PlayTV - Special, Sonstiges, PlayStation3

PlayTV
17.09.2008, Michael Krosta

Special: PlayTV

Für Sony war die PlayStation 3 von Anfang an mehr als nur eine Videospielkonsole: Mit Abspielfunktionen für DVD- und Blu-ray-Filme, den mittlerweile wegrationalisierten Kartenlesern sowie der einfachen Anbindung an Server war das Ziel ganz klar, das Gerät als Multimedia-Zentrum im Wohnzimmer zu positionieren. Mit PlayTV geht man jetzt den nächsten Schritt: Die PlayStation 3 wird zum Empfänger und Festplattenrekorder für digitale TV-Programme! Lohnt sich die Investition?

Wer eine Astra-Schüssel an der Hauswand hängen hat oder sich durch die Kanäle des Kabelnetzwerks zappt, der weiß: Es gibt verdammt viele Fernsehsender da draußen! Verbindet ihr die kleine, unscheinbare und leicht billig wirkende Plastikbox von PlayTV aber über ein Antennenkabel mit einem Satelliten-Receiver oder der Kabelbuchse, macht sich zunächst Enttäuschung breit - der Bildschirm bleibt schwarz! Warum? Weil der integrierte Tuner lediglich die Signale von DVB-T (Digital Video Broadcasting - Terrestrial) empfängt. Eine entsprechende Antenne ist leider nicht im Lieferumfang enthalten, also

Leider lässt die Programmauswahl in Deutschland in vielen Regionen noch zu wünschen übrig.
müsst ihr euch diese separat zulegen. Aktive DVB-T-Antennen bekommt ihr allerdings schon ab knapp 20 Euro bei den Elektronikketten eures Vertrauens. Leider bringt die Einschränkung des Tuners auf den DVB-T-Standard aber einige Nachteile mit sich: Zum einen bekommt ihr hier trotz digitaler Ausstrahlung je nach Antenne und Empfangsqualität ein qualitativ eher durchwachsenes Bild, das aufgrund von Artefakten (Klötzchenbildung) und starker Anfälligkeit für Störungen selbst dem normalen Kabelfernsehen in vielerlei Hinsicht unterlegen scheint. Auf der anderen Seite verfügen manche Kanäle offensichtlich über eine hohe Bandbreite und bieten herrlich scharfe, kontrastreiche Bilder, die direkt von der DVD kommen könnten. Allerdings hält sich insgesamt die Senderauswahl in Grenzen, die bei DVB-T von den öffentlich-rechtlichen Programmen dominiert wird. Braucht man denn wirklich zig Varianten von Sendern wie z.B. NDR, obwohl eh alle die gleichen Inhalte zeigen? Wenigstens sind im Raum Hamburg mit Pro 7, Sat 1, RTL, RTL II, VOX, Eurosport und sogar Kabel 1 auch die wichtigsten Privatsender vertreten, doch wer sich auf MTV, VIVA oder andere Musikprogramme in digitaler Form gefreut hat, wird im Norden (bisher noch) enttäuscht - auch Exoten wie DMAX oder Das Vierte sucht ihr hier vergeblich. In anderen Regionen kann es dagegen schon wieder ganz anders aussehen und hier liegt ein weiteres Problem: Es gibt keine einheitliche Programmauswahl! Während ihr euch im Raum Köln auch VIVA oder CNN ansehen könnt, beschränkt sich z.B. das Angebot in Sachsen-Anhalt praktisch nur auf öffentlich-rechtliche sowie regionale Sender. Ärgerlich ist zudem, dass längst nicht alle Sendungen im 16:9-Format ausgestrahlt werden. Vor allem bei einigen Kinofilmen musste ich mir an den Kopf fassen, als das Bild nicht nur oben und unten, sondern auch an beiden Seiten durch dicke schwarze Balken umrandet wurde und damit nur einen relativ kleinen Ausschnitt bot. Zwar könnt ihr hier mit der integrierten Zoom-Funktion entgegen wirken, aber die Fernsehzukunft stellt man sich schon etwas anders vor. In diesem Zusammenhang ist auch die Flächenabdeckung von DVB-T in Deutschland ein Thema: Zwar ist in den meisten Großstädten
Dieser kleine, unscheinbare Kasten macht es möglich und verwandelt eure PS3 zusammen mit einer DVB-T-Antenne in einen Festplattenrekorder!
sowie der näheren Umgebung der Empfang mittlerweile gewährleistet, doch schauen Bewohner ländlicher Regionen nach wie vor gezwungenermaßen analog und damit in Sachen PlayTV in die Röhre.

Eingeschränkte Vielfalt

Die Einrichtung ist ein Kinderspiel: Zunächst installiert ihr die mitgelieferte Software einmalig auf der Festplatte und schaut euch dabei ein Tutorialvideo an, das euch die Funktionen von PlayTV vorstellt - danach wird die Disc nicht mehr benötigt. Im Anschluss findet ihr in der Cross Media-Bar zwischen den Feldern "Video" und "Spiele" einen neuen Menüpunkt, der - Überraschung - auf den Namen "PlayTV" hört. Startet ihr anschließend das Programm und habt die Box sowohl mit einer DVB-T-Antenne als auch mit dem mitgelieferten USB-Kabel mit der PS3 verbunden, steht zunächst die Sendersuche an. Sind alle wichtigen Frequenzen aufgespürt und die Kanäle automatisch eingerichtet, findet ihr euch im Hauptmenü wieder. Wollt ihr euch nur durch die Kanäle zappen, ist der Menüpunkt "Live TV" eure erste Wahl. Dabei funktioniert das Umschalten erfreulich schnell, wenn man es mit den lahmen Reaktionszeiten mancher Satelliten-Receiver vergleicht. Außerdem informiert euch eine Leiste darüber, was aktuell auf dem Sender läuft, wie lange die aktuelle Sendung noch läuft und was im Anschluss folgt. Wollt ihr mehr Informationen, öffnet ihr auf Knopfdruck eine elektronische Programmzeitschrift, mit der ihr euch einen Gesamtüberblick über alle Kanäle verschaffen könnt - und das nicht nur für den jeweiligen Tag, sondern auch die komplette Woche. Damit ihr euch nicht unnötig mit Programmen beschäftigt, die euch eh nicht interessieren, habt ihr außerdem die Möglichkeit, eure Lieblingssender in einer Favoritenliste zu speichern, so dass ihr nicht nur beim Zappen, sondern auch bei der Programmzeitschrift persönlich unwichtige Anbieter herausfiltert.          

Kinderleichte Einrichtung

Der EPG (Electronic Program Guide) ist außerdem eure erste Anlaufstation, wenn es darum geht, die Aufnahmen zu planen. Zwar dürft ihr auch spontan den Record-Knopf drücken, doch wer bereits im Vorfeld seine Wunschaufnahmen festlegen will, wühlt sich zunächst durch das Programmangebot oder bemüht die integrierte Suchfunktion, die entsprechende Sendung zu finden - sei es durch die Volltextsuche oder durch die Hilfe von Filtern, mit denen ihr z.B. nur bestimmte Sender durchsucht. Mit nur einem Klick wandern die ausgewählten Filme, Serien, Dokus oder was auch immer in den Aufnahmeplaner, in dem ihr

Die Anzeige informiert euch beim Live TV-Betrieb über die aktuelle Sendung sowie Ausstrahlungen, die im Anschluss erfolgen.
euch eine Übersicht über anstehende Sessions anfertigen könnt. Um auf Nummer sicher zu gehen und nichts zu verpassen, dürft ihr sogar den Start sowie das Ende der Aufnahme manuell vor- bzw. nach hinten verlegen oder VPS aktivieren. Seid ihr beim Programmstart nicht zu Hause oder sitzt gerade nicht an der PS3, ist das auch kein Problem: Lasst ihr die Konsole auf Standby, schaltet sie sich pünktlich ein und nach der Aufnahme auch wieder automatisch ab. Serien-Junkies freuen sich zudem über die Funktion, regelmäßige Aufzeichnungen zu programmieren. Dabei dürft ihr festlegen, ob täglich oder wöchentlich zu bestimmten Zeiten aufgenommen werden soll - selbst die Anzahl der Wochen und Tage darf festgelegt werden. Eines braucht ihr dabei auf jeden Fall: Platz auf der Festplatte! Pro Minute fallen gut 20 MB an - entsprechend wird die Platte bei kompletten Filmen (im schlimmsten Fall mit Werbung) schnell voll. Leider habt ihr keine Möglichkeit, die Qualität der Aufnahme im Vorfeld anzupassen und dadurch Platz zu sparen. Vor allem bei dem mittlerweile ausrangierten 40 GB-Modell dürfte es schnell eng werden, zieht man die üblichen Installationen von Spielen in Betracht, die meist bei vier GB pro Titel liegen. Die erforderlichen Datenmengen dürfen weiter zunehmen, sobald die Software in der Lage ist, auch HD-Videos aufzunehmen. Das ist bisher noch nicht der Fall, soll aber laut Entwicklern per Patch nachgereicht werden. Zusätzlich würde ich mir eine Funktion wünschen, mit der man die Aufnahmen im Nachhinein
Mit der elektronischen Programmzeitschrift verschafft ihr euch einen Überblick, was auf den Sendern läuft.
zumindest oberflächlich bearbeiten kann. Selbst ältere Festplattenrekorder bieten die Möglichkeit, sich die Clips zurechtzuschneiden und dadurch Werbung oder unnötige Szenen zu entfernen. Genau das will ich auch hier!

Aufnahme!

Aber werdet ihr automatisch zu einer Spielpause gezwungen, sobald ihr die Aufnahme aktiviert? Nein, keine Sorge: PlayTV funktioniert auch im Hintergrund, so dass ihr parallel zur Aufnahme auch weiterhin zocken, DVDs oder Blu-rays anschauen könnt. Allerdings müsst ihr in diesem Fall damit rechnen, dass es immer wieder zu kleineren Bildstörungen kommen kann - ein Umstand, der während unseres Tests bei parallelem Spiel- und Filmbetrieb immer wieder auftrat. Wer großen Wert auf fehlerfreie Aufnahmen legt, kann die Option aber auch deaktivieren, muss dann aber auf andere Tätigkeiten an der Konsole verzichten. Ist eure PS3 noch abwärtskompatibel, sind außerdem PS2-Spiele während der Aufnahme tabu, da diese nicht gleichzeitig mit der PlayTV-Software im Hintergrund funktionieren. Kein Problem gibt es, wenn ihr euch parallel zur Aufnahme Sendungen auf anderen Kanälen ansehen wollt, da sich gleich zwei Tuner in der schwarzen Box tummeln. In Sachen Benutzerkomfort lässt PlayTV insgesamt kaum Wünsche offen: Schon mit dem Controller navigiert ihr problemlos durch die Menüs, doch mit der separat erhältlichen Fernbedienung sollte alles noch leichter von der Hand gehen, zumal im Lieferumfang auch eine Schablone enthalten ist, mit der ihr die Funktionen für PlayTV besser im Blick habt.   

Auferlegte Spielpause?

Okay, die Sendung ist zu Ende und auf Platte gebannt. Und jetzt? Innerhalb von PlayTV dürft ihr alle abgeschlossenen Aufnahmen verwalten und sie euch sogar mit dem integrierten Player sofort ansehen. Allerdings kam es hier bei unserer Testfassung immer wieder zu unangenehmen Abstürzen, in denen das Bild eingefroren ist und die Konsole neu gestartet werden musste. Deshalb bietet sich eher die Alternative an, die Aufnahmen in den Video-Ordner der Cross-Media-Bar zu exportieren - alles kein Problem. Dabei werden die Filme im M2TS-Format abgespeichert - ein Dateiformat, das auch vornehmlich bei Sonys Camcordern zum Einsatz kommt. Dabei stellt sich die Frage: Wo sonst, außer auf einer PS3, kann man

Kopiert ihr die M2TS-Datei auf einen PC und ändert die Endung auf MPG, wird der Inhalt auch im Windows Media Player wiedergegeben.
 die Videos abspielen? Zwar lassen sich die Dateien problemlos auf einen Speicherstick übertragen, doch verweigern die üblichen Programme am PC (wie etwa der Media Player) die Wiedergabe. Das Handbuch und die integrierte Hilfsfunktion innerhalb von PlayTV halten sich mit Vorschlägen zu diesem Thema vornehm zurück. Doch mit einem einfachen Trick lässt sich das Problem ganz simpel lösen: Da die Videos ohnehin im MPEG 2-Format kodiert werden, ändert ihr einfach die Datei-Endung von *.M2TS in *.MPG und schon spielt z.B. der Media Player die Aufnahme ab. Allerdings franst das Bild hier bei Bewegungen und Kameraschwenks deutlich aus und kommt damit qualitativ nicht an die Originalwiedergabe an der PS3 heran. Aber zumindest öffnet euch die Umbenennung zusätzliche Möglichkeiten, den Clip mit meist kostenlosen Programmen problemlos in andere Videoformate zu konvertieren, damit ihr euch die Aufnahmen z.B. auch mit dem iPod oder der PSP unterwegs ansehen könnt.

Wohin damit?

Doch gerade in Bezug auf Sonys Handheld erscheint es ärgerlich, dass die PlayTV-Software dem Benutzer beim Exportieren der Videodatei keine Möglichkeit gibt, die Aufnahme sofort im gängigen mp4-Format abzuspeichern und sie damit umgehend kompatibel zur PSP zu machen. Zumindest aber dürft ihr via Remote-Funktion das TV-Bild direkt auf das Handheld weiterleiten. Wer ganz dekadent fernsehen will, lässt einfach seinen Router an und die PS3 auf Standby, während er

Dank guter, klarer Strukturierung ist die Bedienung einfach und komfortabel.
mit der PSP via Wi-Fi eine Internetverbindung aufbaut und damit überall auf der Welt das heimische DVB-T-Programm am kleinen Bildschirm verfolgen kann. 

Überall fernsehen

Ich finde es im Prinzip gut, dass Sony das Einsatzgebiet der PlayStation 3 weiter ausbaut und das Gerät als Multimedia-Zentrum im Wohnzimmer etablieren will. Aber warum muss man sich bei der Funktionserweiterung als Festplattenrekorder unbedingt auf DVB-T beschränken? Würde der Tuner in der billig wirkenden Plastikbox auch mit einem Kabelanschluss zurecht kommen, wäre die Anschaffung von PlayTV absolut empfehlenswert: Die Bedienung ist wunderbar einfach und bietet von der elektronischen Programmzeitschrift über die Aufnahmeprogrammierung bis hin zum Export in den Video-Ordner der Cross-Media-Bar viele Möglichkeiten. Schade nur, dass man die Aufnahmen nicht noch nachträglich in einem Editor bearbeiten kann und die Bildqualität je nach Sender und Empfang sehr schwankt. Wer bereits über Kabel oder Satellit (z.B. auch DVB-S) schärfere Bilder genießt und sich bereits an die enorme Programmvielfalt gewöhnt hat, wird über das recht magere sowie uneinheitliche DVB-T-Angebot wohl nur müde lächeln. Braucht ihr keine Kanäle bis zum Abwinken und seid zufrieden mit DVB-T, müsst ihr trotzdem abwägen, ob sich die Investition in PlayTV lohnt: Bei einem Verkaufspreis von gut 100 Euro ist man von der Anschaffung eines Festplattenrekorders nicht mehr so weit entfernt, mit dem man sich die Aufnahmen zudem problemlos auf DVDs sichern kann. Dank des eigenwilligen Formats der PlayTV-Dateien seid ihr dagegen gezwungen, die Inhalte erst auf einen PC zu kopieren und anschließend noch zeitaufwändige Konvertierungsarbeiten auf euch zu nehmen. Überhaupt fährt man wesentlich günstiger, wenn vielleicht auch nicht unbedingt komfortabler, wenn man sich einfach einen DVB-T-Stick kauft und den PC mit entsprechender (und teilweise sogar kostenloser) Software zum Festplattenrekorder umfunktioniert - selbst TV-Karten liegen mittlerweile preislich unter den Anschaffungskosten für PlayTV. Hätte Sony den Tuner zumindest auch fürs Kabel-TV oder Standards wie DVB-S offen gemacht, hätte aus PlayTV ein echter Ersatz für Video- und DVD-Rekorder werden können. So aber ist es nur eine überzeugende Demonstration, was mit der PS3 im Zusammenhang mit DVB-T möglich ist. Trotzdem bleibt vor allem beim relativ hohen Preis das Gefühl, dass mehr hätte drin sein müssen, auch wenn Features wie HD-Recording noch nachgereicht werden sollen!          

Lohnt sich der Kauf?