Apidya - Special, Arcade-Action, PC, Spielkultur
Honig hin oder her: Ich kann Bienen nicht ausstehen. Und Wespen noch viel weniger. Vielleicht ein Kindheitstrauma? Wenn ich ganz tief in mich gehe, sehe ich den grünen Rasen im Freibad, einen unbedachten Tritt und kurz darauf das große Aua sowie einen Stachel, der in meinem Fuß steckt. Selbst heute können mir die Viehcher im Sommer selbst das leckerste Eis vermiesen, wenn sie ständig um meinen Kopf herum schwirren. Und wenn ich mir dann noch die Bilder von diesen chinesischen Killer-Hornissen anschaue, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.
Die Rache der Insekten
Aber selbst diese Monster sind noch harmlos gegen das, was das mutierte Killer-Insekt in Apidya anrichtet: Schwer bewaffnet mit aufrüstbaren Waffensystemen, Bomben und Drohnen legte es sich auf seinem Rachefeldzug u.a. mit riesigen Gottesanbeterinnen, gigantischen Maden oder einer verzottelten Schwester von Chucky der Mörderpuppe an. Auch Stechmücken, diverse Käfer, Spinnen, Schmetterlinge und Raupen waren vor dem Dauerbeschuss nicht sicher. Später wichen die organischen Gegner aber verstärkt mutierten Fantasie-Kreaturen und auch die Schauplätze wurden zunehmend düster: Summte man am Anfang noch durch saftig grüne Wiesen mit bunten Blumen sowie einen einladenden Teich mit schuppigen Fischen und Seerosen, wurde es in der siffigen Kanalisation mit ihren Spinnen, Kadavern und Müllbergen schon deutlich unangenehmer.
Techno-Party
Da mit jedem Ableben auch die Waffenstufen Schritt für Schritt zurückgesetzt werden, konnte man sich schon damals irgendwann jeden Neuversuch sparen, denn mit einer schlechten Ausrüstung wurden diese ohnehin schon nahezu unmöglichen Level noch unmöglicher. Damit war aber auch der Höhepunkt erreicht, denn die darauffolgenden Abschnitte wirkten gegen diesen knallharten Techno-Zirkus fast schon wie ein Kinderspiel, obwohl auch hier noch ein paar Schwergewichte wie ein immer größer werdender Fisch, ein skurriler Mutant sowie schließlich eine Mega-Hornisse als ultimativer Endgegner aufgefahren wurden.
Dunkle Magie
Und gerade damit hatte ich am Anfang noch meine Probleme: Ich weiß noch, als ich zum ersten Mal von Apidya hörte und mir nur dachte: „Was zum Geier? Warum soll ich da mit einer ballernden Biene durch die Gegend fliegen?“ Für mich gehörte in ein Shoot'em Up ein echtes Raumschiff. Oder die Kombination aus Heli und Jeep wie in SWIV. Oder ein Typ im Turrican-Anzug. Aber doch kein blödes Insekt – also Viehcher, gegen die ich gefühlt schon immer eine gewisse Aversion hatte. So eine abgedrehte Idee können auch nur wieder die Japaner haben. Glaubte ich zumindest. Aber weit gefehlt: Obwohl die Entwickler unter Kaiko firmierten, das weiß-rote Logo an die Flagge der Videospiel-Nation erinnerte und sogar der Apidya-Schriftzug mit Katakana unterlegt wurde, kam das Team aus Deutschland und bestand u.a. aus Peter Thierolf (Programmierer), Frank Matzke (Grafik) und dem Soundmagier Chris Hülsbeck, der auch hier wieder mit seinen melodischen Tracks bewies, warum er zu den besten Komponisten der Amiga-Ära gehörte. Alleine die Techno-Stücke waren eine Wucht, in denen er sich an L.A. Styles Klassiker „James Brown is Dead“ orientierte und sogar das eine oder andere Sample übernahm. Schön: Die Musik ließ sich im Start-Menü auch unabhängig vom Spiel auswählen und anhören. Später veröffentlichte Hülsbeck den kompletten und z.T. erweiterten Soundtrack von Apidya auf dem gleichnamigen Album, bei dem vor allem die orchestrale Titelmelodie viel besser zur Geltung kam, aber auch die Qualität der anderen Tracks mit satten Synthesizerklängen deutlich aufgepeppt wurden. Leider hatte die zweite Hälfte der Scheibe rein gar nichts mehr mit der Spielemusik zu tun und war stilistisch...nun ja...Geschmackssache.
Die Demo-Bekehrung
Und dann noch dieses fantastische Waffensystem: Mit jeder aufgesammelten Blüte rückte man auf der Symbolleiste am unteren Bildschirm ein Feld weiter nach rechts und bekam so den Zugriff auf immer durchschlagendere Extras und Power-ups, die sich teilweise sogar in mehreren Stufen verbessern ließen. Klar: Für Spielhallen-Besucher und NES-Virtuosen, die sich bereits mit Gradius vergnügt hatten, war das nichts Neues. Doch für mich als Konsolen-Verweigerer und Amiga-Enthusiast war das Taktieren mit den verschiedenen Möglichkeiten und die schrittweise Erarbeitung für stärkere Waffen in dieser Form eine kleine Offenbarung. Und dann noch diese coolen, zum Teil auch wunderbar abgedrehten Ideen: Sammelte man beim ersten Zwischengegner z.B. das umherfliegende Engelchen ein, landete man anschließend in einem kleinen Reaktionstest, bei dem man Engelchen einsammeln und Teufelchen ausweichen musste. Und nach dem Sieg über den aggressiven Maulwurf wartete schon das nächste Bonus-Level, wenn man sein mutiertes Insekt umgehend in dessen Bau manövrierte. Eine eher unangenehme Überraschung konnte man dagegen in den Kanalschächten entdecken: Flog man hier aus Versehen durch die giftigen Gase, wurde das Bild kurzerhand auf den Kopf gestellt.
Konsolen-Feeling am Amiga
Ein Clown zum Frühstück
Langer Rede, kurzer Sinn: Für mich zählt Apidya immer noch zu den besten Shoot'em Ups, die ich jemals spielen durfte – und das nicht nur am Amiga. Und schon wieder gerate ich ins Träumen: Diese Pracht in HD, mit flüssigen 60 Bildern pro Sekunde, noch mehr Parallax-Ebenen, krachenden Surround-Soundeffekten und aufbereiteten Musik-Tracks. Dafür würde ich glatt über meinen Schatten springen und mir freundschaftlich das nächste Sommer-Eis mit einer Wespe teilen. Ohne ihre Spezies danach ausrotten zu wollen.