Stolperstein Preispolitik
Ein Kommentar von Jan Wöbbeking, 02.12.2011

Kurz vor dem japanischen Launch ist auch der US-Preis der Vita-Speicherkarten durchgesickert: 119,99 Dollar kostet das große 32-Gigabyte-Exemplar bei Gamestop; die kleinste Version mit 4GB schlägt immer noch mit 29,99 Dollar zu Buche. Wer sich im Februar das bestmögliche Paket aus 3G-Konsole, viel Speicher und zwei Spielen holt, wird also selbst bei fairer Umrechnung rund 500 Euro berappen müssen. Top-Titel wie Uncharted sollen schließlich genau so viel kosten wie auf der PS3.

Ein stolzer Preis - vor allem, wenn man die gewachsene Smartphone-Konkurrenz im Hinterkopf behält. Bereits Nintendo ist mit seinem 250-Euro-Startpreis für den 3DS gehörig auf die Nase geflogen. Auch der Memory-Stick hat seinerzeit nicht gerade die PSP-Verkäufe angekurbelt. Warum also setzen die Tokyoter schon wieder auf eigenes teures Format, statt einfach den Industrie-Standard SD zu unterstützen? Die Situation erinnert mich an den Hund, der wieder und wieder mit einem langen Stock im Maul an einem schmalen Durchgang hängen bleibt, statt sich auf die Situation einzustellen und den Kopf quer zu drehen.

Der boomende Smartphone-Markt macht die Angelegenheit nicht einfacher. Wenn Sony nicht nur gegen gegen Nintendo, sondern auch gegen Apple & Co anstinken will, sollte es seine Kunden hofieren, statt ihnen die Vorfreude mit Extra-Kosten zu vermiesen. Sicher, auch Apple verlangt horrende Preise für gut ausgestattete Hardware. Der Unterschied ist, dass das Unternehmen aus Cupertino sich den Wucher leisten kann, weil die treue Anhängerschaft trotzdem in den sauren Apfel beißt - oder sich den Preis mit Mobilfunk-Verträgen versüßt. Sony hat diesen Vorteil nicht, das Unternehmen muss aus eigener Kraft auf den Kunden zugehen und ihm das Produkt schmackhaft machen. Wozu 300-500 Euro ausgeben, wenn man Handy-Spiele für Cent-Beträge haben kann?

Für mich ist die Antwort klar: Auf einem Smartphone gibt es kein Uncharted, kein Wipeout, kein Super Stardust. Ab und zu will ich aber auch unterwegs etwas zocken, das satt macht. Klar, mittlerweile gibt es richtig gute Spiele für iPod, Android & Co. Auf einer stundenlangen Zugfahrt geht aber nichts über eine ausgiebige Spiel-Session mit LittleBigPlanet oder anderen professionell ausbalancierten Titeln mit ähnlich hohem Budget. Genau deshalb freue ich mich so auf die Vita: Sie bietet einfach das beste Gesamtpaket aus Technik, Komfort, "größeren" Titeln und - sofern die gamescom-Versprechen wahr werden - einer Bibliothek mit günstigen Software-Snacks. Zusammengefasst also genau das, was ich mir als Hardcore-Gamer von einem Handheld wünsche. Jetzt muss Sony nur noch genügend Käufer überzeugen - und proprietäre Speicherkarten zu Wucher-Preisen eignen sich nur äußerst bedingt dafür.

Klar, es gibt auch die Möglichkeit, sich für die WiFi-Only-Version und 16 Gigabyte zu entscheiden, doch vor allem Apple-Nutzer wissen, wie schnell die voll sind. Außerdem fühlt man sich dann immer, als würde man etwas verpassen; als habe man nur eine veraltete Hardware-Revision erwischt. Vermutlich werde auch ich die bittere Preis-Pille schlucken und mir die Edel-Variante aus 3G-Modell und der größten Speicherkarte zulegen. Trotzdem stößt mir die unverständliche Preispolitik sauer auf.

Jan Wöbbeking,
Redakteur