Prince of Persia: The Lost Crown - Test, Action-Adventure, PC, PlayStation5, XboxOne, XboxSeriesX, PlayStation4, Switch
Prince of Persia: The Lost Crown – Kein Prinz? Kein Problem!
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, spielt ihr in Prince of Persia: The Lost Crown trotz des Namens nicht den titelgebenden Prinzen, sondern durchkämmt in der Rolle von Sargon die Wüste. Der aufstrebende Krieger gehört zu den sieben Unsterblichen, die sich als Elitetruppe zum Schutz von Persien verstehen und ihren Auftrag im Kampf gegen die fiesen Kuschana auch pflichtbewusst erfüllen. Leider werden ausgerechnet die Feierlichkeiten nach dem Sieg jäh von einem fürchterlichen Zwischenfall unterbrochen: Der persische Prinz Ghassan wird nämlich entführt und zum Berg Qaf verschleppt. Die sieben Unsterblichen heften sich natürlich direkt an die Fersen der Kidnapper und starten mit geballten Kräften eine Rettungsaktion, um den Thronnachfolger zurück in sein behütetes Leben zu bringen.Die Story von Prince of Persia: The Lost Crown ist mehr ein Aufhänger als eine treibende narrative und in die gesamte Spielzeit verwebte Kraft. Sie dient als Motivation, um Sargons Abenteuer zu rechtfertigen und bleibt, trotz der ein oder anderen Überraschung, eher nettes Beiwerk. Ab und an erfolgt eine kleine Zwischensequenz oder Charaktere wechseln ein paar Worte, um das nächste Ziel der Reise zu definieren. Präsentiert wird das Ganze mit einer gelungen deutschen Sprachausgabe; wer mag, kann die persische Synchro anwerfen, mit der ihr noch deutlich tiefer in die Atmosphäre eintauchen könnt. Wer sich für die Lore hinter den von Sargon durchstreiften Tempelanlagen interessiert, sollte Ausschau nach Sammelgegenständen halten, deren Beschreibungen zusätzliches Hintergrundwissen vermitteln.
Aber wir sind ja nicht zum Lesen, sondern zum Sprinten, Springen und Schwingen hier und deshalb kommen die Talente von Ubisoft Montpellier auch voll zum Einsatz. Sargon bewegt sich wie ein Olympiasieger durch die Welt von Prince of Persia und spielt sich so fluffig, wie man es von Genre-Königen wie Hollow Knight oder Ori and the Will of the Wisps gewohnt ist. Der Unsterbliche saust wie ein Blitz durch die 2D-Level, ist dank Ausweichrutscher, Bodenstampfer und Wandsprung von Anfang an sehr mobil und erweitert sein Arsenal an akrobatischen Aktionen dann auch in kürzester Zeit durch einen Dash in der Luft – lediglich der Doppelsprung lässt zu lange auf sich warten, was minimal am sonst tadellosen Spielgefühl kratzt.
Stangenschwinger Sargon
Zwar gibt es Schnellreisepunkte, die bei mir angesichts der umfangreichen Karte auch das ein oder andere Mal zum Einsatz gekommen sind und sich vor allem im späteren Spielverlauf gut für das Abhaken von verpassten Geheimnissen eignen; trotzdem sorgen eine konventionelle, aber geglückte Levelstruktur und das erwähnte Spielgefühl von Sargons athletischem Können dafür, dass ich gerne die Beine in die Hand genommen und auch bereits bereiste Wege erneut beschritten habe. In Sachen Bewegung muss sich The Lost Crown also definitiv nicht verstecken: Ubisoft Montpellier baut auf den alten Rayman-Erfolgen auf und verleiht auch Prince of Persia ein gewohnt grandioses Gefühl beim Sprinten und Springen.
„Alle Wege führen nach Persepolis“ heißt ein bekanntes, leicht abgeändertes Sprichwort, das sich auch auf Prince of Persia: The Lost Crown anwenden lässt. Trotz zahlreicher Abkürzungen und Verstecke werdet ihr wie Theseus im Labyrinth mit einem Faden von A nach B geführt und steht nur selten vor der Frage, wo es als nächstes hingeht; das gilt vor allem beim Wegweisermodus, der euch klassischerweise euer nächstes Ziel auf der Karte markiert. Wer sich lieber von seiner Spürnase leiten lassen will, sollte sich derweil am Erkundungsmodus versuchen, der die entsprechenden Infos auf ein Minimum reduziert und damit für besonders neugierige Entdecker geeignet ist. Genau wie beim Schwierigkeitsgrad könnt ihr auch zwischen den beiden genannten Modi jederzeit im Menü hin- und herwechseln.
Ausgedehnte Ausgrabungsstätte
Die Wüste lebt – und sie schlägt zurück
So gerne, wie Sargon seine Kunststückchen am Balken in den geräumigen Tempelgängen ungestört durchführen würde, kreucht und fleucht es leider an jeder Ecke. Giftige Schlangen, Sandsoldaten und wuchtige Hammerschwinger haben sich auf dem Berg Qaf eingenistet und stehen zwischen dem Unsterblichen und dem entführten Prinzen. Bewaffnet mit zwei Säbeln schnetzelt sich Sargon durch die überall platzierten Feindesschaaren und gibt dabei eine ähnlich gute Figur ab wie bei seinen Sprungeinlagen. Zu den beiden Nahkampfwaffen gesellen sich Pfeil und Bogen sowie ein Chakram, damit ihr Gegner auch aus der Ferne ausschalten könnt. Dabei bietet das Kampfsystem trotz der geringen Auswahl mehr Komplexität als man vermuten könnte.Die Standard-Dreierkombination von Schwertschlägen lässt sich mittendrin in die andere Richtung steuern und, abseits vom finalen Hieb, jederzeit durch einen Sprung oder Ausweichschritt unterbrechen oder einen geschossenen Pfeil verlängern. Feinde können mit euren Säbeln oder einem Trittangriff aus dem Sprint heraus in die Luft geschleudert und dort wie bei einer Zirkusnummer jongliert werden, wenn sie nicht gerade 100 Kilo auf die Waage bringen. Dazu kommen die Athra-Kräfte: Hierbei handelt es sich um Spezialattacken, die sich aber nur mit aufgefüllter Leiste abfeuern lassen und beispielsweise als fliegende Kreuzhiebe in einer geraden Linie Schaden verursachen oder einen kleinen Heilkreis beschwören. Geschickte Manöver werden hier belohnt: Die Leiste lädt sich auf, wenn ihr Schaden austeilt und verringert sich, wenn ihr selbst welchen erleidet.
Kassiert ihr doch mal einen Gegentreffer, könnt ihr euch einen der in begrenzter Kapazität vorhandenen Heiltränke reinpfeifen, die sich an Rastpunkten und nach dem Tod wieder auffüllen. Und letzterer kann durchaus mal auftreten, denn Prince of Persia: The Lost Crown ist alles andere als anspruchslos, besonders bei der Handvoll Bosskämpfe, die man euch entgegenschleudert. Zwar ist das Spiel sehr gnädig und lässt euch bei den Endgegnern nach einem Game Over direkt wieder einsteigen, ohne dass ihr vom letzten Checkpoint herrennen müsst. Trotzdem solltet ihr besonders die leuchtenden Angriffe beachten, wenn ihr als Sieger aus den actionreichen Auseinandersetzungen hervorgehen wollt.
Unsterblich? Von wegen
Blinkt euer Gegenüber gelb, könnt mir einer punktgenauen Parade nämlich die feindliche Attacke aufhalten und dann beherzt kontern. Reguläre Hiebe lassen sich zwar auch parieren, der Effekt ist allerdings weniger wirkungsvoll, wenn auch genauso befriedigend: Das Timing ist fair und das Gefühl überwältigend, wenn ihr normale Feinde unterbrecht und mit einem einzigen Konter zu Boden bringt oder ein scharfes Geschoss zurückschleudert. Bleiben die rot leuchtenden Angriffe, die nicht pariert werden können, und bei denen nur ein Ausweichrutscher oder Sprung hilft. Wer bei der halben Ampel nicht mehr durchblickt oder nach mehr Herausforderung sucht, kann zwischen vier voreingestellten Schwierigkeitsgraden wechseln oder beim fünften Parameter wie gegnerischer Schaden und Lebenspunkte sowie Zeitfenster bei Paraden oder Ausweichrollen selbst einstellen.
Wie hoch die Herausforderung am Ende ist, hängt auch von euren ausgerüsteten Amuletten ab, die allesamt unterschiedliche Fähigkeiten verleihen: Von sehr nützlich, wie lebensspendende Heilung oder eine Gegner verlangsamende Zeitblase bei erfolgreichen Paraden, bis hin zu eher lahm wie weniger Schaden durch Vergiftung oder mehr Lebenspunkte nach dem Rasten. Sowohl Waffen als auch Amulette lassen sich übrigens für ein paar Zeitkristalle bei der göttlichen Schmiedin Kaheva aufwerten und erhalten so stärkere Effekte. Die Amulette selbst und die Slots, die ihr zum Anlegen der praktischen Schmuckstücke benötigt, sind ebenfalls in der Weltgeschichte verstreut und regen dazu an, jeden noch so unscheinbaren Winkel zu durchsuchen.
Während es spielerisch kaum etwas zu meckern gibt, entpuppt sich die Präsentation des Spiels lediglich als grundsolide. Die sehr handgezeichnet wirkenden 2D-Portraits hauchen den Charakteren Leben ein und sorgen bei den Dialogen für einen schicken Hingucker, mit dem die 3D-Modelle trotz vernünftigem Detailgrad nicht ganz mithalten können. Gleiches gilt für die Animationen und Zwischensequenzen: Im Stil der Portraits begeistern die größtenteils als Standbilder dargestellten Szenen mit einem künstlerischen, geradezu gepinselten Touch, der fast ein Stück weit an die Serie Arcane erinnert; Spezialeffekte, etwa inmitten eines Bosskampfes, wirken dagegen ab und an etwas unsauber und unpräzise.
Ein Sandkorn von vielen
Musikalisch erwarten euch atmosphärische Klänge, die sich bei der Erkundung sanft in den Hintergrund schmiegen und in Zwischensequenzen und Bosskämpfen für etwas epischere Klänge Platz machen, um für die entsprechende Stimmung zu sorgen. Der gelungene, aber insgesamt nicht extrem einprägsame Soundtrack darf sich über eine herausragende Unterstützung von klirrenden Schwertern, zerbrechenden Fässern und knirschenden Körnern unter den Sandalen freuen – die Soundeffekte verleihen den Kämpfen mehr Wucht, dem Erkunden mehr Stimmung und The Lost Crown eine ganze Ecke Charme.
Fazit
Ein wunderbarer Start ins Jahr für Metroidvania-Fans! Prince of Persia: The Lost Crown dürfte die meisten Genre-Liebhaber wunschlos glücklich machen. Wieder einmal beweisen die Entwickler von Ubisoft Montpellier, dass sie wissen, wie sich ein 2D-Titel in Sachen Sprinten und Springen anzufühlen hat und zaubern griffiges Gameplay von den Zehen bis in die Dreadlocks von Protagonist Sargon. Neben der Akrobatik wissen auch die Kämpfe zu begeistern, die trotz geringer Waffenauswahl überraschend viel Komplexität aufweisen können und mit Paraden und Ausweichrutschern einen fluffigen Flow entfalten – vor allem bei den knackigen Bosskämpfen. Innovation sucht man abseits der Erinnerungsfragmente zwar vergebens, dafür entpuppen die sich als geniales Feature, das die Erkundung eine ganze Ecke angenehmer macht. Verschmerzbare Schnitzer leistet sich The Lost Crown letztendlich nur noch bei der eher mäßig spannenden Geschichte und der Präsentation, die mit ihren abgeschliffenen 3D-Modellen alles in allem etwas austauschbar wirkt. Trotz kleinerer Abstriche steckt hinter dem neuen Prince of Persia-Ableger also ein hervorragender Genre-Vertreter, der hinter den Spitzenreitern wie Hollow Knight und Ori and the Will of the Wisps nur knapp zurücksteht und damit exzellente Unterhaltung für Metroidvania-Enthusiasten bietet.
Pro
- Grandioses Spielgefühl beim Sprinten, Springen und Dashen
- Clevere Teleportierfähigkeit
- Erinnerungsfragmente super innovativ und praktisch
- Erkundung dank vieler Sammelgegenstände und Upgrades sehr belohnend
- Kampfsystem wirkt simpel, bietet aber erstaunlich viel Komplexität
- Herausfordernde Bosskämpfe mit vielschichtigen Angriffsmustern
- Schicke 2D-Portraits der Charaktere
- Satte Soundeffekte
Kontra
- Story nur nettes Beiwerk
- Doppelsprung kommt sehr spät
- 3D-Modelle optisch etwas unterwältigend
- Insgesamt eher generischer Look
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt eine Digital Deluxe-Edition, die für einen Aufpreis von 10 Euro einen Skin, einen digitalen Adventure Guide und ein Amulett, das Schatztruhen anzeigt, im Spiel freischaltet.
- Es gibt keine Käufe.