Xbox 360: Der teure Frühstart

Xbox 360
08.09.2008 02:10, Julian Dasgupta

Xbox 360: Der teure Frühstart

Mit Opening the Xbox hatte Dean Takashi bereits dem Vorgänger der Xbox 360 unter die Haube geschaut, in seinem neuen Buch, The Xbox 360 Uncloaked betrachtet er die Entwicklungsgeschichte von Microsofts jüngstem Produkt. Und die hat es durchaus in sich. Das im vergangenen Jahr auch offiziell vom Hersteller bestätigte Red Ring-Problem ist zwar ein Zeugnis der überstürzten Bemühungen Microsofts, ein Jahr vor der Konkurrenz am Markt zu sein - Takahashi wartet allerdings mit einigen interessanten Details auf.

So hatten Robbie Bach & Co. immer wieder betont, man habe zum Launch der Xbox 360 nichts von irgendwelchen Hardwareproblemen gewusst, schließlich seien die meisten Defekte doch erst nach einem Jahr aufgetreten. Laut Takahashis Informationen hatte es aber schon im Vorfeld der Veröffentlichung zahlreiche Hindernisse und Hinweise auf Mängel wie überhitzende Grafikchips gegeben.

Microsoft habe aber am ursprünglichen Ziel festgehalten und dabei eine für eine Softwarefirma typische Denkweise an den Tag gelegt, so ein Branchenkenner: "Die bringen etwas heraus und denken sich, dass man das dann (nachträglich) mit einem neuen Patch oder Bug-Fix geradebiegen kann."

Der Hersteller vermied es bisher, die tatsächliche Rücklaufquote zu nennen, einigen Zahlen von VentureBeat zufolge waren Anfang 2007 1,2 Millionen von 11,6 Mio. an den Handel ausgelieferten Konsolen eingeschickt worden.

Die Konsole sei von Anfang an mit heißer Nadel gestrickt worden, sagt Takahashi. So hätten die Microsoft-Ingenieure "mindestens ein Jahr" nach Sony begonnen, an ihrem neuen System zu arbeiten - und das dann aber ein Jahr vor der PlayStation 3 veröffentlicht. Sowohl ATI (Grafik) als auch IBM (Hauptprozessor) hätten zugesagt, ihre Chips in der Hälfte der dafür normalerweise benötigten Zeit fertigzustellen. Beide Firmen hatten dann auch in den Monaten vor dem Launch damit zu kämpfen, die Ausschussrate in der Produktion in den Griff zu bekommen.

Die Ausschussrate bei den Konsolen soll inital 68 Prozent betragen haben. Das sei in einer frühen Phase durchaus nicht ungewöhnlich; Microsoft und seine Partner hätten es allerdings nicht geschafft, die wesentlichen Probleme zu beheben. Außerdem seien dann noch Entwickler vom Team abgezogen worden, um am Schaffungsprozess des iPod-Konkurrenten Zune mitzuwirken.

Nachdem man mit der ersten Xbox innerhalb von vier Jahren 3,7 Mrd. Dollar versenkt hatte, nahmen sich die Mannen um Bach vor, zumindest am Ende der nächsten Generation einen Gewinn einfahren zu können. Was wiederum einer der wichtigsten Gründe für die Entscheidgung gegen eine standardmäßige Festplatte war, wollte der Hersteller seine Geräte doch möglichst nur mit einem kleinen Verlust verkaufen. Erst recht späte habe man sich dann doch dazu durchgerungen, spezielle Versionen der Konsole mit Festplatte anzubieten. Auch die Idee, standardmäßig kabellose Controller anzubieten, sei recht spät gekommen. Die nachträglichen Änderungen hatten Einfluss auf das ursprüngliche Design, da der angedachte Luftstrom durch das Gehäuse durch die neuen Komponenten deutlich blockiert wurde.

Einige Probleme hätte sich der Konzern auch ersparen können, wenn er nicht bei den Testmaschinen für die Produktion gespart hätte. Stattdessen gab man zwei Mio. Dollar weniger aus und ließ nur 500 Geräte fertigen, obwohl wohl schätzungsweise 1500 benötigt wurden. "Es gab so viele Probleme, dass man nicht wusste, was eigentlich nicht funktionierte." Hätte man in den chinesische Produktionsstätten die Fertigung unterbrochen, um den Prozess genauer zu untersuchen, dann hätte Microsoft wohl den Euro- und Japan-Launch der 360 verschieben müssen. Das aber wollte man auf keinen Fall.

Berichte über nicht mehr funktionierende Konsolen habe es von Anfang an gegeben, diese seien vom Hersteller aber als "vereinzelte Meldungen" abgetan worden. Obwohl der Konzern intern mit einer überdurchschnittlichen Rücklaufquote rechnete, sei der Support nicht für derartige Unterfangen gewappnet gewesen, was frustrierte Kunden alles andere als beruhigt haben dürfte.

Anfang 2008 habe man noch eine Ausschussrate von 15 Prozent in der Produktion gehabt - mit 10 Prozent habe man kalkuliert. Im Januar 2007 schließlich entschied man sich dazu, den Fertigungsprozess zu unterbrechen, um die Ursache der Qualitätsprobleme lokalisieren zu können. Bis Juni 2007 habe man deswegen fast keine neuen Einheiten produziert. Diese Ausfall konnte man sich allerdings leisten, da der Handel zuvor 'überversorgt' worden war und noch genug Geräte im Lager hatte.

Aufgrund der durch die Hardwareprobleme verursachten Kosten habe Microsoft den Preis des Systems nicht schnell senken können wie geplant. Dabei habe man aber letztendlich Glück im Unglück gehabt, da Sony mit dem Konkurrenzsystem preislich bisher keinen großen Druck ausüben konnte.

Die Xbox 360 hat mittlerweile die dritte hardware-technische Generation erreicht - im Jasper betitelten Design werden sowohl der Grafikchip als auch der Hauptprozessor im 65nm-Verfahren hergestellt. In der nächsten Fassung - Codename Valhalla - sollen dann GPU und CPU in einem Chip vereint werden.