Der Eiserne Thron - Special, Brettspiel, Spielkultur
Der König ist tot, es lebe der Krieg!
Ihr könnt mit all den Namen nichts anfangen? Ist egal, denn man muss die Fantasyromane nicht kennen, um am Tisch seinen Spaß zu haben. Es ist nur so, dass man mit dem Wissen im Hintergrund viele Elemente der cleveren Spielmechanik noch besser zu schätzen weiß. Autor Christian T. Petersen (Twilight Imperium, World of WarCraft – The Boardgame) hat sich sichtlich bemüht, die politischen Zusammenhänge in seiner Rundendynamik abzubilden – und das ist ihm gelungen, auch wenn er natürlich Abstriche machen musste. So spielen die Armeen der Targaryen als äußere Bedrohung im Süden keine Rolle. Dafür wird die strategische Ausgangslage überraschend gut eingefangen.
Fünf Häuser, ein Thron
Nach dem Aufbau stehen sich die fünf Häuser in ihren fünf Farben noch recht geordnet gegenüber und viele lukrative der knapp 50 Land- und Seegebiete sind unbesetzt. Das wird sich allerdings schnell ändern, denn die Lannisters ziehen ihre Truppen im Westen zusammen, die Starks und die Greyjoys formieren sich im Norden und die Tyrells heben ihre Truppen im Süden aus. Alle wollen nur eines - die Macht! Aber es geht nicht um die totale Vernichtung der Gegner wie etwa in Risiko: Wer nach zehn Runden die meisten Städte und Festungen kontrolliert, hat gewonnen. Natürlich geht es dabei um den Kampf, aber auch über Intrigen, Bluffs oder Bündnispolitik in Form von direkten Absprachen am Tisch.
Die Qual der ersten Schritte
Dieses Brettspiel steckt voller böser Überraschungen und die Spannung entsteht auch dadurch, dass jedes Haus zunächst verdeckt agiert. Wer führt da wohl was im Schilde? Eine weitere Komponente, die für die Dramaturgie am Tisch entscheidend ist, ist die so genannte Westerosphase, die bis auf die erste jede weitere der zehn Runden einleitet und die einzige Zufallskomponente darstellt. Hier werden die obersten Ereigniskarten von drei getrennten Stapeln aufgedeckt, die für alle bindend sind und die nacheinander befolgt werden. Das können einfache Aufforderungen wie Nachschubkontrolle, Truppeneinberufung oder Stärkeberechnung, aber auch das Verbot von Überfällen aufgrund eines Sturms oder die Verhinderung von Unterstützung aufgrund eines Herbstregens sein. Dieser Glücksfaktor kann zwar manchmal nerven, wenn man etwa auf mehr Nachschub angewiesen ist, aber ihn trotz aktuell guter Situation auf der Karte nicht aunutzen kann. Aber unterm Strich ist die eigene Planung viel wichtiger als die Art der Ereignisse, zumal es auch welche ohne irgendeine Auswirkung gibt.
Drei Einflussbereiche
Genauso wie der Besitz der Valyrischen Stahlklinge, die zunächst den führenden Einfluss des Hauses Grevjoy im Bereich Adelshäuser symbolisiert: Mit ihr können die Westeros-Wikinger in einem Kampf einen Bonus bekommen. Das Motivierende an den Einflusszonen ist, dass nicht nur diese exklusiven Fähigkeiten etwas bringen, sondern auch die Platzierungen darunter. Wer höher auf der Leiter der Adelshäuser platziert ist, gewinnt bei einem Unentschieden gegen einen darunter Platzierten. Wer bei den Hofintrigen weiter oben steht, bekommt mehr Befehlsmarker. Und wer dem Eisenthron näher ist, darf seinen Zug früher beginnen. Alles kann irgendwann entscheidend, irgendwann das Zünglein an der Waage sein.
Eisenthron, Adelshäuser, Hofintrigen
Jeder Spieler hat zu Beginn nur fünf davon, weitere erlangt man erst über die Plünderung oder das Zusammenziehen der Kräfte. Und man braucht sie auch, um bei dem Ereignis „Angriff der Wildlinge“ eben diese abzuwehren oder um auch jene Gebiete für sich zu beanspruchen, in denen keine eigenen Truppen stehen. Was das bringt? Die maximale Truppenzahl ist ja begrenzt und so kann man z.B. sehr bequem den Nachschub des Landes für sich beanspruchen.
Wer die meisten Marken für einen Bereich bietet, landet auf Platz 1, dahinter in der Reihenfolge die anderen. Natürlich fallen alle eingesetzten Stärkemarken nach dem Bieten weg, so dass man sich gut überlegen sollte, wie viel Risiko man geht.
Fünf Befehle für alle Fälle
Darunter der Marsch (Bewegung in ein angrenzendes Feld plus evtl. Kampf), die Unterstützung (Bonus im Kampf eines benachbarten Gebiets), der Überfall (Zerstörung einer Befehlskarte und evtl. Plünderung), das Zusammenziehen der Kräfte (Stärkemarker nehmen) und die Verteidigung (Bonus im Kampf); hinzu kommen Spezialbefehle, die quasi verstärkte Varianten der gewöhnlichen darstellen.
Damit angesichts der Fülle kein Chaos entsteht, werden die Befehle nach Typ geordnet abgewickelt, beginnend mit den Überfällen – und schon da wird es spannend. Die Reihenfolge der Überfälle wird durch den eigenen Einfluss im Bereich Eisenthron bestimmt: Wer da ganz hinten liegt, darf als Letzter ran. Und das kann problematisch sein, denn der Überfall erlaubt einem noch vor der Ausführung von Befehlen der Gegner eben jene zu unterbinden. Sprich: Lege ich verdeckt ein Überfallsymbol in ein Gebiet, können meine Truppen plötzlich in ein benachbartes eindringen und den dort ausliegenden Befehl vernichten – egal ob dort ein Überfall-, Unterstützungs- oder Zusammenziehen-Marker liegt.
Truppen ausheben
Zu Beginn des Spiels sind die Truppen von Lannister, Stark & Co noch klar voneinander entfernt, jeder agiert von seiner Heimat aus. Die Ausgangslage ist jedoch für jedes Haus eine andere, denn auch hier orientieren sich die Machteinflüsse an den Büchern: Wer mit Baratheon startet, sitzt auf dem Eisernen Thron und besitzt die entsprechende Karte, die ihn zum königlichen Schiedsrichter macht. Sobald es irgendwo außerhalb von Kämpfen einen Gleichstand gibt, darf er den Sieger bestimmen. Ob er sich dabei an die Absprachen wie etwa Koalitionen oder Nichtangriffspakte hält, die man jederzeit frei treffen kann?
Wenn es zur Schlacht kommt, kämpfen Krieger, Ritter und/oder Schiffe in einem Gebiet um den Sieg. Es wird dabei allerdings nicht gewürfelt, sonder sehr nachvollziehbar gerechnet. Erst wird geschaut, ob es in Nachbargebieten Unterstützung für Angreifer oder Verteidiger gibt – hat jemand in der Planungsphase dort den entsprechenden Befehl ausgelegt? Wenn nicht, wird die Kampfstärke aufgrund der vorhandenen Truppen ermittelt: Krieger = 1, Ritter = 2, Schiff = 1. Gibt es Boni aufgrund eines Verteidigungsbefehls? Falls nicht, kann man zum finalen Wert noch eine Hauskarte geheim spielen – das sind fürstliche Verwandte oder treue Gefolgsleute wie etwa Lord Mormont bei den Starks oder Lord Tyrion bei den Lannisters.
Kampf um ein Gebiet
Sehr schnell bemerkt man allerdings, dass es in diesem Spiel um mehr als Gefechte geht und dass man sowohl die Unterstützung der Truppen als auch geostrategische Details beachten sollte. Der in sechs Stufen regulierte Nachschub spielt dabei eine wichtige Rolle, denn man kann nur so viele Truppen halten wie man auch versorgen kann. Nur wer ertragreiche Gebiete auf der Karte kontrolliert und weiter erobert, kann sich auch den Unterhalt größerer Armeen leisten. Und der Unterschied ist enorm: Wer nur zwei Nachschub-Symbole in seinem Einflussbereich besitzt, darf gerade mal drei Armeen in den Stärken 3, 2 und 2 halten. Wer auf fünf zurückgreifen kann, darf vier Armeen in den Stärken 4, 3, 2 und 2 führen. Die Stärke bezieht sich dabei einfach auf die Zahl der Truppen, egal ob es sich dabei um Ritter, Krieger oder Schiffe handelt. Eine 4er-Armee kann also aus jeder beliebigen Kombination dieser drei Typen bestehen.
Der wichtige Nachschub
Ausblick
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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