Final Symphony - Special, , Allgemein, Spielkultur

Final Symphony
21.01.2013, Benjamin Schmädig

Special: Final Symphony

Eckehard Stier dirigierte bereits Symphonic Fantasies und wird mit Final Symphony auch in diesem Jahr ein Konzert mit Musik von Nobuo Uematsu leiten. Wie steht ein studierter Dirigent, der mit klassischer Musik aufwuchs, zu den Soundtracks aus Videospielen? Und wofür ist ein Dirigent eigentlich zuständig?

Eckehard Stier: Das ist in jedem Moment meines Lebens komplett unterschiedlich. Es gibt Augenblicke, in denen ich neugierig bin auf neue Einflüsse, Stile und Klänge, es gibt

Am 11. Mai wird Eckehard Stier mit dem Sinfonieorchester Wuppertal Musik aus Final Fantasy aufführen. Am 30. Mai dirigiert er für Final Symphony das London Symphony Orchestra.
Zeiten, in denen ich durch meinen Beruf als Dirigent auf „klassische“ Musik fixiert bin und ich einfach zu studieren habe. Und es gibt Tage, an denen ich aufgrund von Erschöpfung einfach nur die Musik der Stille genieße, da diese neue Musik gebiert.  

4Players: Herr Stier, welche Musik hören Sie privat am liebsten?

Stier: Das ist relativ stringent und einfach: Als Mitglied des Dresdner Kreuzchores träumte ich zuerst davon, Pianist zu werden. Die Zeit zum Üben gab es jedoch nicht. Mit 14 Jahren jedoch spürte ich ein großes Verlangen, Verantwortung zu übernehmen und ein Orchester zu leiten. Wenig später ermöglichte mir mein Vater den ersten Unterricht. Nach dem Abitur begann ich dann auch direkt mit dem Studium, welches ich nach wenigen Jahren gegen meinen ersten Job an einem großen Opernhaus tauschen konnte. Es war eine aufregende Zeit, da die Verbindung aus Studium und Praxis mir größtmöglichen Zugang zu meiner Fortbildung verschaffte.

4Players: Sie haben in Dresden u.a. Orchesterdirigieren studiert. Was gab den Ausschlag für eine Laufbahn als Dirigent?

Stier: Oh, darüber wurden ganze Bücher geschrieben. Das Aufgabenfeld eines Dirigenten ist ein Großes. Neben der ganz offensichtlichen Aufgabe das Orchester zu leiten, Proben zu führen und Aufführungen zu dirigieren gibt es tausende administrative Dinge.

4Players: Die Wenigsten sind mit der Arbeit eines Dirigenten vertraut. Wofür ist er zuständig? Welchen Einfluss hat er auf das Orchester?

Die Art und Weise der direkten musikalischen Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt: Wo früher häufig Despoten und Feldmarschälle den Klangkörpern

"Unser Beruf hat viel mit Psychologie zu tun." Moderne Dirigenten müssen "smarte, verbindende Charaktere" sein.
vorstanden, sind es heute smarte und verbindende Charaktere. Unser Beruf hat viel mit Psychologie zu tun. Wenn ein Dirigent einer Gruppe von 50 bis 120 Menschen fast täglich gegenübersteht, so ist das eine große Herausforderung - für beide Seiten.  

Stier: Spielemusik und Filmmusik haben viele Ähnlichkeiten. Wo jedoch in der Filmmusikbranche auf bilderunterstützende Emotion gesetzt wird, greift das Team um Thomas Böcker auf musikalische Themen zurück, welche jeder kennt. Damit bauen wir Geschichten, Emotionen und Fluss von Gefühlen im Zuhörer. Besonders liebe ich, wenn das asiatische Kolorit hindurch schimmert, wenn die Fantasien zurück zu ihren Wurzeln kehren - nach Japan.

4Players: Als jemand, der sein berufliches Leben der klassischen und modernen Orchestermusik gewidmet hat: Was ist das Besondere der Spielemusik? Gibt es Merkmale, an denen sie Spielemusik auf Anhieb erkennen könnten?

Stier: Meine Erfahrungen mit Videospielen liegen doch einige Jahre zurück. Als musikalischer Weltbürger habe ich leider keine Zeit für ein so zeitaufwändiges Hobby wie Videogames. Jedoch: Ende der 90er spielte ich einmal ein Spiel bis zum Ende und weiß seitdem, wie faszinierend und süchtig machend das sein kann...

4Players: Spielen Sie selbst Videospiele? Inwiefern sind Sie mit dem Medium vertraut?

4Players: Als Dirigent schauen Sie auch hinter die Noten, also auf die handwerkliche Klasse der Partituren. Ist Spielemusik anderen Orchesterwerken ebenbürtig? Allgemein gesprochen, soweit das möglich ist: Was gelingt ihr gut und wo liegen Ihrer Meinung nach Schwächen?

Stier: Jede einzelne Partitur hat ihre eigene Farbe, ihren eigenen Charakter. Das ist immer sehr stark abhängig von der Klasse des Menschen, welcher hinter der Partitur steckt. Wir haben mit den Produktionen von Thomas Böcker in den vergangenen Jahren I

Interview mit Nobuo Uematsu: Auch der große Final Fantasy-Komponist stand uns im Interview Rede und Antwort.
bei jeder Produktion mindestens einen Schritt nach vorne gemacht. Besonders die Entwicklung der Arrangeure ist in meinen Augen sehr beeindruckend.

Die Frage nach schlechter oder guter Musik würde ich gerne so beantworten: Es gibt immer mindestens zwei Sorten: Musik, die gefällt und Musik, welche niemanden erreicht. So gibt es unzählige klassische Stücke, welche über die Jahrhunderte vergessen wurden – und das zu Recht. Auf der anderen Seite: Ist Final Fantasy erfolgreich, lieben die Zuhörer diese Konzerte? Ja! Das ist die Antwort und gibt Auskunft über die Qualität.

Stier: Oh, also einen persönlicher Favoriten zu benennen ist schwierig: Aber vielleicht mag ich die Fantasy II über Secret of Mana aus Symphonic Fantasies am meisten. Hier ist Musik entstanden, welche atemberaubende Stimmungen provoziert, herrliche Melodien erklingen lässt und einem einfach unter die Haut geht. Oder das Stück zu Final Fantasy. Es gefällt mir immer, wenn Musik neben der Energie Gefühle zu transportieren im Stande ist.

Durch die Güte der Arrangements der Kompositionen soll sich Final Symphony von anderen Final-Fantasy-Konzerten unterscheiden.
Und wissen sie, worauf ich besonders stolz bin? Spielemusik in dieser Güteklasse kann es problemlos mit den Besten der Filmmusikbranche aufnehmen!

Das Tokioter Projekt Symphonic Fantasies im vergangenen Jahr stimmte in seiner Grundform und die Architektur war großartig.

4Players: Welche Spielesoundtracks haben bisher den stärksten Eindruck bei Ihnen hinterlassen? Welche Komponisten stechen hervor und wodurch zeichnen sie sich aus?

Stier: Einer der Gründe, warum ich bei diesen Produktionen teilhabe, ist die hohe künstlerische Qualität. Final Symphony sind große Geschichten, in großen musikalischen Blöcken erzählt und irgendwie der sinfonischen Tradition verpflichtet. Wir legen großen Wert auf die Güte der Arrangements der Kompositionen. Jonne Valtonen und Roger Wanamo bringen sich kreativ selber ein, auch ich kann im Laufe der Proben noch viele Dinge justieren. Dynamik und Tempo ändern, Akzente groß und mächtig machen und andere Linien weicher. Wir versuchen, die Ressource des Orchesters auszuschöpfen. Das unterscheidet uns von anderen Produktionen, die mehr wie Popkonzerte aufgebaut sind.

4Players: Mit Final Symphony wird erneut Musik aus Final Fantasy gespielt – eine der am häufigsten aufgeführten Soundtrack-Serien. Wodurch will sich das Konzert von anderen, wie z.B. Distant Worlds, abheben?

Stier: Aber selbstverständlich! Sie können mir glauben, das Medium Orchester ist extrem spannend und noch lange nicht am Ende seiner Möglichkeiten. Die Kombinationsmöglichkeiten der Instrumente kreiert unzählige Klangwelten, die lebendig sind, da sie von Menschen aus Fleisch und Blut geschaffen werden. Das wird ein Computersound nie kopieren können.

4Players: Könnte die orchestrale Aufführung von Spielemusik dazu beitragen kann, Menschen an Orchestermusik heranzuführen?

Und ein kleines Geheimnis: Wenn es um mich herum tost und braust, der Klang einen ganz einhüllt, dann bekomme ich auch nach vielen Jahren im Beruf eine Gänsehaut.