Frauen über Spiele - Special, Sonstiges, Spielkultur

Frauen über Spiele
06.09.2005, Helga Maria Kofler

Special: Frauen über Spiele

Vor kurzem im Computerspiel-Großmarkt: vor mir türmen sich Schachteln mit neuen Games, prangt eine lebensgroße Batman-Figur, balgen sich Jungs vor Xbox-Konsolen. Da zieht eine andere Box mein Augenmerk auf sich: klein, handlich, quadratisch und… pink. Sehr pink sogar. Und wem die Farbe nicht sofort ins Auge sticht, für den wird es in Blümchenschrift noch mal erklärt: Pink! Einen Moment lang zaudere ich, was das sein soll, danach verrät es der Stapel der daneben liegenden, silberfarbigen Boxen mit aussagekräftigerer Aufschrift: ein GameBoy Advanced, offensichtlich ganz auf die weibliche Zielgruppe getrimmt. Mit Grausen zupfe ich meinen Freund am Ärmel: "Schau dir das mal an, da ist ja kein Wunder, dass Frauen nicht spielen wollen." (Bei Amazon kann man das Unding übrigens stilecht zusammen mit dem Spiel "Mein Reiterhof" erwerben: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/B0002X4T5C/qid=1122276030/sr=8-2/ref=pd_ka_2/028-2608353-4203757 )

Wir sind die Zielgruppe!

Weibliche Produkte in einer männerorientierten Branche.


Ein Gastbeitrag von Helga Maria Kofler (Studentin der Kunstgeschichte)

Ja, Frauen und Mädels sind eine Zielgruppe. Sie machen doch tatsächlich so um die 50% der Bevölkerung aus und doch kommen ganz sicher nicht 50% der Einnahmen von Spielefirmen aus Frauenbrieftaschen, wenn man mal von den Geschenken absieht, die sie für Söhne, Brüder und Freunde besorgen. Klar, sagen Marketingstrategen, Computerspiele sind auch von Männern für Männer entwickelt, da werden weibliche Bedürfnisse übergangen. Und kommen zu dem noch fataleren Schluss, dass man spezielle Mädchenprodukte entwickeln muss, um die weibliche Zielgruppe, noch bevor sie vernünftig und erwachsen wird, vor den Spielebildschirm zu locken. Gameboy? Da stellt sich eine Frau doch was ganz anderes darunter vor. Dann schon lieber Pink, das mögen alle barbiekonditionierten weiblichen Kinder. Und wenigstens werden ihre Brüder dieses Spielzeug niemals stundenlang besetzen, davon lassen Jungs garantiert die Finger.

Mag ja sein, dass man kleine Mädchen mit rosa Verpackungen, spindeldürren Anziehpuppen und knuddelligen Pferdchen zum Spielen bewegen kann. Aber wirklich nur ganz kleine Mädchen. Spätestens im Volksschulalter wird Barbie von der Festplatte fliegen und die Sims installiert werden. Oder die Siedler. Oder Unreal Tournament. Natürlich nur, wenn das Mädel am Spielen Gefallen gefunden hat. Ansonsten war die ganze zuckersüße Köderung sowieso umsonst. Aber bei der nachfolgenden Generation, die von klein auf mit dem PC im Kinderzimmer aufgewachsen ist, würde ich mir ohnehin keine Sorgen um den Frauenanteil machen. Je mehr der Computer zum Leben dazugehört, desto mehr kommt eine Generation nach, für die der Umgang mit ihm selbstverständlich ist und desto mehr weibliche Wesen werden anfangen, Computerspiele zu zocken, weil sie das von klein auf so kennen.

Also liebe Computerspielhersteller, seid einfach ein wenig geduldig und kommt jetzt bloß nicht auf den Gedanken auch Spiele speziell für die erwachsene weibliche Zielgruppe zu entwickeln. Bitte kein Half-Life homme und Half-Life femme. Zweiteres mit einer weiblichen Hauptfigur, riesengroßen Pfeilen, die zeigen wo frau hin muss und Diskussionsfunktion. "Ich möchte dir wirklich nicht wehtun, aber du bist gerade dabei, auf der Erde großen Schaden anzurichten." "Oh, wirklich. Das war mir nicht bewusst. Hier, ich lege meine Waffe hin und gehe wieder zurück in meinen Schrebergarten. Ich bin froh, dass wir darüber gesprochen haben."

Ich gebe ja zu, dass ich mich bei meinem ersten Strategiespiel auch typisch "weiblich" verhalten habe. Ich baue ein schmuckes Dörfchen, schraube meine Warenproduktion in die Höhe, forsche an Universitäten und mache alles, um meine kleinen Menschlein glücklich und zufrieden zu machen… da kommt der Gegner und brennt meine Stadt nieder. Dreimal. Danach hab ich es deinstalliert. Aber so was passiert einem aufgrund mangelnder Erfahrung. Und so was passiert einem auch nur einmal. Als ich anfing, Age of Mythology zu spielen, ging ich ein wenig taktischer an die Sache heran, baute Verteidigungstürme und eine Armee und kein Gegner fiel mehr ungestraft in meine Ländereien ein.

Vieles, was uns weiblichen Spielern als typisch weiblich nachgesagt wird, nämlich dass wir weder mit Spielstress noch mit virtueller Gewalt noch mit weitläufigen Arealen umgehen können, liegt schlicht und einfach daran, dass wir das nie geübt haben. Oder zockt jemand sein allererstes Spiel gleich auf der höchsten Schwierigkeitsstufe? Wir brauchen Übung, so wie männliche Spieler auch und nicht jemand, der uns gleich sagt, dass wir das eh nicht können, weil das auf die männliche Psyche zugeschnitten ist. Und die Empfehlung für die Spieleentwickler: macht einfach Spiele, die gut für Männer sind, mit denen sind auch wir Frauen bestens bedient. Na ja, vielleicht halt nicht auf jedem Ladebildschirm eine halbnackte Polygonschönheit. Obwohl, gegen knapp bekleidete Kriegerinnen, die Orks gehörig eins aufs Maul geben hab ich nichts. Höchstens gegen dumme Tussis mit zwei hervorstechenden Talenten, die gerettet und beeindruckt werden wollen. Aber richtig gute Spiele haben so was eh nicht nötig, oder?