PlayStation Move - Special, Hardware, PlayStation3

PlayStation Move
27.08.2010, Michael Krosta

Special: PlayStation Move

Nintendo hat es mit der Wii-Konsole vorgemacht: Die damals noch ungewöhnliche Steuerung mittels Bewegungssensoren zählt ohne Zweifel zu den Hauptgründen, weshalb das Gerät so erfolgreich ist und auch bei Gelegenheitsspielern so gut ankommt. Genau diese Zielgruppe haben jetzt auch die großen Wettbewerber Sony und Microsoft im Visier. Doch während man für die Xbox 360 mit Kinect den Spieler zum Ganzkörper-Controller umfunktionieren will, orientiert man sich bei Sony mit Move deutlich stärker am Nintendo-Vorbild...

Während man bei Microsoft mit Kinect quasi bei Null anfangen musste, nahm man sich bei Sony die PlayStation-Kamera als Grundlage für den neuen Move-Controller. Eigentlich gar keine so schlechte Idee, denn zum einen können mit diesem Schritt die

Oft als "Leucht-Dildo" beschimpft, kann der Move-Controller technisch trotzdem überzeugen und liefert eine ähnliche Präzision wie Wii MotionPlus.
Anschaffungskosten für Besitzer des PlayStation Eye etwas gesenkt werden und zum anderen musste man die Technologie nicht von Grund auf neu entwickeln. Im Prinzip hatte man schon mit EyeToy den ersten Schritt zu einer rudimentären Bewegungssteuerung gemacht, als man das USB-Gerät 2003 für die PlayStation 2 auf den Markt brachte.

Erweiterung statt Neubeginn

Während die Wii noch die Sensorleiste zur Erfassung der Bewegungen benötigt, die von den Sensoren im Innern von Nunchuk und Remote ermittelt werden, übernimmt bei Sony die Kamera diese Aufgabe. Wer sich schon immer gefragt hat, aus welchem Grund der Move-Controller die ulkige Leuchtkugel haben muss, dürfte ihren Sinn jetzt verstehen: Durch sie weiß die Kamera, wo im Raum sich der Spieler gerade befindet und wohin er sich in welcher Geschwindigkeit bewegt. Gleichzeitig löst man damit das Problem, dass das PlayStation Eye bei schlechten Lichtverhältnissen oder bei bestimmten Hintergründen nicht optimal funktioniert. Im Gegensatz zu Körpern wird die leuchtende Kugel in diesem Fall aber jederzeit erfasst - selbst dem Spielen in einem abgedunkelten Zimmer steht damit nichts im Wege. Dagegen könnte eine direkte Sonnen- oder Lichteinstrahlung der Linse Probleme bereiten, da zu helle Umgebungen die Erkennung beeinträchtigen dürften.

Keine Sensorleiste

Die unterschiedlichen Farben machen kenntlich, in welcher Hand oder von welchem Spieler die jeweiligen Controller gehalten werden - immerhin kann man viele Titel mit zwei Move-Controllern oder mehreren Teilnehmern angehen. Dabei ist die Anzahl an registrierten Geräten allerdings limitiert: Die PS3 kann lediglich vier Move-Controller oder zwei Kombinationen aus Move- und dem Navigation-Controller erfassen. Während es für die Wii in der Regel kein Problem darstellt, bis zu vier Spieler mit der Nunchuk-/Remote-Kombination in die virtuellen Welten zu schicken, dürfte es mit PlayStation Move bei mehr als zwei Spielern eng werden - es sei denn, für die Software reicht ein Move-Controller pro Spieler aus. Ein Grund dafür ist nicht nur die Limitierung auf vier Geräte, sondern auch der eingeschränkte Sichtwinkel der Kamera, in dem

Bis zu vier Controller gleichzeitig lassen sich an einer PS3 registrieren.
sich die Spieler aufhalten und bewegen müssen. Da man gerade bei bewegungsintensiven Spielen einen gewissen Platz braucht, dürfte der Betrachtungswinkel vom PlayStation Eye einfach nicht ausreichen, um mehr als zwei Spieler nebeneinander einzufangen.

Farbenspiele

Bevor man aber überhaupt mit dem Controller herumwedeln kann, ist wie schon bei vielen EyeToy-Spielen eine Kalibrierung notwendig, damit die Kamera die Bewegungen und Entfernungen innerhalb des Raumes entsprechend einordnen kann. Am Beispiel von The Fight sieht das dann folgendermaßen aus: Zunächst muss man beide Hände mit jeweils einem Move-Controller zur Seite ausstrecken und einen Knopf drücken. Danach muss man aus dem Sichtfeld der Kamera verschwinden, damit diese den Hintergrund analysieren kann. Anschließend tritt man zurück ins Bild und hält die beiden Controller unter sein Kinn. Dann wieder eine Bestätigung per Knopfdruck. Schließlich folgt der letzte Schritt der Kalibrierung, bei der man die Geräte in einer bestimmten Pose in Bauch-/Hüftnähe halten muss. Klingt ganz schön aufwändig? Ist es auch. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man diese Prozedur bei jedem Spielerwechsel erneut durchführen muss und sich nach der Kalibrierung nicht von der Stelle bewegen sollte, um sie nicht zu verfälschen. Kinect macht es wesentlich einfacher: Hier tritt man einfach vor die Kamera, wird gescannt und kann innerhalb von wenigen Sekunden loslegen.       

Nervige Kalibrierung

Insgesamt liegt der Move-Controller gut in der Hand - genau wie bei der Wii-Remote soll eine Schlaufe auch hier dafür sorgen, dass das gute Stück bei zu wilden Gesten nicht aus der Hand gleitet und Schaden in der Umgebung (oder am Gerät selbst) anrichtet. Genau wie Nintendos Vorlage bietet auch der Move-Controller einen Trigger, auf dem der Zeigefinger ruht. Dieser

Eindrücke von der gamescom:

Haptik

The Fight: Lights Outlässt sich allerdings etwas zu leichgängig bedienen - ich würde mir hier etwas mehr Widerstand wünschen. Auf der Oberseite nimmt der neue Move-Button den größten Platz ein, auf dem normalerweise der Daumen liegt. Um in herum sind in einem Quadrat die vier bekannten Quadrat-, X-, Dreieck- und Kreis-Tasten im Miniformat angeordnet und damit sehr ungünstig platziert. Beim Anspielen hatte ich ständig Probleme, die Knöpfe zu erwischen - aber vielleicht ist das auch eine reine Gewohnheitssache, da das Layout noch etwas befremdlich wirkt. Unterhalb des Move-Buttons findet man den PS-Knopf, mit dem man Zugriff auf die Cross-Media-Bar erhält. Seitlich liegen die Start- (rechts) und Select-Taste (links), die sich jedoch nur mit umständlicher Fingerakrobatik erreichen lassen - zumindest bei etwas größeren Händen.



Note gut:



Sorcery



Time Crisis: Razing Storm

Virtua Tennis 4

Note befriedigend:



Sports Champions



Note mangelhaft:

Am hinteren Ende befinden sich außerdem zwei Anschlüsse: Zum einen kann ein Mini-USB-Kabel eingesteckt werden, um den Lithium-Ionen-Akku zu laden, der den Controller ähnlich lange mit Energie versorgen kann wie ein Dualshock-Pad. Darunter befindet sich außerdem ein kleinerer Port, der in der Anleitung als Erweiterungsanschluss bezeichnet wird. Momentan gibt es noch keine Informationen, welche zukünftigen Geräte dabei in Frage kommen könnten. Sollte der Controller aus irgendwelchen Gründen seinen Dienst verweigern oder sich nicht mehr ordentlich kalibrieren lassen, kann man zur Notlösung greifen: An der Unterseite findet sich ein kleiner Reset-Knopf, den man allerdings nur mit einem dünnen und spitzen Gegenstand wie einer Stecknadel erreichen kann.

Parallel zum Move-Controller bietet Sony separat eine Navigations-Erweiterung an, die quasi dem Nunchuk der Wii entspricht und sich vor allem für den Einsatz bei "Core-Spielen" wie Killzone 3 oder Socom 4 eignen dürfte. Neben einem Analogstick hat Sony auch ein Digitalkreuz sowie oberhalb angeordnete X- und Kreis-Tasten angebracht, die

Der Navigation-Controller ist das Gegenstück zu Nintendos Nunchuk,
genau so groß (oder besser: klein) sind wie ihre Gegenstücke auf dem Motion-Controller. Zudem gibt es den obligatorischen PlayStation-Button sowie die beiden Schultertasten L1 und L2. Im Gegensatz zu Nintendos Nunchuk finden sich im Navigation-Controller allerdings keine Bewegungssensoren - dank Bluetooth fällt allerdings auch das Verbindungskabel zwischen den beiden Controllern weg, das auf der Wii oft den Spielspaß trübt. Wer also z.B. bei Boxspielen beidhändig austeilen will, wird um den Kauf eines zweiten Move-Controllers für knapp 40 Euro nicht herum kommen. Rechnet man das Starterpaket (bestehend aus Kamera und einem "Move-Zauberstab") für etwa 60 Euro sowie den Navigation-Controller für 30 Euro hinzu, wird die komplette Move-Erfahrung ein teurer Spaß. Preislich liegt man damit zwar immer noch unter Kinect und auch als PlayStation Eye-Besitzer lassen sich noch ein paar Euros sparen, aber trotzdem ist die Eintrittskarte in Sonys Welt der Bewegung sicherlich kein Schnäppchen, auch wenn das faire Starterpaket diesen Eindruck erwecken mag. Zumindest ist die Anschaffung des Navigation-Controllers kein Muss: Alternativ kann jederzeit der DualShock-Controller bei allen Spielen als Ersatz verwendet werden, die den Navigation-Controller unterstützen. Es ist also mehr eine Frage der Bequemlichkeit, ob man den Sub-Controller benötigt, denn einhändig lässt sich der DualShock nicht gerade komfortabel bedienen.

Volle Kontrolle?

      

Aber lohnt sich die Anschaffung von Move überhaupt? Das lässt sich zum jetzigen Schwerpunkt nur schwer einschätzen. Wer auf Minispiel-Unterhaltung nach Wii-Vorbild steht, wird sicherlich auch von Move angetan sein, denn zum Start visiert Sony mit Titeln wie Sports Champions und Start the Party eindeutig Familien und Gelegenheitsspieler an. Doch im Gegensatz zu Microsoft vergisst man auch die Core-Fans nicht: Ältere Spiele wie Heavy Rain oder Resident Evil 5 werden Move-tauglich gemacht und auch kommende Highlights wie Socom 4 oder Killzone 3 unterstützen den Bewegungscontroller - allerdings immer nur optional, so dass man nie das Gefühl hat, etwas aufgezwungen zu bekommen. Ob sich Move bei Core-Titeln als Vor-

Vor allem für Core-Spieler interessant: Die Kombination aus Navigation- und Move-Controller.
oder Nachteil erweist, wird aber erst die Zukunft sowie der direkte Vergleich mit dem DualShock zeigen können. Auf jeden Fall ist es lobenswert, dass Sony im Gegensatz zu Microsoft die Fans anspruchsvoller Spielekost nicht mit dem gebotenen Software-Lineup ausschließt, sondern sie bewusst dazu einlädt, sich ebenfalls mit Move zu beschäftigen.

Für Gelegenheitsspieler & Profis

So lange man nicht katastrophale Aussetzer wie The Fight spielt, werden die Bewegungen insgesamt sehr schnell und präzise von der Kamera erfasst. Zwar muss man auch hier teilweise noch mit leichten Verzögerungen leben (siehe Videoanalyse), doch reagiert Move nach den ersten Probespielen sehr viel direkter als Kinect und sorgt damit auch für ein angenehmeres Spielgefühl. Am besten lässt sich die Reaktionsgeschwindigkeit des Controllers mit einer Remote vergleichen, die mit Wii MotionPlus ausgestattet ist - das Lag hält sich also im Rahmen. Dazu kommt die physische Rückmeldung in Form von Vibrationsmotoren, die bei Microsofts System völlig unter den Tisch fällt. Dabei darf man den "Last Gen-Effekt" nicht unterschätzen: Es macht z.B. einen Unterschied, ob man beim Tennis den Schlag spürt oder einfach nur die Bewegung ohne ein spürbares Feedback ausführt. Klar, die leichten Vibrationen des Move-Controllers sind keine Offenbarung - aber sie sind besser als das Nichts, was man bei Kinect erlebt. Dafür kann man Sony zu Recht vorwerfen, das Konzept hinter Move einfach nur von Nintendo kopiert zu haben - und das sogar ziemlich dreist. Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Vor allem Dritthersteller dürften sich darüber freuen, dass man klassische Wii-Titel mit relativ wenig Aufwand jetzt auch für die PS3 umsetzen kann.

Schnell? Präzise? Cool?

Sollte es Sony auch in Zukunft schaffen, eine gute Balance zwischen Minispielen und großen Titeln mit optionaler Move-Unterstützung zu finden, könnte sich die Bewegungssteuerung als ein netter Zusatz erweisen, den man zwar nicht unbedingt braucht, aber der in manchen Genres das Spielgefühl intensivieren könnte. Wenn man mich vor die Wahl stellen würde, ob ich Move oder Kinect bevorzugen würde, fiele meine Wahl auf den Ansatz von Sony, da nicht nur die Spiele-Bibliothek breiter gefächert ist, sondern der Move-Controller das Maß an Präzision und physischem Feedback bietet, das Kinect (noch) fehlt.

Eindruck: befriedigend  

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