Kirby's Dream Land - Special, Plattformer, GameBoy
Ich finde, es gibt viel zu wenig spielejournalistische Texte über Kirby. Warum das so ist? Vielleicht weil Kirby gefühlt immer da war, ohne jemals richtig groß gewesen zu sein. Viele mögen seine Spiele, vielen sind sie aber auch egal. Sie verkaufen sich stets ordentlich, sogar so gut, dass regelmäßig ein neuer Teil kommt - aber zum Nintendo-Goldesel oder Systemseller hat es nie gereicht. Hand aufs Herz: Wer hat wirklich Liebe für diesen Knödel übrig, Liebe wie sie tausend-, ach millionenfach für Link oder Mario, Mega Man oder Samus, Cloud oder Ryu empfunden wird?
Mehr Kirby wagen!
Ich tue das. Voller Stolz hebe ich bei dieser Frage meine Hand und gestehe: Ja, wirklich - ich liebe Kirby. Das kann man auch bei mir in der Wohnung sehen: Neben zahllosen Kirby-Spielen und einem tollen Artbook sind es die vielen kleinen Kirbys, die mich verraten - die pinken Blobs verstecken sich als Plastikfiguren zwischen anderen Spielehelden in meinen Vitrinen, daneben thronen alle Kirby-amiibos und Plüschfiguren vom Zwischenboss Chef Kawasaki oder dem liebenswürdigen Standardfeind Waddle Dee. Zwei Mal habe ich mich im Verlauf meiner Zockervita in den rosa Pummel verguckt: 1992 mit dem Game-Boy-Spiel Kirby's Dream Land, über das ich hier sprechen möchte, und noch einmal 2010 bei Kirby und das magische Garn; letzteres habe ich zuerst auf japanisch durchgespielt, dann noch einmal als Wii-PAL-Version und neun Jahre später erneut auf 3DS. Ich schätze sehr viele Dinge an Kirby: die oft innovativen Grafikstile und Steuerungskonzepte, die ultraniedlichen Feinde, die wunderbar verspielte Musik von Jun Ishikawa (Anspieltipp: Green Greens ), den niedrigen Schwierigkeitsgrad und das mindestens grundsolide, oft aber richtig starke Leveldesign. Kirby bringt launige Mehrspieler-Modi mit, ist (vielleicht) der König der Minispiele und (ganz sicher) der Meister der Verwandlungen. Sein Talent, die Fähigkeiten von Feinden zu absorbieren und damit sein Repertoire zu erweitern, sorgt für massig Abwechslung und ist obendrein oft sehr geistreich, lustig oder albern.
War Kirby immer rosa?
Kirbys Bedeutung für die Spielewelt schätzte sein Erfinder damals schon vernünftig ein: „Ich kann nicht sagen, dass aus Kirby ein Goldesel wie Mario wird - aber ich wünsche mir, dass er ein Charakter ist, der immer von allen gemocht wird.“ In Sakurais Vorstellung war Kirby übrigens immer rosa - auch wenn davon im monochromen Game-Boy-Erstling natürlich nicht viel zu sehen war. Tatsächlich hatten ihn aber andere Team-Mitglieder nicht als pinken Knödel im Kopf, Miyamoto hätte auch gelb à la Pac-Man passend gefunden. Und tatsächlich ist Kirby auf dem europäischen sowie dem amerikanischen Dream-Land-Cover in weiß abgebildet, womit er ziemlich an die Buu-Huu-Geister erinnert. In Japan hingegen war der Packungs-Kirby schon immer rosa - auch auf dem allerersten Modul von Hoshi no Kirby (= Kirby von den Sternen), wie die Serie in Fernost heißt. Apropos Name: Vor der Einigung auf Kirby lief die Figur unter dem Namen „Tinkle Popo“, es gab sogar schon japanische Previews, wo diese Bezeichnung zu lesen war - doch um im US-Markt besser Fuß fassen zu können, wurde der Name noch geändert. Miyamoto wünschte sich etwas, das nach einem amerikanischen Popstar klang, letztlich war Kirby aber nur der Nachname eines Anwalts, der Nintendo in einem Copyright-Verfahren wegen Donkey Kong vertrat.
Hüpfen ohne Gefahr
Kirby kann hier zwar schon Gegner einsaugen und runterschlucken oder (als Geschoss) wieder aussspucken, aber noch keine feindlichen Fähigkeiten mopsen - diesen Kniff gab es erst im NES-Nachfolger. Dafür kann er fliegen. Fliegen! In einem Jump’n’Run, wo die größte Gefahr neben den Gegnern traditionell der Sturz in den Tod ist. Doch Kirby darf, durch Druck auf die Nach-Oben-Taste, zum Ballon aufgebläht einfach elegant durchs Level gleiten, am oberen Bildrand entlang an Feinden vorbei oder trotz vergeigten Sprungtimings locker über Abgründe. Das kann man läppisch oder billig finden, für mein zehnjähriges Alter Ego war es aber eine Wohltat. Ich quälte mich ja schon durch Gargoyle’s Quest, Mega Man: Dr. Wily’s Rache und Fortress of Fear - da kam das entspannte, gezuckerte Abenteuerland von Kirby gerade recht. Was Kirby noch konnte: Mit einem Power-Up zum dauerhaft fliegenden Feuerspucker werden und so quasi in Shoot’em-Up-Manier einen Bosskampf meistern. Ansonsten ist Kirbys Erstling aus heutiger Sicht zwar immer noch spaßig, aber auch sehr überschaubar: Es gibt Lebenssaft spendende Tanks, eine besonders viel Energie wiederherstellende Tomate, ein paar unzerstörbare Gegner, die der Spielfigur hinterherjagen, das schöne Gefühl auf einem Stern zum nächsten Level zu rasen, einen süßen Gewinnertanz nach jedem Level sowie eine Punkte-Anzeige am unteren Bildrand, die aber gar nicht egaler sein könnte.