Arcania: Gothic 4: gc-Eindruck: ArcaniA - A Gothic Tale

Arcania: Gothic 4
23.08.2009 10:54, Jörg Luibl

gc-Eindruck: ArcaniA - A Gothic Tale

Was passiert, wenn man einem leidenschaftlichen Rollenspieler einfach nur eine Engine zeigt, die eine hübsche Landschaft darstellt? Was passiert, wenn man keinen Kampf zeigen, keine Quest vorführen und auch keine Vision seines Abenteuers vermitteln kann? Der Redakteur macht wenig Notizen und bekommt immer noch keinen greifbaren Eindruck von dem Rollenspiel, das nach dem Gothic 3-Debakel bekanntlich in direkte Konkurrenz zu Risen tritt.

Außerdem fragt er sich, was das Team von Spellbound die ganze Zeit über gemacht hat? Sind die Desperados-Macher nicht schon seit knapp zwei Jahren aktiv? Und wieso präsentierte keiner von den Entwicklern dieses wichtige Rollenspiel? Das Wenige, das nach unserem Besuch bei JoWooD übrig blieb und von zwei PR-Leuten vorgetragen wurde, sei dennoch erwähnt.

Man streift als namenloser Held durch eine waldige Landschaft (die kleiner, aber dichter bevölkert sein soll als in Gothic 3), es gibt Felsen und hohe Bäume (im finalen Spiel soll es jedoch weitaus mehr zu entdecken geben), es gibt eine Minimap mit Zielorten (die auch abgeschaltet werden kann), alle Charaktere haben einen Tagesablauf (der nicht demonstriert werden kann), es gibt ein Meer mit schöner Brandung (vor allem im Abendrot zu empfehlen), es gibt Städte (die aber nicht gezeigt werden), es gibt politische Fraktionen (die aber nicht anschaulich erklärt werden können) und Diego (der nicht gezeigt wird) fungiert als Mentor des jungen Kriegers, der alles besitzt, was Rollenspiele seit 20 Jahren so auszeichnet: Lebenspunkteleiste, Fähigkeiten, Waffen.

 Das Kampfsystem soll sowohl Kenner als auch Einsteiger zufrieden stellen - Erstere können z.B. manuell mit dem Bogen zielen und sorgen so auch für mehr Schaden, während Letztere einfach das automatische Zielsystem nutzen, aber weniger Schaden machen. Auch die gefürchteten Wildschweinattacken aus Gothic 3, die ganze Landstriche entvölkerten, soll es nicht mehr geben. Und natürlich wird es keine miesen Bugs wie etwa das unbesorgte Clipping-Kämpfen aus dem Inneren eines Felsen heraus geben. Auf die Frage, warum man die drei Goblins nicht mal angreift, die die ganze Zeit hinter dem Helden herhopsen, wird erklärt, dass die Kampf-KI noch nicht implementiert sei. Und die Dungeons? Ja, die sind schon drin, also begibt sich der Held nahtlos von über nach unter Tage, aber auch in den Katakomben passiert in dieser Vorführung nichts - man kann keine Fallen, keine Gegner, keine Geheimgänge zeigen.

Man fragte sich als Spielejournalist unweigerlich, ob das ein Verkaufstermin für eine Engine-Lizenzierung oder wirklich eine Spielepräsentation werden sollte. Selbst wenn es um die Vorzüge der Vision-Engine von Trinigy gehen sollte, wurden selbst diese nicht markant genug gezeigt. Das dynamische Wettersystem z.B., das auch Auswirkungen auf die Bewohner haben soll, die einen Unterstand bei Gewitter suchen, exisistierte nur in Worten, nicht auf dem Bildschirm.

Aber die Präsentation kann etwas viel Wichtigeres nicht vermitteln: Die Vision des Spiels, die Magie der Welt, die Spannung der Erkundung. Es ist unfassbar, welche Welten zwischen einer Rollenspielpräsentation von BioWare und JoWooD liegen - die einen bringen ihre Leidenschaft von Anfang an rüber, schon im Alphastadium ist immer ein Entwickler dabei; die anderen sind einfach stolz darauf, dass eine Polygonfigur absturzfrei durch die Landschaft tigert. Natürlich darf sich JoWooD mit diesem ArcaniA keine Fehler mehr erlauben, aber welche PR-Strategie soll denn bitte hinter so einer blutleeren Vorführung liegen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dem Team von Spellbound und seiner kreativen Vorarbeit damit in irgendeiner Weise gerecht wird, denn ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass man intern sehr viel weiter ist. Nach zwei Jahren Spieldesign muss mehr exisitieren als eine hübsche Polygonhülle, muss es Charaktere, Quests & Co geben. Und letztlich haben auch die Spieler und Käufer nach all dem Hickhack und nach der unverschämten Erweiterung Götterdämmerung, ein Anrecht darauf zu erfahren, was aus dieser Gothic-Version werden soll. Aber wenn man das nicht auf der größten europäischen Spielemesse zeigen will, hat man ihren Sinn nicht verstanden.

gc-Eindruck: nicht möglich