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Z
14.01.2015, Benjamin Schmädig

Special: Z

"Feierabend."

Eine weibliche Stimme informiert mich darüber, dass ein "Fahrz (ab 49,95€ bei kaufen)eug hergestellt" oder ein "Sektor erobert" wurde – im Echtzeitgefecht liefern sich meine Truppen ein knappes Tauziehen mit einem bissigen Gegner. Dachte ich jedenfalls. Denn plötzlich merkt die Stimme mit Nachdruck an: "Hey, die gewinnen!" Und schiebt ein genervtes "Sie sind sauschlecht!" hinterher. Und das ist längst nicht alles, weshalb Z einen Heidenspaß machte!

Man kann nicht von Z sprechen, ohne über die Bitmap Brothers zu reden – ein kultiges Entwicklerstudio aus Großbritannien, das von 1988 an fast zehn Jahre lang unvergessene Klassiker schuf. Xenon, Speedball, Gods, The Chaos Engine: Die Liste ist nicht lang, aber höchst erlesen.

Klasse statt Masse

Es war die Geburtsstunde der Echtzeitstrategie, wie wir sie heute kennen. Zumindest hatte vor gerade mal einem Jahr, 1995, Command & Conquer eine Ära eingeleitet, die Hochzeit des Genres. Der Kampf um Territorien, endlich losgelöst

Bitmaps für die Ewigkeit: Pixelgrafik überdauert fast 20 Jahre besser als jedes Polygon.
von Zugbegrenzung, Sechsecken oder Rundenzwang, dominierte die Spielewelt ähnlich wie es Shooter heute tun.

Bis in die frühen Zweitausender waren die Gebrüder Bitmap noch aktiv. Doch schon im Jahr 1996 erschien ihr letzter großer Hit...

Z

Command & Conquer diente vielen Spielen als Blaupause: In Szenarien der Fantasy, Weltgeschichte bis hin zur Science-Fiction stürmten mal zwei, mal mehr Armeen aufeinander zu. Es gab Materialschlachten à la Total Annhihilation, es gab Schere-Stein-Papier-Taktik wie WarCraft 2.

Z warf fast die komplette Klischeekiste über den Haufen. Das begann mit dem einführenden Introfilm , in dem Brad und Allan nach einem wilden Saufgelage erwachen. Raketentreibstoff hatte es gegeben. Kein Wunder: Brad und Allan sind Roboter, die es mit ihrer Programmierung nicht ganz so eng sehen.

Und es gab viel zu wenige Ausnahmen, die dem Kreislauf aus Ressourcenabbau, Truppenkauf und Kampf frische Ideen entgegensetzten. Das grandiose Myth war eine solche Ausnahme.

Genau wie Z ein Jahr zuvor.

Ohne Zod kein Zed

Das ursprünglich für MS-DOS veröffentlichte Z ist heute noch spielbar: Der Oldie wurde zunächst für iOS und Android, später auch auf GOG und Steam veröffentlicht. Auf Valves Plattform erschien Ende letzten Jahres zudem der Nachfolger Z: Steel Soldiers.

Ihr Aufgabe? Sie steuern ein Versorgungsschiff, das ebenso blechbüchsene Soldaten für den Kampf ausrüstet. Und wenn man eine Schlacht dominiert, liegen Brad und Allan schon mal im Liegestuhl vor dem Hauptquartier.

Und heute?

Die PC-Versionen sind zwar Umsetzungen der Handy-Fassungen, weshalb sich die Steuerung vom Original unterscheidet. Schlechter als das ohnehin sperrige Z ist sie allerdings nicht. Die Mehrspielergefechte sind in den aktuellen Veröffentlichungen leider nicht enthalten.

Als ich gestern "nur mal einen Level" spielen wollte, konnte ich es irgendwann nicht lassen und habe die Blauen (die Roten sind hier die Guten) gewinnen lassen. Weil ich wusste, was kommt. "Es ist vorbei, der Feind hat gewonnen. Sie haben es versaut, sie erbärmlicher Hirni!", stellt Zod in einem Tonfall zwischen beinahe sachlich und dezent gereizt fest.

Wer sich mit andern Feldherren messen möchte, kann dies mit der Fan-Entwicklung The Zod Engine tun.

Die zwei Chaoten sind keine Spielfiguren. Sie quasseln, saufen und tanzen lediglich in kurzen Filmen, die einen Übergang von einem Einsatz zum nächsten herstellen.

Und sie verschlafen beinahe den Beginn, als General Zod... oh... General Zod!

Albern gegen das Klischee

Dieser Drill-Sergeant-Hartman -Verschnitt, die Meldungen der Einheiten im Kampf, die mal amüsierte, mal fassungslose, aber nie ganz neutrale weibliche Stimme: Z fegte den trockenen Ernst der Echtzeitstrategie mit ungezwungener Blödelei vom Tisch. Im Deutschen übrigens ebenso wie im englischen Original. Wenn Briten eins beherrschen, dann ist es der schwarze Humor !

In Z waren diese Territorien allerdings sichtbar abgesteckt und in jedem Gebiet befand sich eine Flagge. Wer die erreichte, dem gehörte das Rechteck – bis der Gegner es vielleicht zurückeroberte. Der Kniff: Die Anzahl der besetzten Gebiete beeinflusste die Produktionszeit neuer Roboter und Panzer.

Flinke Klicks

Aber es geht ja nicht nur um Klamauk. Auch das Spiel war eine Klasse für sich. Dabei ging es im Ansatz um das immer Gleiche: die Eroberung von Territorien.

Interessanterweise besaßen die metallenen Einheiten schon damals eine Art Kampfmoral: Setzte man einen Trupp einfacher Fußsoldaten auf einen dicken Panzer an, kommentierten die das schon mal mit einem forschen "Sie scherzen wohl, Sir!" Manche machten unter Beschuss gar kehrt marsch, andere rannten euphorisch auf ihr Ziel zu.

Kein Wunder also, dass zahlreiche Gefechte frenetische Scharmützel um schnelle Entscheidungen und flinke Klicks waren. Die Bitmap Brothers selbst nannten es "Action-Strategie". Den Nagel trafen sie damit auf den Kopf.

Ein bisschen Moral – schlechter Orientierungssinn

Soldaten konnten sich dafür in führerlose Fahrzeuge setzen und feindliche Piloten aus dem Cockpit schießen. Einheiten mit Sprengkörpern ballerten sich durch Felsen,

General Zod in seinem Elemente: beim Meckern.
während Brücken zerstört werden konnten. So überschaubar das Prinzip wirkte: Technisch hatten sich die Bitmap-Brüder ins Zeug gelegt.

Ganz nachvollziehbar war das nicht immer und manche Problemlösung der Wegfindung ist heute noch zum Haare raufen – Schwamm drüber.

Was sie übrigens auch von ihren Spielern verlangten: Z war bockschwer! Erst in späteren Veröffentlichungen fügten die Entwickler Schwierigkeitsgrade hinzu.

Es war ein gelungener, verdammt unterhaltsamer Gegenentwurf zu fast allem, was die Nacheiferer von Command & Conquer durchexerzierten. Per Modem und im Netzwerk waren sogar Mehrspielergefechte möglich – damals keine Selbstverständlichkeit.

Die großen Fußspuren früherer Spiele mit dem Bitmap-Logo hinterließ Z allerdings nicht.

"Das war's ja wohl!"

Es war eine Zeit des Übergangs – nicht nur zur Echtzeitstrategie, auch vom Pixel zum Polygon. Statt zweidimensionaler Bilder, Bitmaps genannt, bestimmten texturierte Vielecke jetzt das Bild.

Diesen Übergang haben die Bitmap Brothers nie gemeistert, weder technisch noch spielerisch. Der Nachfolger zu Z versackte zwischen drögen Comicbildern und müdem Einheitenschieben.

Oder wie die weibliche Stimme in Z hilflos feststellte: "Feierabend."