Tenchu: Stealth Assassins - Special, Action-Adventure, Spielkultur, PlayStation

Tenchu: Stealth Assassins
19.03.2019, Jörg Luibl

Special: Tenchu: Stealth Assassins

Infiltration deluxe

Kürzlich hat Hidetaka Miyazaki angemerkt, dass Sekiro: Shadows Die Twice fast ein neues Tenchu geworden wäre. Der Chef von From Software betonte sogar, dass der größte Einfluss auf das Spieldesign von Tenchu kam. Woher kommt dieser Bezug? Und wo liegen die Wurzeln? Wir werfen einen Blick zurück auf den Ninja-Klassiker mit dem Untertitel "Stealth Assassins", der 1998 auf der PlayStation debütierte, von Acquire entwickelt wurde und bis heute der bestverkaufte Teil der Reihe ist.

Warum spricht From Software überhaupt von Tenchu, wenn es von Acquire und später K2 entwickelt wurde? Zum einen, weil man seit 2004 die Markenrechte für zukünftige Spiele von Activison kaufte und bis heute als Publisher fungiert. Zum anderen, weil man zumindest zwei Teile selbst entwickelte - nämlich Tenchu: Fatal Shadows für PS2 im Jahr der Übernahme und die Arcade-Variante Shadow Assault im Jahr 2008 für die Xbox 360. Aber beide Titel waren bezeichnend für eine Reihe, die zunächst faszinierte und dann im Mittelmaß versank.

Gemeinsame Wurzeln

Welcher Ninja darf es sein? Man hatte die Wahl zwischen Rikimaru oder Ayame, die sich etwas anders spielten.

Daher schauen wir lieber auf das Jahr 1998, als Thief gerade auf dem PC für Furore sorgte. Denn im selben Jahr stießen Takuma Endo und sein Team von Acquire auf der PlayStation die Tür zu moderner Stealth-Action in dritter Dimension auf: In Tenchu: Stealth Assassins konnte man in Schulterperspektive schleichen, täuschen, kämpfen, meucheln, Rauchbomben, Shuriken, Fallen, Gift sowie Magie einsetzen und mit einem Greifhaken die Vertikale nutzen, während Wachen in verschiedenen Alarmzuständen reagierten. Dabei half dem Ninja eine farbige Ki-Anzeige, um die Bewegungen zu erahnen.

Zwar konnte man auch viele Waffen nutzen, Kombos einsetzen und von der Decke oder aus dem Schatten heraus sofort töten - für die vielen Kampfmanöver hatte man übrigens extra bekannte Martial-Arts-Schauspieler wie Sho Kosugi engagiert, um Motion Capturing aufzunehmen. Aber es ging vor allem um hohe Punktzahlen für das ungesehene Eindringen: Man musste Unschuldige verschonen und Tote sollten möglichst nicht entdeckt werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Ninja-Titeln konzentrierte sich Tenchu also nicht auf Zweikampf-Action, sondern clevere und

Da wurde Rikimaru erwischt! Aber Unschuldige zu töten würde ihn wertvolle Punkte kosten...


Schleichen und meucheln

Nicht nur diese Möglichkeiten erinnern an Sekiro, auch das Szenario: In der Rolle eines Ninja war man im 16. Jahrhundert des alten Japan unterwegs, als sich Fürsten gnadenlos bekämpften und alle Mittel einsetzten - darunter auch Entführung, Mord und Sabotage. Man konnte entweder als ausgeglichener und etwas stärkerer Rikimaru oder mit der beweglicheren und komboreicheren Ayame spielen, die beide schon als Kinder im Azuma-Clan als Ninja ausgebildet wurden, um für Lord Gohda geheime Aufträge zu erledigen. Dabei gab es je nach Charakter andere Waffen sowie zwei erzählerisch unterschiedliche Perspektiven. Hinzu kamen nicht nur historische (mehr dazu in unserer Geschichte der Ninja), sondern auch mythologische Bezüge, denn man hatte es auch mit den Vogelmenschen der Tengu und anderen japanischen Dämonen zu tun. Auch wenn Tenchu nicht besonders brillant aussah, sorgten coole Cutscenes sowie ein famoser Soundtrack für Stimmung.

geduldige Infiltration. Das wurde von einem angenehm offenen Leveldesign über zehn Areale gefördert, das alternative Wege und Missionen anbot. Diese Art der Infiltration inspirierte auch kommende westliche Titel wie Splinter Cell oder Hitman.

Immer schön in Deckung bleiben!

Im Heimatland der Ninja wurde Tenchu übrigens an die 500.000 mal verkauft, bevor es in den USA veröffentlicht wurde; weltweit wurden an die drei Millionen Spieler erreicht, so dass diese Premiere bis heute der bestverkaufte Teil der Reihe ist. Diese moderne Art der Stealth-Action begeisterte zwar die Fans, aber nicht den deutschen Jugendschutz (BPjM), der Tenchu indizierte. Das konnte die internationale Beliebtheit der Reihe nicht schmälern: Im von K2 entwickelten Tenchu: Wrath of Heaven erreichte sie im Jahr 2003 auf der PS2 ihren Höhepunkt, bevor sie bei stets abnehmender Qualität im Mittelmaß auf Wii und PSP versank - insgesamt verkauften sich alle Titel weltweit etwa zehn Millionen mal.

Falls jemand an ein Remake der Premiere denkt, müsste er sich an Activision wenden, denn From Software darf lediglich neue Teile entwickeln. Allerdings dürften die Japaner mit der Etablierung von Sekiro und einem denkbaren Bloodborne 2 erstmal andere Projekte favorisieren.