Der Widerstand - Special, Brettspiel, Spielkultur

Der Widerstand
17.05.2013, Jörg Luibl

Special: Der Widerstand

Sabotage und Spionage

Was spielt man, wenn man fünf, sechs, sieben oder gar zehn subversive bis rebellische Freunde zu Besuch hat? Den Widerstand! Es muss den Großkonzernen doch endlich mal an den Kragen gehen – am besten mit gut geplanter Sabotage. Leider gibt es ein Problem: Auch die Spione sitzen in diesem konspirativen Kartenspiel vom Heidelberger Spielverlag am Tisch.

Der Widerstand für fünf bis zehn Spieler ist komplett auf Deutsch für knapp 15 Euro beim Heidelberger Spielverlag erschienen.
Es wird laut am Tisch, als die Karten offen liegen: Schon wieder ein Fehlschlag? Welcher Verräter hat das denn bitte zu verantworten? Sandra, Jörg oder Nadine? Ben oder Jan? Alle schauen sich an, ersten Verdächtigungen folgen fiese Beschuldigungen – und keiner will es gewesen sein. Dabei arbeiten alle fünf Mitspieler offiziell für den Widerstand gegen den Großkonzern.

Das kollektive Misstrauen

Aber zu Beginn werden zufällig zwei Spione bestimmt (je nach Teilnehmerzahl können es auch drei oder vier sein), die nur so tun, als würden sie bei der Sabotage mitmachen. Und hier liegt der Reiz der kommenden fünf Runden. Gelingt es ihnen, drei von fünf Aufträgen in Fehlschläge zu verwandeln, haben sie gewonnen – umgekehrt siegt der Widerstand. Er kann also besser bluffen, taktieren und schauspielen?

Schon zu Beginn müssen alle die Augen schließen, damit sich die beiden Spione auf Kommando kurz ansehen können – nur so können sie sich taktisch unterstützen. Zum Beispiel, indem sie gezielt über Kommentare oder bei Abstimmungen für Misstrauen sorgen. Man kann zwar optional auch ohne diesen Austausch loslegen, aber gerade mit

Man braucht nicht viel Platz - es sei denn, mehr als fünf Leute sind dabei.
Einsteigern sollte man dem Großkonzern diesen Wissensvorsprung geben.

Das Schöne an diesem einfachen Kartenspiel um Identitäten und Tarnung ist, dass es mit wenigen Regeln für große psychologische Spannung sorgt. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass jeder auch seine Rolle spielt und nicht schummelt.

Wie funktionieren die Missionen? Je nach Spielerzahl bestimmt der Anführer des Widerstandes, wer von den fünf bis zehn Kämpfern zur Sabotage eingesetzt wird – das können zwei bis fünf sein; auch er selbst. Die bekommen dafür symbolisch Waffen von ihm zugewiesen. Aber jetzt müssen die anderen mit den Kärtchen Pro und Kontra bestimmen, ob sie mit der Wahl des Teams zufrieden sind. Dann werden die Karten offen gelegt – jeder sieht also, wer zufrieden mit der Entscheidung des Anführers war oder eben nicht. Bei einer positiven Mehrheit darf der Auftrag ausgeführt werden; bei einer negativen wird der Anführer entmachtet und die Rolle wechselt im Uhrzeigersinn.

Offene und geheime Abstimmungen

Die Karten und Marker sind schlicht, aber ansehnlich illustriert.
Passiert das fünfmal hintereinander, gewinnen die Spione. Aber das ist sehr selten, denn in dieser ersten Phase tun geschickte Spione so als würden sie dazu gehören, denn jeder sieht ja noch, wer wie abstimmt - daher wirkt das zu Beginn fast ein wenig überflüssig. Aber wenn die Teilnehmer der Mission fest stehen, geht es ans geheime Eingemachte: Denn nur diese bestimmen dann per verdeckter Karte, ob es einen Erfolg oder Misserfolg gibt. Der Anführer sammelt diese ein, mischt sie und deckt sie für alle auf. Hier reicht schon ein Misserfolg, um eine ganze Mission zum Scheitern zu bringen! Es kann sein, dass zwei Missionen lang alles glatt geht, aber spätestens ab der dritten müssen die Spione zuschlagen – sie stehen also auch unter Druck.

Wie oben schon erwähnt, kann man die Regeln natürlich an die Gruppe anpassen: Wer es den Spionen schwerer machen will, erlaubt die Kontaktaufnahme zu Beginn nicht. Außerdem gibt es zwei weitere Spielvarianten, die in der knackigen Anleitung vorgestellt werden: In „Gezieltes Vorgehen“ darf man die Missionen freier auswählen und es wird etwas mehr abgestimmt – das wertet die zahnlose erste Phase auf. In „Die Spannung steigt“ kommen schließlich eine bis drei Plotkarten hinzu. Die werden zu Beginn verteilt und verleihen spezielle Fähigkeiten wie das Austauschen von oder Spicken in die Karten des Nachbarn,

Mit den optionalen Plotkarten kommen Spezialfähigkeiten hinzu.
das Abstimmen vor allen anderen, das Outen gegenüber einem Mitspieler etc., die auch die Möglichkeit für kleine Konter bieten.

Optionale Regeln

Du? Das hätte ich nicht gedacht! Oh doch, in diesem subversiven Kartenspiel wird der Menschenkenntnis des Öfteren ein Schnippchen geschlagen – selbst Paare schauen sich verdutzt bis entsetzt an, wenn einer von beiden zum Verräter wurde. Besonders interessant ist das unbewusste Rollenverhalten, das manche an den Tag legen, nur weil sie Spione oder eben Rebellen sind. Der Widerstand inszeniert bei einfachem Regelwerk einiges an psychologischer Spannung und ist ideal für große Gruppen ab fünf und bis zehn Leuten. Je mehr mitmachen, desto mehr Laune macht das fünfzehn- bis dreißigminütige Katz- und Mausspiel. Schön ist, dass man einige der konspirativen Mechaniken anpassen und auf Wunsch noch Spezialfähigkeiten einsetzen kann. Wir haben jedenfalls in großer Runde einige böse Überraschungen erlebt.

Fazit

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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