern, geheime Waffenpläne zu stehlen und seine Heimat von der deutschen Wehrmacht zu befreien. In der Egoperspektive übernehme ich nun diese Rolle und muss zahlreiche Stützpunkte der Nazis aufsuchen – mit Sniper-Gewehren, Barrettas, Stielhandgranaten und weiterem Ballerkram in der Tasche tauche ich ein in die virtuelle Welt.

Sniper Elite VR: Winter Warrior - Virtuelle Shooting-Range

Details der Missionen wie Nebenaufgaben und Collectibles können in einer Art Tagebuch nachgeschlagen werden.
Das Spiel beginnt auf einem alten Hof inmitten einer romantisch verschneiten Berglandschaft. Hier steht mehr als ein Schießstand mit ein paar Pappkameraden als Zielscheibe zur Verfügung, sodass ich mich zunächst einmal mit den verschiedenen Waffenarten vertraut machen beziehungsweise den VR-Umgang mit ihnen üben kann. Das funktioniert erst einmal auch ganz gut. Mithilfe der Meta Quest-Controller folgen die Hände des In-Game-Charakters meinen Bewegungen außerhalb des Spiels. So muss ich die Waffen auch tatsächlich aufheben, laden und zielen.

Ihr merkt vielleicht an dieser Stelle, dass meine Erfahrungen mit VR-Spielen sehr rudimentär sind und ich von potenziell grundlegenden Möglichkeiten dieser Technik noch sehr beeindruckt bin. Gleichzeitig tu ich mich etwas schwer mit den richtigen Handbewegungen; da ich mich einst erfolgreich vor meinem Dienst an der Waffe gedrückt und trotz Dorfjugend nie einem Schützenverein beigetreten bin, geht mir das Laden der Waffe noch nicht ganz flüssig von der Hand. Auch ansonsten bin ich eher so der Gamer, der sich zum Spielen auf die Couch oder in den Sessel fläzt – ein Grund, warum ich damals auch nie mit der Wii warmgeworden bin. Wenn ich zocke, will ich meine Ruhe, und nicht mit meinen Händen herumfuchteln.

Nun stehe ich also auf meiner Shooting Range, eigentlich aber in der Redaktion, während die einen Kollegen sich fürchten, dass ich ihnen trotz meines virtuell abgesteckten Spielbereichs wild wedelnd zu nahe komme, und sich weiter weg sitzende Anwesende ob meiner scheinbar sehr amüsant anmutenden Bewegungen ins Fäustchen lachen. Ich greife über meine Schulter, um mein Gewehr wegzustecken oder hervorzuholen, fummele mit der linken Hand an meiner Gürteltasche auf der Suche nach Ersatzmunition herum und lege irgendwann mein Geschütz an – was absolut lächerlich aussehen muss – um verschiedene Ziele ins Visier zu nehmen.

Fortschritt ist ein schleichender Prozess

Viele Waffe können mit beiden Händen geführt werden, was für zusätzliche Stabilität sorgt.
Meine erste Mission – die mir aus der Retrospektive erzählt wird – führt mich in einen Stützpunkt der Nazis, wo ich ein kolossales Kriegswerkzeug sabotieren soll. Hier fallen mir gleich reihenweise die ersten Unzulänglichkeiten des Spiels auf. Dass mir die Koordination meiner virtuellen Finger und die Handhabung der Waffen mit VR-Steuerung im Gefecht – was ich nur mit viel Wohlwollen als solches bezeichne – anfangs sehr schwer fällt, laste ich nicht dem Spiel, sondern meiner fehlenden Erfahrung mit VR-Spielen an. Meine generelle Erfahrung mit Videospielen jedoch lässt mich erkennen, wann mir Mist angedreht wird.

Mein erster Gegner, an den ich mich geduckt schleichend anpirsche, geht bei Berührung zu Boden, was mir als Nahkampf-Kill zugeschrieben wird. Der nächste steht völlig ungedeckt und provokant stoisch mit dem Rücken zu mir gewandt, sodass ich mich nicht mal anschleichen brauche und ihm im akustischen Schutz der Geschützsalven aus einem Meter Entfernung einen Kopfschuss verpasse. Den dritten Gegner soll ich mit einem Flaschenwurf ablenken, sodass er und seine beiden Kameraden aufmerksam werden (aber natürlich nicht mein Versteck hinter ein paar Kisten entdecken). Klappt nur so halb, aufmerksam werden sie auf mich, aber ich muss mich nur hinter die nächste Wand ducken, damit sie panisch und verwirrt „Wo ist er hin?“ und „Sucht ihn!“ schreien. Ich wie nicht, wie historisch akkurat das Spiel sein soll, aber wenn die Nazis damals so begrifsstutzig waren, ist es kein Wunder, dass sie den Krieg verloren haben.

Grafikmatsch aus der Polygonhölle

Die unschönen Holzbalken, die flachen Baummodelle, die lieblos platzierten Hütten - das alles wirkt sehr aus der Zeit gefallen.
Die Grafik, die mir hier angeboten wird, ist eine Frechheit. Da Sniper Elite VR: Winter Warrior auf der Meta Quest 3 läuft, die technisch so ungefähr das Aktuellste ist, was die VR-Technik zu bieten hat, muss ich hier die Schuld beim Spiel suchen. Einen geringen Detailgrad oder verschwommene Texturen, wenn ich nah an Fels- oder Holzwänden stehe, kann ich noch verkraften; meine Gegner sehen jedoch aus wie frisch aus der PS2-Ära. Aus leeren und glasigen Augen starren sie mich an, noch bevor ich sie mit meinen extrem geskillten Schleichattacken in den Tod schicken kann; danach kann ihn mich noch detailliert und in nächster Nahaufnahme an ihren hässlichen Polygonfressen laben. Der Höhepunkt: Ich schaffe anscheinend eine besonders kreative Tötung, welche mir in Nahaufnahme in der X-Ray Kill Cam angezeigt wird – quasi eine Mortal-Kombat-Fatality für Arme – und es sieht unfassbar lächerlich aus.

Aber auch das Handling der Waffen beziehungsweise deren Genauigkeit oder Treffer-Feedback lässt mich frustriert im Schnee stehen. Dafür, dass ich ein Sniper bin und mich auf das Schießen aus der Entfernung verstehe, bin ich nicht sonderlich gut an den entsprechenden Geschützen. Dabei bringe ich extra die Geduld auf, mit schallgedämpftem Scharfschützengewehr hinterm Felsen zu hocken und meine Gegner ins Visier zu nehmen. Trotzdem landen die Kugeln regelmäßig sonstwo, obwohl die Köpfe meiner Widersacher zuvor im Fadenkreuz aufgetaucht sind. Der Fehler könnte bei mir liegen, vielleicht muss ich eine Laufkrümmung ausgleichen oder den Wind mit einberechnen. Aber ich weiß es nicht.

Dass ich mir bei jedem Start des Spiels einen unskipbaren Monolog anhören muss und in den Missionen jedes Mal zahlreiche Hilfen auf einem pausierten Bildschirm angezeigt werden, macht es nicht besser. Ja, ich weiß, ich bin an der Mission gescheitert! Das liegt aber nicht daran, dass ich eure Tipps nicht befolge, sondern dass ich einfach nicht schnell genug nachlade. Auch die Erzählstimme aus dem Off während der Missionen ist allgegenwärtig – als würde das Spiel nicht merken, wann ich einen Abschnitt zum wiederholten Male betrete. 

Trostlosigkeit, wohin das Auge reicht

Schau mir in die Augen, Nazi: Einmal umgelegt fallen eure Gegner wie eine knochenlose Masse zusammen.
Irgendwann habe ich die Mission geschafft, mehr schlecht als recht und nach unzähligen Toden, die mir zugefügt wurden, weil ich plötzlich mitten im Kreuzfeuer stand und meine Munition leer war. Aber mit Konzentration und ruhigem Finger ist das schon machbar gewesen. Allerdings musste ich mir nach dem finalen Ansturm der Nazis schon im Vorfeld einige geladenen Waffen zurecht legen und immer wieder in meine Deckung zurück kriechen. Tatsächlich fand ich den zweiten Teil der Mission aber einfacher, wenn man sich erst einmal eingespielt hat. Dass mir in der nächsten Mission, in der ich einen hochrangigen Nazi-Marschall umlegen muss, quasi dasselbe in grün geboten wird, motiviert nicht wirklich. Statt in einem grau-braunen Hafengebiet schleiche ich nun im Schutze der Nacht in eine Villa und suche nach Hinweisen.

Ich gestehe dem Spiel zu, dass man mit etwas Übung und ingame verbrachter Zeit, so etwas wie Spaß verspüren könnte. Ich merke, dass ich Fortschritte in meinen Bewegungsabläufen mache und meine Gegner – nachdem ich zum fünften Mal in derselben Mission gescheitert bin – in einer bestimmten Reihenfolge erledigen und manchen auch gut aus dem Weg gehen kann. Wenn allerdings Wachen aufhören, nach mir zu suchen, nachdem offensichtlich ein Eindringling in ihrem Gebiet ist, der ihre Kameraden umbringt, ist das einfach schlechte Spielintelligenz.

Dass ich aber dennoch überhaupt keinen Spaß an dem Spiel habe, liegt natürlich auch an meiner geringen Erfahrung mit VR-Shootern sowie meiner generellen Abneigung gegen Videospiele mit Setting in einem echten Krieg. Wirklich attraktiver wird es mir durch die grottige Optik und die geringe Zugänglichkeit für Anfänger allerdings auch nicht gemacht. Vielleicht ist es ein Spiel für Liebhaber solch spezifischer Games und Fans des Sniper Elite-Hauptspiels.

Fazit

Ich will gar nicht sagen, dass es per se ein schlechtes Spiel ist, da ich – weder was das Genre, noch das Spielmedium betrifft – nicht die optimale Zielgruppe bin. Aber auch aus objektiver Sicht gibt es hier einige Punkte, die selbst eingefleischte Fans kritisieren müssten. Die Grafik ist wirklich so grottenarmselig, dass ich jeden Glauben an eine virtuelle "Realität" verliere. Verwaschene Texturen, Polygonoptik aus den 90ern und ausdruckslose Charakter-Modellagen rauben mir jede Immersion. Okay, vielleicht ist es technisch gar nicht besser möglich. Aber dann lobe ich mir eher ein Adventure auf einer Current-Gen-Konsole mit 4K-Grafik und 60 fps, um mich in einer anderen Welt zu verlieren, als mich hiermit auseinandersetzen zu müssen. Das Handling der Waffen fühlt sich gut an (wenn man das in diesem Zusammenhang überhaupt sagen kann), funktioniert aber nicht optimal. Zu oft geht mein Griff ins Leere anstatt in die Gürteltasche, zu oft kann ich ein am Boden liegendes Gewehr nicht praktisch aufnehmen. Die Story ist von Anfang an unspannend erzählt, die Missionen tragen durch den mangelnden Abwechslungsreichtum ebenfalls nichts dazu bei, das mich langfristig an diese Spielereihe fesseln würde.

Pro

  • Lade- und Schussmechanik fühlt sich relativ authentisch an

Kontra

  • grauenvolle Grafik
  • monotones Questdesign
  • unintelligente Gegner
  • Hilfstafeln und Monologe während der Mission können nicht übersprungen werden

Wertung

OculusQuest

Optisch unterirdisch mit langweiliger Story und wenig Abwechslung. VR- und Shooter-Fans könnten dem mehr abgewinnen, aber eine Werbung für die virtuelle Realität ist das nicht.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
Kommentare
schockbock

Spoiler
Show
Na ja, wenn ich mir den Test zum vorliegenden Spiel so angucke, könnte ich auf die Idee kommen, dass die Kapazitäten für VR in der Redaktion nicht allzu groß sind. Zumal: Im "Kommt ein Test?"-Thread ist eine Nachricht von November 2023 (!) zu finden, in der der gestrig erschienene Test anscheinend angekündigt wurde.
Ich nehme an, du beziehst dich auf Jonas' Post vom 28.11., in der er eine "kommende Ausnahme" angekündigt wurde. Das bedeutet jedoch nicht, das der Test zu dem Zeitpunkt schon in Arbeit war.
Ich gestehe jedoch zu, dass ich länger für den Test gebraucht habe, als ich vielleicht sollte, zudem kam in den Zeitraum aber noch ein dringenderer Test (Avatar: Frontiers of Pandora), die Tekken 8-Preview, Weihnachtszeit und andere unvorhersehbare Ereignisse
Ja, alles gut, danke für die Antwort auf jeden Fall, Austausch der Redaktion mit der Community kommt immer sympathisch.

Ich wollte dir damit nicht ans Bein pinkeln, aber meine Kritik bleibt bestehen: Der Test wirkt sehr aus dem Portfolio gefallen, so als hättet ihr Streichhölzer gezogen, wer sich mit dem unliebsamen VR-Spiel herumärgern muss.

Festgehalten sei aber auch: Das Medium VR geht mir so ziemlich an allen Gesäßteilen vorbei, weswegen ich nicht zur Zielgruppe gehöre.

vor 4 Monaten
USERNAME_1494092

Die Wahrheit ist wahrscheinlich so banal wie naheliegend: 4player ist ein Unternehmen das u.a. durch Werbung Geld generieren muss. Deshalb schauen sie sich an welche Marken bekannt sind und am ehesten angeklickt werden. Von "Runner" hab ich als VR Casual-Gamer noch nie was gehört, aber dafür von Sniper Elite und hab mir das sogar vorgemerkt - aufgrund des Namens. Das ist auch der Grund warum ich z.B. auf den Test geklickt habe um zu gucken, ob es was taugt.
Sprich = am Ende des Tages wird ziemlich sicher danach entschiede, welche Marken am ehesten Klicks und somit Werbeeinnahmen generieren. Einfache Mathematik.
Wenn man natürlich genügend freie Kapa hat, dann kann man auch einfach so mal Spiele Testen, aber VR ist eh eine Nische und kriegt weniger Klicks als die nächste GTA6 News-Headline...
das macht ja alles sinn, aber es gibt doch andere gute VR spiele, die groß sind. Auf der quest ist z.b. Dungeons of Eternity momentan das meistgespielte game. Das hätte mal eine review verdient. klar kennt man als "flat screen" spieler sniper elite, aber auch da ist die franchise ja eher "meh".
oder was ist mit Assassin's Creed VR? das ist ein kompetentes spiel und eine WESENTLICH größere franchise als sniper elite.

vor 4 Monaten
ZackeZells

So arg interessiert es mich auch wieder nicht.

vor 4 Monaten
Varothen


Wenn man natürlich genügend freie Kapa hat, dann kann man auch einfach so mal Spiele Testen, aber VR ist eh eine Nische und kriegt weniger Klicks als die nächste GTA6 News-Headline...
Verstehe 4P ist sooo vermögend, da leistet man es sich einen VR Titel zu testen.
Keine Ahnung, frag sie doch mal.

vor 4 Monaten
ZackeZells


Wenn man natürlich genügend freie Kapa hat, dann kann man auch einfach so mal Spiele Testen, aber VR ist eh eine Nische und kriegt weniger Klicks als die nächste GTA6 News-Headline...
Verstehe 4P ist sooo vermögend, da leistet man es sich einen VR Titel zu testen.

vor 4 Monaten