Enshrouded - Test, Survival & Crafting, PC
Enshrouded: Episode 1 – Turbulent-traumhafte Ankunft
Der Grund für die Verspätung meines Tests ist technischer Natur. Wäre der rettende Hotfix kurz vor Release nicht gekommen, würde hier vermutlich gar nichts stehen. Zumindest nichts Positives. Zum Glück läuft Enshrouded seitdem sehr rund und absturzfrei, auch wenn der Multiplayer laut mancher wütender Steam-Rezension immer noch zu wünschen übrig lässt. Doch das ist dem Early Access geschuldet, der uns das pubertäre Spiel mit Wohlwollen beim Heranwachsen beobachten lässt. Solange es dabei vorankommt und im Studio keine Wurzeln schlägt.Überspringen wir die Geschichte von Enshrouded. Sie ist dermaßen im Hintergrund versteckt und auf Dialoge oder Dokumente mit bedeutungsschwangeren Fantasy-Begriffen reduziert, dass sie zu ignorieren ist. Die Ausgangslage erinnert dabei sehr stark an Dark Souls oder The Legend of Zelda: Breath of the Wild.
Das Oberflächlichste zuerst und das von jemandem, der ungern mehr als zwei Worte über die Grafik eines Spiels verliert: Enshrouded sieht unglaublich gut aus, eigentlich zu gut dafür, dass es nur ein Sandkastenspiel sein möchte. Weder das blockige Minecraft noch das PS1-pixlige Valheim sind so sexy. Glatte und comichafte Fortnite-Optik trifft auf Detailreichtum und Atmosphäre.
Ruinen, Städte, Berge, Katakomben, Wiesen, Seuchengebiete – ich könnte zehn verschiedene Routen zeichnen und jede davon wäre vollgestopft mit Attraktionen. Die Welt ist genauso beeindruckend, zu Bauwerken inspirierend wie gefährlich, sei es durch Monster oder durch die Seuchenterritorien, die meinen Aufenthalt zeitlich stark begrenzen. Embervale ist also der perfekte Ort, um eine Zivilisation wieder aufzubauen.
Episode 2: Ein-Mensch-Zivilisation
Ein paar Worte dazu, was Enshrouded mit seinen Genre-Vertretern gemeinsam hat: Ihr streift durch die Welt, baut alles ab und sammelt Ressourcen ein, um euch den Tec-Tree nach oben zu arbeiten, von der simplen Holzfäller-Axt bis zum komplexen Bergfried. Schnell ist die erste Holzhütte gebaut. Die Bau-Tools stellen sich dabei als intuitiv und praktisch heraus. Ein hübscher Nebeneffekt: Anstatt nur nebeneinander zu stehen, verwachsen die Blöcke richtig organisch miteinander. Und wenn bereits diese zweckmäßigen Konstruktionen hübsch aussehen, wie sieht es dann erst mit stolzen Monumenten aus?Nun zu dem, was Enshrouded von seinen Genre-Vertreten unterscheidet: Jedes Mal, wenn ich die Hütte verlasse, vereine ich dutzende Rollen in mir und jede einzelne davon erlebt ihr ganz eigenes Abenteuer. Weil die Welt so unverschämt viele Möglichkeiten bietet und jeden Tag zehn neue Projekte eröffnet. Ich gebe euch ein paar Beispiele:
- Landerschließer: Habe den Norden erreicht, hier errichte ich ein Basislager. Praktisch, weil es hier auch ein Salzbergwerk gibt.
- Späher: Mittels Sprünge und Sprint dringe ich in die Umgebung vor, um die Schauplätze zu entdecken und auf der Karte zu markieren.
- Krieger: Ich begebe mich tief in eine Seuchenschlucht, bekämpfe etliche Monster und fordere das Chefmonster heraus, um die hiesige Seuchenquelle zu eliminieren.
- Architekt: Heute erhält das Hauptquartier ein zweites Stockwerk.
- Restaurator: Nachdem ich die Ruinen einer Stadt gefunden habe, möchte ich das Haupthaus reparieren. Dieser Standort verdient das Prädikat Wohnlich.
- Indiana Jones: Ich habe einen Turm betreten und bin zur Spitze gelangt, nachdem ich etliche Portal-, Kletter- und Stichfallen überwunden habe.
- Head Hunter: In jeder Katakombe kann ich einen Überlebenden finden und rekrutieren, beispielsweise einen Schmied, eine Jägerin oder einen Schreiner. Dieser stellt mir dann seine Rezepte, Dienste und Quests zur Verfügung.
- Darüber hinaus bin ich auch Lagerlogist, Historiker, Bauer, Innendesigner, Flaneur und nicht zu vergessen der Retter der Menschheit.
Begeistert mich ein Bereich gerade mal nicht mehr, mache ich einfach etwas anderes. Hinzu kommt, dass der Schwierigkeitsgrad cozy-knackig daherkommt. Ja, vieles kann mich töten, aber schlimm ist das nicht, aufgrund des schnellen Wiedereinstiegs ohne große Verluste. Doch, hier kann man einige Zeit verbringen und man will es auch. Als hätte Skyrim statt einem kleinen Haus-DLC auch ein komplettes Sandkasten-Gameplay bekommen.
Episode 3: Die Zukunft?
Legen wir für einen Moment die rosarote Brille der Verzückung ab und tauschen sie gegen das graue Monokel des Realismus aus. Early Access bedeutet unfertig, aber bedeutet es auch lohnenswert? Enshrouded ist zurzeit bereits richtig gut, aber wird es, je fertiger es wird, auch fantastisch oder einfach nur größer? Wann hört das Spiel auf, mich mit neuen Möglichkeiten zu überraschen? Dass etwas fehlt, ist spürbar. Es sind keine Schwächen, sondern offene Fragen, die Entwickler Keen Games in der Zukunft beantworten sollte.Zurzeit steht den Spielern noch nicht die gesamte gezeigte Spielwelt zur Verfügung. Diverse Biome fehlen. Gleichzeitig frage ich mich, ob auch genügend neue Abenteuer und Expeditionen nachgereicht werden, bevor sich die Abläufe zu wiederholen beginnen. Aktuell ist es so, dass jedes Gebiet gemessen an den Gegnern ein unterschiedliches Level erfordert, was das Erkunden einschränkt und sich etwas mit der “Mach was, du willst”-Vision beißt. Bleibt das so oder wird es eine abstellbare Option für Genießer geben? Wie viele Endgegner kommen noch dazu? Wird es irgendwann ein spürbares Mid- und Endgame geben? Das wird das Feedback der Fans und das Tun der Entwickler zeigen.
Aber zurzeit habe ich auch nach 20 Stunden noch keinen langweiligen Ort entdeckt und gleichzeitig liegen immer noch Orte in der Ferne, die ich unbedingt erkunden will. Auch nach 20 Stunden begeistern mich die Tage immer noch genauso wie die Nächte, ein atmosphärischer Schmaus für Ohren, Augen und Geist. Ich habe immer noch Bauideen und meine Gefährten haben immer noch neue Rezepte für mich auf Lager. Zusätzlich habe ich immer noch nicht alle gefunden. Mein persönliches großes Ziel ist es, eine komplette Stadt wieder aufzubauen und jedem Charakter ein eigenes Haus zu bauen. Mein Carpe Diem ist so stark wie an Tag 1, selbst wenn mich die Story immer noch nicht interessiert oder antreibt. Was ich mich nur frage: Was geschieht nach 30 oder 40 Stunden? Ich bleibe optimistisch, während Keen Games hoffentlich so talentiert bleibt.
Fazit
Ein neues Survival-Spiel, das Valheim und Minecraft herausfordert – und das aus Deutschland! Ich bin sehr angetan und das trotz meiner Übersättigung in diesem Genre. Was Enshrouded so besonders macht, ist sein Allroundertum. Die handgemachte Welt quillt nur so über vor Möglichkeiten, die ich vielseitig und für jeden Spielstil nutzen kann. Aktuell ist Enshrouded ein größeres und volleres Valheim mit mehr Baumöglichkeiten, doch was wird es in einem Jahr sein? Hoffentlich noch mehr.
Pro
- hübsche Grafik mit vielen Details und atmosphärischen Facetten
- gefährliche und spannende Welt: Jeder Ort fasziniert und tötet
- Inspirierendes Bausystem, packende Kämpfe, interessante Rätsel
- viele Möglichkeiten, um vielseitige Projekte umzusetzen
- lohnt sich für Singleplayer als auch für Multiplayer
Kontra
- Story kaum der Rede Wert
- Quests kommen oft Fetch-Quest-artig daher
- Levelbegrenzung nervt und schränkt Freiheit ein
- Lässt Fragen offen: Wird das Spiel auch besser oder nur voller?
Echtgeldtransaktionen
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- Es gibt keine Käufe.