Kein Applaus für den Busfahrer
Ein Kommentar von Julian Dasgupta, 06.07.2007

Endlich hat auch Microsoft bestätigt, was mittlerweile eigentlich jeder Zocker wusste: Das Design der Xbox 360-Hardware besticht durch ein systeminhärentes Problem, das in vielen Fällen im fast schon Kult gewordenen Red Ring of Death (RRoD) kulminiert - welcher in den vergangenen Monaten wohl so einige Ringe beim Hersteller und vor allem unter den Augen des dort zuständigen Personals fabriziert haben dürfte.

Spätestens als Peter Moore anfing, über sich bewegende Ziele zu fabulieren, sollte 'PR-Speak'-erfahrenen Leuten bewusst geworden sein, dass die Ausfallquote der Hardware eine für Microsoft wohl ziemlich unangenehme, eindeutige Dimension angenommen hatte. Die Maßnahme, die Garantiezeit zu verlängern und Personen, die bereits für die Reparatur einer dem RRoD erlegenen Konsole zahlen durften, entschädigen zu wollen, ist in Umfang und Konsequenz sicherlich genau so beispielslos wie die Fehleranfälligkeit der Hardware. Und so gesehen ist der vollzogene Schritt nicht nur ein richtiger, er ist der einzige, der nicht in einem vollständigen Gesichtsverlust für die Mannen aus Redmond mündet.

Nun, da die Abteilung 'Schadenskontrolle' hochtourt, wäre es wahrlich unpassend Loblieder anzustimmen. Zum einen werden Probleme wie die ebenfalls nicht unbekannten Diskkratzer oder Konsolen, die auch ohne RRoD abstürzen, was durchaus vorkommen soll, nicht von der verlängerten Gewährleistung abgedeckt. Zum anderen ist das anstehende und durchaus kostenträchtige Vorhaben nichts anderes als eine Investition in die Zukunft. Microsoft kann es sich schlichtweg nicht leisten, die bisher loyalen Kunden zu verprellen. Denn der zweite Anlauf im Konsolengeschäft ist bisher noch nicht so erfolgreich, wie man sich das bisher intern erhofft haben dürfte. Die eigenen, schon vorher nach unten korrigierten Prognosen wurden zumindest vorerst verfehlt - trotz des zeitlichen Vorsprungs, trotz der sicherlich guten Softwarebibliothek des Systems.

Der Ruf der Unzuverlässigkeit hätte den Absatz in den kommenden Monaten nicht unbedingt beflügelt, er könnte zudem dafür sorgen, dass der eine oder andere bisher treue Fan der 360 zweimal darüber nachdenkt, ob er sich deren Nachfolgesystem schnellstmöglich oder überhaupt zulegen wird oder lieber doch etwas Zeit verstreichen lässt, um eventuelle Kinderkrankheiten auskurieren zu lassen. Der neuzeitliche Gang nach Canossa war einfach unvermeidbar, um den immer wildere Blüten treibenden Spekulationen Einhalt zu gebieten. So gibt es kaum ein Forum, in dem sich nicht eine Umfrage bzgl. der Ausfallquote finden ließe. Auch die munter sprießenden Gerüchte über Spiele oder Updates, die die Hardware angeblich in die ewigen Jagdgründe schicken können, würden nicht derartig brodeln, wenn es unter den Spielern nicht einen grundlegenden Mangel an Glauben an die Zuverlässigkeit der Konsole geben würde.

Das Positive: Die Nachfolgerin der Xbox 360 dürfte deutlich besser getestet werden und reifer sein, bevor sie in die Massenfertigung geht. Das Negative: Unterhaltsame, an Realsatire grenzende Interviews und Statements über kaum zu leugnende Probleme wird es wohl zumindest in der näheren Zukunft nicht mehr geben.

Microsoft macht letztendlich nur das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Versuchen, einen selbst verursachten Fehler zu beheben; ein Problem, das vermutlich auch Zeugnis des Bestrebens ist, auf Teufel komm raus vor der Konkurrenz im Laden zu stehen. Dass robuste Hardware und guter Kundenservice zugleich machbar sind, beweist Nintendo schon seit Jahren. Dementsprechend sollte man Microsofts Bemühungen anerkennen, sich mit Seligsprechungen aber erstmal zurückhalten. Oder, um es mal mit Pispers zu halten: Fangen wir demnächst auch an, dem Busfahrer zu applaudieren, weil er es schafft, sein Fahrzeug an der Haltestelle ordnungsgemäß zum Stillstand zu bringen?


Julian Dasgupta
Redakteur