Ski Sniper - Special, Shooter, PC, Switch

Ski Sniper
05.03.2020, Matthias Schmid

Special: Ski Sniper

"Killerspiel" mit USK18 für Switch?

Ski Sniper heißt ein frischer Download-Titel im e-Shop der Switch. Was es mit dem Spiel auf sich hat, warum es so "anstößig" ist und was die USK dazu sagt, erfahrt ihr in unserem News-Spezial.

Doch erstmal zur Erklärung: Ski Sniper stammt vom polnischen Indiestudio Crazy Rocks und wurde bereits 2017 auf Steam veröffentlicht, erregte aber kaum Aufsehen - nur 129 Bewertungen in knapp drei Jahren sprechen eine deutliche Sprache. Am 28. Februar ist der Low-Budget-Titel im eShop der Switch gelandet - inklusive USK-18-Logo. Das hat mich doch sehr gewundert: Ein Spiel, dessen Inhalt das Erschießen von Sportlern ist? Mit USK-18-Logo auf einer Nintendo-Konsole? 4,99 Euro später konnte ich mir den Shooter genauer anschauen…

Killerspiel?

Hier ist es also: das Spiel, welches sich die Frontal-21-Reportagen und Pfeiffers der frühen 2000er erträumt haben. Ski Sniper. Denn damit kannste so richtig zeigen, was Videospiele für eine gewaltverherrlichende Sch**ße sind…

Im Visier: Die Sportler kommen die Schanze runter, man drückt ab.
Ski Sniper bietet exakt das, was der Name verspricht: Als Scharfschütze wählt man einen von neun Plätzen rund um eine Skischanze, von wo aus man die Sportler ins Visier nehmen möchte. Anschließend beobachtet man fünf Durchgänge, in denen meist ein, manchmal aber bis zu vier Skispringer einen Sprung ausführen. Dann legt man das Snipergewehr an, zoomt möglichst nahe heran, löst durch Luft-Anhalten eine Zeitlupe aus - und drückt ab. Bei einem Treffer schaltet das Spiel in eine billig wirkende Röntgenansicht, die an prominentere Sniper-Titel erinnert. Je nach Trefferzone (Kopf, Herz, Leber, Nieren, Oberschenkel, etc.) werden Dollar gutgeschrieben, Mehrfach-Kills sorgen für Multiplikatoren. Die Weite, welche der leblose, von altbackener Ragdoll-Physik bewegte Körper noch im Auslauf der Skischanze zurücklegt (und dabei eine Blutspur hinterlässt) spült noch ein paar zusätzliche Dollar in die Kasse. Man hört eine Fanfare und Applaus, anschließend kehrt man zurück ins Hauptmenü, wo die verdiente Kohle in bessere Gewehre (weniger Verwackeln, mehr Zoom) und Luft-Anhalte-Upgrades investiert wird. Das ist alles. Keine erklärende Geschichte, welche die Aktionen des Spielers in einen Kontext setzen könnte. Keine Feinde, nur „zivile“ Sportler. Kein schrille Comic- oder Pixel-Optik, sondern eine nüchterne, wenn auch grafisch sehr bescheidene Abbildung der Realität.

Der Spielinhalt

Massaker mit Punkte-Boni und Blut im Schnee.
Ich denke, wir sind uns einig: Niemand möchte zurück in die Zeit, in der jeder zweite Ego-Shooter indiziert wurde, wo thematisch ähnlich gelagerte Titel wie Silent Scope (wo aber auf Verbrecher geschossen wurde!) sofort auf die Index-Liste wanderten. Im letzten Jahr erhielt bekanntlich auch das extrem brutale Mortal Kombat 11 eine Altersfreigabe ab 18 Jahren. Darin gibt es aber auch: eine ausführliche Geschichte, düstere bis heldenhafte Figuren, nicht tödliche Schläge, unendliche viel Inhalt zum Freischalten. Bei Ski Sniper hingegen wundere ich mich: Der einzige Spielinhalt ist das Töten von Sportlern - klingt reißerisch, ist aber so. Und der Spieler wird für Abschüsse ganz konkret mit etwas Jubel-Sound und virtueller Währung belohnt. Das wäre in etwa so, als würde Exidys Arcade-Aufreger Chiller aus dem Jahr 1986 plötzlich als Download-Retrogame auf die Switch kommen…

Deshalb habe ich mich an die USK gewandt und um eine Stellungnahme bezüglich der Alterseinstufung von Ski Sniper gegeben. Die Antwort kam einen Tag später und hat mich überrascht. Hendrik Krohne, der juristische Referent von USK.online, teilte mir Folgendes mit (die wichtigsten Aussagen sind fett hervorgehoben):

Nachgefragt bei der USK

Beim IARC-Verfahren nehmen Anbieter vor Veröffentlichung ihres Produktes eine Selbstauskunft zu jugendschutzrelevanten Inhalten vor, welche auf international entwickelten Kriterien basiert. Die entsprechenden Antworten werden automatisch nach einer von der USK festgelegten und in Deutschland gültigen Gewichtung ausgewertet und führen so direkt zu der im jeweiligen Store angezeigten USK-Alterskennzeichnung.

Diesem System ist es zu verdanken, dass alle erhältlichen Onlineangebote einer teilnehmenden Plattform direkt im Moment ihrer Veröffentlichung eingestuft und mit dem ermittelten Kennzeichen angezeigt werden können. Selbstverständlich führen wir als USK wie auch unsere internationalen Partner jeden Tag umfassende Tests durch, um die auf diese Weise generierten Kennzeichen zu überprüfen. Sollte eine Fehleinstufung vorliegen, so korrigieren wir diese umgehend.

Durch die immense Anzahl an verschiedenen Angeboten innerhalb des Nintendo Switch Store, sind Hinweise wie Ihre Rückmeldung zum Spiel „Ski Sniper“ für uns stets sehr wertvoll. Wir haben den entsprechenden Titel nach Erhalt Ihrer Mail eingehend geprüft. Dabei haben wir festgestellt, dass dieser nach unseren Kriterien korrekt eingestuft wurde und das ermittelte USK-Kennzeichen „ab 18 Jahren“ zutreffend ist.

 

Die von Ihnen erwähnte realistische und blutige Darstellung von Gewalt, die durch keine anderen Spielinhalte entschärft oder gerahmt wird, macht eine niedrigere Kennzeichnung natürlich unmöglich. Eine höhere Kennzeichnung kann nicht erteilt werden, da die USK 18 Kennzeichnung bei IARC die Obergrenze darstellt. Im Gegensatz zum klassischen JuSchG-Verfahren kann „Keine Kennzeichnung“ bei IARC nicht erteilt werden. Schließlich entsteht kein Verwaltungsakt, der eine Indizierung verhindern würde.

 

Gerade in den letzten Jahren ist die Frage nach einer Übertragbarkeit des Gespielten auf die Lebensrealität der Spielenden immer stärker in den Mittelpunkt der Diskussionen gerückt. Insofern bestätigen wir die ausgegebene USK 18 auch inhaltlich.

 

Die Röntgensicht von Ski Sniper ist technisch schwach, zeigt aber getroffene Organe und lässt Knochen splittern.
Die Antwort finde ich interessant und überraschend gleichermaßen: Denn zum einen ist das erwähnte IARC-Verfahren im Zeitalter der Download-Shops nachvollziehbar. Müssten in Deutschland alle digital erhältlichen Spiele vor Veröffentlichtung von der USK geprüft wären, würde daraus ein enormer zeitlicher Vorlauf oder ein verspäteter Release resultieren. Gleichzeitig suggerieren die USK-Logos im Switch-Shop aber eine solche Prüfung, die in der Realität jedoch nur eine Selbsteinschätzung der Hersteller ist. Überraschend ist für mich schließlich die inhaltliche Bestätigung der USK-18-Einstufung von Ski Sniper - auch in der Post-Mortal Kombat 11-Ära und unter Berücksichtigung der altbackenen Technik von Ski Sniper finde ich die Aussage des Spiels tatsächlich bedenklich.

 
Kommentare
Paulaner

Wenn ich das hier so lese, fühle ich mich weit in die Vergangenheit versetzt.
Was ist denn diese Daseinsberechtigung von Ski Sniper?
Dieselben Fragen stellten damals Menschen die den Krieg miterlebt haben und sahen, wie Spieler in CoD & Co fröhlich Headshots verteilten. Der größte Horror als spaßiges Videospiel.

Aber ich bin mit Commando Libya und Sex Games aufgewachsen, irgendwann lächelt man über solche Skandälchen nur noch. Solchen Schrott wird es immer wieder geben und auch solche, die es spielen. Man kann sich künstlich drüber aufregen, oder ihn einfach in seiner dunklen Ecke vergammeln lassen...
Echt? "Man" lächelt über solche Skandälchen? Ich nicht.
Ich find´s Scheiße, dass nahezu alles im virtuellen existieren darf. Früher hätte ich anders gedacht, mittlerweile finde ich es teils richtig widerlich -> siehe Rape Day
So ist das, wenn man älter wird. Man hat gewisse Erfahrungen gemacht und entwickelt sich weiter. Alte Menschen neigen dann häufig zu Konservativismus und klar definierten Werten. Andererseits nehmen solche Menschen den Jungen dann die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen. Gleichzeitig beschweren sie sich über die - gemessen am ihren eigenen, profundenen Werten - Zügellosigkeit der Jugend. Geht schon seit Jahrtausenden so.

vor 4 Jahren
OberstSchmidt

Das Spiel ist fast drei Jahre alt und die Bengels feierten es auf Steam...

vor 4 Jahren