Kirby's Dream Land - Special, Plattformer, GameBoy

Kirby's Dream Land
06.08.2021, Matthias Schmid

Special: Kirby's Dream Land

Kleiner Knödel ganz groß

Warum nicht mal ein Game-Boy-Spiel? Kirby's Dream Land war die Geburtsstunde des allseits bekannten, pinken Nintendo-Charakters. In unserem PUR-Klassiker blicken wir zurück auf die Entstehung dieser liebenswerten Spielfigur und natürlich auf das zuckersüße Hüpfspiel selbst.

Ich finde, es gibt viel zu wenig spielejournalistische Texte über Kirby. Warum das so ist? Vielleicht weil Kirby gefühlt immer da war, ohne jemals richtig groß gewesen zu sein. Viele mögen seine Spiele, vielen sind sie aber auch egal. Sie verkaufen sich stets ordentlich, sogar so gut, dass regelmäßig ein neuer Teil kommt - aber zum Nintendo-Goldesel oder Systemseller hat es nie gereicht. Hand aufs Herz: Wer hat wirklich Liebe für diesen Knödel übrig, Liebe wie sie tausend-, ach millionenfach für Link oder Mario, Mega Man oder Samus, Cloud oder Ryu empfunden wird?

Mehr Kirby wagen!

Ich tue das. Voller Stolz hebe ich bei dieser Frage meine Hand und gestehe: Ja, wirklich - ich liebe Kirby. Das kann man auch bei mir in der Wohnung sehen: Neben zahllosen Kirby-Spielen und einem tollen Artbook sind es die vielen kleinen Kirbys, die mich verraten - die pinken Blobs verstecken sich als Plastikfiguren zwischen anderen Spielehelden in meinen Vitrinen, daneben thronen alle Kirby-amiibos und Plüschfiguren vom Zwischenboss Chef Kawasaki oder dem liebenswürdigen Standardfeind Waddle Dee. Zwei Mal habe ich mich im Verlauf meiner Zockervita in den rosa Pummel verguckt: 1992 mit dem Game-Boy-Spiel Kirby's Dream Land, über das ich hier sprechen möchte, und noch einmal 2010 bei Kirby und das magische Garn; letzteres habe ich zuerst auf japanisch durchgespielt, dann noch einmal als Wii-PAL-Version und neun Jahre später erneut auf 3DS. Ich schätze sehr viele Dinge an Kirby: die oft innovativen Grafikstile und Steuerungskonzepte, die ultraniedlichen Feinde, die wunderbar verspielte Musik von Jun Ishikawa (Anspieltipp: Green Greens ), den niedrigen Schwierigkeitsgrad und das mindestens grundsolide, oft aber richtig starke Leveldesign. Kirby bringt launige Mehrspieler-Modi mit, ist (vielleicht) der König der Minispiele und (ganz sicher) der Meister der Verwandlungen. Sein Talent, die Fähigkeiten von Feinden zu absorbieren und damit sein Repertoire zu erweitern, sorgt für massig Abwechslung und ist obendrein oft sehr geistreich, lustig oder albern.

Links Japan, rechts der Westen: Während Kirby in seinem Mutterland schon immer pink war, leuchtete er bei uns in blütenreinem Weiß vom Cover.
Dass es Verwirrung um die ursprüngliche Farbgebung gab und dass Kirby nicht sein ursprünglicher Name war - das wusste ich bereits. Trotzdem habe ich viel Neues in der fleißigen Übersetzung eines Interviews gelernt, die ihr dankenswerterweise hier findet. Dort plauderten unter anderem Masahiro Sakurai (Smash-Bros.-Mastermind), Satoru Iwata (später Nintendo-Präsident) und Shigeru Miyamoto (schon mal gehört?) über die Entstehung von Kirby. Die Versammlung solch prominenter Spielemacher zeigt denn auch, dass der rundliche Held doch irgendwie eine wichtige Rolle in der Nintendo-Geschichte besetzt. Das Gespräch der japanischen Granden stammt aus einem alten Lösungsbuch zum NES-Nachfolger Kirby's Adventure, beantwortet aber viele Fragen zur Entstehung der Figur bei HAL Laboratory: Sakurai wollte ein Spiel mit einem süßen Charakter entwickeln, mit dem jeder Spieler seinen Spaß haben kann. Und Iwata, damals Chef von HAL, betonte, dass die simple Form die Fans dazu verleiten sollte, Kirby auch mal selbst zu zeichnen. Was dann wohl auch gelang, denn Sakurai selbst entdeckte nach der Veröffentlichung von Kirby's Dream Land immer mal wieder Kreidezeichnungen oder Graffitis in Parks und auf öffentlichen Plätzen.

War Kirby immer rosa?

Kirbys Bedeutung für die Spielewelt schätzte sein Erfinder damals schon vernünftig ein: „Ich kann nicht sagen, dass aus Kirby ein Goldesel wie Mario wird - aber ich wünsche mir, dass er ein Charakter ist, der immer von allen gemocht wird.“ In Sakurais Vorstellung war Kirby übrigens immer rosa - auch wenn davon im monochromen Game-Boy-Erstling natürlich nicht viel zu sehen war. Tatsächlich hatten ihn aber andere Team-Mitglieder nicht als pinken Knödel im Kopf, Miyamoto hätte auch gelb à la Pac-Man passend gefunden. Und tatsächlich ist Kirby auf dem europäischen sowie dem amerikanischen Dream-Land-Cover in weiß abgebildet, womit er ziemlich an die Buu-Huu-Geister erinnert. In Japan hingegen war der Packungs-Kirby schon immer rosa - auch auf dem allerersten Modul von Hoshi no Kirby (= Kirby von den Sternen), wie die Serie in Fernost heißt. Apropos Name: Vor der Einigung auf Kirby lief die Figur unter dem Namen „Tinkle Popo“, es gab sogar schon japanische Previews, wo diese Bezeichnung zu lesen war - doch um im US-Markt besser Fuß fassen zu können, wurde der Name noch geändert. Miyamoto wünschte sich etwas, das nach einem amerikanischen Popstar klang, letztlich war Kirby aber nur der Nachname eines Anwalts, der Nintendo in einem Copyright-Verfahren wegen Donkey Kong vertrat.

Kultboss: Hat man den lieben Baum dreimal mit einem Sterngeschoss erwischt, gibt er auf. Und muss weinen.
Bevor ich euch mit noch mehr Nerd-Fakten langweile, komme ich nun zum eigentlichen Spiel, zu Kirby's Dream Land für Game Boy. Das ich für diesen Artikel nochmal rausgekramt und durchgespielt habe. Das sorgte für doppelte Retro-Gefühle: Ich besitze zwar noch das Game-Boy-Modul samt passender Konsole, war aber zu faul Batterien zu laden und spielte den Titel daher als Virtual-Console-Emulation auf meinem 3DS; das war Retro-Gefühl Nr. 2, die kleine Klappkonsole ist auch schon komplett aus meinem aktuellen Spielekosmos verschwunden. Der Zeitaufwand, das Spiel für diesen Artikel durchzuzocken, hielt sich übrigens in engen Grenzen: Das erste Dream Land ist nicht nur wahnsinnig leicht, sondern auch ebenso kurz. In läppischen 30 bis 40 Minuten hat man das Traumland von König Dedede befreit! Trotzdem hat der Titel nicht nur aufgrund der wunderbaren Musik und anderer schöner Kindheitserinnerungen einen besonderen Stellenwert: Kirby selbst und die süßen Feinde sind für ein Game-Boy-Spiel sehr ansprechend gepixelt - der Baum mit dem tränenden Auge, die Blitzwolke oder die Kistenschiebe-Feinde im Schloss verzücken mit schönen Animationen und guten Bosskampf-Ideen.

Hüpfen ohne Gefahr

Kirby kann hier zwar schon Gegner einsaugen und runterschlucken oder (als Geschoss) wieder aussspucken, aber noch keine feindlichen Fähigkeiten mopsen - diesen Kniff gab es erst im NES-Nachfolger. Dafür kann er fliegen. Fliegen! In einem Jump’n’Run, wo die größte Gefahr neben den Gegnern traditionell der Sturz in den Tod ist. Doch Kirby darf, durch Druck auf die Nach-Oben-Taste, zum Ballon aufgebläht einfach elegant durchs Level gleiten, am oberen Bildrand entlang an Feinden vorbei oder trotz vergeigten Sprungtimings locker über Abgründe. Das kann man läppisch oder billig finden, für mein zehnjähriges Alter Ego war es aber eine Wohltat. Ich quälte mich ja schon durch Gargoyle’s Quest, Mega Man: Dr. Wily’s Rache und Fortress of Fear - da kam das entspannte, gezuckerte Abenteuerland von Kirby gerade recht. Was Kirby noch konnte: Mit einem Power-Up zum dauerhaft fliegenden Feuerspucker werden und so quasi in Shoot’em-Up-Manier einen Bosskampf meistern. Ansonsten ist Kirbys Erstling aus heutiger Sicht zwar immer noch spaßig, aber auch sehr überschaubar: Es gibt Lebenssaft spendende Tanks, eine besonders viel Energie wiederherstellende Tomate, ein paar unzerstörbare Gegner, die der Spielfigur hinterherjagen, das schöne Gefühl auf einem Stern zum nächsten Level zu rasen, einen süßen Gewinnertanz nach jedem Level sowie eine Punkte-Anzeige am unteren Bildrand, die aber gar nicht egaler sein könnte.

Kirby's Dream Land beinhaltete ein paar Passagen unter Wasser oder in labyrinthischen Arealen, wo man minimal vorsichtig sein musste. Die Stellen zu schaffen, war aber letztlich auch für Kinder immer machbar.
Wer das Spiel einmal durchspielt erhält eine spannende Info: Drückt man zum Spielstart im Hauptmenü Oben, Select & A, dann kann man eine deutlich kniffligere Version des Abenteuers zocken - mit schnelleren, stärkeren Feinde, die den armen Kirby viel härter rannehmen. Ein Soulslike wird aus Kirby's Dream Land so zwar immer noch nicht, aber dann besteht zumindest die Möglichkeit, dass man den Game-Over-Schirm zu Gesicht bekommt. Mangels Virtual Console auf Switch könnt ihr Kirbys Premiere leider nicht auf der neuesten Nintendo-Konsole zocken, auf dem 3DS ist das aber möglich und nur 3,99 Euro teuer. Wer es gerne schöner hat, der gönnt sich Kirby's Dream Collection für Wii - die nur in den USA und Japan erschienene Spielesammlung beinhaltet neben besagtem Game-Boy-Spiel fünf weitere klassische Kirby-Abenteuer, schöne Museumsfunktionen und ein liebevoll gestaltetes Booklet.

 
Kommentare
Krulemuk

Ich mochte sowohl Kirbys Dreamland 1 als auch Teil 2 sehr gerne. Gehörten damals bestimmt zu meinen liebsten 10 Gameboy-Spielen. Den ersten Teil habe ich danach noch mehrfach durchgespielt aber der zweite Teil ist irgendwann verloren gegangen und ich habe ihn ewig nicht mehr gespielt. Muss ich mir irgendwann mal für die Sammlung holen

vor 3 Jahren
Levi 

Wir reden gerade von Kirbys Adventure auf dem NES

vor 3 Jahren
James Dean

Kirby's Dreamland 1 war wirklich sehr schnell durchgespielt, schneller als Super Mario Land 1. Es gab halt auch nur 6 Level plus die "Re-Runs" in DeDeDes Burg

vor 3 Jahren
Levi 

Nochmal... Ich rede da wirklich von gemütlich! Und unterschätzt nicht "ein Kind"

Die Level sind gerade aus zu beenden. Ob man sie kennt oder nicht, macht da kaum bis keinen Unterschied.

Schmeiß es doch selbst nochmal rein und staune, wie schnell du in Welt 4 ankommst (bis dahin vergehen kaum 20 Minuten )

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
Ryan2k22

Ich glaube schon, dass wenn man nichts mit den secrets am Hut hat, da in gut zwei Stunden durch kommt.
Klar kommt man in zwei Stunden durch. Wenn man es kennt und weiß was man tut. aber als Kind und als erstes (Kirby) Spiel mit Null Ahnung wo man hin und was man tun soll, dauerts einfach länger. Das Gameboy Spiel wie gesagt, das war tatsächlich kürzer. Ich rede aber vom NES Teil und das war mehr als doppelt so lang.

Aber vielleicht war er ja schon als Kind ein Speedrunner Talent, wer weiß.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren