Benyamin Nuss Plays Uematsu - Special, Sonstiges, 360, PSP, Spielkultur, NDS, PC, Wii, PlayStation3

Benyamin Nuss Plays Uematsu
11.10.2010, Benjamin Schmädig

Special: Benyamin Nuss Plays Uematsu

Das Zusammenkommen von Ost und West in aller Munde, aber die deutsche Wiedervereinigung soll an diesem Abend keine Rolle spielen. Ein Abend, an dem ein junger deutscher Pianist die Musik eines japanischen Komponisten spielt: Wenn Benyamin Nuss Melodien von Nobuo Uematsu interpretiert, treffen fernöstliches Videospiel und europäische Klavierkunst aufeinander - eine Vereinigung von Moderne und Klassik.

Es ist nicht der große Saal, in dem Weltstar Lang Lang für gewöhnlich aufspielt - es ist aber die traditionsreiche Laeiszhalle, das Zuhause der Hamburger Symphoniker, in dem der 21 Jahre junge Künstler ein Konzert seiner ersten großen Tournee spielte. Der Schauplatz steht dem Abend gut, denn auch wenn weder Chopin noch Ravel zu hören sein werden, haben die Arrangements von Jonne Valtonen, Bill Dobbins, Shiro Hamaguchi und Alexander Rosenblatt etwas Klassisches: Sie erzählen von Geschichten, die ursprünglich von dem japanischen Komponisten Nobuo Uematsu vertont wurden. Einmal mehr zeigt sich somit, wie ähnlich sich klassische und die Musik aus Videospielen kommen können.

Tradition verpflichtet

Den Anfang machen drei Stücke aus »Lost Odyssey«, arrangiert von Shiro Hamaguchi. Und wie auch auf dem gleichnamigen Album wirken seine Klaviervariationen routiniert, wenn auch wenig überraschend.

Wenn Benyamin Nuss Musik von Nobuo Uematsu spielt, verbindet er klassische mit moderner Musik.
Unauffällig spielt sich Nuss in das Konzert ein; gefordert wird er noch nicht. Sichtlich nervös - aber das macht ihn sympathisch - tritt er anschließend vor sein Publikum, redet über seine Liebe für erzählstarke Videospiele und für die Musik Uematsus. Um zu zeigen, wie sehr sich die Klangwelten der Spiele verändert haben, klimpert er auf zwei Tasten das magere Pling-Plong aus dem Oldie »Pong« nach - wie Spiele heute klingen, führt er anschließend einen gesamten Abend lang eindrucksvoll vor.

Die kraftvollen Passagen der Klaviermusik kommen in dem kleinen Raum allerdings nicht ganz zur Geltung, weil sich der Klang nicht voll ausbreiten kann. Das wird auch in den folgenden, von Dobbins arrangierten Stücken aus »Final Fantasy« deutlich, der auf eine sehr kraftvolle Arrangierung setzt. Zwei hervorragende Titel lässt Nuss übrigens aus: das einfallsreich von Torsten Rasch arrangierte »A Place to Call Home« sowie den spritzigen, als Download veröffentlichten Bonus »Rad Racer Medley«. Abgesehen davon folgt er der Titelfolge seines gleichnamigen Debütalbums. Und ähnlich wie auf CD gilt auch im Konzert: Mit Dobbins' einfallsreichen Noten wirken Uematsu Melodien merkwürdig leer - handwerklich interessant, weil sie den Originalwerken einen jazzigen Anstrich geben, stampft besonders »Liberi Fatali« jener Wucht hinterher, die den Einstieg zu »Final Fantasy VIII« einzigartig macht. Die anschließende Pause bietet Zeit für ein Gespräch mit dem Pianisten, signierte Programmhefte und Luft zum Durchatmen. Denn zur Halbzeit hat Nuss noch

Alles Weitere zu Benyamin Nuss Plays Uematsu lest ihr in unserem großen Special.
nicht einmal die Hälfte dessen gezeigt, was sein Konzert sehenswert macht...

Das Beste zum Schluss

Teil zwei beginnt mit einem weiteren »Final Fantasy«-Titel, einer von Alexander Rosenblatt arrangierten Zusammenstellung verschiedener Themen des siebten Teils. Aber erst nach der von Nuss komponierten Widmung an Uematsu folgt der Höhepunkt: die von Jonne Valtonen interpretierten Auszüge aus »Blue Dragon«. Erst nachher wird man merken, wie unbemerkt Zeit und Raum in diesen Minuten vorbei zogen! Denn erst durch Valtonen wird Nuss wirklich gefordert. Erst jetzt bezaubert Nuss mit virtuosem Spiel, das mit Anspruch beeindruckt und mit seiner bewegenden Melodieführung bezaubert. Jetzt erst wird das Konzert dem Anspruch einer Live-Veranstaltung wirklich gerecht - denn endlich sind große Gefühle im Spiel. Nuss hebt sich Valtonen zu Recht für das Finale auf.

Und zu Recht spielt er schließlich noch einen Titel, den Nobuo Uematsu nur Benyamin Nuss gewidmet hat. Er setzt damit einen gelungenen Schlusspunkt unter einen nicht überragenden - für Freunde der Spielemusik aber sehr stimmungsvollen Abend. Sicher wirkt der junge Komponist noch schüchtern, wenn er mit seinem Publikum spricht. Mit seinem ehrlichen Auftreten und seiner Musik baut er aber Brücken zwischen jungen Menschen, die aus ganz anderen Gründen mit klassischer Musik Kontakt aufnehmen als ihre Eltern und Großeltern. Obwohl seine Konzerte noch nicht die Säle großer Häuser füllen und obwohl Benyamin Nuss Plays Uematsu auch im Konzert nur andeutet, welche Klasse und Klassik Videospielmusik erreichen kann - er führt sie und ihre Hörer ein Stück näher dorthin, wo in einigen Jahren hoffentlich regelmäßig Final Fantasy gespielt wird.