GCDC 2008: Gaming 2020

GCDC 2008
19.08.2008 09:13, Jörg Luibl

GCDC 2008: Gaming 2020

Alex St. John, Geschäftsführer des erfolgreichen amerikanischen Online-Spiele-Unternehmens WildTangent ist ein selbstbewusster Redner, der gerne eine dicke Zigarre in und kein Blatt vor den Mund nimmt. Und wenn er loslegt, spürt man die Energie, die er in seine These legt, denn er überschlägt sich fast - so schnell feuert er seine Silben ab. Nachdem er seinen Vortrag über die Spielezukunft im Jahr 2020 mit dem Satz "American Education System sucks." einleitete, war ihm das erste amüsierte Gelächter sicher.

Das gefror einigen Anwesenden allerdings im Gesicht, als er sich Sony und Microsoft vornahm, die mit ihren aktuellen Konsolen, laut St.John, quasi vor dem Aus stehen:

"Xbox 360 and PS3 can never recover their losses for this generation of consoles."

Die Xbox 360 und die Playstation 3 seien aber nicht nur Todgeweihte, sondern auch die letzten ihrer Art. Denn: Konsolen sterben, laut St. John, aus. Das erinnerte ein wenig an die One-Console-Future-These von Denis Dyack (Silicon Knights) - nur mit anderen Vorzeichen. Und was kommt stattdessen? Der PC als führende Plattform, und zwar mit Online-Rollenspielen für alle Altersklassen und Bedürfnisse als dominantes Genre. Persistente Welten werden die klassischen Spiel immer mehr verdrängen.

Das wird auch daran liegen, dass großartige Grafik kein Unterscheidungsmerkmal mehr sein wird, da sie in allen Haushalten bei allen Spielen möglich sein wird - die Hardware ist egal, Konsolen sind nicht mehr nötig. Und sie sägen gerade an ihrem eigenen Ast, nämlich den klassischen Spielverkäufen im Handel, indem sie ihre Online-Services ausbauen:

"The faster consoles move to online models the faster they will die because they will disintermediate the retail channles they depend on."

Das Konsolenbusiness ist laut St. John vom Handel mit Retailfassungen abhängig. Und warum wird der Markt im Jahr 2020 von Online-Rollenspielen dominiert? Sie seien einfach unheimlich profitabel, wie World of WarCraft demonstriert. Außerdem böten das bessere Geschäftsmodell. Und in Asien dominieren persistente Spiele jetzt schon. Unter dieser Oberfläche setzen sich bereits jetzt WoW-ähnliche Titel durch: Club Penguins ist WoW für unter Achtjährige, Runescape ist WoW für über Achtjährige, Seconc Life ist WoW für alle, die keinen echten Spiele entdeckt haben.

Microsoft und Sony stehen also vor dem Konsolenaus. Der Erfolg des dritten Wettbewerbers würde das noch unterstreichen. Warum ist Wii die einzige profitable Konsole? Weil Nintendo begriffen hat, dass man sich nicht über die Grafik, sondern über die Eingabegeräte abheben kann. Das ist auf lange Sicht günstiger und kluger und wirtschaftlicher, wie die Verkaufszahlen der Wii-Konsole und Wii-Spiele zeigen.

Was erwartet uns also im Jahr 2020 außer dem PC als dominierender Plattform und MMOs als dominierendes Genre? Die totale Virtualisierung der Spielewelt, weg von Boxen, Plastik und Verpackungen, weg von Blu-ray und DVD, hin zu reinen Onlinedaten und einem wahren Boom an In-Game-Advertising: "Games become Broadcast Media." Sie werden von statischen Medien zu werbefinanzierten, mit Abo- und Kundenmodellen versehenen Medien, die man immer und überall zu eigenen Konditionen konsumieren kann.

Alex St. Johns Zukunftsvision wäre übrigens vor allem für eine Firma überaus förderlich: Seine eigene. Und deshalb präsentierte er dem Publikum am Ende noch mal am Beispiel seiner eigenen Webseite, was er jetzt und in naher Zukunft an coolen Geschäftsmodellen im Online-Business anbieten kann.