UEFA Champions League 2001/02 - Test, Sport, PC

UEFA Champions League 2001/02
18.01.2002, Jörg Luibl

Test: UEFA Champions League 2001/02

Seit November können sich PC-Kicker mit FIFA 2002 (4P-Wertung. 82%) vergnügen. Jetzt will das Team von Silicon Dreams den Genre-Thron erobern und schickt UEFA Champions League 2001/02 ins Rennen: Mit offizieller Lizenz, 32 europäischen Mannschaften, Top-Kommentatoren und optisch delikater Präsentation will Euch Publisher Take 2 in Fußballbegeisterung versetzen - ob das gelingt, erfahrt Ihr in unserem Test!

UEFA Champions League kann in Sachen Mannschaften, Stadien, Trikots und Namen aus dem Vollen schöpfen: Dank der offiziellen Lizenz dürft Ihr Euch auf originale Schauplätze und Profispieler aus 32 Mannschaften freuen. Ein besonderer Leckerbissen für Freunde des europäischen Fußballs ist die Dreingabe von allen Final-Mannschaften seit 1960! Ihr wollt genau die Manchester-Mannschaft spielen, die 1999 gegen Bayern mit 2:1 gewann? Kein Problem. Ihr wollt aber auch im Hexenkessel von Old Trafford spielen? Kein Problem.

Zugkräftige Lizenz

Sehr lobenswert ist der Trainingsmodus: Hier könnt Ihr Euch in aller Seelenruhe mit der -leider nicht konfigurierbaren- Steuerung vertraut machen und üben. Wenn Ihr Euch fit fühlt, warten das Freundschaftsspiel oder die Champions League in den fünf offiziellen Runden auf Euch: Herrliche Kamerafahrten führen Euch in die ansehnlichen 3D-Stadien, die alle dem Original entsprechen, und die Kommentatoren begleiten das Ganze mit interessanten Bemerkungen und kleinen Anekdoten aus der Stadionhistorie. Wenn die Champions League nicht reicht, könnt Ihr eigene Pokal- oder Liga-Wettbewerbe ansetzen. Auch der Editor, mit dem Ihr eigene Spieler erstellen und vorhandene modifizieren könnt, bietet genug Vielfalt.

Viele Spielmodi

Die Steuerung per Tastatur oder Gamepad bietet Euch zahlreiche Bewegungs- und Schussmöglichkeiten: Neben dem normalen Kurzpass sind noch der hohe Pass, der Steilpass, der Torschuss und zwei Tricks zu meistern. Bei Flanken und Torschuss könnt Ihr per Knopfdruck und anschließender Richtungsangabe entscheiden, wie hart, weit und mit welchem Effet der Ball gespielt wird. In der Defensive könnt Ihr zwischen zwei Tacklings wählen - die harte Tour, oder die sanfte Tour. Lassen sich die Kurzpässe noch relativ akkurat ausführen, hat man spätestens bei längeren Pässen und bei Flanken das Gefühl, den Ball nicht voll beherrschen zu können. Das liegt zum einen daran, dass die Spieler bei der Ballannahme leicht gleiten, und zum anderen daran, dass die Ballphysik trotz guter Ansätze nicht ganz nachvollziehbar ist: Man hat zwar nicht das Eishockey-Gefühl von Spielen à la TIF (PS2), weil das Leder recht realistisch über den Platz rollt, aber dafür kommt mit der Zeit ein Federball-Gefühl auf, weil der Ball zu leicht und teilweise recht unkontrollierbar durch die Luft fliegt.

Steuerung & Ballphysik

Leider vermisst man eine automatische Abwehr-Funktion wie sie in anderen Spielen üblich ist: Ihr könnt keinen Verteidiger automatisch auf den ballführenden Gegner jagen, sondern immer nur den gerade von Euch gesteuerten Verteidiger auf Ballfang schicken. Würden die eigenen Verteidiger stets intelligent reagieren, wäre das kein Problem - aber das ist nicht der Fall. Man gewöhnt sich zwar mit der Zeit an die manuelle Methode, aber selbst diese ist sehr hakelig, weil der Spielerwechsel mit leichter Verzögerung vor sich geht.

Spielaufbau & Torszenen

Auch der tödliche Pass in den freien Raum lässt sich äußerst selten umsetzen, denn die Stürmer agieren sehr eigenwillig. Kommt man endlich in Strafraumnähe, sorgen die Zuschauer zwar mit ihrem steigenden Lärmpegel und dem aufgeregten Zischen für Gänsehaut pur, aber der erfolgreiche Abschluss eines Angriffszuges geht vollkommen unter: Manchmal weiß man gar nicht, ob der Ball im Netz oder irgendwo hinter dem Tor gelandet ist - erst die jubelnden Spieler sorgen für Gewissheit. Die Tore und Torszenen sind optisch einfach unspektakulär in Szene gesetzt.

UEFA Champions League 2001/02 schlägt FIFA 2002 zwar nicht spielerisch, aber in jedem Fall hinsichtlich akustischer Präsentation. Das Sprecher-Duo (Bartels/König) setzt einfach neue Standards in Sachen Kommentar: kompetent, passend und abwechslungsreich begleiten die beiden Profis das Spielgeschehen. Und für die nötige Portion Gänsehaut und Enthusiasmus sorgt die einmalige Fankulisse, die packende englische Stadionatmosphäre rüberbringt und damit alles in den Schatten stellt, was es bisher auf PC oder Konsole zu hören gibt.

Augen- und Ohrenschmaus?

Auch grafisch hätte das Spiel von Silicon Dreams an FIFA 2002 vorbeiziehen können: Prächtige Kamerafahrten führen Euch ins Stadion, wo herrlich realistische Plätze auf Euch warten. Auch die butterweichen und lebensechten Animationen der Spieler sind einfach klasse. Wenn man erkennt, wie der Ball leicht mit dem Außenrist mitgenommen wird oder die Torhüter gerade noch einen Ball wegfausten, kommt Freude auf. Und die drei Kameraperspektiven (Iso, Hintertor,Seite) überzeugen, weil Ihr sie in Sachen Höhe und Zoom perfekt justieren könnt. Aber leider trüben die nicht gerade realistischen Sprints, gelegentliches Ruckeln, die schlecht dargestellten Tore und kleine Grafikfehler im Texturbereich den sehr guten Ersteindruck. Und auch wenn die Wettereffekte für Grafikglanz sorgen, geht das Ballgeschehen dabei vollkommen unter, weil es einfach zu dunkel, neblig oder verschneit ist - rote Signalfarbe hätte hier geholfen.

Pro:

  • Spieler-Editor


  • tolle 3D-Stadien


  • Trainingsmodus


  • offizielle UEFA-Lizenz


  • sehr schöne Animationen


  • sehr gutes Kommentatoren-Duo


  • hervorragende Stadionatmosphäre


  • 32 Mannschaften und alle Finalisten seit 1960


  • Kontra :

  • kleine Grafikfehler


  • gelegentliches Ruckeln


  • keine saubere Steuerung


  • unpräzises Pass-System


  • unspektakuläre Torszenen


  • keine Doppelpass-Funktion


  • Steuerung nicht konfigurierbar


  • Ball manchmal schlecht sichtbar


  • verbesserungswürdige Ballphysik


  • keine LAN- und Internet-Spiele möglich
  • Fazit

    "Der Ball ist rund!" - Diesen weisen Ausspruch sollten alle Entwickler auf sich einwirken lassen, bevor sie Fußball virtuell umsetzen: Ballphysik und Spielaufbau müssen einfach wichtiger sein als das Drumherum. UEFA Champions League hat eine fette Lizenz, lässt dank Traditionsmannschaften Fußballnostalgie aufkommen, erfreut das Auge mit toller Optik und setzt akustisch Plattform-übergreifend neue Maßstäbe. Aber: Das unglückliche Pass-System, die verwirrende Ball-Physik und vor allem der unspektakulär in Szene gesetzte Abschluss hinterlassen ein unbefriedigendes Gefühl. Etwas mehr Feinschliff am Elementaren - dem Ball, dem Pass, dem Schuss - hätten Silicon Dreams´ Fußballspiel auf den Thron bringen können. So bleibt es ein ansehnlicher Kick für zwischendurch, der nicht an die Spieltiefe von FIFA 2002 herankommt. Und dass man keine LAN- oder Internetspiele unterstützt ist einfach ein Armutszeugnis...

    Wertung

    PC