WarCommander - Test, Taktik & Strategie, PC

WarCommander
07.12.2001, Bodo Naser

Test: WarCommander

Sudden Strike trifft auf Commandos - so wurde WarCommander, das neueste Taktikspiel aus dem Hause CDV, zu Beginn des Jahres angekündigt. Das Spiel will dabei die besten Elemente der beiden Spitzen-Games in sich vereinen: Die realistisch anmutenden Gefechte des aus der Ukraine stammenden Sudden Strike gepaart mit der geballten, taktischen Raffinesse der spanischen Pyro-Studios. Ob sich das wirklich so realisieren ließ und ob Fans der beiden Top-Seller bei WarCommander zugreifen sollten, das erfahrt Ihr in unserem Test.

In den frühen Morgenstunden des 6. Juni 1944 begann in der Normandie die Invasion alliierter Truppen - kurz D-Day genannt. Diese Landung war der Auftakt zum letzten Kapitel des 2. Weltkriegs, mit dem Ziel der endgültigen Niederlage Hitler-Deutschlands. Nach über 18 Monaten Vorbereitung ging die größte Streitmacht an Land, die die Welt je bei einem Angriff von See her gesehen hatte. US-Einheiten landeten neben Briten an den mit den Codenamen "Utah" und "Omaha" bezeichneten Küstenabschnitten. Trotz des intensiven Bombardements, das der Landung vorausgegangen war, gerieten die Amerikaner, vor allem im Abschnitt "Omaha", schnell in heftiges Gegenfeuer der deutschen Verteidiger. Nur unter schwersten Verlusten gelang es den Invasionstruppen die deutschen Stellungen einzunehmen. An dieser Operation waren auch US-Rangers beteiligt, die als Spezialeinheit immer dort eingesetzt wurden, wo die Lage besonders brenzlig war. Dann räumten sie unter Beschuss Minenfelder, stürmten Bunker oder eroberten feindliche Brücken, um den nachstoßenden Truppen den Weg zu ebenen.

D-Day

In WarCommander dürft Ihr eine Ranger-Truppe befehligen, um Spezialaufträge in Nordfrankreich auszuführen. Zu Beginn des Taktikspiels könnt Ihr eine von zwei anspruchsvollen Kampagnen ("Omaha" oder "Utah") wählen, wobei die Utah-Kampagne noch die einfachere ist. Ansonsten ist der Schwierigkeitsgrad aber einstellbar. Zwölf teils langwierige Missionen erwarten Euch pro Kampagne. Auf einer schmucklosen Karte der Invasions-Front dürft Ihr Eure nächste Mission anklicken. Das Missionsbriefing bietet leider nur die nötigsten Infos über die Einsatzziele. Da die Ziele auf der richtigen Karte nicht mehr angezeigt werden, solltet Ihr Euch deren Lage gut einprägen. Überhaupt wird bei WarCommander nur wenig erläutert: Das Handbuch ist nicht der Rede wert und ein Tutorial gibt es auch nicht. Einzig die offizielle deutsche Webseite liefert wertvolle Tipps.

Gameplay

Mit Hilfe von Maus und Tastatur steuert Ihr nun von schräg oben die Rangers durch die Landschaft. Es gilt, Feinde aufzuspüren und diese schnell zu vernichten. Auf diese Weise arbeitet Ihr Euch schrittweise an Euer Missionsziel heran. Zumeist geht es darum, einen bestimmten Punkt auf der Karte zu erreichen bzw. einige Gebäude zu zerstören. Dabei habt Ihr nur ein begrenztes Sichtfeld zur Verfügung. Die Reichweite der Waffen Eurer Soldaten ist ebenfalls begrenzt. Jeder Eurer Soldaten besitzt einen eigenen Angriffs- und Verteidigungswert (AW/VW), der sich je nach Erfahrung, Körperhaltung und Art der Deckung verändert. Auch die Höhe des Geländes spielt eine große Rolle. Nicht nur, dass Panzer durch Steigungen zu kriechenden Ungetümen werden, die Geländehöhe beeinflusst auch Angriff und Verteidigung. Denn wer von oben feuert, hat meist größere Feuerkraft als der, der von unten hoch schießen muss. Höchste Werte hätte z.B. ein Soldat, der gut getarnt im Wald auf einer Anhöhe liegt. Zudem rollen im Spiel gerade Handgranaten gerne den Hang wieder runter und werden so zum tödlichen Bumerang.

Die Bedienung der Soldaten ist allerdings etwas umständlich und bisweilen auch hakelig. Schon in der ersten Mission, bei der Ihr die Landung am Invasions-Strand nachspielt, wirkt das Spiel unschön, unübersichtlich und somit unzugänglich: Viel zu viel Hektik auf dem Bildschirm; schnell fallen die ersten Männer durch Granatenbeschuss, was für zusätzlichen Frust sorgt. Zwar können mittels Tasten Gruppierungen gebildet werden, die eigene Truppe ist in all dem Braun und Grün jedoch kaum auszumachen. Dann schickt Ihr noch mangels Aufklärung Eure Ranger ins deutsche Feuer, die prompt fallen wie die Fliegen. Zu diesem Zeitpunkt ist man beinahe versucht, das vermeintlich miese Spiel genervt in die Ecke zu pfeffern. Hat man jedoch die üble Einführungs-Mission überstanden, wird alles besser. Trotz der Tatsache, dass WarCommander ein Echtzeit-Strategiespiel ist, könnt Ihr dann ganz in Ruhe Eure Taktik aushecken.

Gemetzel zu Beginn

Erst jetzt wird eigentlich klar, dass es neben den normalen Soldaten und MG-Schützen auch noch wichtige Spezialisten gibt, die das Spiel erst so richtig in Schwung bringen. Die Kombination von Kampf-Einheiten und Spezialisten verhilft dann, wie bei Commandos, zum Sieg. Einer dieser Spezialisten ist der Späher, der bestens getarnt die Landschaft erkunden kann und so schnell feindliche Stellungen ausmacht. Ebenfalls tarnen darf sich auch der Scharfschütze, der über weite Distanz die deutschen Landser anvisiert. Dann gibt es da den Sanitäter, der in einem bestimmten Umkreis Verletzte heilt und den Funker, der per Signal-Pistole Luftunterstützung anfordern kann. Und schließlich noch Euren Kommandeur, der die Truppen zusätzlich motivieren kann und den Kontakt zum Hauptquartier hält. Auf ihn solltet Ihr im Gefecht besonders Acht geben. Zudem gibt es noch Soldaten, die eine spezielle Bewaffnung tragen, so z.B. Männer mit den Granatwerfern oder die mit den Panzerfäusten, die versuchen, den deutschen Tigern und Panthern das Leben schwer zu machen. Das Erobern von Bunkern, Fahrzeugen oder Geschützen wie bei Commandos oder Sudden Strike ist dabei leider nicht möglich.

Commandos lässt grüßen

Am wichtigsten ist aber wohl eindeutig der Pionier, der neben dem Räumen von Minen und dem Reparieren noch die Funktion hat, Gebäude zu errichten. Mit dieser Bau-Funktion weht ein wenig der Hauch von Command & Conquer durch das Spiel. Ihr dürft zwar keine neuen Soldaten "produzieren", könnt aber Eure alten im Ausbildungsgebäude schulen und so deren Erfahrungsgrad erhöhen. Daneben gibt es ein Depot, bei dem Ihr die Truppen aufmunitionieren könnt; sowie ein Hospital zur Heilung von Verletzten und eine Werkstatt, die Eure Fahrzeuge und Panzer wieder flott macht. Eine Radarstation erweitert Euren festen Sichtbereich. Bunker, Unterstände und Wachtürme, die Euren Mannen besseren Schutz bieten, kann der Pionier natürlich auch bauen. Diese können sogar von Holz auf Beton aufgewertet werden. Diese Optionen fördern zwar nicht gerade den Realismus, sind aber ungemein hilfreich. Gerade in langwierigen Multiplayer-Partien können Gebäude Gold wert sein, um die Einheiten immer wieder aufzufrischen. Im Übrigen gilt bei WarCommander die Devise: Alles kann, nichts muss! Wer lieber wie in Sudden Strike den Frontalangriff mit der Anfangstruppe wagen will, kann das auch tun. Freunde von Commandos dürften eher die Taktikschiene wählen - auch das funktioniert. Am leichtesten ist aber eine Kombination aus allen Strategien.

Bau-Optionen

Die KI von WarCommander ist leider ein weniger rühmliches Thema. Zwar verteidigen sich die deutschen Gegner heftig, bewegen sich unerwartet und machen sogar Gegenstöße. Das alles wirkt aber nur wenig koordiniert. So kommen die Feinde meist in kleinen Gruppen an und können so leicht erledigt werden. Das Verhalten Eurer eigenen Truppen ist noch schwächer. Sie fangen viel zu spät an zu schießen und ballern dann oft wahllos in die Menge. So reicht meist schon eine einzige deutsche Handgranate, um Eure Rangers gleich massenweise auszuschalten. Nur den Panzerfaust-Schützen kann man befehlen, ausschließlich auf Panzer zu feuern. Außerdem werden, was ja vielleicht realistisch sein mag, zu oft die eigenen Leute getroffen. Bei den Jagdbombern kann das ja noch angehen, da die Piloten hoch droben in ihrer Kanzel einfach schlechte Sicht haben. Vor allem der fette Typ mit dem Flammenwerfer grillt aber fast regelmäßig seine eigenen Jungs.

Killed by friendly fire...

Auch die isometrische Grafik erinnert an Sudden Strike, reicht aber qualitativ nicht an diese heran. Zwar sind die Hintergründe, vor allem in der höchsten der drei wählbaren Auflösungen (800x600 bis 1280x1024), durchaus hübsch anzusehen, die Farben wurden aber vom Entwickler-Team Independent Arts unglücklich gewählt. Es dominieren Braun-, Grau- und Grün-Töne, so dass Ihr Eure Truppe oft vergebens sucht. Die Soldaten selbst sind ebenfalls grob gezeichnet. Schön animiert sind aber Brände und Explosionen, die sehr realistisch wirken. Eindeutig gelungen ist weiter das filmreife Intro, das an die Landungs-Szene aus dem Antikriegs-Streifen Der Soldat Rian erinnert. Leider fehlen in der Kampagne weitere Zwischensequenzen völlig. Insgesamt kann die Grafik daher auch trotz Wettereffekten nicht mit dem detailversessenen Commandos 2 mithalten.

Grafik

Neben der stimmungsvollen, martialischen Musik, die Euch allerdings schnell auf den Wecker gehen dürfte, beeindrucken vor allem die realitätsnahen Geräusche. Schüsse, Kanonendonner und Explosionen klingen ganz so, wie man sich das vorstellt. Von der teils nervigen, pseudoamerikanischen Sprachausgabe der GIs, die über ein simples "No problem, Sir!" nicht hinauskommen, kann man das leider nicht behaupten.

Sound

Hier könnt Ihr im lokalen Netzwerk (LAN) oder per Internet mit bis zu acht Mitspielern zocken. Dazu dürft Ihr Euch eine der vielen Karten aussuchen und zudem eine große Zahl von Spieleinstellungen vornehmen. Als gängige Spielvarianten werden Capture the Flag, fünfmaliger Besitz der Flagge und die Zerstörung sämtlicher Gegner angeboten.

Multiplayer

Pro:

  • Mixtur aus Taktik und Großangriff


  • viele Spezialisten


  • viele Gebäude


  • realistische Höhenunterschiede


  • toll animierte Explosionen


  • passende Musik


  • realistische Geräusche


  • tolles Intro


  • Kontra:

  • umständliche Bedienung


  • ungenaue Steuerung


  • unübersichtliche Kämpfe


  • teils schlechte KI


  • sehr schwere Missionen


  • wenig informative Briefings


  • Missionsziele schwer zu finden


  • hässliche Farben


  • unschöne Soldaten


  • nervige Sprachausgabe


  • Vergleichbar mit:

    Sudden Strike, Commandos 2

    Fazit

    WarCommander macht es einem als Tester nicht einfach. Auf der eine Seite bietet das Spiel von Publisher CDV eine recht gelungene Mischung von Sudden Strike mit den taktischen Spielereien aus Commandos. Dabei solltet Ihr allerdings nicht zu viel erwarten. Die Bau-Elemente, die entfernt an Command & Conquer erinnern, sorgen sogar für eine gewisse Langzeitmotivation. Andererseits erschweren Euch die schluderige Steuerung, die Unübersichtlichkeit und die bisweilen seltsam agierende KI den Zugang zum Spiel unnötig. Wer von Euch aber Sudden Strike mochte, wird WarCommander ebenfalls etwas abgewinnen können. Freunde von Commandos 2 sollten sich vielleicht, freilich nur nach reiflicher Überlegung, an den größeren Gefechten versuchen. Einzig für Genre-Anfänger ist das Spiel überhaupt nicht geeignet. WarCommander steht für taktisch anspruchsvolle Kämpfe pur, ohne großen Schnickschnack!

    Wertung

    PC