Cities Skylines - Das Brettspiel - Special, Brettspiel, Spielkultur

Cities Skylines - Das Brettspiel
28.11.2019, Jörg Luibl

Special: Cities Skylines - Das Brettspiel

Paradox am Tisch

Im März 2015 konnte Cities: Skylines bei uns gut im Test abschneiden. Es folgten einige Erweiterungen für die Städtebau-Simulation, bevor Paradox Entertainment ein Brettspiel ankündigte - kein Wunder, wenn man an die etwa fünf Millionen Verkäufe alleine für den PC denkt. Für die Konzeption haben sie mit Rustan Håkansson einen schwedischen Landsmann engagiert, der mit "Nations" bereits erfolgreiche Strategie am Tisch inszenieren konnte. Lohnt sich der kooperative Aufbau für knapp 35 Euro?

...wenn man nach sieben Runden bereits so versagt hat, dass die Stadt hoffnungslos verloren ist. Obwohl wir alles andere als Anfänger sind, komplexe Brettspiele mögen und man sich sogar vor jedem Zug absprechen darf, hat das scheinbar nicht gereicht: Denn egal welche Karte wir spielen würden, gäbe es immer einen Punkt zu viel von Kriminalität, Verkehr oder Umweltbelastung - arghs! Aber wieso, weshalb, warum? Natürlich war auch ein wenig Pech dabei: Wir haben einfach keine Polizei-Station gezogen, die jeweils ganz unten im Stapel lag! In den ersten Spielen fühlt man sich fast ein wenig an widerspenstige Paradox'sche Strategie à la Imperator: Rome oder Europa Universalis 4 erinnert.

Paradox'scher Anspruch lässt grüßen...

Aber keine Bange, der Vergleich hinkt: Cities: Skylines - das Brettspiel ist kein undurchschaubares Biest, sondern logisch aufgebaut und mit klaren Bezügen zum erfolgreichen PC-Spiel konzipiert. Letztlich ist es ein angenehmes kooperatives Familienspiel, das für Kommunikation am Tisch sorgt. Das Scheitern gehört hier allerdings zum Konzept, denn man baut eine Stadt aus dem Nichts auf, um über Meilensteine mit Zwischenwertungen eine möglichst hohe Zufriedenheit der Bevölkerung zu erreichen. Weil man zu Beginn noch nicht ganz einschätzen kann, welche Wechselwirkungen es gibt und wie man wirklich effizient baut, kann das Game Over schonmal früher grüßen. Aber je länger man es versucht, desto beser wird man!

Cities Skylines - Das Brettspiel ist auf Deutsch für knapp 35 Euro bei Kosmos erschienen.
Das empfanden wir als frische Herausforderung in einem Aufbauspiel, in dem die Balance zwischen Ausgaben und Auswirkungen der Infrastruktur sehr wichtig ist: Denn auf jeder Karte, die man zum Bau kauft und ausspielt, so dass ein entsprechendes Plättchen (Wohnungen, Gewerbe, Industrie, Versorgung, Dienstleistung, Spezial) wie ein Tetris-Teil auf den Plan gelegt wird, gibt es sowohl positive als auch negative Effekte.

Auf der Suche nach Balance

Wer ein Wohngebiet errichtet, bekommt mehr Bevölkerung, aber verliert Wasser. Wer ein Ärztehaus errichtet, zahlt ein Geld, aber erhöht die Zufriedenheit. Hinzu kommen Karten, die Strom, Umweltbelastung, Verkehr, Kriminalität & Co positiv oder negativ beeinflussen. Und all die Mali sowie Boni verstärken sich mit höheren Werten, so dass eine angenehme Tiefe entsteht.

Aber man kann Karten gegen Geld auch austauschen und einigermaßen taktisch ziehen, denn es gibt Stapel in drei Stufen, in denen sich unterschiedliche Gebäude von einfach bis komplex befinden. Erst wenn man ein Stadtviertel einigermaßen entwickelt hat, sollte man z.B. von der dritten Stufe ziehen, denn die Boni dieser Karten setzen vorhandene Infrastruktur voraus.

Man kann allerdings nicht frei entscheiden, was gebaut wird, sondern ist von den fünf zufällig gezogenen Karten abhängig, die man offen mit allen anderen der bis zu vier Mitspieler vor sich auslegt.

So entsteht natürlich auch etwas Puzzleflair, denn man muss die geometrisch unterschiedlich designten Teile so drehen oder platzieren, dass man möglichst viel davon hat. Manche kann man frei in einen Stadtteil legen, andere profitieren vom Anlegen an eines oder gar zwei Gebäude, so dass man vor allem Ärzte, Polizei oder Feuerwehr frühzeitig mittig, aber nicht zu weit voneinander weg platzieren sollte, damit man sie später über ein Wohngebiet verbinden kann. Das scheint angesichts des recht kleinen Stadtgebietes gar nicht so einfach. Aber man darf weitere der verdeckt ausliegenden Gebiete öffnen, um sich mehr Platz zu verschaffen - nur hat man genug Geld dafür erwirtschaftet?

Ein Hauch von Tetris

Schön ist nicht nur, dass man die Auswirkungen eines Baus sofort auf einer klar strukturierten Verwaltungstafel markiert, so dass die Marker aus der anfänglich mittleren Position ständig bewegt werden, man alles im Blick hat und sofort Gespräche über den nächsten Zug entstehen: Ups, jetzt ist der Verkehr schon auf drei von maximalen fünf Punkten - da müssen wir aufpassen! Hat jemand eine Karte, die ihn eindämmen kann? Ach, lass uns noch einen Zug riskieren! Schön ist auch, dass es klare Wechselwirkungen bei Erreichen eines Meilensteins gibt: Denn Strom, Wasser und Müll sorgen dann umgehend für mehr oder weniger Zufriedenheit, die schließlich die finale Punktzahl auf der Skyline des Pappaufstellers bestimmt.

Es wird immer enger in der Stadt!
Mit etwas Erfahrung kann man schließlich weitere der sechs Spielplanteile hinzu nehmen sowie Szenarien spielen, die das Regelwerk jeweils etwas ergänzen und an die 40 weitere Karten hinzufügen. Darunter befinden sich interessante Ergänzungen wie Rollen für jeden Spieler (man zieht zwei, wählt eine aus), die ihm Zusatzfähigkeiten verleihen, verpflichtende Stadtrichtlinien oder News mit sofortigen Effekten, die man in die Zugstapel mischt. Da die fünf Szenarien aufeinander aufbauen, entsteht durchaus soetwas wie ein Kampagnenflair, wobei zum Schluss quasi ein offenes Szenario mit fünf variablen Stadtplänen und selbst gewählter Schwierigkeit möglich ist, die sich in drei Stufen am Startkapital orientiert. Wie gut man sich schlägt, kann man auch an einer Rangliste mit acht Plätzen erkennen, auf der ganz oben die "Weltmetropole" ab 61 Punkten und mehr thront.

Der Weg zur Weltmetropole

Was soll gebaut werden?
Zwar ist Cities Skylines - Das Brettspiel einigermaßen ansehnlich auf Karten & Co illustriert, zumal jedes Bauplättchen eine eigene Miniaturkulisse von oben zeigt, aber ich hätte mir eine noch stärkere grafische Präsentation gewünscht, damit ein wirklich prächtiges städtisches Mosaik auf den Spielplänen entsteht. Die Anleitung ist klar verständlich, aber bei der Unterteilung von Gebieten und Stadtvierteln gibt eine konfuse Erläuterung und auch visuell hätte man die exklusiven Bauten deutlicher markieren können. Außerdem vermisse ich noch mehr geometrische Variation bei den Gebäudeteilen sowie einen kompetitiven Modus; immerhin kann man theoretisch auch solo loslegen. Aber das sind nur kleine Schwächen in einem vor allem konzeptionell interessanten Aufbauspiel.

Was gefällt nicht so gut?

Cities Skylines - Das Brettspiel inszeniert unterhaltsamen Städtebau für bis zu vier Spieler. Man grübelt, kauft, baut und plant alles zusammen, so dass Zug um Zug viel am Tisch gesprochen wird, während alle ein Auge auf Umweltbelastung, Verkehr und Kriminalität haben müssen. Auch wenn die ersten Partien früh enden können, weil man die wichtigen Funktionen noch nicht kennt, entsteht mit etwas Praxis aufgrund der sehr durchdachten Wechselwirkungen ein spannender Aufbau mit etwas Tetrisflair, wenn man die Gebäude in zig Typen auf dem immer enger werden Plan platziert. Nur wenn man als Team vorausschauend plant und etwas Glück beim Ziehen hat, wird man lange genug Geld haben und die Zufriedenheit der Bewohner auf maximale Werte steigern können. Rustan Håkansson serviert hier ein gutes Brettspiel mit einigen charmanten Bezügen zum PC-Original.

Fazit

Ihr sucht kompetitive Alternativen im Städtebau? Zwei Tipps aus unserem Archiv: Wer es kurzweiliger und exotischer mag, baut in Machi Koro mit Würfelglück und Kartentaktik für knapp 13 Euro. Und einen Hauch von SimCity samt Hexfeldflair gibt es in Suburbia für knapp 35 Euro.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

Weitere Brettspieltests im Archiv!

 
Kommentare
calmon

Mein Geheimtipp zum Thema Städtebau bei Brettspielen: Neom

Im 7-Wonders Style draftet man diverse Gebäude und baut sich eine Stadt auf. Die Draft Mechanik macht super Spass vor allem wenn man es mit 4-5 Spielern spielt. Es gibt Unglücke, dazugehörige Schutzgebäude, verschiedene Typen von Gebäuden (Wohn, Industrie, Rohstoffproduktion, etc.).

Beim aller ersten draft, hot man sich insgesamt 3 Sondergebäude auf die Hand mit denen man quasi seine Strategie ausrichtet.

Kann ich nur empfehlen!

vor 4 Jahren
blackstr

Vielen Dank für den Test.
Ich hatte schon etwas länger überlegt, mir das Spiel zu holen.
Der Test und ein YouTube Video haben mich überzeugt es mir zu Weihnachten zu gönnen

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Raskir

Habe mir das überlegt mitzunehmen auf der Spielwiesn. Wurde dann doch ein anderes genommen, behalte ich aber im Auge
Die Erwähnung von machi koro gefällt mir aber, eine gute Alternative zu Dominion

vor 4 Jahren
SneakyTurtle

Schöner Test wie immer, danke an dieser Stelle
Ich denke allerersings ich werde da lieber bei Suburbia bleiben und mir da eher mal die Erweiterung gönnen.

vor 4 Jahren