Splatoon 3: Ruf zur Ordnung - Test, Shooter, Switch

Splatoon 3: Ruf zur Ordnung
02.03.2024, Jonas Höger

Test: Splatoon 3: Ruf zur Ordnung

Täglich spritzt der Tintenfisch

Auch wenn Nintendo nicht zu den DLC-Vorreitern gehört, hat sich das Anbieten von zusätzlichen Inhalten für einen Aufpreis bei vielen großen Titeln der japanischen Spieleschmiede mittlerweile fest etabliert. Entsprechend bekam auch Splatoon 3 eine kostenpflichtige Erweiterung spendiert, deren zweite Welle interessierte Inklinge und Oktolinge nun an einen neuen Hafen spült. Denn: Ein Ausflug zurück nach Inkopolis aus Splatoon 2 mitsamt bekannten Gesichtern, schön und gut. Aber die Prämisse von Ruf zur Ordnung, der neuen Singleplayer-Kampagne für frische Farbkleckser, klingt da doch schon deutlich spannender. Wir haben uns im Roguelike-Modus mit Nr. 8 den kilometerhohen Turm hochgespritzt und verraten im Test, wie gut der Genre-Mix Splatoon zu Gesicht steht.

Splatoon 3: Wenn der Ruf zur Ordnung ertönt…

Ein unverhofftes Wiedersehen: Ruf zur Ordnung befasst sich nicht mit dem Moderationstrio von Splatoon 3, sondern bringt Perla und Marina zurück.
Eigentlich wollte ich ja nur ganz entspannt mit dem Zug zum Inkopolis Platz fahren, um mir die Inhalte der ersten DLC-Welle von Splatoon 3 anzuschauen, doch auf dem Weg dorthin verliere ich plötzlich das Bewusstsein und wache als Nr. 8 wieder auf. Kurz an die Augen-, Haut- und Haarfarbe sowie Frisur des Oktolings erinnert, dann nehme ich den fremden, ganz in weiß strahlenden Ort mal genauer unter die Lupe. Weit komme ich jedoch nicht, bevor eine Drohne um meinen Tintenfischschädel schwirrt und sich als Perla vorstellt – ja, die aufmüpfige Rapperin aus Splatoon 2 ist zurück und da ist Marina natürlich auch nicht weit. Zumindest theoretisch, denn der zweite Teil des Singer-Songwriter-Duos befindet sich auf der obersten Etage eines riesigen Turmes.

Der Weg dorthin? Steinig und schwer natürlich, schließlich lauern in jedem Stockwerk gruselige Fische namens Viskelloiden, die aus nicht viel mehr bestehen als einem von schwarzem, durchsichtigem Glibber umhüllten Skelett. Die gilt es nun, der Reihe nach auszuschalten und dabei verschiedene Aufgaben zu lösen, um ganz nach oben zu kommen und Marina zu befreien. Und weil es sich bei Ruf zur Ordnung um einen Roguelike-Modus handelt, ist Scheitern keine Option – dann geht es schließlich zurück ins Erdgeschoss. Kleiner, aber wichtiger Spoiler: Nach der Rettungsaktion ist der DLC noch nicht vorbei; stattdessen erwartet euch eine neue Mission, bei der euch Marina mit praktischen Hacks unter die tintigen Arme greift. Aber der Reihe nach…

Harte Bandagen für harte Etagen

Die Qual der Wahl: Abhängig davon, welchen Farbchip ich möchte, muss ich mitunter auch schwierigere Aufgaben absolvieren.
Wie bereits erwähnt, ist der Turm in mehrere Stockwerke unterteilt – satte 30 sind es, sobald ihr den Prolog mit der Befreiung der DJane hinter euch gebracht habt. Um mit dem Fahrstuhl nach oben fahren zu dürfen, müsst ihr auf jeder Etage eine von drei Aufgaben erfüllen, wobei ihr euch vorher aussuchen könnt, welcher davon ihr euch stellt. Die Missionsziele sind dabei nicht nur in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt (Einfach, Standard, Schwierig und Extrem) sondern kommen auch mit völlig unterschiedlichen Anforderungen daher: Mal gilt es, eine Zone einzufärben und dann bis zum Ablauf der Zeit zu verteidigen; mal einen Turm bis zum Ziel zu begleiten, indem ich ihn immer wieder mit der bunten Tinte fülle; mal überdimensionale Billardkugeln auf zugeteilte Markierungen schubsen – all das natürlich, während mir ein ganzer Scharm an Viskelloiden im Nacken sitzt.

Einen Tintenturm zum Ziel begleiten? Kein Problem, wenn da nicht die Viskelloiden und eventuelle Einschränkungen wären, die mir das Leben schwer machen.
Ab und an gibt es Boni, wenn ich bestimmte Einschränkungen beachte und beispielsweise meine Hauptwaffe stecken lasse oder mich nicht schwimmend als Tintenfisch fortbewege; manchmal erschweren Gefahren das Erfüllen der Zielvorgaben, wenn das Licht ausgeschaltet wird, überall gegnerische Tinte verteilt ist oder eine Reihe an explosiven Granaten auf mich niederprasselt. Als Belohnung für den Abschluss einer Etage gibt es nützliche Farbchips, die für den aktuellen Durchgang bestimmte Boni gewähren, sowie die lokale Währung Memoneten, die sich bei gelegentlich platzierten Automaten gegen weitere Versuche und noch mehr Farbchips eintauschen lassen. Die sind auch das Salz in der Tintenfischsuppe und sorgen dafür, dass ich auf dem Weg zum letzten Stockwerk Stück für Stück stärker werde.

Bei den Farbchips könnt ihr verschiedene Bereiche abdecken oder euch auf eine Farbe konzentrieren, je nach Vorliebe beim Spielstil.
Ob ein Boost auf die Reichweite, die Feuerkraft oder die Schussfrequenz der Hauptwaffe; ein geringerer Tintenverbrauch oder erhöhte Regeneration bei der Bewegung; schnelleres Aufladen der ultimativen Fähigkeit oder eine verbesserte Droprate von Items bei besiegten Gegnern: Farbchip für Farbchip fülle ich meine Palette auf, und kann, weil ich dank der Aufgabenauswahl ein Stück weit selbst bestimme, welcher Buff als nächstes auf dem Programm steht, Schwächen ausgleichen, bevorzugte Stärken weiter ausbauen oder spannende Synergien bildenLetzteres ist zugegebenermaßen selten so spektakulär wie bei Genre-Vertretern namens The Binding of Isaac oder Hades; trotzdem sorgen ein schnellfeuernder Blaster, der in Sekundenschnelle Gegnerwellen zerlegt, oder ein alle fünf Sekunden einsatzbereiter Krabbenpanzer für blubbernde Begeisterungsgeräusche. Ruf zur Ordnung gibt sich zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten Mühe, zerstörerische Effektgewitter herauf zu beschwören – wenn ihr die entsprechenden Farbchips kombiniert.

Fanatisches Fischfutter

Die Viskelloiden sind gemeine Zeitgenossen: Dieses Schnappmaul pustet beispielsweise Bomben in die Luft.
Und starke Kombinationen sind durchaus nötig, denn die Viskelloiden verstehen keinen Spaß, und je höher ich im Turm aufsteige, desto unbarmherziger werden die Feindesscharen. Auch wenn die Anzahl an Gegnertypen überschaubar ist, setzen die wenigstens auf unterschiedliche Angriffsweisen und können so vor allem zusammen für hitzige Situationen sorgen. Da wären beispielsweise Seepferdchen-Türme die als Scharfschützen fungieren; Beyblade-Weichtiere, die wild durch die Arena kreiseln; oder hüpfende Tentakeln, die nach ihrem Ableben ein Sprungbrett hinterlassen – von den in drei Varianten vorhandenen und willenlosen Standardgegnern, die sich stets an meine Fersen heften, einmal abgesehen.

Alle zehn Stockwerke erwartet mich außerdem ein aus drei verschiedenen Varianten zufällig ausgewählter Boss, von denen alle mit verschiedenen Mechaniken aufwarten. Besonders cool ist der sogenannte Parallele Kanon, bei dem ich gegen mehrere Klone von mir mit unterschiedlicher Bewaffnung kämpfen muss. Mehr „menschliche“ Gegner hätten dem DLC ohnehin gut getan, denn die haben schon in der Kampagne von Splatoon 2 ordentlich Farbe aufgewirbelt und waren eine schöne Brücke zwischen dem Multiplayer-Gefühl und der Singleplayer-Erfahrung. Außerdem mangelt es auf Dauer an Abwechslung: Die drei Endgegner nutzen sich schnell ab und in der obersten Etage wartet sowieso der immer gleiche Boss auf mich, den ich spätestens nach dem fünften erfolgreichen Durchgang nicht mehr sehen kann.

Jeder der drei Bosse glänzt mit unterschiedlichen Mechaniken, die euch bei der Herangehensweise kreativ werden lassen. Doch die Anzahl an Endgegnern ist einfach zu gering.
Immerhin: Um mich in den Massen an Viskelloiden, die mir entgegenschwimmen, nicht völlig versinken zu lassen, haben sich die Entwickler eine sehr befriedigende Neuerung einfallen lassen. Das Besiegen von Gegnern erzeugt nämlich ab und an explodierende Glücksbomben, die Schaden verursachen und sehr praktisch sind, um Feindesmassen schnell auszuschalten. Je mehr Gegner ich besiege, desto höher steigt mein Kombo-Meter und desto mehr Items und Glücksbomben erscheinen auch – so mutiert der Splatoon 3-DLC Ruf zur Ordnung mitunter beinahe zu einem Dynasty Warrior-Ableger. Auch dieser Aspekt lässt sich übrigens mit den entsprechenden Farbchips beeinflussen, falls ihr besonders mit der Unmenge an Fischskeletten eure Probleme habt.

Stagnation bei den Aufgaben, Abwechslung bei den Waffen

Ihr seid keine Fans von Eimern oder Scharfschützengewehren? Der DLC macht sie dank Farbchips trotzdem schmackhaft.
Obwohl die unterschiedlichen Aufgaben und Gegnertypen für Abwechslung sorgen und das kurzweilige Spielprinzip des Turms mitsamt den nach wie vor gelungenen Schuss- und Schwimmmechaniken von Splatoon hervorragend funktioniert, weil es das Kerngameplay neu kontextualisiert, leidet der Roguelike-Modus unter Repetition. Das macht sich neben der kleinen Auswahl aus Bossen vor allem bei den Layouts der Räumen bemerkbar, die sich schneller zu wiederholen begannen, als mir lieb waren. Zu routiniert wird irgendwann das Abschließen der Herausforderungen, auch wenn der Ausstoß an Viskelloiden mich immer wieder mal ins Schwitzen gebracht hat.

Gegen das Abstumpfen sollen vor allem die verschiedenen Paletten steuern: Insgesamt zwölf Set-Ups mit ganz eigenen Haupt- und Sekundärwaffen sowie ultimativen Fähigkeiten warten darauf, von mir mit in den Turm genommen und bis in die oberste Etage geschleppt zu werden. Die sind allerdings auch Teil der Progression: Zu Beginn stehen mir nur ein Teil der zwölf Paletten zur Verfügung, den Rest muss ich aus einer Reihe an Schließfächern befreien. Die begehrten Schlüssel lassen sich bei den vorgegeben Etagen jeweils nur einmal mit der jeweiligen Palette verdienen, sodass ich wie beim Genre-Kollegen Hades dazu motiviert werde, mich mit allen verfügbaren Waffen durchzuschlagen.

In den Schließfächern befinden sich aber nicht nur neue Paletten, sondern auch Lore-Einträge, die erklären, wie der Turm der Ordnung überhaupt entstanden ist, sowie eine ganze Reihe an PRLN, der zweiten Währung des Splatoon 3-DLCs. Die bekommt ihr auch am Ende eines Versuchs, egal ob ihr erfolgreich wart, oder nicht, und lassen sich bei Marina gegen permanente Upgrades eintauschen, um euch die kommenden Durchgänge zu erleichtern. Von mehr Versuchen über starke Drohnen-Verbesserungen bis hin zu erhöhter Angriffskraft finden sich hier alle Progressionswerkzeuge, damit ich mich beim Erklimmen des Turms nicht fühle wie Sisyphos mit seinem Stein. Und weil ein erfolgreicher Durchgang nur rund 30 bis 60 Minuten dauert, lässt sich vollgepumpt mit neuen Buffs jederzeit ein neuer Run starten.

Steril statt Style

Nüchtern, aber nicht ernüchternd: Die schlichte Optik von Ruf zur Ordnung passt gut zu der bedrückenden Atmosphäre, die der Turm verströmen soll.
Während die Splatoon-Reihe für gewöhnlich nur so überläuft vor Farbe, hält sich der Ruf zur Ordnung-DLC in dieser Hinsicht sehr bedeckt. Passend zur Prämisse erinnert der Turm optisch an ein Testlabor und alles ist in sterilen Weiß- und Grautönen gehalten, die beinahe schon unnatürlich kalt wirken. Auch die schwarz-weißen Viskelloiden mit ihren glibberigen Körpern sind gelungen gruselig, sodass die von mir verspritzte Tinte wie ein bunter Hoffnungsschimmer glänzt, womit die Entwickler die Story-Thematiken rund um Chaos und Ordnung auch optisch hervorragend in den DLC eingeknetet haben. Mit dem Kontrast zum Hauptspiel eignet sich die Ruf zur Ordnung-Erweiterung erfolgreich eine eigene Identität an.

Vom Soundtrack lässt sich dies derweil nur bedingt sagen. Zwar erfüllen die entspannten und trotzdem bedrohlichen Beats während der kurzen Aufenthalte im Fahrstuhl sowie die hitzigen Tracks während der Missionen ihren jeweiligen Job, doch die fast vollständig fehlenden Vocals machen sich im Vergleich zu den vielen grandiosen Tracks aus dem Hauptspiel doch bemerkbar. Besonders, weil man mit dem Song beim Kampf gegen den finalen Boss die verzerrten Stimmen, in diesem Fall von Marina und Perla, auftischt und direkt zeigt, warum sie den Soundtrack der Splatoon-Reihe auf die auditive Ebene katapultieren, auf der er seit dem Release des ersten Spiels verdient thront.

Eure PRLN könnt ihr auch in Dekorationsgegenstände oder Banner investieren, die ihr im Hauptspiel nutzen könnt.
Wer selbst den Turm der Ordnung erklimmen möchte, hat seit dem 22. Februar exklusiv auf der Nintendo Switch die Gelegenheit dazu, wenn er sich den 24,99 Euro teuren Erweiterungspass für Splatoon 3 zulegt. Der enthält neben Ruf zur Ordnung noch die erste Welle, die mit dem Inkopolis Platz aus Splatoon 2 als zusätzlicher Hub-Area sowie einigen nützlichen Items aber kaum ins Gewicht fällt – macht euch also nichts vor, das Geld zahlt ihr definitiv für den Singleplayer-DLC. Wer den Turm mit allen Waffen absolvieren möchte, darf sich auf 10 – 15 Stunden Beschäftigung freuen, danach bleibt nur noch das Farmen von PRLN, um Sticker, Banner oder Ausrüstungsgegenstände für das Hauptspiel davon zu kaufen.

Fazit

So sehr ich die Multiplayer-Gefechte von Splatoon liebe, so sehr freue ich mich doch über die Singleplayer-Inhalte, bei denen die Entwickler mit den Mechaniken der spritzigen Kleckserei experimentieren können, um neue Erfahrungen hervorzubringen. Auch der Ruf zur Ordnung-DLC bietet wieder einen frischen Ansatz, der trotz Roguelike-Format keinen unendlichen Wiederspielwert mitbringt, aber für die geplante Laufzeit, mit allen Waffen den sich auf 30 Etagen erstreckenden Turm abzuschließen, sehr gut unterhält. Zwar nutzen sich die Layouts der Räume und die Bosskämpfe nach ein paar Durchgängen ab, dafür sorgen die verschiedenen Paletten für Abwechslung und die Gameplay-Mechaniken erzeugen den Genre-typischen Sog, der mich stets zu einem weiteren Run motiviert hat. Mit den Farbchips lassen sich spaßige Synergien basteln, auch wenn die leider nur äußerst selten die extremen Ausmaße der Konkurrenz erreichen. Fans vom Splatoon-Singleplayer sind hier nichtsdestotrotz gut bedient, wenn sie sich mit dem Roguelike-Rahmen anfreunden können und nicht bei der ernsten Instanz von Wiederholung genervt die Spritzpistolen liegen lassen.

Pro

  • Roguelike-Format und Missions-Design harmonieren überraschend gut mit Splatoon-Gameplay
  • Waffenpaletten bieten Abwechslung
  • Gute Auswahl an verschiedenen Gegnertypen
  • Sterile Optik und bunte Farbe bilden gelungenen Kontrast
  • Farbchip-Kombinationen sorgen für spaßige Synergien
  • Motivierendes Progressionssystem

Kontra

  • Laoyuts nutzen sich nach einigen Durchgängen ab
  • Zu wenig Abwechslung bei den Bosskämpfen
  • Soundtrack hätte mehr Vocals vertragen können

Wertung

Switch

Alles andere als farblos: Trotz einem gewissen Grad an Repetition bietet der Ruf zur Ordnung spritzig-spaßige Singleplayer-Inhalte für Fans von Splatoon 3.

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