Noby Noby Boy - Special, Sonstiges, PlayStation3

Noby Noby Boy
24.02.2009, Jan Wöbbeking

Special: Noby Noby Boy

Da, ein fliegendes Schaf! Und jetzt kreuzt ein Schwein seine Flugbahn. Darunter schlängelt sich ein riesiger grüner Wurm über die Wiese. Er ist nicht ganz unschuldig an den ungewöhnlichen Himmelskörpern. Er hat sie zuerst verspeist und dann mit einem zünftigen Flatulenzgeräusch wieder ausgeschieden. Der Rückschlag fiel dermaßen heftig aus, dass das komplette Hinterteil in die Luft über dem knallbunten Szenario geschleudert wurde und sich nun um die am Himmel hängenden Donuts wickelt.

Ihr merkt schon - Noby Noby Boy aus dem PlayStation-3-Store ist kein gewöhnliches Spiel. Streng genommen ist es überhaupt kein Spiel - wenn man den Begriff an vorgegebenen Regeln festmacht. Es gibt weder Levels noch Story oder vorgegebene Ziele. Stattdessen finde ich mich in einem kleinen skurrilen Japano-Sandkasten wieder - in dem die einzige Aufgabe darin bestehen zu scheint, so viel zu fressen und so viel Unsinn zu bauen wie möglich. Ich steuere »Boy«, eine Art extrem dehnbarer Wurm,

Zu viele Köche verderben den Boy: Die Hobbys der skurrilen Charaktere sind Reiten und gefressen werden.
der alles und jeden verschlingt, was ihm in der eigentümlichen Welt in die Quere kommt.

Das große Fressen

Der Zufallsgenerator spuckt in jeder Runde andere Dinge aus: Mal fährt ein Polizist in seinem Cabrio ein zerbrechliches Haus zu Klump, verheddert sich in meiner Schlange, um kurz darauf auf meinem Rücken zu reiten und schließlich von mir gefressen zu werden. Daneben schlagen Vogelsträuße kreischend Purzelbäume, während sie von einem unförmigen motrisierten Kreisel unter eine Art Klettergerüst geschleudert und ebenfalls von mir verspeist werden. Nachdem ich mich eine Minute lang um den wild eiernden Kreisel gedreht habe, landet auch er in meinem Magen. Und das Klettergerüst. Und die angrenzenden Häuser. Als nächstes strecke ich meinen Wanst mit einem lauten Surren um einige hundert Meter, damit mehr Platz in der vollgefressenen Röhre ist.

Nach einer Session begebe ich mich zu »Girl« - eine Art riesiges weibliches Gegenstück zum Protagonisten, welches seinen riesigen Körper in das Weltall ausstreckt. Immer wenn ein Spieler sich über das Internet mit ihr verbindet, wächst sie ein Stückchen weiter, bis sie schließlich alle Planeten miteinander vebindet und alle Wesen Brüder werden. Nein, ich nehme keine Drogen, aber die Uhr zeigt mittlerweile 00:30 Uhr an, 

Wenn ihr euren hunderte Meter langen Wurm befestigt, lauft ihr nicht Gefahr, von der Scheibenwelt zu fallen. 
was die Szenerie vor meinen müden Augen nicht gerade weniger surreal erscheinen lässt. Mit jedem Planeten, den »Girl« erreicht (z.B. Mond oder Mars), sollen neue Kulissen und Figuren freigeschaltet werden.

Kampfkoloss!

Szenenwechsel: Mittlerweile ist es 12:30 Uhr und ich sitze unserem Grafiker Ingo in der Kantine gegenüber. "Ich habe eine Ananas und eine Frau verspeist, eine Frau mit Ananaskopf ausgeschieden und die ist dann auf meinem Rücken geritten - für 4 Euro kann man nicht mehr erwarten!" erzählt er und grinst. Auch ich habe einiges zu berichten. Das Programm hat mich einfach ins kalte Wasser geworfen und selbst die Tutorial-Fee konnte sich nur an einen kleinen Teil der umständlichen Steuerbefehle erinnern. Als Racheakt habe ich erst einmal mit meinem »Anleitungs-Boy« die Gesundheitswarnung und die Pad-Belegung verspeist.

                  

Wer seinen Boy insgesamt am meisten gestreckt hat, trampelt ganz vorne in der weltweiten Bestenliste auf Girl herum. Mittlerweile reicht der weibliche Weltraumwurm bis zum Mond, wo neue Umgebungen warten.
Diese Gespräche über neue Entdeckungen in der skurrilen Welt sind eine der Hauptmotivationen im Spiel von Katamari-Damashi-Entwickler Keita Takahashi. Ähnlich wie in Pixeljunk Eden darf ich meine Abenteuer außerdem in kurzen Filmchen auf der Festplatte speichern oder direkt bei Youtube hochladen. Auf dem Videoportal findet ihr mittlerweile bereits allerlei obskure Eindrücke, wenn ihr das Suchwort Noby eintippt. Auch kleine Nachrichten lassen sich an Freunde verschicken oder auf dem Riesenwurm verewigen. Die experimentelle Spielwiese ruft bei mir das gleiche entspannte Gefühl hervor wie in meiner Kindheit, wenn ich ein neues Spielzeug geschenkt bekam. Man spielt ein wenig ohne vorgegebene Ziele herum und probiert alberne Sachen aus - doch nach einiger Zeit wird es langweilig und landet in der Ecke.

Magerer Umfang?

Kollege Ben schüttelt den Kopf. Er kann unser Vergnügen an dem minimalistischen Stück Software nicht nachvollziehen. »Katamari Damashi war um ein Vielfaches abgedrehter, es gab mehr Abwechslung und vor allem viel mehr zu tun« sagt er sichtlich enttäuscht. Auch Mathias kann überhaupt nichts mit dem virtuellen Unsinn anfangen. Noby Noby Boy polarisiert - entweder man mag es oder man hasst es.

Fazit: Skurril, skurriler, Noby Noby Boy. Diese Software ist im Grunde wie ein Open-World-Game, in dem die vorgegebenen Aufgaben langweilig geworden sind, so dass man damit beginnt, in der Gegend herum zu laufen und Unsinn zu bauen. In diesem Fall haben die Entwickler das eigentliche Spiel komplett gestrichen und nur den Unsinn übrig gelassen. Falls ihr klassische Videospielunterhaltung mit festen Regeln erwartet, seid ihr hier falsch. In der interaktiven Demo geht es lediglich darum, der Physik-Engine skurrile Situationen zu entlocken und den Wurmbauch zu strecken, um ihn sich mit Tieren, Häusern und Gegenständen vollzuschlagen. Am besten so voll, dass die Kamera das hunderte Meter lange Knäuel nur noch aus dem Weltall in seiner ganzen Pracht einfangen kann. Ab und zu werdet ihr für Entdeckungen auch mit einer Trophäe belohnt, die Übersicht findet ihr im 4P-Spieletipps-Bereich. Einen Pokal gibt es z.B., wenn ihr euer Haus mit den Schultertasten zum Rotieren bringt. Im Vergleich zu Katamari Damashi gibt es aber wenig zu tun. Falls euch die kleine Entdeckungsreise 4 Euro wert ist, solltet ihr einen Blick riskieren. Einen kleinen Eindruck könnt ihr euch im folgenden Video verschaffen. Mittlerweile wurde übrigens der Mond erreicht. Nächste Station: Mars!