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24.01.2023, Eike Cramer

Special: Hardware

Gaming-Chairs im Vergleichstest

Eine Sache, die zum Spielen beinahe genauso dazugehört wie Gamepad, Grafikkarte oder Gaming-Monitor ist das Sitzen. Und während sich Konsolen-Freunde meist entspannt auf die Couch lümmeln, um den nächsten Blockbuster auf dem großen Bildschirm zu genießen, muss für den anspruchsvollen PC-Gamer ein Stuhl her, der ins Spiele-Setup passt. In den letzten Jahren ist dabei ein ganz eigenes Genre von Schreibtischmöbel entstanden – der sogenannte Gaming-Chair. Wir haben uns fünf Gaming-Stühle zwischen 290 und 599 Euro angesehen und im Vergleichstest unter die Lupe genommen.

Fast alle Hersteller setzen bei ihren Stühlen auf den Look von Auto-Rennsitzen mit Seitenflügeln an Sitz und hoher Rückenlehne, die meist über den Kopf des Nutzers aufragt. Was im KFZ auf der Rennstrecke dafür sorgen soll, dass die Querbeschleunigung den Fahrer nicht aus dem Sitz reißt, hat am PC hauptsächlich optische Gründe. Das Design gibt aber auch hier seitlich bequemen Halt, wenn man sich in seinen Sitz lümmeln möchte. Zudem sind die Stühle fast alle mit einstellbaren Armlehnen und nach hinten klappbaren Rücklehnen versehen, die, bei entsprechender Standfestigkeit, eine annähernde Liegeposition ermöglichen.

Was ist ein Gaming-Chair?

Die Optik sollte bei Sitzmöbeln allerdings eine eher untergeordnete Rolle spielen – viel wichtiger ist die Sitzgesundheit, die durch eine besonders gute Ergonomie des Stuhls gewährleistet wird. Das bedeutet vor allem: der Sitz lässt sich dem Sitzenden so anpassen, dass eine möglichst entlastete Sitzhaltung ermöglicht wird. Dabei ist es kein Geheimnis, dass hier vor allem der magische rechte Winkel eine wichtige Rolle spielt. Der Stuhl sollte es ermöglichen, dass die Füße auf dem Boden stehen, während die Unterschenkel in Sitzposition einen 90-Grad-Winkel mit den Oberschenkeln bilden, die bestenfalls vom Stuhl ebenfalls unterstützt werden.

Ergonomie im Detail

Das Nackenpolster kann am Corsair-Stuhl durch Öffnungen an der Lehne befestigt werden. Es sitzt dann sehr niedrig.
Generell ist eine aufrechte Sitzhaltung optimal – auch hier ist ein rechter Winkel der Optimalfall – die von richtig eingestellten Armlehnen unterstützt wird. Diese sollen ebenfalls einen rechten Winkel im Ellenbogengelenk ermöglichen, wenn der Arm entspannt auf Höhe der Tischplatte aufliegt Der untere Rücken soll beim gesunden Sitzen bestenfalls von der Rückenlehne unterstützt werden. Das bedeutet: Die Rückenlehne sollte der Anatomie unserer Wirbelsäule folgen, die eine S-Form, die sogenannte Lordose beschreibt. Im Optimalfall schmiegt sich die Rückenlehne mit einer Lordosestütze in genau diese Wölbung der Wirbelsäule und entlastet die Bandscheiben im unteren Rücken.

Die Druckverteilung auf der Sitzfläche wird im Test mit einer medizinischen Sensormatte gemessen.
Im Gespräch mit einer Expertin für Arbeitsplatz-Ergonomie, wurde deutlich, dass im oberen Rücken allerdings „aktives Sitzen“ wichtig ist – also kein stundenlanges, übermäßig starres Verharren in einer aufrechten Sitzpostion, sondern vielmehr ein regelmäßiger Wechsel der Sitzposition wichtig ist. Grundsätzlich gilt ohnehin: Bewegung ist auch beim Sitzen wichtig. Gewichtsverlagerung und Positionswechsel gehören zum gesunden Sitzen dazu. Außerdem sollte man regelmäßige Stehpausen einlegen, um den Körper zu entlasten.

„Aktives Sitzen“ schlägt starre Aufrecht-Haltung

Dabei gilt: Ergonomie und Komfort sind nicht automatisch das gleiche – bequeme Stühle können langfristig problematisch sein, ergonomische Stühle hingegen nicht besonders einladend wirken. Für unseren Test haben wir drei Tester probesitzen lassen, die drei sehr unterschiedliche Körpertypen abbilden – von klein und leicht (50kg, 1,56m) bis groß und schwer (1,80, 90kg).

Die Sitzfläche eines Stuhls darf für den Komfort nicht zu weich und nicht zu hart sein, muss dabei gleichzeitig das Gewicht der sitzenden Person möglichst adäquat über die gesamte Auflagefläche verteilen. Der Sitzdruck darf außerdem nicht zu hoch sein, um schmerzende Druckstellen nach langen Sessions zu vermeiden. Zudem werden an die Gaming-Chairs hohe Anforderungen an ihre Anpassungsfähigkeit gestellt, die sie, wenig überraschend, nicht vollständig erfüllen können. Darum sei an dieser Stelle bereits vorgreifend gesagt: eine All-in-One-Lösung gibt es bei Gaming-Chairs nicht. Große, Breite oder schwere Personen brauchen völlig andere Modelle als kleine, leichte oder schmächtige. Um richtig gesund und bequem zu sitzen, muss ein Stuhl für die eigenen Körpermaße beschafft werden- Was das bedeutet, wird im Folgenden deutlich.

Die beste Ergonomie bietet im Test der Gaming-Stuhl der Autositz-Spezialisten von Recaro. Zwar lässt sich die Rückenlehne nur beim Rae Essential nicht frei nach hinten kippen und ein eine gemütliche Lounge-Position bringen, das spielt aber im Rahmen der Sitzgesundheit keine große Rolle, da man hier am besten aufrecht bleibt. Viel wichtiger ist der große Hub der Sitzfläche, die bei uns an der Vorderkante der Sitzfläche gemessen 13 cm beträgt. Damit schlägt der Recaro-Sitz das Testfeld und wartet auch mit ordentlich justierbaren Armstützen auf, die bis auf eine Breiten-Einstellung in Höhe, Drehung und Tiefe passend für den Nutzer eingestellt werden können. Hier sind nur der Sharkoon SGS40 und der Argon von Com4 Gaming besser aufgestellt.

Wer bietet die beste Ergonomie?

Schönes Material: Die Stoff-Oberfläche des Sharkoon-Sitzes erinnert an Sofa-Stoff.
Diese Einstellungs-Optimierung bewies sich in der Praxis: Alle Probanden konnten den Stuhl einigermaßen auf ihre Körpergröße justieren. Einzig die verstellbare Lordosestütze fehlt, allerdings kann mit dieser Option auch kein anderer Stuhl aufwarten. Eine Wippfunktion ist, wie bei jedem anderen Stuhl im Testfeld, vorhanden und kann mittels eines Drehgriffs an der linken Seite justiert werden. Das ist etwas ungewohnt, denn alle übrigen Kontrahenten haben eine Drehfeder unter des Sitzfläche. Allerdings ist die Einstellung nach kurzer Gewöhnung komfortabler.

Bei der Festigkeit, der für die Sitzposition sehr wichtigen Armlehnen geben sich die sehr ähnlichen, mit nachgebendem Kunststoff beschäumten Flächen wenig. Einzig der Medion Erazer Druid X10 wartet mit weichen Überzug-Kissen auf, die den Unterarm angenehm betten. Das ist allerdings nicht in jeder Situation zum Vorteil, etwa bei sehr präzisen Mausbewegungen. Dann lassen sich die Kissen aber in Sekundenschnelle entfernen und fördern die üblichen Armstützen zutage, sodass sehr individuell entschieden werden kann, wie bequem es werden darf.

Druckmessung des Recaro-Stuhls im Detail. In der Darstellung gut sichtbar: Die beiden Sitzbeinhöcker.
Apropos Komfort: Wie erwähnt haben wir drei Testpersonen auf den Stühlen platznehmen lassen, um den Sitzkomfort und die Bezüge sowie Oberflächen von Armlehnen in der Praxis unter die Lupe zu nehmen. Im Anschluss haben wir außerdem eine Sitzdruckmessung nach medizinischen Maßstäben vorgenommen. Dafür wurde eine präzise Sensormatte zwischen Gesäß und Sitzfläche platziert um den Druck (in Newton pro Quadratzentimeter, N/cm2) und die Druckverteilung zu ermitteln und dann über 60 Sekunden aufgezeichnet. Zur Vergleichbarkeit haben wir für den Test den höchsten Durchschnittswert pro Proband und Stuhl erfasst und einen Mittelwert pro Testteilnehmer ermittelt, der bewertet wird. Untersuchungen zum Sitzdruck verweisen auf eine Maximallast von 3 N/cm2, die auf keinem Polster erreicht wird. Allerdings sind für die größeren Testsitzer die Seitenflügel der Sitzflächen des Argon von Com4 Gaming sowie des Corsair-Stuhls zu eng. Hier entstehen in der Messung sichtbare Lastspitzen, die bei längeren Sitzungen definitiv unbequem werden.

Komfort im Praxis-Check

Zahlen und Fakten: Die Druckmessung liefert spannende Erkenntnisse.
Ergonomie und Komfort sind im Praxistest tatsächlich nicht in allen Fällen Deckungsgleich. Das zeigt sich in der Einschätzung des Recaro Rae, der bei der Ergonomie punktet, von den Probanden aber nicht als überdurchschnittlich komfortabel empfunden wurde. Zudem wurde im Sitztest besonders deutlich, wie relevant die richtige Stuhl-Größe für den richtigen Körper ist. Das wird erneut beim Stuhl von Com4 Gaming deutlich, der eindeutig für kleinere Personen gedacht. So befindet sich etwa die Lordosestütze für Personen über 1,75 an der falschen Stelle und drückt in den unteren Rücken anstatt ihre Stützwirkung für die Wirbelsäule zu entfalten. Andersherum ist der Sharkoon SGS40 für große und breite Menschen gedacht. Hier fühlen sich kleinere Personen auf der großen Sitzfläche mit hoher Sitztiefe fast schon verloren.

Zu schmal: Die engen Seitenbegrenzungen der Sitzfläche sorgen beim Stuhl von Com4 Gaming bei größeren Testern für vermehrten Druck auf den Oberschenkel-Außenseiten. Das wird schnell unbequem.
Über alle Probanden gemittelt konnte der Druid X10 in Sachen Komfort und Oberfläche am meisten überzeugen. Das wird von der Druckmessung der Sitzfläche unterstützt, die eine ausgewogene Verteilung der Sitzlast und geringe Spitzenlast diagnostiziert. Auch in der wahrgenommenen Standfestigkeit schloss der massive Stuhl von Medion am besten ab. Letztere Einschätzung ist im Test trotz recht rabiater Testmethoden der Probanden übrigens nur ein subjektives Sicherheitsempfinden. Niemand in der Redaktion hat einen der Stühle durch eine normale Sitzhaltung auf Teppichboden zum Kippen bringen können, auch bei Gewichtsverlagerung auf die Vorderkante gab es keine akute Sturzgefahr. Dennoch wirkt der Medion stabiler als etwa der Corsair TC 200, der auch in arretierter Wippstellung leicht (aber unbedenklich) nachgibt.

Bei Qualität und Material gibt sich keiner der Stühle eine Blöße. Bei allen fünf Stühlen gibt es keinerlei Produktionsfehler in Form von schiefen oder offenen Nähten oder anderen Beschädigungen. Qualitativ unterscheiden sich die verwendeten Materialien dann allerdings doch: Der Druid X10 von Medion setzt auf stabiles Kunstleder, während Corsair, Sharkoon und Recaro Stoffvarianten verwenden. Während der SGS40 auf einen typischen, etwas raueren Sofabezug setzt, erinnert der Stoff des Autositz-Spezialisten Recaro wenig verwunderlich an den Bezug eines PKW-Sitzes. Insgesamt liefert Recaro das rundeste Paket aus Materialqualität und Verarbeitung, wobei dazu auch die robusten Bedienelemente und das stabile Standkreuz gehören. Einzig die Rollen könnten größer sein, verrichten auf Teppichboden aber ebenfalls zuverlässig ihren Dienst.

Qualität und Material

Nettes Gimmick: Im Argon von Com4 Gaming sind Lüfter verbaut, die über einen Schalter bedient werden können.
Im Qualitätsgefühl-Vergleich fällt die perforierte und damit atmungsaktiv anmutende Oberfläche des Argon von Com4 Gaming etwas ab, zumal hier auch die Verarbeitung der Polster, Sitzflächen und Sitflächen-Auflage etwas günstiger anmutet als bei den Kontrahenten. Immerhin hat der Perforierung des Stuhls aber einen Sinn: In Sitzfläche und Rückenlehne sind Ventilatoren verbaut, die bei hitzigen Spielesessions und höheren Außentemperaturen vermehrtes Schwitzen verhindern sollen. Im Test war die Lüftung, die über ein USB-C Kabel wahlweise per externer Stromquelle wie dem PC oder einer Powerbank betrieben werden kann, eher ein Gimmick als Killer-Feature. Zwar verursacht der verbaute Ventilator ein deutlich vernehmbares Laufgeräusch, der kühlende Luftzug war aber eher ahn- als wirklich deutlich spürbar.

Wichtiger als Ventilatoren sind die optionalen Kopfstützen-Kissen, die den Stühlen von Medion, Corsair und Com4 Gaming beiliegen. Allerdings sind die knubbeligen kleinen Kisschen für den Argon und den TC200 nicht gerade die bequemsten Kopfstützen aller Zeiten. Zudem sind sie nicht besonders gut justierbar – die in den Lehnen vorgesehenen Löcher sind für viele Körpergrößen zu niedrig und das Stülpen über die Spitze der Rückenlehne lässt ebenfalls kaum verschiedene Höheneinstellungen zu. Einzig der Stuhl von Medion liefert ein wirklich brauchbares Stützkissen in Hörnchenform mit, das sich bei der richtigen Körpergröße angenehm in den Nacken schmiegt. Problem dabei: kleinere Personen haben davon nichts, da sich auch hier die Höhe nicht optimal einstellen lässt. Generell ist der Druid X10 aber ohnehin für etwas größere Spieler gedacht.

Etwas überraschend kann der günstigste Stuhl in unserem Vergleichstest auch den Testsieger-Titel mitnehmen: Der Medion Erazer Druid X10 überzeugte unsere Testsitzer mit Komfort und Stabilität, bietet gute Verarbeitung und solide anmutendes Material zum Kampfpreis von 289,90 Euro. Einzig bei der Ergonomie muss der Stuhl angesichts eines geringeren Hubs und einer damit verbundenen Limitierung bei der Sitzhöhe ein paar Federn lassen. Generell ist unser Testsieger eher für größere Personen gedacht, die mit der tiefen Sitzfläche und der hohen Kopfstütze mehr anfangen können. Dicht auf den  Fersen ist dem Medion-Sitz der Recaro Rae Essential, der mit 599 Euro auch
der teuerste Stuhl im Testfeld ist. Der Autositz-Hersteller liefert hohe Fertigungsqualität und gute Ergonomie ab, die von unseren Probanden aber nicht automatisch als besonders komfortabel empfunden wurde. Letzter wird der Argon von Com4 Gaming – der eher für kleinere Personen entworfene Stuhl ist weder besonders ergonomisch, noch besonders bequem – da hilft das Gimmick der verbauten Lüfter auch nicht unbedingt weiter. Trotzdem ist der Stuhl nach wie vor solide: weder besteht akute Sturzgefahr, noch sind Fehler bei Material oder Verarbeitung aufgefallen.

Fazit

 
Kommentare
Sundance

Entschuldigung, dass ich diesen Thread wiederbelebe, aber ich wollte meine Erfahrungen zum Thema Gaming Stuhl vs. Bürostuhl teilen. Ich habe mich letztendlich für einen Gaming Stuhl entschieden, hauptsächlich wegen des Preises und des Komforts. Ich habe festgestellt, dass man für den Preis eines guten Gaming Stuhls oft nur einen durchschnittlichen Bürostuhl bekommt. Klar, das Design ist manchmal etwas übertrieben, aber solange es bequem ist und meinen Rücken unterstützt, ist es mir das wert. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht oder seht ihr das anders?

Zuletzt bearbeitet vor 6 Monaten

vor 6 Monaten
NotSo_Sunny

Wirklich toll sieht hier kein Stuhl aus, aber da kann ich peinliches Design eher ertragen. Hauptsache, die Ergonomie stimmt. Und "Gamer"-Stühle sind oft genug etwas günstiger als ergonomisch vergleichbare Bürostühle. Da bekomme ich für 500€ schon was richtig gutes, während bei guten Bürostühlen es bei derselben Summe gerade erst anfängt.
Okäh... Habe öfter mal genau das Gegenteil gehört, e.g.

vor einem Jahr
Kajetan

sehe ich genau so. Irgendwann wird man ja auch älter, da finde ich diese edgystealthneon Designs eher peinlich.
Aber ich sehe den Stuhl nicht, wenn ich darauf sitze. Häßliche Maus- und Tastatur-Peripherie im "Gamer"-Design mit sinnlosem RGB-Schnickschnack habe ich aber die ganze Zeit vor Augen

Wirklich toll sieht hier kein Stuhl aus, aber da kann ich peinliches Design eher ertragen. Hauptsache, die Ergonomie stimmt. Und "Gamer"-Stühle sind oft genug etwas günstiger als ergonomisch vergleichbare Bürostühle. Da bekomme ich für 500€ schon was richtig gutes, während bei guten Bürostühlen es bei derselben Summe gerade erst anfängt.

vor einem Jahr
eLZorro






Geschmäcker und so. Optisch gefallen mir der Recaro und Sharkoon ganz gut aber ich glaube ich kaufe mir dann doch eher einen Bürostuhl.
sehe ich genau so. Irgendwann wird man ja auch älter, da finde ich diese edgystealthneon Designs eher peinlich.

vor einem Jahr
NotSo_Sunny






Geschmäcker und so. Optisch gefallen mir der Recaro und Sharkoon ganz gut aber ich glaube ich kaufe mir dann doch eher einen Bürostuhl.

vor einem Jahr