Creatures Gold - Test, Simulation, PC

Creatures Gold
22.01.2002

Test: Creatures Gold

Die PC-Tamagotchis gehen in die dritte Runde: An und für sich bin ich nicht der Typ, der stundenlang vor dem Chemie-Baukasten sitzt und experimentiert bis es brodelt, aber die Creatures Gold (ab 69,90€ bei kaufen)-Edition lässt auch ohne genaues Abwiegen der Ingredienzien die Lust aufs Gott-Spielen im Leben der putzigen Norns, knuddeligen Ettins und nicht ganz so putzigen Grendels aufkommen. Mit der Budget-Preis Kombination aus Creatures 3 vorgerenderter Grafik-Opulenz offline und dem (auch separat kostenlos erhältlichen) Download der Internet-Version Creatures Docking Station ist der Schöpferdrang erst mal gut mit Material versorgt.

Das Spielprinzip von Creatures 3 ist so simpel oder komplex wie der Spieler es wünscht: Ihr könnt mit zwei Eiern frisch aus der Brutkammer ein männliches oder weibliches Norn erschaffen, denen ihr dann erst einmal die Grundlagen des Lebens und der Sprache beibringen müsst, in dem Ihr sie bei der Hand nehmt (rechte Maustaste) und ihnen alle möglichen Gerätschaften näher bringt (Gegenstände kann man per Anklicken aufnehmen und ins Inventar legen, dabei bleibt das Inventar über alle Räume erhalten). Einmal aus der Brutkammer erlöst, erkunden die Norns ihre Welt auch selber und entdecken dabei die holistische Lernmaschine, die ihnen noch mehr Sprache (Deutsch, Englisch oder Französisch - wie bei der Installation angegeben) beibringt. Wenn sich die Norns in ihrem Heimatgebiet erst einmal auskennen, kommen meist auch schon die ersten Grendel (die generellen Griesgrame und Störer) und Ettins (emsige Sammler, aber sonst harmlos) zu Besuch, und unsere erwachsenen Norns machen sich ans Eierlegen.

Man nehme: zwei Eier, frisch ...

Neulinge des Gameplays sind sicherlich besser bedient, wenn sie sich die beiden vorgezüchteten und ausgebildeten erwachsenen Norns zum Start aussuchen. Die drei Ebenen des Anfangsgebiets sind eigentlich gut zu überwachen und bieten doch viele Möglichkeiten und Gegenstände zur Belustigung der possierlichen Wesen, aber Creatures 3 bietet noch ganz andere Umwelt-Bedingungen in Zusatzgebieten, die unsere Norns im Laufe der Zeit erkunden können (und zwischen denen man mit Hilfe von Icons am oberen Bildschirm-Rand schnell hin- und herspringen kann). Mit den neuen Norn-Rassen auf der CD - wie zum Beispiel den Magma-Norns (warme Umwelt, heißes Temperament) - habt Ihr eine gute Starthilfe, passende Norns für die passende Umgebung zu züchten.

Diese ganz extremen Umgebungsunterschiede haben den Hintergrund, dass Norns eigentlich nur ein paar possierliche Haustierchen der weit höher entwickelten Alienrasse Shee waren. Als sich der Rest auf der Suche nach einem runden Planeten gemacht hat, war nur noch ein etwas verwirrter Wissenschaftler übrig, dem dann irgendwann auch aufgefallen ist, dass er zurückgelassen worden war. Also baut er sich ein dickes Raumschiff mit vielen verschiedenen Klimazonen und nimmt seine Versuchsobjekte gleich mit auf die Reise. Dabei kollidiert das Raumschiff mit einem Meteor und als Eure ersten Norns ausgebrütet werden, ist kein einziger Shee mehr an Board: nur Ihr könnt den Norns & Co. jetzt noch helfen.

Wir sind nicht mehr auf dem Heimatplaneten, Toto

Gott sei Dank hat der Wissenschaftler jede Menge Gerätschaften im Schiff verteilt, die entweder gleich zu Anfang hilfreich bei der Norn-Aufzucht sein können, oder nachdem Ihr sie aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt habt - wobei Probieren über Studieren geht (außer Ihr kämpft Euch erst durch das 40-seitige Handbuch, das als deutsche PDF-Datei auf der CD vorliegt). Dabei solltet Ihr eine sehr gute Hand-Auge-Koordination haben, denn die Verbindungsbuchsen für elektrische Leitungen sind winzig und leicht zu verfehlen.

Das selbe Problem herrscht auch bei der Norn-Erziehung, die kleinen Wesen kreuchen ja nicht allein durch die Landschaft und außerdem sind sie generell gesellig - wenn also mehrere Norns aufeinandertreffen und spielen, und ein Norn sich nicht ganz sozial verhält, dann gibt es große Schwierigkeiten den Mauszeiger auf den Popo-Bereich des richtigen Norns zu bewegen und ihm ein paar Klapse zu verabreichen: Entweder Ihr trefft den Falschen, oder vielleicht rutscht Ihr sogar in den Streicheleinheiten-Modus - was Euren asozialen Norn dann in seinem Verhalten bestärkt.

Wie sag ich`s meinem Kinde ?

Kleinere Streitereien zeigt das Spiel übrigens nicht als Ereignisse an. Ihr bekommt nur Meldungen im Todesfall, bei einem gelegten oder geschlüpften Ei. Dabei sollte man die auftauchenden Symbole möglichst sofort anklicken, denn natürlich bleibt der Norn nicht an seinem Geburtsort sitzen bis Ihr ihn abholt. Wenn erst mal ein paar Norns beisammen sind, kann man sie auch mit Namen und Beschreibungen versehen, was anfangs nicht viel nützt, da die meisten Norns aus demselben Genom sehr ähnlich aussehen.

Hier kommt dann auch der Zusatzspaß über die Creatures Docking Station ins Spiel, die Ihr übrigens auch ohne Creatures 3 erforschen könnt. Nach einer rein englischen Anmeldung, bei der Ihr nicht nur Name und E-Mail, sondern auch Alter, Postleitzahl, Land und Geschlecht angeben sollt, könnt Ihr Euch den Client herunterladen oder eine Html-Einführung zur Docking Station durchlesen (die liegt übrigens auch als deutsche Zip-Datei zum Download vor), bevor Ihr das Spiel startet. Die Rückmeldung des Passwortes funktioniert augenblicklich, und da die Passwörter nicht gerade eingängig sind, könnt Ihr sie auch auf der Site selbst ändern. Beim ersten Hochfahren der Docking Station werdet Ihr auf die neueste Version aktualisiert, leider wird vorher nicht gemeldet, wie groß das Update als Download ist.

To boldly go where no Norn has gone before

Docking Station greift auf die Objekte (werden im Spiel "Agenten" genannt) von Creatures 3 zu, wenn Ihr die Dateien habt - erlaubt es aber nicht eine schon erschaffene C3-Welt online zu schalten. Dafür könnt Ihr aber mit anderen CDS-Spielern chatten, E-Mails oder Norns austauschen (als Genom oder als lebenden Norn), Warp-Portale zur unbegrenzten Ein- und Auswanderung eröffnen, und von Spielern gebastelte Objekte und Texturen für CDS oder für C3 herunterladen. Für ehrgeizige Schöpfer gibt es auch eine Internet-Rangliste. Die eingewanderten Norns können auf Herz und Niere untersucht und geimpft werden und ein "Hover-Doc" (~ fliegender Doktor) wird auf jeden Norn angesetzt werden, um seinen Gesundheits- und Gemütszustand zu ergründen. Allerdings solltet Ihr Englisch verstehen, denn innerhalb des Client ist die Übersetzung ins Deutsche häufiger einfach vergessen worden.

Grafisch bauen C3 und CDS auf derselben Engine auf, wobei Ihr die Docking Station auch gut im Fenster-Modus laufen lassen könnt. Allerdings wird 24bit True Colour nur von C3 unterstützt, CDS verlangt 16bit High-Colour. Jede Menge kleiner Tooltips à la Windows erleichtern die Identifizierung der Symbole und Gegenstände, aber nicht alles erklärt sich aus der Bezeichnung - da hilft dann nur noch das Handbuch oder der Replikator für Gegenstände, der normalerweise auch ein kurze Beschreibung zur Verwendung enthält. Die Sounds wiederholen sich oft, sind aber sehr stimmig und nett gemacht, wenn nicht allzu viele Norns durcheinander brabbeln.

Schöne neue Welt

Pro:

  • Einstieg ohne Vorkenntnisse möglich


  • stimmige Grafik und Sounds


  • Creatures Docking Station kostenlos als Download


  • verschiedene Umgebungen zum Experimentieren in C3


  • gutes Preis-Leistungs Verhältnis


  • Online Community-Faktor durch CDS


  • neue Norn-Rassen und Objekte übers Netz


  • Kontra:

  • nur für Fans dieses Gameplays auf die Dauer motivierend


  • Anmeldung bei CDS nur auf Englisch


  • Handbuch für tieferen Einstieg nötig, nur als PDF-Datei


  • an mehreren Stellen nicht komplett übersetzt


  • ausgezeichnete Augen-Hand-Koordination notwendig


  • Vergleichbar mit:

    Creatures 1 und 2, Tamagotchi, Die Sims

    Alle Screenshots findet Ihr hier .

    Fazit

    Mit der Creatures Docking Station macht das Spiel - dank der spontanen Kontakte von außen - am längsten Spaß; mit der Offline-Variante von Creatures 3 wird ein wirklicher Langzeit-Spaß nur bei Spielern aufkommen, die früher mit Begeisterung Ameisenfarmen beobachtet haben oder gerne genetisch tüfteln. Das Creatures-Spielprinzip erinnert eher an Tamagotchi als an Civilisation 3 oder die Sims. So würde ich die Creatures Gold-Version nur echten Fans der Spielidee empfehlen. Für zwischendurch und ohne Vorkenntnisse ist das kostenlose Creatures Docking Station einfach unschlagbar im Preis-Leistungs-Verhältnis.

    Wertung

    PC