E3 - Sony bläst zum Angriff!
Eine Kolumne von Jörg Luibl, 14.05.2003

Es brodelt in Los Angeles, denn Sony köchelt an einem Süppchen, das Microsoft und vor allem Nintendo gar nicht schmecken dürfte. Dabei hätte alles so beschaulich laufen können: Eine E3 ohne neues Konsolengerassel, ohne PS3, GameCube 2 oder Xbox 2. Eine E3 ohne Preiskämpfe und Marketinggerangel. Eine E3 ganz im Zeichen der magischen Essenz der Branche: der Spiele.

Aber Friede, Freude, Spielekuchen passt nicht zu einer boomenden Branche, die mehr umsetzt als Hollywood. Und wenn sich die gesamte Prominenz auf dem kalifornischen Schlachtfeld präsentiert, werden die ertragreichen Claims gnadenlos abgesteckt, Marken und Titel wie Armeen positioniert. Und die Sony-Generäle haben dieses Jahr besonders clever taktiert. Mit zwei Blitzangriffen wurden Microsoft und Nintendo düpiert:

Zunächst trifft der Exklusiv-Deal mit Electronic Arts den Redmonder Konsolenneuling in seinem attraktiven Vorzeige-Feature Xbox Live. Denn in Zukunft werden nur noch PS2-Spieler NFL, NHL oder FIFA online spielen können - Xbox und GameCube bleiben offline. Ein bitterer Prestige- und Zulieferer-Verlust für Microsoft, der auf die Unterstützung des weltgrößten Publishers verzichten muss. Immerhin konterte man direkt mit einer eigenen Sportreihe namens „XSN Sports“ und kann auch auf Segas Sportspiele setzen.

Viel herber trifft es Nintendo: Mit der Ankündigung der Mini-Konsole PSP , die schon Ende 2004 auf den Markt kommen soll, wird Nintendos Monopolstellung direkt attackiert. GameBoy und GBA bekommen hochkarätige Konkurrenz, die den Profitkuchen mindestens schmälert. Und das zu einem Zeitpunkt, wo Nintendo aufgrund enttäuschender GameCube-Verkäufe und fehlender Online-Unterstützung ohnehin schon in der Defensive ist.

Selbst die Börsianer trauen Sony im Handheld-Bereich einiges zu: Während Nintendos Aktien nach der PSP-Ankündigung fast um zehn Prozent fielen, stiegen die Sony-Papiere um vier Prozent. Nintendo steht derzeit mit dem Rücken zur Wand und man darf gespannt sein, wie der japanische Traditionskonzern reagiert.

Und Sony? Kann gelassen in die Zukunft blicken.


Jörg Luibl
4P|Textchef