Benyamin Nuss Plays Uematsu - Special, Sonstiges, 360, Wii, PSP, PC, NDS, PlayStation3, Spielkultur

Benyamin Nuss Plays Uematsu
02.09.2010, Benjamin Schmädig

Special: Benyamin Nuss Plays Uematsu

Thomas Böcker zeichnete nicht nur über Jahre für die Eröffnungskonzerte der Games Convention verantwortlich, er ließ auch das Chris Hülsbeck-Konzert Symphonic Shades sowie die Final Fantasy-Aufführung Symphonic Fantasies Wirklichkeit werden. Für Benyamin Nuss ist er als Berater tätig - im Interview beschreibt der Musik-Produzent die Magie sinfonischer Konzerte.

Thomas Böcker: Spielemusik ist ein recht junges Thema, speziell für große Musiklabels. Ich habe also dabei geholfen, einen ersten Überblick zu liefern: Welche Komponisten sind führend, welche Spieleserien sind populär. Außerdem war es meine Aufgabe, die Parteien zusammenzubringen - sei es nun zum Beispiel Nobuo Uematsu, Square Enix, Universal Music oder eben Benyamin Nuss. Auch gibt es eine Menge rechtlicher Fragen, die ich dank meiner langjährigen Erfahrung mit Spielemusik beantworten kann.

4Players: Du bist als Berater für Benyamin Nuss tätig. Was genau heißt das für Benyamins erstes Album und seine Tournee?

Ganz klar aber: Album und Tour sind aufgrund der Initiative von Benyamin Nuss entstanden. Ihm gebührt die Anerkennung. Ich war sehr beeindruckt, in welchem Tempo er sich in die Materie eingearbeitet hat - er ist ganz eindeutig ein Fan von Spielemusik, anders wäre das nicht möglich gewesen.

4Players: Du hast viele Jahre die Eröffnungskonzerte der Games Convention organisiert, warst an Play! beteiligt und zeichnest für die Symphonic-Reihe verantwortlich. Worin liegt für dich der Reiz, die Musik aus Videospielen live von einem Orchester spielen zu lassen?

Böcker: Es ist ein Rausch der Sinne. In meinen Konzerten haben wir mehr als 120 Musiker auf der Bühne, die alle ein Leben lang die Beherrschung ihrer Instrumente bzw. ihrer Stimmen zur Perfektion getrieben haben. Seit ihrer frühesten Kindheit haben sie sich dieser Kunst verschrieben - und alle zusammen bringen dann Partituren zum Klingen, die mit extrem viel Liebe zum Detail komponiert und von Ausnahmetalenten wie Jonne Valtonen arrangiert wurden. Man sitzt also in einem Saal, hört Melodien aus Videospielen, umringt von einem Publikum, das die Passion zur sinfonischen Musik teilt. Wer jemals in einem Spielemusikkonzert live dabei war, der weiß,

»Ein Rausch der Sinne«: Thomas Böcker, Produzent der Symphonic-Reihe und Berater von Benyamin Nuss, beschreibt die Magie sinfonischer Konzerte.
dass die Atmosphäre deswegen fast magisch ist - und diese Atmosphäre ist es auch, die mich an den Projekten so reizt.

Böcker: Klavieralben mit Spielemusik gibt es bereits; allerdings ist ein Tribut an den wohl bekanntesten aller Videospiele-Komponisten, nämlich Nobuo Uematsu, ein absolutes Novum. Benyamin Nuss ist mit einem sehr hohen Anspruch an die Produktion gegangen; ein klares Indiz dafür ist, dass sein Album beim Prestige-Label Deutsche Grammophon veröffentlicht wird. Das ist ein Ritterschlag für ihn als Pianisten - und ein Ritterschlag für Nobuo Uematsu. Dieses Klavieralbum kann es dank der erstklassigen Qualität tatsächlich schaffen, als Vermittler zwischen den Hörern von Spielemusik und Klassik zu agieren. Schon allein deswegen hat es seinen Platz verdient. Es wird Geschichte schreiben.

4Players: Arrangierungen für Klavier sind keine Seltenheit im Bereich der Spielemusik - man denke an die Piano Collections zu Final Fantasy. Wofür ein weiteres Klavieralbum, das die Musik von Nobuo Uematsu interpretiert?

4Players: Bei den Arrangeuren und auch bei der Auswahl der Stücke des Nuss-Programms handelt es sich weitestgehend um bekannte Namen. Liegt es daran, dass nur wenige Künstler und Publisher ein Interesse an orchestralen Aufführungen ihrer Musik haben?

Böcker: Im Gegenteil, das Interesse ist sehr groß. Es ist über die Jahre enorm gewachsen. Ich denke, Nuss Plays Uematsu  bietet eine clevere Zusammenstellung  kommerziell erfolgreicher und künstlerisch anspruchsvoller Titel. Werke von Nobuo Uematsu sind schlicht und ergreifend die erste Wahl, ganz besonders für ein Debüt-Album.

4Players: Nobuo Uematsu ist einer der bekanntesten Komponisten auf seinem Gebiet. Führst du das auf seine langjährige Arbeit an einer der weltweit erfolgreichsten Spieleserien zurück oder verfügt Uematsu über mehr Talent als seine Kollegen?

Böcker: Ich schätze, es ist wie so oft eine Kombination: Die Final Fantasy-Serie ist extrem populär, überall auf der Welt. Nobuo Uematsu hat wirklich wunderschöne Musik dafür geschrieben. Man kann sagen, dass die Reihe von seinen Soundtracks sehr profitiert hat, ihr Tiefe gegeben - und Nobuo Uematsu ist mit Sicherheit dankbar dafür, Teil einer so großen Produktion zu sein, die seinen Namen international bekannt machte und sein Talent aufzeigt.

Böcker: Nobuo Uematsu hat ein hervorragendes Gespür für einfache, aber sehr effektive Melodien. Er hat zudem die Gabe, den Charakter der Spielefiguren perfekt einzufangen. Das ist ein Grund dafür, warum seine Musik so gefragt ist - sie stellt eine enge emotionale Beziehung zu den Protagonisten her, die nicht nur vor der Konsole im Kontext mit dem Spiel funktioniert. Sie funktioniert auch auf CD und im Konzertsaal.

4Players: Wo siehst du das Besondere in seiner Musik?

Unser großes Special zu Benyamin Nuss Plays Uematsu findet ihr unter diesem Link.

Böcker: Benyamin Nuss ist technisch brillant. Ein Freund meinte, dass ihn eine Aura umgibt; eine Aura, wie sie nur wenige große Künstler haben. Dieser Meinung schließe ich mich vollends an. Er steht mit Sicherheit am Anfang einer sehr erfolgreichen Karriere. Und: Man spürt einfach, dass sich Benyamin Nuss in der Welt der Spiele zu Hause fühlt.

4Players: Und damit auch zu der Frage: Was zeichnet das Klavierspiel von Benyamin Nuss aus?

4Players: Glaubst du, dass Musik zu Videospielen auch ein Publikum jenseits der Spieler erreichen kann, wenn sie im klassischen Konzert vorgetragen wird? Befinden sich die Kompositionen überhaupt auf einem ähnlichen Niveau wie andere zeitgenössische Werke?

Bei Nuss Plays Uematsu haben wir also einen Pianisten, der sehr anspruchsvolle Arrangements mit Bravour meistert und sie auf eine Weise interpretiert, wie es nur ein Kenner der Videospiele kann.

Was Künstler wie Benyamin Nuss nun allerdings tun, ist das folgende: Wie bei einer Übersetzung eines Gedichts wird die ursprüngliche Musik für eine andere Umgebung interpretiert; sie wird arrangiert. Der Grundcharakter, die Aussage, die emotionale Tiefe bleiben dabei erhalten. Bei Benyamin Nuss werden bestimmte Aspekte aufgrund seiner Darbietung sogar verstärkt.

Böcker: Man muss bedenken, wofür Spielemusik ursprünglich geschrieben wurde. Für Spiele, nicht für Konzertsäle. Insofern ist die Herangehensweise der Komponisten eine ganz andere.

4Players: Als leitende Hand vieler Konzerte hast du einen Überblick darüber, wie die verschiedenen Künstler auf die Musik Einfluss nehmen. Was ist aus deiner Sicht das entscheidende Element, das eine gute Aufführung ausmacht: Der Originalsoundtrack, die Orchestrierung oder die Performance?

Im Falle seiner Produktion sage ich deswegen ganz klar ja: Diese Musik kann ein Publikum jenseits der Spieler erreichen.

Böcker: Natürlich die Verbindung dieser drei Elemente. Ist der Original-Soundtrack weniger gelungen, nützen auch die Künste eines Arrangeurs nichts mehr, geschweige die Interpretation des Orchesters. Im Idealfall greift alles ineinander. Bei Nuss Plays Uematsu sehe ich das als besonders gelungen an: Die Musik von Nobuo Uematsu ist hervorragend, die Arrangeure haben wunderbare Arbeit geleistet - und Benyamin Nuss spielt in Höchstform.

4Players: Vielen Dank für das Interview!