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GT Academy
27.07.2012, Michael Krosta

Special: GT Academy

Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit: Von knapp 100.000 deutschen Teilnehmern trafen die 32 besten und schnellsten Fahrer der GT Academy 2012 aufeinander, um im Deutschland-Finale dem Traum einer Rennfahrerausbildung ein Stück näher zu kommen. Wir waren live am Nürburgring dabei, wo die Finalisten zum ersten Mal nicht nur an der PS3, sondern auch hinter dem Steuer eines echten Nissan 370z ihr Können unter Beweis stellen mussten...

Die 32 besten und schnellsten deutschen Fahrer der GT Academy 2012 trafen am Nürburgring aufeinander.
In der Vergangenheit war die Qualifizierung relativ simpel: Auf einem vorgegebenen Kurs galt es, im bereitgestellten Nissan-Boliden mit dem vorgefertigten Setup die schnellste Rundenzeit in den Asphalt zu brennen. In diesem Jahr wurden die Bedingungen allerdings erstmals verschärft, denn statt nur einer Piste musste man im Zeitraum zwischen dem 1. Mai und 25. Juni diverse Herausforderungen im Stil der Fahrschule bestehen. In keinem Land Europas ist die Begeisterung für Sonys Wettbewerb so groß wie in Deutschland – entsprechend hoch ist die Anzahl an potenziellen Konkurrenten, die hier aufs virtuelle Gaspedal treten.

Höhere Anforderungen

Und aus diesem Grund wurden die Regeln in diesem Jahr leicht angepasst: Wurde bisher nur einem einzigen Gran Turismo-Spieler aus ganz Europa die Ehre zuteil, nach der dreimonatigen Rennfahrerausbildung beim 24h-Rennen von Dubai an den Start zu gehen, bekommen in dieser Saison zwei Finalisten die Chance – und einer von ihnen wird definitiv aus Deutschland kommen.

Volle Konzentration!
Entsprechend sind die 32 Teilnehmer mit einer Extraportion Motivation in die Eifel gereist, wo man sich wie schon vor zwei Jahren im atmosphärischen Ambiente des Ringwerks zum Rasen an den GT-Stationen einfand. Die erste Hürde: Man musste die Top 18 erreichen, um sich für das Finale und die erste Fahrpraxis im realen Boliden am nächsten Tag zu qualifizieren.

Um die Sache möglichst fair zu gestalten, wurden die Gruppen mit bis zu sechs Fahrern immer wieder bunt durchgemischt, so dass sich die Teilnehmer ständig mit neuen Gegnern messen mussten. Um potenziellen Pistenrowdies einen Riegel vorzuschieben, wurde zum einen das einfache Strafsystem im Spiel aktiviert, wodurch z.B. Abkürzungen der Strecke automatisch mit einer Zeitstrafe geahndet wurden. Zum anderen hatten drei Schiedsrichter ein ständiges Auge auf die Kandidaten und fungierten als Renn-Stewards. Würde sich einer der Fahrer durch unfaire Aktionen wie Rempeln oder Abdrängen einen Vorteil verschaffen, musste er mit einer anschließenden Strafe rechnen.

Fair geht vor

Die Schiedsrichter hatten einige kritische Situationen zu beurteilen.
Doch wo zieht man die Grenze? Was ist ein normaler Rennunfall und was eine vorsätzliche Rempel-Attacke? Zwischendurch kam es immer wieder zu strittigen Situationen, die nicht nur zu Diskussionen unter den Fahrern, sondern auch zwischen den Schiedsrichtern führten, die ihre Sache meist gut gemacht und die richtigen Entscheidungen getroffen haben.

Wie schon im Rahmen der Online- und Event-Qualifikation wurden die Fahrzeuge für die Chancengleichheit vorgegeben und das Herumschrauben am Setup war bis auf das Einstellen der Bremsbalance deaktiviert. Zudem mussten mit Ausnahme des ABS sämtliche Fahrhilfen deaktiviert werden, so dass die Piloten ohne Traktionskontrolle und mit manueller Schaltung die Pisten in Angriff nahmen. Bevor es ans Eingemachte ging, konnten sich die Teilnehmer in einer Warmup-Session zunächst auf dem Twin Ring Motegi einfahren und sich an Logitechs Driving Force GT-Lenkrad gewöhnen, dessen Pedalerie meistens mit Strümpfen bearbeitet wurde. Schade, ich hätte eigentlich damit gerechnet, dass bei diesem Wettbewerb Thrustmasters Nobel-Wheel T500 RS zum Einsatz kommt, doch wollte man hier vermutlich dem Gewohnten vor dem Außergewöhnlichen den Vorzug geben und die Spieler nicht mit einer überwiegend unbekannten Hardware konfrontieren.

Wettbewerbsvorteil?

Auf dem Monitor konnte man sich über den aktuellen Punktestand informieren.
Noch bevor es überhaupt um Punkte ging, kam es im Rahmen des Warmups zu ersten Diskussionen – nicht etwa wegen eines ruppigen Verhaltens auf der Strecke, sondern aufgrund der Verwendung von Headsets. Problem: Sony hatte es versäumt, die Spielstationen mit Kopfhörern auszustatten und nicht jeder der Kandidaten hatte daran gedacht, einen eigenen von zu Hause mitzubringen. Man konnte die Argumentation durchaus nachvollziehen, dass Fahrer mit Headsets einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz genießen – vor allem, weil die läppischen TV-Lautsprecher nicht gerade einen tollen Sound lieferten und die Hintergrundmusik im Ringwerk unter Umständen die Konzentration stören könnte. So gab es Überlegungen, die Headsets zugunsten der Chancengleichheit komplett zu verbieten – sehr zum Unmut derjenigen, die an das wichtige Utensil gedacht hatten und folglich protestierten. Mit Erfolg: Nach den Beratungen wurde die Verwendung von Kopfhörern freigegeben. Wer keinen dabei hatte, hatte Pech gehabt oder musste darauf hoffen, ein Exemplar von den Konkurrenten ausleihen zu dürfen.

Die erste Hürde war für diese Fahrer am Ende des ersten Tages geschafft.
Nachdem das geklärt war, wurde es ernst: Hinter dem virtuellen Steuer eines Nissan 370Z ging es auf dem GP-Kurs des Nürburgrings um erste Punkte. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl und des umfangreichen Rennprogramms durften die Kandidaten nach einer In-Lap nur eine gezeitete Runde für die Position in der Startaufstellung fahren – entsprechend hoch war der Druck, in dieser einen Runde bei voller Konzentration keine unnötigen Fehler zu machen. Genau wie in der Realität kann auch im Spiel eine gute Startposition entscheidend für den Sieg sein – vor allem, weil man aufgrund der kurzen Rennen über zwei Runden nicht viel Zeit hatte, sich nach vorne zu kämpfen. Trotzdem bedeutete eine schlechte Quali-Runde nicht automatisch das vorzeitige Aus, da man beim Start mit einem guten Timing beim Loslassen der Bremse schon Plätze gutmachen oder auf einen Fehlstart der Mitbewerber hoffen konnte.

Punktesammler

Schon beim ersten Rennen gab es eine umstrittene Szene: Am Eingang der Dunlop-Kehre schoss plötzlich ein Nissan ungebremst von hinten heran und kassierte mit Glück die beiden Führenden, weil er sich etwas abseits der Strecke bewegte und sich quasi durchgedrängelt hatte. Klar, dass die Opfer diese harte Aktion umgehend mit Beschwerden quittierten, doch das war nur eine von vielen Situationen, mit denen sich die Schiedsrichter im Laufe des langen Abends auseinandersetzen mussten, der erst gegen 22:00 Uhr endete.

Echtes Lenkrad statt Controller: Der erste Praxistest in einem realen 370Z.
Zuvor galt es aber noch, zwei weitere Runden zu überstehen, bei denen sich langsam aber sicher die ersten Favoriten herauskristallisierten: Zum einen wurde in Drei-Runden-Rennen der Nissan Fairlady Z über die östliche Kurzstrecke des Twin Ring Motegi gescheucht und zum anderen mussten die Fahrer einen PS-starken Nissan GTR SpecV eine Runde lang in Suzuka beherrschen. Je später der Abend, desto höher kochten die Emotionen – vor allem bei den Fahrern, die in späteren Rennen unter dem Druck standen, gute Ergebnisse für ein Weiterkommen einfahren zu müssen. Da wurde über die eigenen Fehler geflucht und geschrien – bei dem einen oder anderen lagen die Nerven sogar so blank, dass die Schuhe vor Wut durch den Raum getreten oder Kappen auf den Boden gepfeffert wurden. Für Unmut sorgte zudem ein kleiner Zwischenfall, bei dem die Startreihenfolge nach der Qualifikation aus Versehen vertauscht wurde – mit dem Ergebnis, dass er Kampf um die Pole Position wiederholt werden musste.     

Emotionen kochen hoch

Am Ende des Tages mussten die ersten 14 der 32 Teilnehmer den Motor abstellen – für sie war der Traum einer möglichen Rennfahrerkarriere vorbei. Positiver Nebeneffekt: Sie können - wie alle anderen auch - im nächsten Jahr einen neuen Versuch wagen. Wer es dagegen ins Race Camp nach Silverstone schafft, nimmt eine einmalige Gelegenheit wahr und ist für zukünftige Wettbewerbe rund um die GT Academy gesperrt. Folglich müssen die Kandidaten abwägen, ob sie schon bereit sind für den großen Schritt oder weiter trainieren wollen, um in den nächsten Jahren gestärkt einen weiteren Anlauf zu wagen.

Auch Michael durfte eine Runde auf dem Parcours drehen.
Trost für alle vorzeitig Ausgeschiedenen: Während die verbliebenen Teilnehmer am nächsten Tag weiter unter höchster Anspannung um Punkte kämpfen mussten, konnte es der Rest bei einer kleinen Go Kart-Meisterschaft lockerer angehen lassen. Für die Kandidaten ging es dagegen  zurück ins Ringwerk an die Spielstationen, wo sie in einer Finalrunde erneut auf den Twin Ring Motegi und den Nürburgring zurückkehrten - dieses Mal in einem Nissan Calsonic IMPUL-GT-R. Danach folgte der Höhepunkt des Wochenendes: Das Zeitfahren hinter dem Steuer eines echten Nissan 370Z auf einer ADAC-Teststrecke, die nicht nur Slalomfahrten zwischen engen Pylonen erforderte, sondern stellenweise bewässert wurde und mit einem künstlichen Rutschbelag die Kandidaten und das Grip-Niveau auf eine harte Probe stellte.

Das große Finale

Entsprechend resultierten die ersten Probefahrten mit den Nissan-Instrukteuren auf dem Beifahrersitz nicht selten in Drehern, die im Ernstfall das vorzeitige Aus bedeutet hätten. Entsprechend klar war die Ansage der Juroren, denen auch Rennfahrer Peter Terting angehört: Kein unnötiges Risiko, keine Showeinlagen in Form von Drifts! Stattdessen legten sie den Fahrern nahe, lieber langsamer, aber dafür kontrollierter die Teststrecke in Angriff zu nehmen. Auch wir Journalisten durften uns hinter das Steuer des 370Z klemmen und aus erster Hand erfahren, dass es der Praxistest auf der eng gesteckten Piste durchaus in sich hat.

Beim Fitnesstest waren u.a. Sprungkraft...
Während die erste Gruppe den Unterschied zwischen dem Real Driving Simulator und der Realität kennen lernte, musste sich die andere Hälfte zunächst in einer Pressekonferenz beweisen. Hier wurde jeder einzelne Kandidat zusammen mit der Jury und Medienvertretern in einen Raum geführt und musste sich den Fragen stellen, die sich z.B. rund um den persönlichen Hintergrund, Träume und Ziele sowie Idole drehte. Auch in dieser Disziplin wurden wichtige Punkte für das Auftreten verteilt, wobei zwischendurch sogar auf Englisch umgeschaltet wurde. Kein Wunder: Spätestens in Silverstone geschweigedenn beim 24h-Rennen in Dubai wird man mit Deutsch alleine nicht besonders weit kommen. Große Sorgen muss man sich bei Sony und Nissan allerdings nicht machen, denn die meisten Kandidaten haben sich in diesem „Kreuzverhör“ gut geschlagen.

Pressekonferenz

...und Ausdauer gefragt.
Für den Abschluss hatten sich die Organisatoren noch etwas ganz Besonderes aufgehoben: Im Fitness-Test mussten die Teilnehmer zeigen, dass sie auch den physischen Anforderungen der Rennfahrerkarriere gewachsen sind. Motorsportler wie Michael Schumacher zeichnen sich nicht nur durch ihr Talent aus, sondern müssen auch außerhalb des Cockpits trainieren, um ihre Topleistungen abzurufen. Und so mussten auch die Kandidaten in der ungewöhnlich sonnigen Eifel für das Weiterkommen schwitzen – sei es durch eine Sprungübung, Liegestütze oder einen Ausdauer-Lauftest mit immer schnelleren Audio-Intervallen, bei deren Ertönen man die Linie auf der jeweils gegenüberliegenden Seite erreicht haben musste. Ja, hier wurde die Kondition der Sportler auf eine harte Probe gestellt und die wenigen älteren Teilnehmer mit einem Alter über 40 Jahren konnten bei den teils durchtrainierten Jungspunden nicht mehr so einfach mithalten wie beim Rasen an der Konsole. Den Respekt haben sie sich trotzdem verdient, sich dem Wettbewerb zu stellen.   

Fit for fun

Am Ende konnten sich folgende zwölf GT Academy-Teilnehmer gegenüber den Mitbewerbern durchsetzen:  Andres Monzon (Bayreuth), Denny Görsdorf (Leipzig), Erik Mertens (Using), Nick Sepec (Wermelskirchen), Nils Müller (Leipzig), Patrick Langkau (Güthersloh), Patrick Weking (Vlotho), Peter Heusel (Berlin), Peter Pyzera (Gladbeck), Robert Geßler (Gransee), Thomas Enning (Ingolstadt) und Thomas Schmidt (Asperg). Sie werden im August sieben Tage lang im englischen Silverstone weitere Herausforderungen gegen nationale und internationale Gegner bestreiten. Sowohl der beste europäische als auch ein deutscher Fahrer werden anschließend in einem dreimonatigen Intensivtraining zum Rennfahrer mit entsprechender Lizenz ausgebildet, der im Januar 2013 beim

Diese 12 Kandidaten haben es geschafft: Sie fahren in August ins Race Camp nach Silverstone. Einem von ihnen winkt auf jeden Fall eine Rennlizenz sowie die Teilnahme am 24h-Rennen von Dubai.
24h-Rennen in Dubai mit dem Nissan-Team in einem 370Z GT4 an den Start geht.

Die Sieger

„Um ein richtig guter Rennfahrer zu werden, benötigt man mentale Stärke und Konzentration, die unsere Finalisten alle mitbringen durch ihre lange Erfahrung mit Konsolenspielen. Aber man braucht natürlich auch ein Gefühl für das Auto in der Realität, man muss fit sein und mit Druck umgehen können – und in Silverstone werden wir sehen, wer am Ende siegreich ist“, meint Terting. „Die Academy, die durch Nissan und PlayStation ins Leben gerufen wurde, ist wirklich eine einmalige Möglichkeit für junge Leute. Gerade in der heutigen Zeit ist der normale Weg über Kart- und Formelmeisterschaften sehr schwer, man benötigt viel Geld und geduldige Eltern - daher ist dieser Wettbewerb wirklich klasse! Ich freue mich schon sehr auf die spannenden Tage in Silverstone im August.“