The Fall - Last Days of Gaia - Special, Rollenspiel, PC

The Fall - Last Days of Gaia
17.11.2004, Jörg Luibl

Special: The Fall - Last Days of Gaia

Falls ihr nach unserer Preview nach mehr Informationen zu The Fall lechzt, haben wir ausführliches Exklusiv-Futter für euch parat: Das Berliner Team von Silver Style Entertainment lässt euch in acht Tagebüchern in die Entwicklung des Endzeit-Rollenspiels reinschnuppern - viel Spaß!

Teil 2: Technik & Engine

The Fall: Entwickler-Tagebuch

Teil 1: Charaktere & Party

Teil 3: Design & Look

Teil 4: Quests & Missionen

Teil 5: Leveldesign & Skripts

Teil 6: Musik & Akustik

Teil 7: Mods & Skripts

Teil 8: Qualitätskontrolle

Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, um The Fall fertigzustellen. Mittlerweile dürften schon viele von dem Spiel gehört haben - aber so mancher hat vielleicht noch keine Vorstellung davon, worum es sich dabei eigentlich handelt und was den Spieler erwartet. Nun, es handelt sich um ein waschechtes Rollenspiel. Und da stellt sich dem Genrefan natürlich die Frage, wie das Gameplay im Detail aussieht und was die wesentlichen Prinzipien des Charakter- und Kampfsystems sind. Darum geht es heute! Fangen wir mal mit den Charakteren an.

Teil 1: Charaktere & Party

Grundsätzlich gibt es da erstmal die 6 Attribute: Stärke, Beweglichkeit (Grobmotorik), Geschicklichkeit (Feinmotorik), Intelligenz, Konstitution und Charisma. Diese Begriffe sind eigentlich eigentlich ziemlich geläufig. Nicht nur Rollenspielveteranen wird klar sein, wofür sie stehen.

Sechs Attribute sollt Ihr sein

Die Auswirkungen können vielfältiger Natur sein. So kommen zum Beispiel Leute mit einem hohen Charismawert auch schon mal durch, wenn sie bei einer kriminellen Tat ertappt werden. Außerdem wird ihnen schneller vergeben. Die Attribute beeinflussen auch die party-interne Kommunikation: ein höherer Charismalevel könnte auch dafür sorgen, daß sich zwei Charaktere nicht gleich heftig über etwas streiten. Es gibt auch die ein oder andere Situation, in der einer Eurer Begleiter sich mit einem gut gemeinten Ratschlag versucht. Die Güte des Vorschlags hängt dann auch von seiner/ihrer Intelligenz ab. Das könnte also den Unterschied zwischen wirklicher Hilfestellung und Feststellung des Offensichtlichen ausmachen.

Euer Charakter ist am Anfang in seiner 'Rohform' Durchschnitt in all diesen Attributen. Sobald Ihr aber mit der eigentlichen Erstellung loslegt, gibt es moderierenden Faktor: die Statur. Solltet Ihr einen Koloss schaffen, so wird dieser sicherlich einen Stärkebonus erhalten. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, daß er - und da folgen wir konsequent der Rollenspieltradition - eine Dissertation über die Relativitätstheorie niederschreibt. Allerdings gibt es natürlich noch eine Anzahl von Punkten, die Ihr selber auf die Attribute verteilen könnt, und im Verlauf des Spiels erhält man zusätzliche. Die Ausgangslage ist somit nicht für immer und ewig in Stein gemeißelt.

Der zweite wichtige Charakteraspekt sind die Fertigkeiten (Skills). Von diesen gibt es insgesamt 14, die Palette reicht von Medizin über das Knacken von Schlössern bis hin zu besserem Umgang mit einer bestimmten Waffengattung. Alle Charaktere haben diese Fertigkeiten, allerdings sind sie natürlich individuell unterschiedlich gut oder schlecht ausgeprägt. Und genau wie Attribute können auch diese nach und nach verbessert werden.

Die Fertigkeiten

Sobald die Punktzahl eines Skills ein bestimmtes Niveau erreicht, könnt Ihr ein Talent lernen. Pro Fertigkeit gibt es insgesamt 5 Talente, man kann sich allerdings im Verlauf des Spiels nur 3 von ihnen aneignen, nämlich dann wenn der Fertigkeitslevel 75, 85 und 95 erreicht.

Am besten läßt sich das natürlich an einem Beispiel veranschaulichen. Sobald Eure Survival-Fertigkeit 75 Punkte hat, könnt Ihr zwischen drei Spezialisierungen wählen. 'Kochen' sorgt dafür, daß Eure Charaktere mehr Hitpoints durch entprechend zubereitetes Fleisch regenerieren. Wer das 'Ausweiden von Tieren' lernt, kann so für Schmuckstücke nützliche Zähne oder Klauen aus erlegten Kreaturen gewinnen. Die 'erhöhte Wahrnehmung' sorgt dafür, daß Eure Chancen steigen, Gegner früher zu erkennen.

Erreicht Ihr die nächste Stufe, so habt Ihr die wieder die beiden Talente zur Auswahl, die beim letzten mal nicht berücksichtigt wurden sowie eine neue Spezialisierung. Im Überleben in der Wüste erprobte Recken könnten noch zum 'Tierflüsterer' werden. Das hilft Euch dabei, Tiere vom Weglaufen abzuhalten oder aggressive Kreaturen zu beschwichtigen. Oder man verbessert seine Kenntnisse über das Errichten von Nachtlagern. Ein von Experten aufgebautes Camp ermöglicht der Party eine bessere Erholung.

Wie Ihr seht, es stehen gleichzeitig zwei 3 Spezialisierungen zur Auswahl. Zwei der fünf Talente sind erst dann erlernbar, wenn Ihr schon über gewisse Grundfertigkeiten in einem Bereich verfügt. Das ist auch relativ logisch aufgebaut, denn, um mal eine Analogie zu wählen: jemand der sich gerade seinen ersten Computer gekauft hat, wird kaum über Nacht zum Assembler-Profi, wenn er sich vorher noch kein Wissen über die Funktionsweise des Rechners und einfachere Programmiersprachen angelesen hat.

Genau wie die Attribute, sind die Fertigkeiten des Charakters ausgangs durchschnittlich ausgeprägt und werden durch Eure Einstellungen verändert. Während die Körpermaße Auswirkungen auf die Attribute haben, ist es die (wählbare) Lebenserfahrung, die Einfluß auf die Skills hat. Sollte Euer Charakter schon einiges Wissen zum Thema Medizin haben, so ist der entprechende Skill vom Anfang an natürlich stärker ausgeprägt. Technisch versierte Leute sind nicht ganz überraschend bessere Ingineure. Alles ist natürlich balanciert, d.h. es gibt dafür Skills, die dann anfangs eher unterdurchschnittlich ausgebildet sind.

                           

Eure Party besteht aus bis zu 6 Leuten. Diese werden so gesteuert, wie Ihr das aus Echtzeitstrategiespielen kennt. Es ist aber nicht notwendig, daß Ihr Euch während des Kampfes um jeden einzelnen kümmert, wenn Ihr es nicht wollt. Dafür gibt's nämlich in The Fall das sogenannte Auto-Behaviour-System, d.h. Ihr könnt einem Charakter bestimmte Verhaltensweisen vorgeben und laßt dann die KI den Rest übernehmen. Kleine Auswahl: man kann einen Kämpfer zum Beispiel anweisen in erster Linie auf seine Deckung zu achten, immer den jeweils stärksten oder schwächsten Gegner anzugreifen, zu heilen oder sich zurückzuziehen, wenn stark verletzt sein sollte.

Schlachtgetümmel

Ihr könnt die Welt erforschen und mit den Leuten reden, aber irgendwann kommt der Spieler halt auch mal in die Situation, daß gekämpft werden muß. Und deswegen erläutere ich jetzt mal, wie daß bei uns funktioniert.

Ich hatte schon im ersten Artikel erwähnt, daß es sich um ein echtzeitbasiertes System handelt, bei dem der Spieler jederzeit pausieren kann und auch während der Unterbrechung seinen Charakteren Befehle erteilen kann.

Letzteres ist nicht ganz unwichtig, denn sollte einer Eurer Begleiter das Zeitliche segnen, bleibt er auch tot. (Wenn Ihr es nicht schafft, in dann zu reanimieren.) Magischen Schnickschnack a la Phoenix Down gibt es nämlich ganz bewußt nicht in The Fall. Darum ist es auch hilfreich und notwendig, daß Ihr dafür sorgt, daß ein verwundeter, ohnmächtiger Charakter von einem anderen Partymitglied aus der Gefahrenzone getragen wird.

Die aktivierbaren Auto-Pause-Funktionen, die das Spiel bei bestimmten Ereignissen automatisch anhalten, hatte ich das letzte mal schon kurz beschrieben und den optionalen simulierten Rundenmodus (Simulated Turn-Based - STB) angedeutet. Dieser wird in der Form verwirklicht, daß das Spiel einfach automatisch nach der Aktion eines jeden der am Kampf beteiligten Charaktere und Kreaturen pausiert. Sollte der jeweils Aktive gerade keine Aktion (z.B. ein Angriff) tätigen, sondern nur warten oder laufen, wird seine Runde nach 2 Sekunden beendet. Wer es dynamischer mag, bleibt einfach bei der Originaleinstellung. Leute mit Faible für rundenbasierte Kampfsysteme werden diesen Ansatz aber sicherlich tiefergehend ausloten wollen.

Es gibt noch andere Einflüsse, die es zu berücksichtigen gilt. Wer zum Beispiel einen Laserpointer an seine Waffe montiert, erhält einen Präzisionsbonus. Und zielt besser, je dunkler es ist, weil man die Markierung dann deutlicher sieht. Ganz im Gegensatz zu Leuten ohne eine derartige Zielvorrichtung, denn bei denen wirkt sich der Einbruch der Dämmerung und die Sicht bei Nacht eher negativ auf die Schußgenauigkeit aus. Schützen die aus dem Liegen feuern, haben eine höhere Trefferchance als jene, die stehen. Wer erhöht positioniert ist (z.B. auf einem Turm), hat auch einen Vorteil. Die Lautstärke von Waffen spielt auch eine Rolle, besonders dann, wenn es Euch eigentlich darum geht unentdeckt zu bleiben. Und je länger man eine bestimmte Knarre benutzt, desto besser wird die Handhabung mit Ihr.

Es kann sein, daß Eure Party irgendwo ein Vehikel entdeckt oder erwirbt. Das spielt natürlich auch in Kampfsituationen eine Rolle, weil Ihr zum einen schneller entkommen könnt, zum anderen aber möglicherweise auch eine effektive Waffe in Euren Händen habt - nämlich dann das Fahrzeug eine montierte Waffe mit sich bringt. Kleiner Tip: es könnte auch sein, daß Ihr unter die Panzerfahrer geht. Dafür bedarf es aber einiger Anstrengungen und Training.

Motorisiert

Die Autos werden übrigens per Tastatur gehandhabt und steuern sich so, wie man es aus einem Rennspiel mit vernünftiger Fahrphysik erwarten würde. Die Ursache hierfür liegt nicht ganz zufällig darin, daß wir eine vernünftige Fahrphysik in unsere Engine eingebaut haben. :)

Abschließend läßt sich sagen, daß The Fall, was den Kampfablauf angeht, ein Sammelsurium an taktischen Möglichkeiten bietet - und vom Spieler durchaus auch einfordert. Denn dadurch, daß getötete Charaktere unwiederbringlich verloren sind, sind reine Frontalansätze, bei denen man einfach mitten in die Gegnermassen reinspaziert sehr risikobehaftet, weil man eben nachher nicht einfach alles wiederbeleben kann, was nicht mehr auf den Beinen steht.

Nun kennt ihr ein paar der grundlegenden Fakten über das Regelwerk. Wer sich gerne noch tiefergehend über Skills, Talente und Ähnliches informieren will, dem sei hiermit nahe gelegt, einfach mal auf der offiziellen Homepage vorbeizuschauen. Bis demnächst!

Carsten Strehse (Silver Style Entertainment; Game-Designer & Geschäftsführer)

       

Am Anfang der Entwicklung steht immer erstmal die Bestimmung des technischen Rahmens. Schließlich geht es darum zu wissen, was und wie etwas überhaupt realisiert werden kann. Das war auch bei unserem derzeitigem Projekt nicht anders, an dem wir insgesamt etwas mehr als 2 ½ Jahren arbeiteten. Es galt im Voraus abzuschätzen, welche Hardware im Jahr 2004 aktuell und auch verbreitet sein wird und welche das dann untere Ende der Skala repräsentiert.

The Fall: Entwickler-Tagebuch Teil 2: Technik & Engine



Carsten hat ja in den vorherigen Artikeln einiges zum Inhalt und Ablauf von The Fall - The Last Days of Gaia gesagt, und heute werde ich Euch mal einen Einblick in die technischen Details des Spiels geben.

Es war einmal...

Das setzt natürlich voraus, daß man immer auf dem neuesten Stand bezüglich technischer Vorhaben seitens der Grafikkartenhersteller und Grafikschnittstellenentwickler ist. Sobald dieser Prozeß abgeschlossen ist, kann man anfangen festzulegen und zu planen, wie die Wünsche der Spieldesigner umgesetzt werden können.

Carsten erwähnte bereits, daß die Engine, die wir für The Fall benutzen, von Grund auf neu konzipiert wurde und nicht auf einer vorherigen aufbaut. In den ersten Monaten waren wir ziemlich damit zu beschäftigen alle Grundfunktionen zu entwickeln und zu implementieren, um einen lauffähigen Prototyp zu haben. Denn irgendwann brauchen ja auch die anderen Teile Teams, insbesondere die Leveldesigner und Grafiker, Code mit dem sie arbeiten können. Und so war es in der ersten Version dann auch möglich, Terrain zu erstellen und Charaktere und andere Objekte darauf zu platzieren.

Wenn man die Basis geschaffen hat, beginnt die Phase für die Engineentwickler, die man als schrittweisen (iterativen) Verfeinerungsprozeß beschreiben könnte. Man kümmert sich dann um die Programmierung von Spezialfunktionen und natürlich auch um die Optimierung des bisherigen Codes. Ab und zu kommen dann auch noch neue Vorschläge und Anregungen aus dem Team, die es möglicherweise umzusetzen gilt.

Der nächste Schritt bestand darin, die Hauptfunktionen der Scripting-Engine fertigzustellen. Denn dann konnten auch die Questdesigner anfangen, ihre Ideen und Vorgaben in die Tat umzusetzen.

          

Gehen wir mal etwas mehr in's Detail. Die Engine hinter The Fall ist voll DirectX9-kompatibel. Es gibt durchaus einige schöne Effekte zu bewundern, z.B. das Hitzeflirren oder Bodenspiegelungsphänomene, wie Ihr sie an einem heißen Sommertag erleben könnt. Schließlich wird die Spielewelt, zu der sich Carsten ja auch schon geäußert hat, durch Wüsten und trockenem Ödland dominiert. Da darf dann natürlich verwehter Sand auch nicht fehlen.

Die Engine

Es gibt auch ein paar wirkungsvolle Beleuchtungseffekte und Objekte werfen dynamische Schatten. Das ist natürlich längst nicht alles. Denjenigen unter Euch, die sich schon mal mit dem Thema 3D-Grafik beschäftigt haben, sagt vielleicht der Begriff 'Inverse Kinematik' etwas - eine Methode, die bisher in der Regel nur in FPS-Spielen Anwendung gefunden hat. Bei der IK geht es im Wesentlichen um die Bewegung und Animation von Objekten, die aus mehreren zusammenhängenden Gliedern bestehen und sich somit für unsere Charaktere anbot. Auf diesem Weg wird dafür gesorgt, daß z.B. die Füße passend auf dem jeweiligen Untergrund platziert werden. Oder daß die Charaktere punktgenau auf anvisierte Objekte zielen anstatt angenähert durch vorgefertigte Posen zu sein.

Ein spürbar zeitaufwändigerer Teil war allerdings die Implementierung von Innenräumen. Für den Spieler mag das Hinein- und Hinausgehen in bzw. aus einem Gebäude in einem Spiel das Normalste auf der Welt zu sein. Für den Entwickler hingegen bedeutet es eine Menge Arbeit, weil es bei der Wegfindung berücksichtigt werden muß, Objekte gesondert gehandhabt werden und die Integration von Türen auch nicht trivial ist - um nur mal eine kleine Auswahl zu nennen. Viele Spiele 'lösen' diese Problematik in dem die Außenwelt komplett ausgeblendet wird, wenn man ein Gebäude betritt.

Dies war einer der Bereiche, wo es Rückkopplungen zwischen technischer Abteilung und den Spieldesignern gab, denn es galt zu entscheiden, wie die Kamera sich Verhalten soll, wenn man ein Gebäude betritt. Eine nicht zu unterschätzende Frage, denn im Gegensatz zu Spielen wie Morrowind gibt es in The Fall keine fixe Perspektive, d.h. der Spieler kann auf Wunsch die Kamera beliebig drehen und auch ziemlich weit rauszoomen.

Die Innen-/Außenweltproblematik war uns aber schon im vornherein bewußt, und konnte somit schon effektiv bei der Konzipierung berücksichtigt werden. Letztendlich haben wir für alles eine Lösung gefunden, die uns einen nahtlosen Übergang zwischen beiden Bereichen ermöglicht, keine Ladezeiten verursacht und individuell unterschiedliche Räume erlaubt. Der Spieler kann in jedes Gebäude von außen hineinschauen und umgekehrt und sieht jederzeit alle Objekte und Charaktere. Nichts muß ausgeblendet werden.

Die Engine - und damit das Spiel - wird übrigens sehr flexibel modbar sein. Das wird anfangs ein gewisses Know-How Eurerseits voraussetzen und mehr die eher erfahrenen Mod-Entwickler ansprechen. Und den Editor gibt's gleich zum Spiel dazu!

So, das war's für heute. Wer in der Zwischenzeit gerne mehr darüber wissen will, wie das Modden funktionieren wird, dem sei ein Besuch in unserem Forum empfohlen, da wir dort schon einige Informationen zu dem Thema veröffentlicht haben. Tschüß!

Sebastian Tusk (Silver Style Entertainment; Technical Director)

   

Das Entwickeln der Grafiken wird anfangs unter zwei Gesichtspunkten betrachtet. Was ist technisch überhaupt möglich und wie soll das ganze eigentlich stilmäßig aussehen? Die Festlegung des technischen Rahmens erfolgt im Prinzip mit und durch den Technical Director Sebastian Tusk. Wenn die Bedingungen erstmal abgegrenzt sind, wissen wir was wir machen können und was eher schwerlich realisierbar ist.

The Fall: Entwickler-Tagebuch Teil 3: Design & Look

Was die Designrichtlinien bei der Entwicklung des Looks angeht, kommen hier die Vorgaben und Vorschläge von den Gamedesignern, mit denen wir dann zusammenarbeiten. Beim Charakterdesign sieht das folgendermaßen aus: ein Grafiker erstellt eine Skizze einer Figur. Je nach Charakter ist er dabei mehr oder weniger an Vorgaben gebunden und hat auch dementsprechend kreativen Spielraum. Dieser Entwurf wird dann von einer oder mehreren Personen bewertet. Änderungswünsche können eingearbeitet werden und der Charakterlook wird dann nach und nach präzisiert.

Charakterdesign

Sobald ein Entwurf das OK erhalten hat, wird mit einem Grafikprogramm ein sehr detailiertes, vollständiges Charakterbild erstellt. Das wiederum ist dann die Grundlage für den Entwurf des 3D-Modells und der dazugehörigen Texturen. Von denen gibt es letztendlich immer zwei Versionen: ein In-Game-Modell, das dem Charakter im Spiel entspricht, und ein aufwändigeres mit höherer Polygonzahl für beispielsweise Charakterstudien oder Promotionsmaterial.

Was die Hauptcharaktere angeht, hatte Carsten, der Lead Designer, natürlich schon ziemlich konkrete Vorstellungen. Das heißt aber nicht, daß das Design dieser dann flotter von der Hand geht als bei eher sekundären Protagonisten. Ganz im Gegenteil, es ist zeitaufwändiger. Schließlich gilt es hier, besonders sorgfältig zu arbeiten, denn bei der Gestaltung einer Figur, mit der man häufiger oder gar durch das ganze Spiel hindurch zu tun hat, ist naturgemäß mehr zu beachten und zu berücksichtigen.

Bei den NPCs ist es nicht ungewöhnlich, daß man auf gewisse Stereotypen zurückgreift. So ist es einfacher zu erreichen, daß sich der Spieler mit bestimmten Charakteren identifizieren kann. Oder ihnen gegenüber eine herzliche Antipathie aufbaut. Es geht auch darum, eine gewisse Einprägsamkeit anzustreben - gleichzeitig aber auch eindimensionale 'Charakterschablonen' zu vermeiden.

Nun habe ich aber noch gar nichts zur eigentlichen Designprämisse gesagt. Die grobe Vorgabe und Idee war es, die Spielwelt in einem 'realistischem' Rahmen zu halten. Natürlich gibt es futuristische Sachen zu bewundern, allerdings haben wir bewußt darauf geachtet, daß nichts zu abgedreht oder gesponnen wirkt.

Der Grundgedanke

Das ganze Szenario ist ja im Südwesten der USA angesiedelt, dementsprechend haben wir uns viel Bildmaterial von kleinen und mittelgroßen Städten aus dieser Region angeschaut. Große Städte werden nicht in The Fall vorkommen, weil diese durch Naturkatastrophen fast vollständig dem Erdboden gleichgemacht wurden. Kleinere Städte haben dies entweder irgendwie überstanden oder wurden neugegründet, was sich bei manchen auch im Namen wiederspiegelt.

    

Die Ortschaften, denen Ihr im Verlauf des Spiels einen Besuch abstattet, vermitteln also den Charme amerikanischer Kleinstädte oder Dörfer. Sie sind eingebettet in ein Endzeitszenario welches von großen Ödländern und Wüsten geprägt wird. Um die Wirkung dieses Looks zu überprüfen, galt es 3D-Modelle und Texturen zu entwickeln, und sich das ganz 'in Aktion' mit Hilfe eines Prototypen unserer Engine anzuschauen und zu bewerten.

Die eher futuristischen Gerätschaften wurden auf zweierlei Weisen entwickelt. Zum einen haben wir uns genauer mit dem beschäftigt, was zur Zeit in der Wissenschaft erforscht wird. Das könnten z.B. Waffentechniken sein, die irgendwann in 10, 20 oder 30 Jahren zum Einsatz kommen sollen oder gerade aktuell dabei sind auf den Markt zu kommen. Gasdynamische Laserwaffen oder hülsenlose Munition wären hier meine 'Lieblingsbeispiele'.

Ihr merkt, viele der Elemente der Spielwelt basieren auf realen (und damit realistischen) Vorbildern. Das ist nicht nur bei Häusern so, sondern gilt auch für viele der Waffen und Fahrzeuge.

Zum anderen haben wir Bekanntes genommen, und Teile davon an die Gegebenheiten angepaßt oder weiterentwickelt. Beispielsweise gibt es im Spiel eine neuere Fassung der mittelalterlichen Ballista, nur hat diese eben statt Holzrädern Autoreifen, mehr Metallelemente usw.

Wie gesagt, es ging uns darum, eine gewissen Realismus zu wahren und dennoch gleichzeitig eine durch den post-apokalyptischen Hintergrund bedingte Fremdartigkeit zu vermitteln. Die Welt von The Fall soll in gewisser Hinsicht vertraut wirken, und trotzdem soll eine gewisse bedrückende, bedrohliche Atmosphäre auf den Spieler wirken. Dies wird auch durch die Farbwahl erreicht. Die Beleuchtung bzw. der Himmel in Kombination mit der durch Wüsten geprägten Landschaft sorgen für einen satten Braunton.

Satt & Kräftig

Wenn wir schon bei den Farbwirkung sind, möchte ich noch erwähnen, daß wir auf kräftige Farben und starke Kontraste setzen. Natürlich nicht in übertriebenem Maße, denn wie ein Comic sieht das Spiel nicht aus, wie Ihr den Screenshots entnehmen könnt. Das hat natürlich auch einen Grund. Auf dem Nord-Amerikanischen Markt wird die optische Gestaltung von Europäischen Spielen oft als etwas fade und langweilig empfunden. Europäische Spieler hingegen scheinen sowohl mit dem einen als auch mit dem anderen Farbdesignansatz keine Probleme zu haben. Als aktuelles Beispiel hierfür könnte man Far Cry nennen, welches einen satten, tropischen Look bietet, mit Pflanzen in saftigstem Grün und leuchtend blauem Wasser. (Das ist aber natürlich nicht der einzige Grund, warum das Spiel auch auf dem US-Markt gut angenommen wurde.)

Bei der Gestaltung des Nutzerinterfaces ließen wir dem Team erstmal kreativen Freiraum. Unsere Grafiker arbeiteten unabhängig voneinander an vier verschiedenen Stilvorschlägen. Diese wurden dann prototypisch implementiert, damit wir uns einen genauen Eindruck von ihrer Wirkung machen konnten. Die Ansätze waren recht unterschiedlich, z.B. hatte eines der Interfaces ein 'steiniges' Aussehen. Letztendlich entschieden wir uns dann für das mit dem Rost-Look und bauten dann noch einige gute Ideen aus den anderen Entwürfen ein.

Das Resultat unserer Arbeit soll seinen Teil dazu beizutragen, daß The Fall dem Spieler eine fesselnde Atmosphäre bietet - ein Szenario, welches fremdartig aber dennoch glaubwürdig wirkt, vertraut und dennoch neu. Der Charme dessen läßt sich natürlich durch Screenshots nur beschränkt kommunizieren.

Wer selber noch Ideen für interessante Dinge hat, sollte einfach bei uns im Forum [http://www.silver-style.com/forum/] vorbeischauen und sich an den dieses Thema betreffenden Threads beteiligen. Sebastian hat ja auch bereits erwähnt, daß das Spiel auch Mod-Entwickler ansprechen wird, d.h. diese können dann beispielsweise eigene Texturen oder gar Objekte einbinden.

Ich hoffe, daß Euch dieser kleine Ausflug in den Gestaltungsbereich gefallen hat. Wie das alles dann 'live' aussieht, könnt Ihr dann wahrscheinlich sehr bald selber herausfinden!

(Jan Jordan; Silver Style Entertainment, Art Director)

  

Nachdem wir die Themen Regelwerk, Grafik und Technik abgehandelt haben, soll heute näher auf das Entwickeln der Quests eingegangen werden. Jedes Mal, wenn eine Idee für ein Quest umgesetzt werden soll, stellen wir uns anfangs die folgenden Fragen: Macht sie Sinn? Macht sie Sinn im Kontext dieses Spiels? Wirkt sie glaubwürdig? Ist sie in dieser oder ähnlicher Form vielleicht schon im Spiel vorhanden? Paßt sie zu den involvierten Charakteren?

The Fall: Entwickler-Tagebuch Teil 4: Quests & Missionen

Die Fragen nach Sinn und Glaubwürdigkeit sind fundamental Sie können den Unterschied zwischen interessanten oder langweiligen Aufgaben machen. Rollenspielfans kennen oft mit den sogenannten Fetch-Quests (oder Fed-Ex-Quests) einhergehenden Probleme. Bei diesen geht es immer darum, Nicht-Spielercharakteren (NSCs) irgendwelche Gegenstände zu beschaffen.

Sie haben bestellt?

Wir versuchen die Anzahl so klein wie möglich zu halten, aber es ist kaum möglich, ein größeres Rollenspiel zu erschaffen und dennoch jedwede Form von Fetch-Quest zu vermeiden. Das gute Einbetten in das Spielgeschehen kann aber aus einer sonst eher lästigen Pflicht eine motivierende Aufgabe machen. Ein häufiges Ärgernis läßt sich vielleicht mit einem (ausgedachten) Beispiel verdeutlichen:

Der Spieler trifft auf eine Figur, die (wahrscheinlich Tag wie Nacht) irgendwo mitten in der Einöde steht. Dieser bittet Euch nun, ihm doch einen speziellen Stein zu besorgen. Nach Erledigung dieser Aufgabe verschwindet der NSC oder bleibt einfach dastehen und sagt nichts weiter als "Danke."

Wir wissen nicht, wer eigentlich diese Person ist. Und warum steht er ausgerechnet mitten im Nirgendwo? Wozu braucht er diesen Stein? Alles in Allem ein sehr unbefriedigendes Erlebnis für uns. Man hat nicht wirklich das Gefühl, daß man irgendwie auf die Spielwelt eingewirkt hat. Und richtig sinnvoll erschien die Aufgabe auch nicht.

Der Gamedesigner hat die Aufgabe, diese und andere Fragen zu beantworten. Dafür zu sorgen, daß der Spieler sich einen zusammenhängenden Eindruck der Situation bilden kann. Das heißt jetzt aber beispielsweise nicht nur, daß man sich einen triftigen Grund dafür ausdenkt, daß ein NSC mitten in der Pampa verweilt. Man muß sich vorher fragen, ob es überhaupt Sinn macht, daß er da steht. Wenn es dort nichts zu erledigen gibt, die Person aber auch nicht in der Nähe lebt, dann würde logischerweise auch keine Veranlassung bestehen, sich da überhaupt rumzutreiben.

Bei NSCs, die man schon anderweitig kennengelernt hat, gilt es natürlich auch zu beachten, daß die jeweilige Aufgabenstellung zum Konzept dieses Charakters paßt. Der Spielwelt und die darin vorkommenden Akteure sollen schließlich glaubwürdig und kohärent wirken.

Außerdem ist es immer wichtig, daß der Spieler die Wahl hat. Und das hat er bei The Fall, denn für fast alle Quests gibt es mehr als einen Lösungsansatz. Zum einen spricht dies unterschiedliche Spielertypen an. Manche bevorzugen eher diplomatische Lösungen in Konfliktsituationen, andere hingegen können es kaum erwarten, ihre Waffen zu ziehen. Um zum anderen ist an sich schon das Gefühl, daß man eine Wahl hat, förderlich für den Spielspaß.

Wahlsonntag

Für uns Spieldesigner bedeutet das natürlich immer einiges an Arbeit. Schließlich müssen diese Alternativen erstmal erarbeitet und dann auch vollständig modelliert werden. Außerdem darf man nicht vergessen, die verschiedenen Konsequenzen für die Spielwelt zu berücksichtigen. Es macht schon einen Unterschied, ob man zum Beispiel einen NSC tötet oder ob er im alternativen Fall der Spielwelt erhalten bleibt.

  

Eine Frage, die man öfter zu hören bekommt: gibt's ein Zeitlimit im Spiel? Grundsätzlich nicht. Wir wollen, daß die Spieler The Fall in Ruhe genießen und erforschen können. Eine Zeitbegrenzung wäre da eher hinderlich. Es wird aber einige wenige Quests geben, bei denen die Zeit eine Rolle spielt. Diese sind aber eher die Ausnahme.

Außerdem gibt's noch eine gewisse Anzahl von Nebenquests, die man nur zu sehen bekommt, wenn man bestimmte Charaktere in seiner Party hat. Einer von jenen Aspekten, die zum Erforschen der Welt und zum mehrmaligen Durchspielen animieren sollen.

Natürlich wird es auch ein paar Begegnungen geben, die das Spiel etwas auflockern. Beispiel: die Party muß zur anderen Seite eines verminten Tals. Jetzt hat der Spieler die folgenden Optionen: die Minen entschärfen. Das setzt natürlich voraus, daß ein entsprechend ausgebildeter Sprengstoffexperte mit im Team ist. Man könnte auch probieren, nach den "Versuch&Irrtum"-Prinzip durch das Tal zu laufen und darauf hoffen, einen sicheren Pfad zu finden. Oder aber man erzählt diesem Kuhtreiber, der einem gerade über den Weg gelaufen ist, daß sich sein ihm kürzlich gestohlener Traktor auf der anderen Seite des Canyons befindet. Den will der gute Herr natürlich zurückhaben. Und da er seine Herde aus offensichtlichen Gründen nicht unbehütet zurücklassen will, treibt durch's Tal. Den Rest könnt Ihr Euch denken.

Kuhhandel

Das alles sind nur ein paar Aspekte, die beim Entwickeln eines Quests berücksichtigt werden müssen. Nun steht die Frage im Raum, wie eigentlich das Gesamtkonstrukt entsteht. Das Team der Spieldesigner besteht insgesamt aus fünf Leuten. Und jeder von ihnen zeichnet sich für mindestens eine Zone verantwortlich, die es dann inhaltlich auszustatten gilt.

Das Gesamtbild

Anfangs erhält ein Spieldesigner vom Lead-Designer folgende Vorgaben und Vorgaben: die Ausgangssituation. Wo in der Hauptgeschichte befinden wir uns gerade? Was ist das für ein Ort und gibt es irgendwelche Gruppierungen, die hier hausen? Warum ist der Spieler bzw. die Party in diese Zone gereist? Was ist das anzustrebende, übergeordnete Ziel, daß er hier erreichen will?

Generell ist es so, daß ein Quest erst mal in einem groben Diagramm illustriert wird, das eine kurze Beschreibung des Ablaufs enthält. Dieser Entwurf wird dann vom gesamten Team (der Spieldesigner) diskutiert und bewertet. So kann man schon frühzeitig erkennen, ob vielleicht zwei Leute an der gleichen Idee arbeiten, oder ob ein Quest vielleicht nicht den Gesamtkontext paßt. Ob es in Konflikt mit einer anderen Mission steht. Man kann dann auch beurteilen, welche Voraussetzungen noch zu schaffen sind.

Ausgehend von diesen Informationen wird zuerst der Hauptpfad (oder mehrere) entwickelt, der darlegt, wie der Spieler eben jenes Zonenziel erreicht. Danach beginnt dann schrittweise die Entwicklung der Sub-Quests in der Region.

Alle Quests werden ausführlich in Flußdiagrammen geschildert. So wird der Ablauf auch sofort für die anderen Designer ersichtlich. Es läßt sich außerdem leichter überprüfen, ob ein Aufgabe und der Lösungsablauf in sich konsistent ist. Und durch eine derartige Dokumentation, lassen sich viele potenzielle Fehler in der Spiellogik (logic bugs) schon im Vorfeld vermeiden.

Sobald ein Questvorschlag abgesegnet wurdet, fängt der Spieldesigner an diesen dann komplett auszuarbeiten. Dazu gehört auch die Beschreibung der NSCs, die irgendwie beteiligt sind und das Schreiben der Dialoge. Am Schluß wird alles noch mal vom Lead Designer überprüft und notfalls angepaßt. Da ich das Spiel immer in seiner Gesamtheit im Blick habe, ist es an mir, darauf zu achten, das alles einen schlüssigen Gesamteindruck ergibt. Das gilt gerade für die Dialoge. Wenn ein Charakter als vorlautes Großmaul angelegt ist, dann kann er nicht plötzlich in einer Zone anfangen, sich höflich und rücksichtsvoll auszudrücken. Und bestimmte sprachliche Merkmale, z.B. Dialekte oder Slang, müssen konsequent überall im Spiel vorhanden sein. Alles muß der ursprünglichen kreativen Vision gerecht werden.

Letztendlich könnte man die grobe Designprämisse so beschreiben: es geht uns um eine sinnvolle und glaubwürdige Einbettung der Quests in die Welt des Spiels. Was sicherlich eine Herausforderung ist, denn einerseits soll dem Spieler viel geboten werden, anderseits ist einem auch daran gelegen, ermüdende Aufgaben und Wiederholungen zu vermeiden. Sonst besteht die Gefahr, daß das Spiel nie durchgespielt wird. Jeder, der sich schon mal mit der Entwicklung von Inhalten für Rollenspiele beschäftigt hat, kennt diese Schwierigkeit. Zwei, drei, vier oder vielleicht fünf gute Quests kriegt man relativ flott hin. Hundert oder mehr Aufgaben ausarbeiten, die möglichst noch einfallsreich sein sollen, ist hingegen harte Arbeit!

Bleibt nur zu sagen...

Carsten Strehse (Silver Style Entertainment; Game-Designer & Geschäftsführer)

 

Genau wie die Quests und das Regelwerk gehört auch die Güte des Leveldesigns zu den wichtigen Zutaten, die darüber entscheiden, ob das Spielepotpourri dem Rollenspielfan letztendlich mundet oder nicht. Nun sollte man aber nicht davon ausgehen, daß sich der Level-Designer hinsetzt und versucht aus dem Nichts heraus ein Szenario zu entwickeln, 'bis es paßt'. Nein, das Entwerfen eines Bereichs erfordert wie so ziemlich alle Tätigkeiten einiges an Planung. Der Level-Designer tritt erst dann in Aktion, wenn die Spiel-Designer die entsprechenden Gestaltungsdokumente fertiggestellt haben. Diese beinhalten Informationen über die wichtigsten Fakten, besondere Objekte und die in der diesem Bereich vorkommenden Charaktere. Eine vom Spiel-Designer entwickelte Draufsichtkarte legt die Positionen dieser dar.

Teil 5: Leveldesign & Skripts

... schuf Gott Himmel und Erde; und die Erde war wüst und leer. Heißt es. So ungefähr kann man sich auch die frühen Phasen der Level-Entwicklung vorstellen. Denn bevor irgendwelche Objekte oder NPCs (Nichtspieler-Charaktere) platziert werden können, muß natürlich erstmal das Terrain erstellt werden. Verschiedene Vorgaben der Spiel-Designer sind zu beachten. Die Wahl der Grundtexturen hängt zum einem davon ab, wo die jeweilige Zone angesiedelt ist. So sind zum Beispiel weite Teile Arizonas durch die Red Rocks geprägt. Foto- oder Videomaterial können hier zusätzliche Quellen der Inspiration sein. Hinzu kommen noch spezielle Forderungen. Wenn ein Dorf laut Spiel-Designer auf einer Anhöhe gelegen sein soll, dann muß der Level-Designer natürlich auch dafür sorgen, daß es diese Anhöhe gibt.

Im Anfang...

Danach platzieren wir zunächst die markantesten Objekte und Orientierungspunkte: Häuser, Straßen und Wege. Diese sind in er Regel vom Spiel-Designer vorgegeben. Bei der Platzierung zusätzlicher und kleinerer Objekte sowie der Vegetation hingegen hat der Level-Designer freie Hand. In diesem Schritt wird die Zone optisch aufgewertet. Was einst leer war, wird nun gefüllt.

The rest is just details

Natürlich müssen wir auch hier die jeweilige Situation im Spiel und auch die dort angesiedelten Gruppierungen berücksichtigen. Bei einer kriegerischen Gang sollte alles etwas martialischer wirken als in einem normalen Dorf. Zu beachten sind auch die Tagesabläufe der NPCs. Wenn die Spiel-Designer einen Charakter, der Maschinen repariert oder Holz hackt, vorgesehen haben, sollten die entsprechenden Objekte seiner Tätigkeit (Wrack oder Hauklotz) auch in der Zone vorhanden sein.

Ähnliche Kriterien gelten auch für die Gestaltung der Innenraumaustattung. Außerdem muß jeder NPC auch einen Schlafplatz haben. Schließlich wollen die sich nachts auch irgendwo auf's Ohr hauen können.

Sobald die wesentlichen Aspekte einer Zone erstellt sind, fängt die Arbeit der Skriptprogrammierer an. Sie sind es, die den Level 'beleben'. So werden NPCs ihre Schlafplätze und Gegenstände ihrer Tätigkeiten zugewiesen. Und natürlich wollen spezielle Ereignisse und Zwischensequenzen umgesetzt werden. Da gibt es durchaus Rückmeldungen und Änderungswünsche an den Level-Designer. Mal ist es ein ungünstig platziertes Objekt, mal ist es ein Bereich, der Bestandteil einer Cutscene ist und optisch noch etwas aufgepeppt werden sollte.

Skriptakuläres

Items sind natürlich auch Teil der Levelgestaltung. Für deren Verteilung gibt es ein paar generelle Vorgaben. Eine gewisse Prozentzahl der Gegenstände sind Waffen, Essen usw. Und diese werden dann nochmals unterteilt, d.h. von den Waffen sind X Prozent leichtes, Y Prozenz mittleres und Z Prozent schweres Kaliber. Die optimale Verteilung erhält man durch ausgiebiges Testen und anschließendem Balancing.

Letztendlich wird schon während der Levelerstellung regelmäßig Rücksprache mit den Spiel-Designern gehalten. Dieser diskutieren und bewerten die Zone. Wenn nötig, werden Änderungen verlangt. Die Zone wird dann halt so lange angepaßt, bis es dem Team gefällt. Der Lead Designer ist dann derjenige, der die 'Schlußabnahme' durchführt.

Allgemein läßt sich sagen, daß es kein Geheimrezept für gutes Leveldesign gibt. Inspiration allein genügt nie, man muß auch willens sein, eine Menge Arbeit zu investieren. Dazu gehört ausreichendes Testen und auch die Fähigkeit, mal eine ursprünglich nette Idee fallen zu lassen, wenn sie sich als unpraktikabel herausstellt.

Jede Zone soll möglichst eine gewisse Einzigartigkeit austrahlen und einen Wiedererkennungswert besitzen. Dies kann durch spezielle Objekte/Bereiche, Anordnungen oder gar Grundthemen (z.B. Schiffsfriedhof) erreicht werden. Gleichzeitig haben wir aber auch immer darauf geachtet, daß kein Stilbruch begangen wird. Abwechslung mag anstrebenswert sein, man muß aber im Einklang mit den gewählten Grundthema bleiben. Und magische, über den Wolken fliegende Festungen würden nicht wirklich in ein post-apokalyptisches Szenario passen.

Auf 'Abwägen'

Je nach Umfang der Zone kann es 2-3 Wochen dauern, aus dem Entwurf auf dem Papier ein voll spielbares Gebiet zu entwicklen. Und wie bereits erwähnt, richtig fertig ist eine Zone eigentlich erst dann, wenn die finalen Tests abgeschlossen wurden. Und wer gern einmal eine Eindruck von diesem Arbeitsablauf haben möchte, kann dies relativ einfach tun. Die Tools, mit denen wir die Inhalte erstellt haben, werden wir nämlich der Community zu Verfügung stellen.

(Ronny Knauth; Silver Style Entertainment, Development Director)

Fangen wir mal mit dem Teil an, der in der Entwicklung erst ganz am Ende umgesetzt wird: die Sprachuntermalung. Und davon gibt's in The Fall eine ganze Menge. Über 180.000 Wörter verteilt auf hunderte von Nichtspielercharaktere (NSCs). Und jeder einzelne Monolog und Dialog möchte vertont werden. Ich finde es sehr wichtig, daß alle Charaktere unabhängig von ihrer Relevanz zu hören und nicht nur zu lesen sind. Denn ein Ansatz, bei nur ausgewählte Figuren gesprochen werden, läßt eine Spielwelt inkonsistent erscheinen. Und darunter würde letztendlich die Atmosphäre leiden.

Teil 6: Musik & Akustik

Nun haben wir schon mehrfach über die visuelle Wirkung von The Fall geredet. Wie aber ist eigentlich die akustische Untermalung?

Stimmgewaltig

Natürlich bedeutet eine Vertonung aller vorkommenden Charaktere einen höheren Planungs-, Zeit- und Kostenaufwand. Nach welchen Kriterien wird aber ausgewählt, wer welche Spielfigur spricht und wieviel Sprecher insgesamt benötigt werden? Nun, professionelle Synchronsprecher sind in der Lage bis zu fünf Charaktere stimmlich (unterschiedlich) darzustellen. Bei sehr erfahrenen können das sogar 10-15 verschiedene Sprechweisen/Stimmlagen sein.

Zuerst werden alle Charaktere analysiert und der Priorität nach klassifiziert. Charaktere mit höchster Prioritätsstufe sind solche, die zentral sind (z.B. Partymitglieder) oder Figuren, die man zwar seltener antrifft, die aber sehr wichtig sind. Für diese nimmt man gewöhnlicherweise bekannte Synchronsprecher, deren Stimmen den Spielern aus Radio, Film bzw. Fernsehen vertraut sein dürften. Und diese leihen dann jeweils nur einem einzigen Charakter ihre Stimme. Andere Sprecher hingegen übernehmen durchaus mehrere Rollen. Es wäre schließlich kaum möglich und wirtschaftlich für jeden einzelnen Charakter - auch wenn er eher unwichtig ist und kaum Text hat - einen individuellen Akteur zu verpflichten. Auch so sind schon 84 Sprecher an der Vertonung der Texte beteiligt gewesen.

Wie bereits erwähnt, die Sprachaufnahmen finden erst in der letzten Phase der Entwicklung statt. Denn erst dann sind auch wirklich alle Dialoge bis ins letzte Detail ausformuliert und final abgesegnet. Und da im Verlauf der Entwicklung oftmals hier und da kleinere Änderungen vorgenommen werden, macht es keine Sinn, die Aufnahme früher hinter sich zu bringen. Man stelle sich nur den Aufwand vor, den eine nachträgliche Modifizierung eines Textes dann verursachen würde.

Bei der Auswahl der Soundeffekte sind wir ebenfalls sorgfältig vorgegangen. So wollten wir zum Beispiel, daß alle Waffen im Spiel realistisch klingen. Also galt es, ein Studio zu finden, das die Originalsounds aller bei uns im Spiel vorkommenden und auf echten Modellen basierenden Waffen vorrätig hatte.

   

Pat Conroy sagte einmal, daß das Leben ohne Musik eine Reise durch die Wüste sei. Eine Reise durch die Wüste hingegen muß aber nicht ohne Musik sein. Aber welcher melodische Untermalung paßt denn zum Beispiel zu einem Marsch durch das heiße Ödland? Wie 'klingt' ein postapokalyptisches Szenario?

Musik liegt in der Luft

Viele denken oft, daß man schon, während man die ersten Konzepte zum Spiel ausarbeitet, bereits eine Vorstellung davon hat, wie sich das fertige Produkt anhören wird. In der Regel ist es aber eher so, daß sich dererlei Ideen erst herauskritallisieren, wenn der Titel schon eine ganze Weile in der Mache ist. Erst wenn der 'Look' ausgeprägt ist, wenn man durch die ersten Level spazieren kann, erschließt sich einem, wie das (musikalische) 'Feel' gestaltet werden könnte.

Die endgültige Entscheidung habe ich natürlich nicht allein getroffen. Die Meinung und Expertise des Komponisten spielt eine wesentliche Rolle. Mit jahrelanger Erfahrung in diesem Bereich läßt sich sicherlich besser erkennen, inwieweit eine Stilrichtung stimmig ist und paßt. Und für The Fall haben wir uns auf Dark-Ethno festgelegt.

Bei der Gestaltung des Soundtracks muß man eine Gratwanderung meistern. Die Musik, die der Spieler zu hören bekommt, muß prägnant sein und eine spezielle Stimmung treffen. Gleichzeitig darf sie aber nicht zu dominant sein, da sie einem sonst nach einiger Zeit (und Wiederholung) auf die Nerven geht. Sie sollte gut in das Geschehen und die Orte integriert sein, nicht aber so belanglos im Hintergrund laufen, daß es keinen Unterschied macht. ob man mit oder ohne sie spielt. Ambiente eben.

Je nach Spielsituation gibt es aber natürlich auch dramatische oder traurige Musikstücke. Und manches läßt sich dann doch am besten mit klassichen Instrumenten vermitteln. Der Trick ist jedoch, daß dennoch auch hier Dark-Ethno-Elemente verwendet werden. So fallen auch diese Stücke nicht stilmäßig aus dem Rahmen. Einige Samples gibt es bei uns auf der Homepage zum Reinhören.

Wir verwenden übrigens WAV bzw. Ogg-Vorbis für unsere Soundeffekte und Musiken. Und diese sind durch Skripte eingebunden, die dem Spieler zugänglich sind - nicht 'hardcoded'. Aber über das Thema Modentwicklung reden wir ein anderes Mal.

Carsten Strehse (Silver Style Entertainment; Game-Designer & Geschäftsführer)

     

Mods sind ein gleich in doppelter Hinsicht wichtiges Thema. Zum einen wird die Verweildauer eines Titels auf der Festplatte verlängert, weil man immer noch von der Community erstellte Inhalte spielen kann, wenn man das eigentliche Spiel schon bis in den letzten Winkel erkundet hat. Zum anderen kann sich der Spieler auch selbst kreativ verwirklichen, neue Levels erschaffen oder gar das Regelwerk ändern, falls er eigene Ideen haben sollte.

Teil 7: Mods & Skripts

Und so ist auch der Mod-Aspekt schon von Anfang an bei der Entwicklung mit berücksichtigt worden, schließlich hatten wir schon bei Soldiers of Anarchy gute Erfahrungen damit gemacht. Das heißt zum Beispiel, daß fast alle für die Spielmechanik relevanten Daten leicht zugänglich sind. Egal, ob es Waffeneigenschaften, Szenenskripts oder Schadensberechnungen sind - mehr als ein simpler Texteditor ist nicht nötig, um sich das anzuschauen. Oder gar zu verändern. Das gleiche gilt auch für den Leveleditor. Dieses Werkzeug ist sehr vielseitig und mächtig - schließlich haben wir den ja auch selbst in der Entwicklung benutzt - , ist aber dennoch sehr einfach und intuitiv zu bedienen.

Man fängt auf einer flachen, leeren Fläche an. Nun kann man dem Terrain Profil verleihen, in dem man eine Heighmap importiert. Dabei handelt es sich um ein Grauwertbild (Greyscale), welches die Information über das Höhenprofil der Landschaft beinhaltet. Je dunkler ein Farbton ist, desto tiefer ist die entsprechende Stelle auf der Karte. Wer will, kann gerne ausprobieren, wie gut sich das neueste Familienfoto als Landschaftsgestaltung macht.

Levels hausgemacht

Gewünschte Objekte sucht man sich einfach aus einem Menü auf auf der linken Seite aus. Der Übersichtlichkeit halber sind sie natürlich in verschiedene Klassen eingeordnet. Wenn jemand als einen Stuhl sucht, muß er einfach bei der Inneneinrichtung nachgucken, anstatt die komplette Liste durchzuscrollen. Auf der Karte wird er dann mit einem einfachen Mausklick platziert. Je nach Art des gerade bearbeiteten Gegenstandes, bieten sich dem Spieler verschiedene Optionen, diesen zu manipulieren. Sei es nun das Drehen, Skalieren, Verschieben eines Objekts oder einer Textur, diese Operationen werden durch einen einfachen Klick und das Bewegen der Maus umgesetzt.

Der Editor benutzt übrigens die gleiche Engine wie das Spiel, um die Landschaft zu rendern. Das wiederum heißt, daß man während der Erstellung des Levels sehen kann, wie das ganze letztendlich im Spiel rüberkommen wird. Das spart Zeit, die der Leveldesigner sonst damit verbringen würde, eine Karte entsprechend zu kompilieren und speichern. Um sich dann erst im Spiel angucken zu können, ob der Schattenwurf möglicherweise ungünstig ist oder ob eine Textur nicht richtig paßt.

Alles leichter gesagt als getan? Mögen jetzt manche denken. Wenn ich mir den Editor so anschaue, möchte ich fast behaupten, daß es umgekehrt ist. Einfach mal ausprobieren, denn den The Fall kommt gleich inklusive Editor in den Handel.

 

Nun haben wir eine Zone erstellt. Um diese aber mit Leben zu füllen, bedarf es der Anwendung einiger Skripte. Wie bereits erwähnt, unsere Skripte sind in Klartextformat vorhanden und können mit einem beliebigen Texteditor Eurer Wahl angeschaut werden. Dem ein oder anderen wird das, was er dann zu sehen bekommt, vertraut erscheinen. Wir verwenden nämlich Python, da sich diese Sprache sich für unsere Bedürfnisse gut eignet.

Schlangenkunde

Das Einbinden eigener Texturen oder Sounds gelingt aber auch schon ohne jegliche Programmiererfahrung. Dazu braucht man lediglich vorhandene Daten durch eigene zu ersetzen. Und das wiederum ist kein großes Problem, da wir auf leicht zugängliche Datenformate setzen. Bei den Grafiken sind das die PNG- und TGA-Formate, im Audiobereich verwenden wir WAV für Effekte und Ogg-Vorbis für Musik. Im Internet gibt es eine ausreichende Anzahl von kostenlosen oder günstigen Tools, um diese Daten zu erzeugen bzw. um andere Formate in die benötigten umzuwandeln.

Wer neue Inhalte einbinden will anstatt nur alte zu ersetzen, wird aber nicht ganz darum herumkommen, sich näher mit den Skripten zu beschäftigen. Aber auch hier gilt: man muß wirklich kein Vollprofi sein, um zu ersten Ergebnissen zu kommen. Anfangs reicht es ja, wenn man mit den vorhandenen Skripten rumexperimentiert und schaut, was die Veränderungen bewirken. Das Modifizieren von Dialogen, Cutscenes, Teilen des Regelwerks oder Objekteigenschaften kriegt man auch ohne langjährige Programmiererfahrung hin.

Und da man schlecht in Python-Tutorial in 2-3 Absätze abliefern kann, gebe ich einfach mal ein kurzes Beispiel, daß zeigt, wie Waffenattribute verändert werden können. (Wer sich tiefergehend mit Python beschäftigen will, wird sowohl im Netz als auch im Fachbuchhandel sehr schnell fündig.)

Zusätzlich werden wir auch auch Tutorials bereitstellen, die Hilfestellung geben und die wichtigen Fragen, die ein ambitionierter Mod-Entwickler so haben könnte, beantworten. Und zuguterletzt werden wir natürlich auch persönlich die Community unterstützen, Ratschläge geben oder spezielle Problemlösungen bereitstellen.

So sieht die Beschreibung einer MP5 in Skriptform aus:

CreateWeaponType(typeid='SET_MP5')

object.SetAttributes( 'SET_MP5',

name = globaltext.SET_MP5_NAME,

hint = globaltext.SET_MP5_HINT,

resourceui = 'RES_ITEM65X32_WEAPON_MP5',

resource3d = 'RES3D_MP5',

value = 15.00,

weight = 2.5,

stacking = 1,

minimale_feuerreichweite = 0,

maximale_feuerreichweite = 30,

salvenlaenge = 3,

feuergeschwindigkeit = 800.00,

genauigkeit = 0.9,

kampfwert_air = 0.00,

kampfwert_armoured = 150.00,

kampfwert_infantry = 150.00,

munitionsarten = ['SET_AMMOPACK_9_MM','SET_AMMOPACK_9_MM_DUMDUM','SET_AMMOPACK_9_MM_SUBSONIC','SET_AMMOPACK_9_MM_SUBSONIC_DUMDUM'],

fire_animation = FPA_SHOULDER_VOLLEY,

weapon_type = "leicht",

magazingroesse = 30.0,

hoerweite = 40.0,

schusspausenzeit = 1.0,

genauigkeit_bewegte_ziele = 0.7,

blockadewahrscheinlichkeit = 5.0,

occupied_slots = ["left_hand","right_hand"],

effects = {

"sound_shot" : "burst_mp5",

"sound_unload" : "smg_discharge",

"sound_gunjam" : "smg_gunjam",

"sound_reload" : "smg_charge",

"flash_type" : 1,

"flash_size" : 0.5,

"stream_type" : 1,

"stream_size" : 0.25,

"fade_out" : 50} )

Um jetzt das Gewicht von 2.5kg auf 0.1kg herabzusetzen, genügt die folgende Anweisung:

object.SetAttribute( 'SET_MP5', 'weight', 0.1 )

Genauso einfach geht die Modifikation anderer Waffeneigenschaften vonstatten. Die Variablennamen sind so gewählt, daß schnell ersichtlich ist, welche Funktion ein Attribut hat.

Sebastian Tusk (Silver Style Entertainment; Technical Director)

   

Das heißt natürlich nicht, daß nur in diesem Zeitraum nach Bugs gesucht wird. Schon ein halbes Jahr vorher wurde begonnen, die einzelnen Komponenten zu prüfen. Später wird dann kontrolliert, ob diese Teile auch wie geplant zusammenarbeiten. Denn auch wenn einzelne Module fehlerfrei laufen, können im integrierten System Fehler auftauchen.

Teil 8: Qualitätskontrolle

Die letzten Wochen vor dem 'güldenen' Datum werden durch dreierlei Dinge dominiert: testen, testen und - Überraschung - nochmals testen.

Testosteron

Wie laufen die Tests ab? Sitzen wir den lieben langen Tag da und spielen The Fall? Mitnichten. Das hängt immer davon ab, was eigentlich genau überprüft werden soll. Wenn man zum Beispiel sicherstellen will, daß alle Dialoge wie vorgesehen vonstatten gehen

, daß die Entscheidungsbäume richtig funktionieren, wäre es etwas umständlich, wenn man dafür immer das Spiel starten und zur entsprechenden Szene springen müßte. Deswegen haben wir uns ein Tool geschrieben, mit dem man eben jedes Gespräch seiner Wahl anschauen und durchprobieren kann. Und das Korrekturlesen findet natürlich auch nicht im Spiel statt.

Gleiches gilt für das frühe Testen des Kampfsystems, wo wir ein spezielles Programm verwendeten, daß es uns erlaubt den Kampfablauf zu simulieren, ohne das eigentliche Spiel laufen zu haben. Das Betrachten von Zahlen mag nicht sehr aufregend klingen, ermöglichte uns aber schon frühzeitig Rückschlüsse und Hinweise auf die Balancierung des Regelwerks. Außerdem konnte man so schnell Änderungen oder beispielsweise neue Waffen überprüfen, bevor die entsprechenden Animationen oder Modelle verfügbar waren.

Beim Testen waren vier Gruppen involviert. Zuerst einmal natürlich wir selbst. Schon beim Entwickeln werden Bugs gefunden und korregiert. Und wenn einer gerade etwas Zeit übrig hat, dann hilft er jemand anderem, frisch implementierte Inhalte zu kontrollieren.

Die Stiftung Spieletest

Weiterhin haben wir eine Firma beauftragt, die auf das Testen von Software spezialisiert ist. Hier geht es weniger darum, den Inhalt zu kontrollieren, sondern zu sehen, wie das Spiel auf verschiedenen Systemen läuft. Natürlich lassen wir auch intern das Spiel auf verschiedenen gängigen Konfigurationen laufen. Das Ausprobieren aller denkbaren Hardwarekombinationen würde aber unsere Möglichkeiten sowohl in technisch auch als auch in finanziell machbarer Hinsicht übersteigen. Es gibt schließlich hunderte verschiedene Hardwareanbieter. Und für jedes einzelne Gerät gibt es wiederum diverse Treiberversionen, die es zu berücksichten gilt. Und manche von ihnen stehen notorisch in Konflikt mit anderen. Das sollte Euch eine grobe Vorstellung vom Umfang dieser Testproblematik geben. Da ist es unumgänglich, daß man einen Testspezialisten miteinbezieht.

Zum Zweiten wären da externe Tester, mit denen wir fest zusammenarbeiten. Diese verfügen über einige Erfahrung in diesem Bereich und wissen, welche Spielsituationen besonders fehleranfällig sein könnten und wie man systematisch spielt bzw. testet.

Zuguterletzt haben wir den Mitgliedern aus der Community und anderen die Möglichkeit gegeben, das Spiel mal über ein Wochenende bei uns in der Firma anzuspielen. Die Teilnehmer wurden allerdings nicht instruiert, das Spiel zu testen. Sie sollten es einfach spielen. Auch auf diesem Wege wird man fündig. Außerdem ist es sehr interessant zu sehen, mit welchen Herangehensweisen manche Quests gelöst werden. Von den Designern nicht bedachte Lösungsmöglichkeiten können unter Umständen kritisch sein. Oder einen Ansporn darstellen.

 Natürlich waren wir auch sehr an ihrer generellen Meinung zum Spiel interessiert. Zum einen konnten wir ja das direkte Feedback sehen, während The Fall gespielt wird. Zum anderen mußten die Spieler einen Evaluationsbogen ausfüllen, in dem sie ihr Fazit niederschrieben und einzelne Aspekte bewerteten. Sicherlich waren hier Leute aus Berlin und Umgebung im Vorteil. Es gab aber auch jemanden, der extra den ganzen Weg von Dresden zu uns gefahren ist, um diese Möglichkeit wahrzunehmen.

Zum Schluß mal ein paar der typischen Dinge, denen die Tester auf die Schliche gekommen sind. So gibt es zum Beispiel eine Stellung, die von schwer bewaffneten Soldaten bewacht wird. Ganz einfach mit Links umlegen kann man die kaum. Ein Tester kam auf die Idee, sich von hinten an einen von ihnen heranzuschleichen und unbemerkt die von ihm getragene Kanone zu entwenden. Diese benutzte er wiederum, um dann das Problem 'Wachen' zu lösen. Nun ist eigentlich nichts gegen das Klauen (im Spiel!) einzuwenden. Aber einem Gegner seine aktuell verwendete Waffe zu stehlen, ohne daß der es mitbekommt - das sollte dann doch nicht möglich sein.

Dreiste Diebe, Haustiere und eine wahrhaft mörderische Gang

In einem anderen Fall stellten wir fest, daß die Kreaturen im Spiel etwas zu anhänglich waren. Manche Tiere folgten einem mitten rein in ein Dorf. Und so stand dann plötzlich ein Reh im Händlerraum. Kein Fall von Tollwut, sondern schlichtweg zu großzügig bemessene Bewegungsspielräume. Mitten in den Wastelands kann man von wilden Tieren angegriffen werden, es erschien uns aber unrealistisch, daß diese dann einem einfach blind in eine voll bewohnte Siedlung, und damit in höchste Gefahr, hinterherliefen.

Und dann war da noch diese gefährliche Gang, die sich plötzlich selbst auslöschte, weil die Mitglieder dank eines Scriptingfehlers einander als Feinde, den Spieler aber als Freund betrachteten. Oder falsch ausgerichtete Fahrzeuge, die in Cutscenes auf dem Dach oder quer über dem Boden liegend 'umherfuhren'. Ab und zu kam es auch vor, daß getötete Feinde fast vollständig im Boden versanken. Der Schatten war aber immer noch zu sehen. Spaßeshalber überlegten wir, aus dem Bug ein Feature zu machen und jedem 'Grab' automatisch ein Totenkreuz zu spendieren.

Der Schatten im Boden....Grab oder Bug?

So erlebt man durchaus lustige Momente. Dennoch ist das Testen (für uns) nicht nur Unterhaltung, sondern Arbeit, die Geduld und Ausdauer verlangt. Von denen, die sich den Kopf darüber zerbrechen dürfen, wie ein gefundener Fehler behoben werden kann.

Und von denen, die ein und dieselbe Zone oder Situation immer wieder spielen müssen, um verschiedene Konstellationen durchzuprobieren oder herauszufinden, ob sich ein eben aufgetretener Bug reproduzieren läßt und was die Ursache dafür war.

Adrian Kästorf (Silver Style Entertainment; Testkoordinator)