Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes - Test, Rollenspiel, PC, Switch, PlayStation4, XboxSeriesX, PlayStation5, XboxOne
Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes - Weniger ist nicht immer mehr
Nomen est Omen: Tatsächlich schließen sich im Verlauf eures Abenteuers 100 (in Worten: einhundert) Charaktere eurer Mission an und machen das Line-up an spielbaren Helden von Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes zu einem der größten der Videospielwelt (mindestens aber im RPG-Genre). Elementarzauberer, Distanzschussspezialisten, Kräutersammler, Einpeitscher oder Schildmaiden – für jeden kann Platz in eurem Team sein, das ihr in den Kampf schickt und mit dem ihr auf ein Abenteuer rund um die Suche nach einem antiken Artefakt und dem Schutz eines kleinen Reiches im Angesicht des drohenden Krieges zieht.Im Zentrum steht dabei der junge Nowa, dessen raschen Aufstieg in der „Wache“ ihr begleitet – eine Art Mischung aus Bürgermiliz und Abenteurergruppe. Schon früh im Spiel trefft ihr auf den ehrgeizigen Seign, Lieutenant der Armee des Nachbarreiches, sowie Marisa, Angehörige eines Clans, der die Wälder beschützt. Auch wenn sich deren Wege schnell wieder trennen, sollen sie später im Spiel wieder einen wichtigen Part in der Story und im Werdegang von Nowa einnehmen.
Die Kämpfe mit Monstern finden durch zufällige Begegnungen auf der Oberwelt oder in den Dungeons statt. Euch erwartet ein klassischer rundenbasierter Kampf mit Möglichkeiten zum Angriff, Abwehr, Nutzen von Gegenständen oder Spezial-Fähigkeiten. Die Charaktere sind dabei in zwei Reihen eingeteilt: Vorhut und Schutz. Zu Beginn des Spiels ist noch keine große taktische Finesse gefragt; das Pacing des Spiels gibt euch genügend Zeit, euch in das Kampfsystem einzugewöhnen, auch wenn einem bei sechs steuerbaren Charakteren und bis zu ebenso vielen Gegnern im Kampfgetümmel schnell mal etwas blümerant werden kann.
Kampfgetümmel im Autopilot
Nintendo Switch geht in die Knie
Die Performance auf der Nintendo Switch ist vielleicht einer der größten Kritikpunkte, auch wenn die Schwächen sich auf anderen Konsolen wahrscheinlich nicht derart äußern werden und daher für eine faire Beurteilung nicht entscheidend in die Bewertung des Spiels als Ganzen einfließen sollten. Erwähnt werden muss allerdings trotzdem, dass das Spiel (welches aufgrund seiner Größe von über 28 Gigabyte bei den meisten wahrscheinlich auf den Speicher einer SD-Karte wandern wird) nicht einmal in 30 FPS läuft. Im Handheld-Modus der Switch sind die Probleme nicht so offensichtlich und in den rundenbasierten Kämpfen ohnehin obsolet – wenn ihr euch allerdings in den Städten fortbewegt, läuft das Bild nicht flüssig. Dazu kommen mehrsekündige Ladebildschirme, wann immer ein Kampf startet oder ihr ein Gebäude betretet. Das ist wahrlich nicht zeitgemäß.Nun ist es kein Geheimnis, dass Nintendos Konsole nicht die leistungsstärkste Hardware ist. Switch-Portierungen von großen Titeln müssen (im Vergleich zu den Current Gen-Konsolen von Sony und Microsoft) oft Einbußen hinsichtlich der Qualität von Grafik und Performance hinnehmen, zuletzt unter anderem geschehen mit Hogwarts Legacy oder Mortal Kombat 1. Wer aber ein Spiel – ein 2D-HD-Pixel-JRPG – auf allen Plattformen veröffentlichen möchte, muss auch sichergehen, dass es überall einigermaßen flüssig läuft. Square Enix hat sich beispielsweise dafür entschieden, das kommende Visions of Mana nicht auf der Switch herauszubringen, weil dessen technische Möglichkeiten nicht den Anforderungen des Spiels gerecht würden.
Das Spiel lebt, wie es im JRPG-Genre üblich ist, von vielen Dialogen. Und da ihr bis zu hundert Charaktere rekrutieren könnt, dürft ihr natürlich entsprechend viele Gespräche erwarten. Störend fand ich, in welchem Takt Dungeonerkundungen von Cutscenes unterbrochen werden, immer eingeleitet durch eine kurze Schwarzblende, während das gleiche Gespräch auch „im Vorbeigehen“ geführt werden könnte. Es gibt Phasen im Spiel, in denen ihr zwanzig Minuten lang Gespräche führt, in einer Stadt von A nach B lauft, und dann weitere Gespräche führt, unterbrochen von NPC-Dialogen.
Reden ist anstrengender als kämpfen
Es stellt sich also ein durchaus ironisches Paradoxon auf: Ihr könnt Kämpfe, ja selbst Bossfights von alleine ablaufen lassen und dabei theoretisch gemütlich auf's Klo gehen oder Kaffee kochen, Dialoge jedoch erfordern ständige Aktivität.
Taktische Einflüsse vor unschöner Kulisse
Einen strategischen Einschlag bekommt das Spiel in den Schlachtsequenzen, die an ein paar Stellen in die Story integriert werden. Hier müsst ihr ein Heer, aufgeteilt in verschiedene Kompanien, zum Sieg über den Feind führen. Eure rekrutierten Gefährten sind dabei mittendrin und verstärken die Kompanien mit bestimmten Fähigkeiten, und auch die Anführer verfügen über unterschiedliche Boni. Auf dem in quadratische Felder angeordneten Kampfplatz schiebt ihr eure Kompanien unter Berücksichtigung ihrer Stärke taktisch klug umher und versucht, langfristig die Oberhand zu gewinnen.Das ist als Abwechslung zum sonstigen Gameplay ein unterhaltsames Spielelement, wird visuell aber sehr armselig umgesetzt. In wieder einmal viel zu langen Cutscenes prügeln die pixeligen Heerscharen vor trauriger 3D-Kulisse aufeinander ein, während in der rechten unteren Ecke Statusmeldungen über den Bildschirm laufen, die meist das heldenhafte Ableben unbekannter Soldaten kommentieren und mehr an den Chat in einem MMO erinnern.
Einen besseren Eindruck macht das Spiel in puncto Soundtrack – eingängige und atmosphärische Melodien müssen sich hinter Genre-Klassikern wie Secret of Mana oder Lufia nicht verstecken. Auch die Sprachausgabe – bei der ihr mit englischer oder japanischer Vertonung Vorlieb nehmen müsst – kann sich hören lassen. Es wird auf viel Humor gesetzt, der zum Glück nicht allzu albern oder peinlich ist und ein paar Running Gags clever einbaut. Auch die Charakter-Artworks sind liebevoll designt und abwechslungsreich; neben menschlichen Mitstreitern könnt ihr außerdem das Baumwesen Kallathor, den Wolfsmenschen Garr, oder Yuferius vom Volk der haifischartigen Shi’arc für euer Team rekrutieren.
Abwechslungsreicher Cast und akustisch angenehme Kost
Fazit
Auch wenn sich besonders Liebhaber von JRPGs und Retro-Fans von Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes angesprochen fühlen dürften, möchte das Spiel gemäß des Entwicklerstudios Rabbit & Bear mehr sein als nur eine Hommage an die Spiele aus der Goldenen Ära dieses Genres. Die Leidenschaft für Selbige ist jedoch von Anfang an zu spüren und verschafft einen schnellen Einstieg in Story und Gameplay. Es triggert den Sammelfreund in mir, die Städte nach potenziellen Gefährten abzusuchen und mit ihrer Hilfe seine Burg auszubauen; Dungeons sind nie so lang, dass es repetitiv wirkt und die Hauptcharaktere haben keine derart nervigen Wesenszüge, dass sie negativ auffallen (was in dem Genre auch nicht selbstverständlich ist). Dass sich in manchen Phasen des Spiels gefühlt nur Cutscenes und Ladebildschirme abwechseln, stört jedoch das Spielgefühl und vermittelt den Eindruck der Zeitverschwendung. Sehr oft habe ich gedacht: Warum musste ich hierfür jetzt anhalten, die Szene wechseln und einen Dialog führen? Das hätte man auch einfach als Untertitel einblenden und einen Charakter sagen lassen können. Auch die strategischen Schlachten sind nur oberflächlich interessant und verkommen aufgrund ihrer Inszenierung eher zum Nebengeplänkel. Für ein Retro-JRPG, das gerne über die gesamte Spieldauer im 2D-HD-Grafikstil hätte bleiben könnten, ist Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes ein spannendes Projekt; alles was darüber hinausgeht wirkt ein wenig unausgegoren.
Pro
- schicke Optik im 2D-HD-Stil
- bis zu 100 Mitstreiter sorgen für ordentlich Abwechslung
- faires und motivierendes Level-System
- Gameplay-Abwechslung durch Strategie und Basenbau
- Soundtrack mit Ohrwurm-Potenzial
Kontra
- Nervig häufige Ladebildschirme
- Cutscenes stören die Dynamik
- Oberwelt und Taktikschlachten grafisch unausgereift
- Schwache Performance auf der NIntendo Switch
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
- Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
- Käufe können minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.