Wizardry: Proving Grounds of the Mad Overlord - Special, Rollenspiel, Spielkultur, PC
Aller Anfang ist magisch
Schon diese archetypische Echse auf der Box sorgte für Anziehungskraft in einer Zeit, als D&D immer beliebter wurde und es noch keine Demos oder Trailer gab. Aber Andrew
Greenberg und Robert J. Woodhead konnten diese Neugier auch nach dem Spielstart befeuern, was allerdings weder an der schwachen Grafik noch der Soundkulisse lag, die beide eher unterlieferten. Man durfte allerdings eine Party aus sechs Abenteurern erstellen, was damals eine Neuerung war, denn in der Regel zogen bis dahin einsame Helden los. Man konnte aus mehreren Rassen wie Menschen, Elfen, Zwerge, Gnome oder Hobbits wählen, ihnen eine Moral von Gut, Neutral bis Böse zuweisen und sie Klassen wie u.a. Kämpfer, Priester, Magier und Dieb zuordnen.Dungeons & Dragons lässt grüßen
Mit dieser Gruppe zog man komplett ohne Tutorial oder Hilfen los, wurde aber nicht nur mit Texten und Linien abgespeist, sondern sah auch illustrierte Monster und Kisten sowie simulierte 3D-Korridore, die man schrittweise erkunden konnte. Als Aktionen hatte man lediglich Kampf, Abwehr, Zauber, Benutzen oder Flucht zur Verfügung. Auch wenn das heute schrecklich statisch anmutet, erzeugten Fallen, an die 50 Zauber und zufällig auftauchende Feinde innerhalb dieser spartanischen Kulisse für Spannung. Die Karte der Labyrinthe musste man übrigens selber zeichnen und sammelte stets Erfahrungspunkte, die mehr als statistische Vorteile brachten. Daran und an
anderen Ähnlichkeiten erkennt man schon, warum die Idee zu diesem Spiel laut Greenberg aus einem College-Wettbewerb entstand, in dem es darum ging, D&D zu digitalisieren.Elite-Klassen und verrückte Magier
Alles drehte sich um verrückt gewordene Magier und ein mächtiges Artefakt, das sie nicht wirklich beherrschten. In diesem
Fall sorgte ein diebischer Erzmagier aus Versehen für ein Erdbeben und erschaffte so ein zehn Etagen tiefes Dungeon unter einer Burg eines anderen Wahnsinnigen, den er bestohlen hatte. Der erklärte diese Welt unter Tage zum Spielplatz für tapfere Helden, die er nach erfolgreicher Säuberung in seine Palastwache aufnehmen würde - was er eigentlich wollte: das in der Tiefe schlummernde Amulett, das ihm todesmutige Helden beschaffen sollten.Und das war ebenso schwierig für die Spieler wie der anschließende, über viele Jahre schwelende juristische Streit um fehlende Anteilszahlungen zwischen Andrew Greenberg, dem Erfinder von Wizardry (es hieß in seiner Urversion von 1979 übrigens noch "Dungeons of Despair"), und dem Entwickler Sir-Tech Software, der ihm die Publishing- und Marketing-Rechte inkl. aller Nachfolger abkaufte. Aber so ehrenhaft wie der Firmentitel, der sein "Sir" immerhin in Anlehnung an Wizardry wählte, blieb es
in der Realität nicht. Innerhalb dieser Reihe ist Wizardry 6: Bane of the Cosmic Forge von 1990 das Schmuckstück und der kreative Wendepunkt, den ich an späterer Stelle besprechen werde.Der Anfang vom Sir-Tech-Ende
Trotz des Erfolges von Wizardry und anderer Marken wie Jagged Alliance geriet der amerikanische Entwickler Sir-Tech Ende der 90er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten und wurde 2001 aufgelöst, obwohl es schon Planungen für ein Wizardry 9 gab - daraus ist dann nie etwas geworden.
Aber der Dungeon-Crawler als Genre blieb uns in vielen Facetten von Etrian Odyssey über Dungeon Master bis Black Crypt erhalten und erlebt in den letzten Jahren von Legend of Grimrock bis Vaporum ein ähnliches Revival wie Pen&Paper-Rollenspiele.