Star Wars: Imperial Assault - Special, Brettspiel, Spielkultur
"Gerade als ihr euch Lukes sicherem Versteck nähert, empfangt ihr eine Nachricht von ihm: 'Endlich. Ich dachte schon, es würde keiner kommen.' Die Farm ist von imperialen Truppen umstellt. Offenbar seid ihr gerade rechtzeitig gekommen. 'Mein Flieger steht in der Garage', flüstert Luke und winkt euch vom Fenster aus zu."
Ich bin ein Skywalker, holt mich hier raus!
Das ist der Text, der vom Spielleiter vorgelesen wird, der auch die imperialen Truppen befehligt und nur eines will: den Sieg. Zwei bis vier Spieler wollen den auch und bewegen ihre Rebellencharaktere, müssen sich dabei aufgrund ihrer Fähigkeiten taktisch gut
unterstützen, Luke Skywalker befreien und können dann vielleicht mit seinem T-16-Gleiter fliehen. Zwar sind alle Türen zur Garage in der Mitte der Karte verschlossen, doch die Spieler dürfen Luke als Verbündeten nutzen, der über ein Terminal die Türen öffnen kann.Aber reicht das Teamwork aus? Auf der Karte lauern Sturmtruppen, Suchdroiden sowie Trandoshanische Jäger, die zum Angriff bereit sind. Und man munkelt, dass Darth Vader selbst vor Ort sein soll. Was nur der Spielleiter weiß: Es gibt ein Ereignis, das seinen Auftritt auslöst. Die Rebellen haben zudem nur sechs Runden Zeit, um den Jedi-Promi zu befreien. Sollten sie es schaffen, erhalten sie ihn für die weiteren Einsätze als Verbündeten. Sollten sie scheitern, grinst der Sith-Lord böse, denn das Imperium gewinnt an Einfluss und Lukes Schicksal bleibt ungewiss. Ob er einem später wieder begegnen wird?
Kampf zwischen Rebellen und Imperium
Mit Letzterem kann nur der Spielleiter seine imperiale Macht ausweiten, denn damit kauft er neue Agendakarten - auch Sammelkartenreize gehören schon beim Aufbau zum Spielerlebnis. Zu Beginn einer Kampagne darf man einen Stapel aus achtzehn dieser Karten mischen, in dem teilweise mächtige Fähigkeiten stecken - darunter permanente Boni im Kampf oder erzwungene Einsätze, so dass die Rebellen die nächste Mission nicht frei wählen können. Wie gemein!
Zwar bekommen immer alle Beteiligten etwas, egal ob Sieg oder Niederlage, aber nur wer spezielle Ziele erreicht,
ergattert etwas Besonderes - meist sind das einzigartige Waffen und Ausrüstung für die Rebellen.Man freut sich diebisch, wenn man die hübsch designten Belohnungskarten erhält, darunter vielleicht ein "Schattenanzug" oder "Shu Yens Lichtschwert" - so gewinnt man an Schlagkraft. Aber auch die allgemeinen Klassenkarten sind interessant, denn man startet lediglich mit einem Standardset, das man um Fähigkeiten wie "Schneller Tritt" oder "Revolverheld" ausbauen kann. Übrigens darf auch der Spielleiter unter verschiedenen imperialen Klassen wählen sowie welche dazukaufen - sein Spielerlebnis ähnelt also hinsichtlich der Aufrüstung dem der Rebellen, so dass auch hier ein Wettbewerb entsteht. Sehr schön ist, dass aufmerksames Spielen zusätzlich belohnt wird, denn innerhalb eines Szenarios gibt es schädliche Ereignisse wie "Riskante Flucht" , die man als umsichtiger Rebell gar nicht auslösen muss - nur dann rieselt es zusätzlich Credits.
Um seine Rebellen oder das Imperium aufzurüsten ist in der Kampagne reichlich Zeit, denn es gibt satte 30 vorgefertigte Szenarien, die sich hinsichtlich Anspruch und Größe der Spielpläne steigern. Ist man zu Beginn auf sechs bis zehn der stimmungsvoll designten und modular kombinierbaren Teile unterwegs, sind es am Ende bis zu zwanzig - von Dschungel und Wüste bis hin zu Lagern, Archiven, Hangars und Kommandozentralen, wobei es fließende Übergänge aus der Landschaft in Gebäude hinein gibt. Hinzu kommen diverse Geländemerkmale von unpassierbar über versperrt bis unwegsam, so dass man mehr Bewegungspunkte bezahlen muss.
Toll illustrierte Kartenteile, ansehnlich modellierte Figuren
Viele vorgefertigte Szenarien mit offenem Ende
Alles Erreichte wird an die Charakterkarte gelegt sowie fein säuberlich im Kampagnenlogbuch notiert, darunter die Einsätze sowie Erfahrungspunkte, Credits und Einfluss für Imperium bzw. Rebellen. Zwischen den Aufträgen kann man all das ausgeben, um weitere Ausrüstung wie z.B. ein Zielfernrohr für seine Waffe oder zusätzliche Fähigkeiten für seine Klasse zu erwerben. Diese bunte Vielfalt an Belohnungen sowie eine spürbare Entwicklung motivieren natürlich, sich zusammen mit Freunden der kompletten Story bis hin zum Finale zu widmen. Zwar ist das im Vergleich zum Pen&Paper-System Star Wars: Am Rande des Imperiums eher Rollenspiel light, aber auch hier kann man sich mit etwas Fantasie reinsteigern und seinem Charakter Leben einhauchen - vor allem, wenn man den Soundtrack nebenbei wummern lässt.
Fantasy Flight Games erfindet das Rad hier nicht neu: Viele Mechanismen im Regelwerk sowie die offene Struktur der Kampagne werden Spielern bekannt vorkommen, die sich vielleicht durch die zweite Edition von "Descent - Die Reise ins Dunkel" gekämpft haben. Ist auch kein Wunder, denn Corey Konietzka hat das Fantasy-Abenteuer konzipiert und gehört zu dem Autorentrio, das von Justin Kemppainen und Jonathan Ying komplettiert wird. Einsteiger müssen keine Bange haben, denn man wird sehr behutsam inklusive anschaulicher Beispiele in einem Trainingseinsatz mit den Grundregeln hinsichtlich Bewegung, Interaktion sowie Kampf vorbereitet, bevor die erweiterten Regeln inkl. großer oder riesiger Feinde, Rundumschlag oder weitreichender Attacken folgen.
Spielmechanik à la Descent
Sichtlinie, Schaden & Co
Getötete Helden werden lediglich verwundet - dann dreht man die Charakterkarte um und hat schwächere Werte sowie eingeschränkte Fähigkeiten; verliert man in diesem Zustand nochmal seine Gesundheit, muss man komplett vom Spielplan, bleibt aber mit dem evtl. Verlust von Ausrüstung & Co für den nächsten Einsatz lebendig. Sturmtruppen und ihre imperialen Kollegen verschwinden hingegen bei null Lebenspunkten sofort vom Spielplan.
Wer keine Lust auf eine epische Kampagne hat, hat zwei Möglichkeiten: Entweder man spielt die Einsätze einfach für sich. Oder noch besser, man widmet sich den militärischen Gefechten ohne Story, die bei leicht verändertem Regelwerk den Schlagabtausch zweier Armeen inszenieren. Hier fallen u.a. Ausdauer, Ausruhen und Kisten als Beute weg und statt der Missionsziele sammelt man bis zu 40 Siegpunkte oder kämpft, bis eine Seite aufgerieben ist. Man kann das komplett frei gestalten oder nutzt die vorgefertigten Gefechtspläne, die auch einen gewissen erzählerischen
Rahmen und zwei mögliche Ausgangslagen beschreiben - viel Auswahl hat man hier aber nicht und meist werden Areale aus der Kampagne recycelt.Gefechte zwischen zwei Armeen
Zwei Spieler stellen ihre Armee frei nach einem Punktelimit zusammen, wobei auch die Helden zum Einsatz kommen dürfen - dafür gibt es dann keine Charakterkarten, sondern Aufstellungskarten mit entsprechenden Kosten. Man muss sich lediglich an seine Fraktion halten, also auf Seiten der Rebellen oder des Imperiums mit seinen Truppen bleiben. Außerdem bekommt jeder Spieler einen Satz an fünfzehn Befehlskarten, zieht drei davon und es geht los. Diese Befehlskarten sind exklusiv für Gefechte reserviert, und können auf dem Schlachtfeld allgemeine oder an Charaktere gebundene Fähigkeiten auslösen.
Star Wars ohne Ende
Star Wars: Imperial Assault inszeniert spannende Abenteuer für zwei bis fünf Spieler, die ihre Charaktere in einer epischen Kampagne entwickeln können. Wie in einem Rollenspiel kann es unerwartete Ereignisse geben und das Motivierende ist, dass je nach Gewinner unterschiedliche bis hin zu einzigartige Belohnungen winken. Könnt ihr Luke Skywalker befreien oder müsst ihr ohne den Promi-Jedi fliehen, weil Darth Vader besser würfelt? Spielmechanisch erfindet man das Rad zwar nicht neu, denn das Regelwerk der taktischen Kämpfe zwischen Heldengruppe und Spielleiter in modularen Labyrinthen entspricht in weiten Teilen jenem aus Descent: Die Reise ins Dunkel. Aber hier sorgt die Vielfalt an Fähigkeiten sowie Ausrüstung ebenfalls für Sammelreize. Zwar vermisst man bei den reinen Gefechten zwischen Rebellen und Imperium mehr Truppenmasse und militärische Vielfalt, aber auch dieser offene Schlagabtausch ohne Story macht Laune. Die hochwertige Präsentation mit den hübsch illustrierten Karten sowie den ansehnlichen Plastikfiguren hebt natürlich in beiden Spielmodi schon beim Aufbau die Stimmung. Letztere sind so detailliert designt, dass man Luke Skywalker, Chewbacca & Co auch ordentlich anmalen kann. Die Box hat mit knapp 70 Euro ihren Preis, aber darin stecken Quantität und Qualität. Wer sich auf diesen Star-Wars-Winter vorbereiten will, sollte den Tisch frei machen, Kumpels einladen und loslegen!
Star Wars: Das Kartenspiel (Living-Card-Game)
Star Wars: X-Wing Grundspiel (Raumschiff-Gefechte)
Star Wars: Am Rande des Imperiums Einsteigerset (Pen&Paper-Rollenspiel)
Fazit
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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