Resident Evil (Oldie) - Special, Action-Adventure, Spielkultur, PC

Resident Evil (Oldie)
27.01.2011, Michael Krosta

Special: Resident Evil (Oldie)

Was? Schon wieder ein Oldie des Monats? War das vor zwei Wochen nicht schon Dungeon Master? Richtig. Aber weil unsere Rückblicke so gut ankommen, lassen wir Singular mal Plural sein und drehen das Rad der Zeit ein weiteres Mal zurück - genauer gesagt ins Jahr 1996, in dem dank Resident Evil das Genre des Survival Horrors mit frischer Angst und fauligem Zombiegestank aus seinem Grab empor stieg...

Nein, entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist der PlayStation-Klassiker aus der Feder von Shinji Mikami nicht der Begründer des Survival Horrors - da war Infogrames mit dem 1992 veröffentlichten Alone in the Dark doch etwas schneller. Trotzdem sorgte Capcom für eine Renaissance des virtuellen Horrors, die mit prominenten Vertretern wie Silent Hill, Eternal Darkness und zuletzt Dead Space 2 bis heute anhält.

Die erste Begegnung mit den mutierten Hunden ist ein Schockmoment für die Ewigkeit.
Die Spielmechanik und Technik hat sich seit damals zwar verändert, doch das Ziel ist gleich geblieben: Mit gezielten Schockmomenten, bedrohlichen Situationen, düsteren Schauplätzen und Psycho-Spielchen will man den Spieler in den Wahnsinn treiben und ihnen im Überlebenskampf einen Adrenalin-Kick verpassen.

Ein neues Gefühl

Ich kann mich noch genau an meine erste Begegnung mit Resident Evil erinnern: Eigentlich steckte ich gerade mitten in der mittlerweile indizierten Alien Trilogy von Acclaim und meinte irgendwann zu einem Kumpel, dass ich dort teilweise Angst habe, mit knapper Munition einen der düsteren Gänge entlang zu gehen - und dann auch noch diese Furcht einflößende Musik... "Das ist doch gar nichts", erwiderte er. "Zock mal Resident Evil, dann weißt du, was echter Horror ist". Gesagt, getan und schon ein paar Tage später stand ich bei ihm auf der Matte, um mir dieses "Grusel-Spiel" vorführen zu lassen. Dabei war ich zunächst eher geschockt von diesem trashigen Intro mit Real-Schauspielern, Pixel-Blut und C-Movie-Flair. Auch die ersten Minuten im mysteriösen Herrenhaus konnten mich trotz Zombie-Begegnungen und durch Fenster springende Köter noch nicht vom Hocker reißen - das sollte wirklich gruseliger sein als Alien Trilogy?!

Barry rettet Jill vor einem fauligen Zombie. Was geht in diesem alten Herrenhaus vor?
Ich war skeptisch. Trotzdem lieh ich mir das Spiel von ihm aus - in der Hoffnung, dass es vielleicht doch noch besser werden würde. Und ich wurde nicht enttäuscht...

Von den Aliens ins Herrenhaus

Gerade beim Survival Horror ist es ein gewaltiger Unterschied, ob man das Spiel bei Tageslicht bei einem Freund ausprobiert oder nachts allein vor dem Bildschirm klebt und die Anlage aufdreht. Erst als ich mich wahlweise mit Chris Redfield oder Jill Valentine allein durch die Zimmer, Verstecke und Gewölbe des unheimlichen Anwesens in der Nähe von Raccoon City gekämpft und gegruselt habe, konnte ich die Angst-Aussage schließlich nachvollziehen. Alleine bei der Musik mit ihren tiefen Streichern kann einem schon ein Schauer über den Rücken laufen, wenn man in einem dunklen Raum sitzt. Doch auch die für damalige Verhältnisse phänomenale Grafik hat einen entscheidenden Teil zur Atmosphäre beigetragen: Vor allem die vorgerenderten Hintergründe, die oft in dramaturgisch aufregenden Kamerwinkeln inzeniert wurden, waren eine Augenweide. Doch auch die Polygonmonster vom einfachen Zombie über hinterhältige Hunter bis hin zu ekelhaften Spinnen konnten sich sehen lassen. Unvergessen bleibt für mich der Kampf gegen die gigantische Giftschlange oder das Herzschlag-Finale gegen den mächtigen Tyrant.

Micha allein Zuhaus

Neben der Splatter-Action hatte der Titel auch einige Rätselelemente zu bieten, obwohl meist nur Schalter in einer bestimmten Reihenfolge gedrückt oder diverse Schlüssel sowie Artefakte gefunden werden mussten, mit deren Hilfe man Zugang zu neuen Bereichen des Anwesens bekommen konnte. Manchmal spielte es sogar eine Rolle, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, um eine Zwischensequenz betrachten zu können. Zudem gab es nicht nur aufgrund der beiden Protagonisten verschiedene Endsequenzen - insgesamt acht an der Zahl.

Der Kampf gegen die Giftschlange war einer der ersten Bosskämpfe...mit Biss.
Auch manche Taten im Spiel haben darüber entschieden, ob z.B. ein bestimmter Charakter überlebt oder nicht (Stichwort: Barry). Selbst das Auftreten von Figuren kann ausbleiben: Während Rebecca Chambers in Jills Abenteuer mit keinem Wort erwähnt wird, trifft man sie mit Chris sogar persönlich und hilft ihr sogar.

Schlüsselsuche

Ein Kernelement der Spielmechanik lässt sich zwar nicht logisch erklären, sorgt aber immerhin für Dramatik - und das sogar noch beim Reboot der Serie mit Resident Evil 4: Man hat als Spieler nicht die Möglichkeit, sich gleichzeitig zu bewegen und zu schießen. Auch der konstante Munitionsmangel trieb mir mehr als einmal die Schweißperlen auf die Stirn - genau wie das Speichersystem mit seinen begrenzten Farbbändern, Schreibmaschinen und Inventar-Kisten. Wenn man sich mit knapper Lebensenergie, kaum Munition und ohne die heilende Wirkung von grünen Kräutern bis zum nächsten Speicherraum schleppen musste, lernte man diese Designentscheidung zu hassen.

Rennen oder schießen

Etwa ein Jahr nach der Veröffentlichung schob Capcom den Director's Cut nach. Neben der Originalversion enthielt dieser einen leichteren Schwierigkeitsgrad sowie die besagte Neufassung, bei der viele Kameraperspektiven geändert und die Gegenstände an anderen Orten versteckt oder platziert wurden.

Im Gegensatz zu Jill ist Chris am Anfang lediglich mit einem Messer bewaffnet - überhaupt ist das Spiel mit dem männlichen Hauptdarsteller anspruchsvoller.
Die Gegner treten in der neuen Version außerdem stärker auf und erscheinen teilweise ebenfalls an anderen Stellen. Der Zugang zum Kleiderschrank, den man bei Original erst freispielen musste, steht hier außerdem von Anfang an zur Verfügung, so dass man schon kurz nach dem Spielstart in verschiedene Outfits schlüpfen kann. Die Videosequenzen wurden ebenfalls leicht verändert: Zum einen wurde Intro und Epilog jetzt in Farbe abgespielt (das Original war schwarzweiß), zum anderen gab es die ungeschnittenen Versionen zu sehen, die zuvor nur in der US-Version von Resident Evil enthalten waren. Ein eher unrühmliches "Feature" des Director's Cut waren außerdem die unterirdischen Übersetzungsfehler, bei denen der Dietrich einfach mal zum Dum-Dum-Geschoss wurde. Peinlich. Trotzdem zählt für mich auch diese überarbeitete Version zu den Klassikern, die man unbedingt mal gespielt haben sollte, auch wenn es das grandiose Remake für Gamecube (und später auch Wii) schwer macht, noch mal zum PlayStation-Original zurückzukehren. 

Der Director's Cut

Michael Krosta