Snake Rattle N Roll - Special, Plattformer, XboxOne, NES

Snake Rattle N Roll
15.04.2021, Matthias Schmid

Special: Snake Rattle N Roll

Isometrischer Hüpf-Klassiker von Rare

Im Jahr 1990 programmiert der englische Kult-Entwickler Rare ein beinhartes Hüpfspiel für das NES: Snake Rattle N Roll setzt auf zwei freche Schlangen, die sich doll und voll fressen müssen, um den Levelausgang zu erreichen. Herabfallende Ambosse, pinke Riesenfüße und klappernde Klodeckel versuchen das züngelnde Duo von ihrem Ziel abzuhalten - einer Reise zum Mond!

"Brilliante dreidimensionale Grafik" verspricht die Packungsrückseite des NES-Spiels vollmundig - und das schon im Jahr 1990 auf einer in die Jahre gekommenen 8-Bit-Maschine! Natürlich ist damit die isometrische Grafik gemeint, die - ähnlich wie in Marble Madness oder Sonic 3D Blast - den Eindruck erweckt, die Spielfigur würde sich tatsächlich durch eine dreidimensionale Landschaft voller Höhen und Tiefen bewegen. Snake Rattle N Roll war für Rare nach R.C. Pro-Am und Cobra Triangle ein Meilenstein auf dem Weg zum späteren Kultstudio - Tim Stamper, einer der Firmengründer, zeichnete für den Hüpfhit hauptverantwortlich. Das Spiel stammt ganz augenscheinlich aus einer Ära, in der albern-animalische Helden noch Publikumslieblinge waren und die Prämisse eines Plattform-Abenteuers gar nicht schräg genug sein konnte: Die beiden Schlangen Rattle und Roll unternehmen nämlich ein Rennen zum Mond, durchqueren auf dem Weg dahin blockige Berglandschaften in grellen Farben und futtern derweil massig kleine Kugeln - Nibbley Pibbleys genannt. Denn vor jedem Levelausgang wartet eine Waage - nur wenn die Figuren schwer genug sind, öffnet sich das Tor, dann können die flinken Reptilien zur nächsten Stufe huschen.

Isometrisch dreidimensional?

Die isometrische Grafik vermittelt das Gefühl von Höhen und Tiefen sehr gut. Hier sieht man einen gefürchteten Feind: den rosa Klodeckel.
Der Spielablauf ist prinzipiell simpel: Per Steuerkreuz dirigiert man seine pixelige Schlange in acht Richtungen durch aus Blöcken zusammengebaute Areale - weil die Figur auch noch springen kann, fühlte sich das Spiel damals tatsächlich sehr dreimensional an. Der andere Actionknopf - das NES hatte ja nur zwei davon - löst einen Zungenschlag aus: So kann man Gegner erledigen, Gullideckel zu Bonusleveln öffnen und kleine bunte Kugeln verspeisen, die keck durchs Level rollen. Das sind die oben bereits erwähnten Nibbley Pibbleys: Sie kommen in drei Farben vor - die gelben Bälle sind die nahrhaftesten, ansonsten nimmt die rosa Schlange durch das Verspeisen von rosafarbenen und die blaue Schlage durch den Verzehr von blauen Kugeln rascher zu. In jedem Level haben die Nibbley Pibbleys einen anderen Kniff, um den Spieler zu narren: Es gibt wild hüpfende Flummis, Kugeln mit Beinen oder Flügeln, Nibbley Pibbley mit Propellern und sogar eine Unterwasser-Form, die an Fische erinnert - dadurch gestaltet sich die Hatz nach der leckeren Beute in jeder Stage ein bisschen anders. Manchmal ist euer Hunger sogar gefährlich - einige Nibbley Pibbleys entpuppen sich als Bomben kurz nachdem sie aus einem Kugelspender gepurzelt sind; von diesen freundlichen Automaten steht in fast jedem Level einer herum - damit man auch nach Feindkontakt wieder ein paar Pfunde auf die Schlangenrippen packen kann.

Viel los kurz vor dem Levelausgang: Oben im Bild ist die Waage zu sehen, auf die eure Schlangen müssen - derweil ist auch noch ein Bigfoot aufgetaucht und will Rattle zertreten.
Wer zwischen dem Herumhopsen genug gefuttert hat, was nach circa acht bis zehn Kugeln der Fall ist, freut sich über einen längeren Schwanz mit leuchtendem Ende - das zeigt an, dass die Waage am Levelende grünes Licht geben wird. Zieht man zu zweit los - Snake Rattle N Roll bot damals schon einen Koop-Modus für zwei Spieler gleichzeitig - zählt auf der Waage natürlich das Gewicht beider Schlangen. Neben Turbo- und Unverwundbarkeits-Item gibt es zwei sehr einzigartige Power-Ups: Die „Zungenverlängerung“ ist wichtig, um leichter Nibbley Pibbleys zu schnappen oder Feinde schon aus der Ferne totzüngeln zu können. Der „Rückwärtsgang“ hingegen ist tückisch - liest man das Item versehentlich auf, drehen sich die Richtungskommandos des Steuerkreuzes für einige Sekunden um und es wird fast unmöglich, das Reptil sicher zu lenken.

Auf die Waage!

Die Liste der Gegner in Snake Rattle N Roll ist kurz, aber illuster: Es gibt Rasierklingen, die an manchen Stellen aus dem Boden sausen, sogenannte „Schlangen-Dozer“, die versuchen euch an Engstellen in den Abgrund zu schieben, und aus dem Himmel stürzende Ambosse (Schlangen-Matsch!). Ähnlich gefährlich: Klappernde Klodeckel, ein Hai, der in den Gewässern der ersten beiden Stages lauert, und schließlich die Bigfoots. Letztere sind pinke Stiefel, die auf einem festen Pfad durchs Level hopsen, eure Figur lockerleicht plattmachen und viele Zungenschläge brauchen, um besiegt zu werden - dafür winkt dann fast immer ein Extraleben.

Schlange auf der Jagd nach kalorienreichen Kugeln - wohl dem, der mit langer Zunge leichter zuschnappen kann.
Erstaunlich aus heutiger Sicht ist, dass alle Levels auf der Reise zum Mond tatsächlich miteinander verknüpft sind: An vielen Stellen kann man unter sich nochmal die Areale der vorigen Stage sehen oder beim Blick gen Himmel schon ein paar Plattformen des nächsten Levels erspähen. Spätestens ab der sechsten Stufe wird Snake Rattle N Roll richtig schwer: Das Spiel ist zwar so freundlich, eure Schlange auch nach einem Continue exakt an Ort und Stelle wieder aufzusetzen, doch sich bewegende, zum Teil verschwindende Plattformen, zähere Feinde oder rutschiger Untergrund machen euch das Leben sehr schwer. Zudem reagiert auch die Steuerung nicht immer so akkurat, wie man sich das aus heutiger Sicht wünschen würde. Neben der vereisten Schnee-Stage mit ihrer drohend dröhnenden Musik ist mir auch das Unterwasser-Level gut in Erinnerung geblieben: Die Navigation in drei Dimensionen und die träge Schwimm-Physik machen das Erbeuten der bunten Kugeln im kühlen Nass zu einer Herausforderung. Den kurzen, aber barbarischen Schlusslevel auf dem Erdtrabanten inklusive superzähem Bigfoot sahen damals wohl nur die wenigsten NES-Kinder!

Ab dieser Stage wird es richtig knifflig: Die Nibbley Pibbleys flattern vor euch davon und fliegende Teppiche, die immer wieder unsichtbar werden, dienen als Plattformen!
Wohl dem, der den trotz Sprite-Flackern in Würde gealterten und auch heute noch spaßig-ungewöhnlichen Plattformer als Teil der Rare Replay-Sammlung angeht - hier gibt es nämlich Speicherstände und die Option, zurückzuspulen. Und weil die Collection Teil des Xbox Game Pass ist oder für Nicht-Abonnenten gerade schlanke 7,49 Euro kostet, empfehle ich euch, einen Blick zu riskieren. Zumal die 29 anderen Rare-Titel mindestens interessant sind. Snake Rattle N Roll brachte es auf einen Game-Boy-Ableger - Sneaky Snakes wurde aber aus der Seitperspektive gespielt. Näher am Original ist da der Europa-exklusive 1993er Port für das Mega Drive - mit neuer Grafik und einem beinharten Zusatzlevel. Sogar die vier Profi-Abkürzungen, die dazu dienten, einige Level zu überspringen, sind in der Mega-Drive-Version enthalten - nur der Sound klingt für NES-Kenner ziemlich schief. Solltet ihr bis hierhin durchgehalten haben, dann werdet ihr jetzt noch erfahren, woher das Spiel seinen merkwürdigen Namen hat: Rares NES-Hit wurde in Ahnlehnung an der Bill-Haley-Hit „Shake, Rattle and Roll“ so getauft. Und wer sich den Song anhört, erkennt sofort, wo sich der Spielkomponist bedient hat - gleich im ersten Level dudelt einem die Melodie des Liedes von 1954 unverkennbar entgegen.

Rock & Roll

 
Kommentare
CritsJumper

Die Zungen sind dabei nicht das Problem: Die sind sowieso mit jedem Level zurück gesetzt. Leben und continues jedoch fehlen einen schon etwas.
Stimmt! Vor allem lebt so ein Spiel ja davon gespielt zu werden... wenn man es aus dem FF meistert sind diese Warp-Tricks ja ganz nett.

Ich denke die meisten Entwickler hatten die für Test-Zwecke oder Demos drin. Stört mich aber auch nicht wenn die fehlen. Glitsches, finden sich hier und da ja auch sehr oft in aktueller Software die zu einem Vorteil ausgenutzt werden können.

Würde es ehrlich gesagt begrüßen wenn Eltern oder für ein persönliches Zeitmanagement auch aktuelle Spiele diese Option bieten. Also nach im Schnitt X Versuche eine Pause einwerfen oder eine Zeitmünze einzuwerfen für den nächsten Block. Wo indirekt natürlich auch der ganze Timespending-Junk gebremst wird, wenn die Spielzeit kostbar ist. Also was Ladezeiten und Ingame-Shop-Sessions betrifft.

Wobei aktuelle Systeme haben es fast nicht nötig, die gehen in den Stand By und man kann an der Stelle weiterspielen wo aufgehört wurde. Aber ich finde den Aspekt schon ein wenig schade, auch wenn er den meisten Komfort bietet.

Bezogen auf alte Spiele, erscheint es natürlich überflüssig, den Fortschritt mit der Ingamewährung Leben und Zeit zu sichern, um ein Erlebnis fortsetzen zu können. Das Urkapitalistisch Interesse war ja "Insert Coin", und mir ist es auch jetzt noch lieber als die Alternativen: Stelle uns deine Daten, Ideen oder Kontakte zur Verfügung, oder betrachte diese Werbung, oder Verkaufe dieses Spiel an __ Freunde um es selbst kostenlos zu spielen.

Doch genau wegen dieser Unterschiede, ist es ja wichtig das die alte Software auch in Zukunft noch gespielt werden kann, ohne Veränderung der Monetarisierung.

vor 3 Jahren
Levi 


Was ich dem Spiel immer noch sehr fies anrechne. Aber jemand in den Kommentaren schrieb von einer Warp-Funktion direkt ins letzte Level. aber das fand ich auch nie toll weil man ja die Zungen nicht mit genommen hat.
Zum einen: es gibt diverse warpzonen. Die erste führt auch nicht ins letzte Level, sondern in die Wasserwelt. (was in etwa da ist, wo der Spaß anfängt.)
Die Zungen sind dabei nicht das Problem: Die sind sowieso mit jedem Level zurück gesetzt. Leben und continues jedoch fehlen einen schon etwas.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
CritsJumper

Ich empfand das Spiel als Kind nämlich Bockschwer.
So ab der sechsten Stufe beschreibt der Test genau das. Zeitdruck, rutschige Flächen, fiese Gegner, fiese Sprünge. Aber ja genau das war es auch.

Was aber zu zweit den Wiederspielwert ausmacht! Auch wenn es dann im Mondlevel oder kurz Vorher so einen Sprung gab, der im Koop wirklich sehr schlecht zu meistern war, nicht nur wegen den fliegenden Teppichen, wenn die Kamera weiter zieht, stirbt der zurückbleibende Spieler automatisch.

Was ich dem Spiel immer noch sehr fies anrechne. Aber jemand in den Kommentaren schrieb von einer Warp-Funktion direkt ins letzte Level. aber das fand ich auch nie toll weil man ja die Zungen nicht mit genommen hat.

Das Internet Archive, archive.org hat einige Medien aus der Zeit, auch die Anleitung, Filme, Letsplays und man entdeckt so etwas wie: Es gab eine Sega Genesis Umsetzung von Rare von dem Titel!

vor 3 Jahren
Cytasis

Mag mir jemand sagen ob bzw. wie der Schwierigkeitsgrad so weg gekommen ist bei dem Bericht? (wenn es angesprochen wurde) Habe leider kein Pur und würds gerne wissen (wenn das ok ist^^). Ich empfand das Spiel als Kind nämlich Bockschwer. Trotzdem habe ich es immer und immer wieder mal versucht und kam dann tatsächlich auch sehr weit mit einem Kumpel.
Die Steuerung war schon ein Erlebnis damals

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
CritsJumper



Ein geniales Spiel. Ich hab es vor kurzem im Browser noch mal gespielt beim amerikanischen Interentarchive, da kann man NES Spiele auch kostenlos spielen. Aber die Steuerung ist schwer weil sie wirklich ungenau ist, auch wenn das zum Spiel gehört.

Damals gab es einen Bug im Koop Modus mit den fliegenden Teppichen kurz vor dem Mond. -_-
Weshalb es mir das Spiel versaute. Klar allein geht es schon, aber es ist halt nicht das selbe Koop Erlebnis.

Ein tolles Spiel auch wenn es die Jugend von heute als Meilenstein halt nicht mehr wahr nehmen kann.

vor 3 Jahren