Merregnon 2 - Special, Sonstiges, Allgemein, PC

Merregnon 2
14.06.2003, Paul Kautz

Special: Merregnon 2

Eine CD, die eine Geschichte erzählt: nicht mit gelesenen Worten wie ein Hörbuch, sondern allein durch Musik. Mit Klängen, die Bilder im Kopf des Hörers entstehen lassen, während er durch eine sagenumwobene Fantasy-Welt getragen wird - das ist Merregnon. Die zweite CD erscheint weltweit im August, bis dahin erfahrt Ihr alles über das Projekt in unserem mehrteiligen Special, das mit dem heutigen siebten Teil fortgesetzt wird.

Die im Jahre 2000 erschienene orchestrale CD Merregnon hat etwas Einzigartiges geschafft: viele verschiedene Musiker aus der Spiele- und Demoszene unter eine Haube zu bekommen, und sie alle musikalisch eine Geschichte erzählen zu lassen, die man parallel auch im reichhaltig illustrierten Booklet nachlesen konnte. Namen wie Chris Hülsbeck, Fabian Del Priore, Allister Brimble und Yuzo Koshiro sind an diesem Projekt beteiligt, was Merregnon nicht nur für Computerspieler zu einem Leckerbissen macht.

Im August dieses Jahres erscheint nun der zweite Teil des als Trilogie geplanten Soundtracks, der das Konzept des Vorgängers um einige wichtige Neuerungen erweitert: alles wird größer, schöner und besser. So werden die Stücke jetzt beispielsweise nicht mehr per Synthesizer und Keyboard, sondern von einem echten Orchester eingespielt und von echten Chören begleitet.Dabei handelt es sich um das Prager Symphonieorchester, dessen Künstler schon Spielen wie <4PCODE cmd=DGFLink;name=Splinter Cell;id=2738> oder <4PCODE cmd=DGFLink;name=Primal;id=1583> zu einer gigantischen Klangkulisse verholfen haben. Außerdem sind die Kompositionen ausgefeilter, das Design des Booklets und der Website stilvoller.

In den folgenden Wochen erfahrt Ihr bei 4Players alles über das faszinierende Musikprojekt - Interviews mit allen Komponisten, Hintergrundberichte von den Studioaufnahmen und vieles mehr. Letzte Woche stand uns Komponist Olof Gustafsson Rede und Antwort, heute ist Allister Brimble an der Reihe. Der Brite ist einer der erfolgreichsten Spielemusiker weltweit, und hat schon weit mehr als 250 Games vertont - unter anderem für Team 17, Codemasters, Microprose und Virgin Interactive. Mehr Informationen zu seinem Schaffen findet Ihr auf seiner Homepage , jetzt geht´s weiter zum Interview.

Allister Brimble: Wie so viele habe ich damit angefangen, in den späten Achzigern musikalisch an meinem Spectrum- und Amiga-Computer herumzuexperimentieren. Einige der dabei herausgekommenen Demos verschickte ich an die englische Public Domain-Firma »17 Bit Software«. Sie mochten meine Arbeit, und veröffentlichten ein paar meiner Kompositionen auf ihrer monatlichen Cover-Disk, und kurz darauf auch auf den monatlich erscheinenden PD-Veröffentlichungen. So machte ich mir einen Namen, und entschloss mich schließlich Demos an die junge Entwicklerfirma Codemasters zu schicken - so kam ich an meine ersten Spieleprojekte. Kurz darauf machte 17 Bit Software den Laden dicht, daraus entstand der berühmte Entwickler Team 17. Das gab mir die Gelegenheit an einigen der besten Amiga-Spielen aller Zeiten mitzuwirken: Full Contact, Alien Breed, Project X, SuperFrog, Body Blows und viele mehr.

4Players: Erzähle uns bitte etwas über Dich: Wie lange machst Du schon Musik? Wie bist Du in die Spielemusik-Szene geraten, und welche Projekte liegen bereits hinter Dir?

Ich war jetzt an mehr als 255 Projekten für viele Spielefirmen beteiligt, was mir plattformübergreifend ein gigantisches Portfolio beschert. Einige der größeren Projekte wären beispielsweise Toy Story, RollerCoaster Tycoon 1 & 2 für PC sowie Driver und Driver 2 für PSOne.

AB: Ich komponieren zwei Tracks - »The Cavern« und »Goush Village«. Das war für mich eine etwas knifflige Sache, da ich mit den Werken einer Story folgen muss, die zwischen verschiedenen Gemütszuständen herumspringt, vergleichbar mit Filmmusik. Außerdem musste ich bereits fertige Themen einbauen.

4P: Was ist Deine Aufgabe im Merregnon-Team?

AB: Bei Merregnon 1 konnten wir uns austoben - wir mussten nicht ständig im Hinterkopf behalten, dass die Kompositionen tatsächlich von einem echten Orchester gespielt werden mussten, also konnten wir machen, was wir wollten. In Merregnon 2 hingegen musste jedes Instrument an das Orchester angepasst werden, an die mögliche Spielweise. Ich musste sehr viel lernen, um den Soundtrack vernünftig hinzubekommen, und machte trotzdem viele Fehler. Mein Lernprozess in Sachen Orchestrierung ist noch lange nicht vorbei, das scheint sich unendlich zu ziehen.

4P: Merregnon 1 basierte auf synthetischen Instrumenten aus dem Computer. Das hat sich mit dem zweiten Teil dank echtem Orchester samt Chor grundlegend geändert - wie hat sich das auf Deine Arbeit ausgewirkt?

AB: Ich benutze Samples echter Instrumente, um möglichst orchesternah zu komponieren. Dazu benutze ich das Miroslav-Set aus dem Nemesys Gigastudio. Mein Sequenzer ist Cakewalk Sonar, mit dem ich die MIDI-Sequenzen erstelle, die dann an Sibelius weitergereicht werden - ein Notationsprogramm.

4P: Wie gehst Du an Deine Kompositionen heran? Welches Equipment und welche Tools benutzt Du, um Deine Werke zu schreiben?

AB: Musiker werden immer noch unter Wert verkauft, die Budgets für guten Sound sind sehr gering, speziell in Europa und Großbritannien. Es ist natürlich kein einfacher Job, wie viele inkl. Programmierer, Manager und Produzenten denken. Damit müssen Musiker eben leben - das schwierigste ist, es jedem recht machen zu wollen, was natürlich nicht immer möglich ist.

4P: Wie empfindest Du Deine Position als Musiker in der Spielebranche? Wie ist die Akzeptanz und Zusammenarbeit mit anderen Musikern?

Aber natürlich habe ich nicht vor, mich dauernd zu beschweren - ich liebe das Komponieren von Musik, das Erstellen von Soundeffekten für Spiele, und vor allem mag ich es, wenn die Leute meine Musik mögen. Ich mag auch die technische Seite, die viele andere Komponisten eher lästig und kompliziert finden. Das erlaubt mir, Musik auch für Formate wie den Gameboy Advance zu schreiben, die sehr limitierte Audio-Fähigkeiten haben.

AB: Die nächste Generation von Konsolen- und PC-Spielen werden viele der Fähigkeiten benötigt, die wir uns jetzt für Merregnon 2 angeeignet haben. Mehr und mehr Spiele werden auf echte Orchestrierung setzen, außerdem wird die Musik immer interaktiver. Das erfordert großes technisches Verständnis, um nachvollziehen zu können, wie das genau funktioniert. Ich denke am Besten wird es sein, wenn die Musiker ihre Oldschool-Fähigkeiten mit dem neu erworbenen Orchester-Wissen vermischen.

4P: Wo siehst Du die Zukunft der Spielemusik? Wird es schwieriger werden mithalten zu können?

AB: Für mich zählt als erstes ganz klar Talent! Du kannst einen Orchestrator bezahlen, damit er Dir hilft, wie wir ihn auch bei Merregnon 2 haben. Gleichzeitig verfeinern wir unsere Fähigkeiten, damit unsere Orchestrierungen perfekter werden. Das bedeutet, dass unsere Kompositionen für Merregnon 3 deutlich besser und präziser lesbar werden, noch bevor ein Orchestrator sie in die Hände bekommt.

4P: Denkst Du, dass es notwendig oder zumindest von Vorteil ist, über Musiktheorie (wie beispielsweise Notenlesen) Bescheid zu wissen, oder ist Talent das Wichtigste?

AB: Ich empfinde das als gute Sache für Musiker, da sie unseren Status hervorhebt und die Leute uns ernster nehmen. Natürlich wird es immer härter konkurrenzfähig zu bleiben, da immer mehr Leute in den Bereich der Spielemusik drängen. Nur die besten »Oldschool«-Musiker, die den Sprung zum nächsten Entwicklungslevel schaffen, werden überleben.

4P: Spielemusik gewinnt weltweit, und besonders in Japan, immer mehr an Akzeptanz. Hat das einen Einfluss auf Deine Arbeit - wird es schwerer, konkurrenzfähig zu bleiben?

AB: Ich hoffe wirklich, eines Tages von meiner »Oldschool«-Konsolenarbeit wegzukommen (speziell dem Gameboy Advance), um echte Orchestermusik auf regulärer Basis zu schreiben.Ich hoffe wirklich, dass Spielemusik in fünf Jahren mal denselben Status wie Filmmusik haben wird. In diesem Zusammenhang würde ich es natürlich begrüßen, irgendwann mal einen Filmsoundtrack zu schreiben.

4P: Wo siehst Du Dich selbst in fünf Jahren? Was sind Deine Ziele und Absichten?

AB: Früher hatten die Computer sehr simple Soundchips, die besten falls drei oder vier Töne bzw. Samples gleichzeitig abspielen konnten. Das bedeutete, dass Du fähig sein musstest, aus sehr begrenzten Ressourcen gute Musik zu machen - was natürlich eine großartige Möglichkeit war zu lernen, wie man gute Musik macht. Wenn die Musik schlecht war, hat man das aufgrund der wenigen Noten sehr schnell gemerkt.

4P: Wie hat sich Spielemusik in den letzten Jahren verändert, verglichen mit dem Anfang Deiner Karriere?

Der Sprung zur CD war schon etwas schwieriger für mich: Ich hatte auf einmal so viele Freiheiten, dass ich musikalisch gerne mal über die Stränge schlug. Die einzige Lösung war, dass ich einen Gang zurückschalten und hier und da die Schere ansetzen musste, damit es wieder vernünftig klang. Das bedeutet auch, dass viele Nicht-Spielemusiker problemlos Spielemusik schreiben können.

Momentan bewegen wir uns immer weiter in Richtung interaktive Musik. Meist wird das bewerkstelligt, indem verschiedene Kompositionen aufgenommen, und dann im Spiel in Echtzeit ineinander gemischt werden - wobei nur die Instrumente einbezogen werden, die zu dem Zeitpunkt für eine bestimmte Atmosphäre benötigt sind. Das benötigt natürlich viel mehr Aufmerksamkeit, da man alle Möglichkeiten in Betracht ziehen muss anstelle einen Track einfach nur von Anfang bis zum Ende abzuspielen.

Nächste Woche, im achten Teil unseres Merregnon 2-Specials, ist Komponist Jonne Valtonen unser Interviewpartner. Unter dem Pseudonym »Purple Motion« sorgte der junge Finne früher in Demo-Kreisen für Furore, heute vertont er Spiele und arbeitet an seinem Debüt-Album. Nächste Woche erfahrt Ihr mehr.

4P: Kannst Du uns etwas über Deine gegenwärtigen Projekte erzählen?

AB: Ich arbeite an verschiedenen GBA-Projekten, und habe zuletzt Rollercoaster Tycoon 2 fertiggestellt.