EVE Online: CCP versucht, Wogen zu glätten

EVE Online
28.06.2011 16:38, Julian Dasgupta

EVE Online: CCP versucht, Wogen zu glätten

Der Ärger um die Einführung von Mikrotransaktionen ist mitnichen verraucht. Arnar Hrafn Gylfasons erster Versuch einer Rechtfertigung der Preise war von nicht wenigen Spielern als das aufgefasst worden, was ein ehemaliges Mitglied der Spielervertretung Council of Stellar Management (CSM) in der jüngsten Sendung des EVE Radio als "big 'fuck you'" beschrieb.

Für Aufregung sorgte auch eine durchgesickerte Email von Hilmar Petturson , der sein Studio einschwören wollte auf die Dinge, die da kommen. So ließ der CCP-Boss verlauten, man habe innerhalb von 40 Stunden über 52 Monokel verkaufen können - das umgerechnet 50 Euro teure Luxus-Item habe damit mehr Umsatz erwirtschaftet als die anderen Gegenstände im mit Incarna eingeführten Store. Hinsichtlich der Reaktionen aus der Community merkte er an:

Was wir momentan sehen, ist _sehr vorhersehbares Feedback_ über das, was wir machen. Mit Hinblick darauf, dass ich das jetzt schon ein Jahrzehnt lang gemacht habe, kann ich euch sagen, dass dies einer dieser Momente ist, wo wir darauf achten, was unsere Spieler machen, weniger darauf, was sie sagen. Innovation benötigt Zeit, und die vorhersagbare Reaktion ist immer der Widerstand gegen Veränderungen.

Wir haben uns für diese ganz bestimmte Preisstrategie entschieden und werden auf Kurs bleiben, anstatt plötzlich umzufallen oder mit einem klassischen Reflex auf das Vorhersagbare zu reagieren. Das heißt nicht, dass sich gar nichts ändern wird - ganz im Gegenteil. Wir wissen, dass der Erfolg in diesem Bereich darauf basiert, dass man aus den Dingen, _die tatsächlich passieren_, lernt und Anpassungen vornimmt sowie neues Wissen gewinnt und zu dem hinzufügt, was man kannte und erwartete. 


Das Verändern der Welt sei schwierig, aber CCP habe dies in der Vergangenheit schon mehrfach bewältigt. Man müsse seine Strategie wie zuvor konsequent verfolgen.

'Monocle-gate' und seine Folgen

Brendan Drain hatte in seiner Massively-Kolumne argumentiert, dass das Monokol nicht der eigentliche Auslöser des Ärgers sei, obwohl viele die Geschehnisse mittlerweile monocle-gate getauft haben. Viele Spieler wären bereit, die Existenz von Statussymbolen für montär potentere Nutzer zu akzeptieren. Allerdings böte der Store rein gar nichts in den unteren, eher üblichen Preisbereichen. Gylfasons Analogie zu echten Klamotten sei zudem irreführend: Eine EVE-Jeans koste umgerechnet drei Mal so viel wie ein Raumschiff im MMOG.

Schlimmer sei aber wohl noch der Umstand, dass CCP wohl entgegen früherer Versprechen Pläne dafür hegt, nicht nur kosmetische Gegenstände (vanity items) anzubieten, sondern auch Inhalte mit Gameplay-Wirkung. Dies würden die bisher durchgesickerten Emails und sowie der Fearless-Newsletter ebenso nahelegen wie die Tatsache, dass die Entwickler sich bis zu jenem Zeitpunkt trotz zahlreicher Fragen aus der Community nicht zu genau diesem Thema geäußert hatten. Als vor ein paar Tagen Gerüchte über eine angebliche Übernahme durch Sony auftauchten - es wurde spekuliert, dass sich CCP mit seinen drei Studios und knapp 600 Mitarbeitern finanziell übernommen hat -, hatte sich das Unternehmen hingegen sofort zu Wort gemeldet, um jene Berichte zu dementieren. Der Verkauf von Pay-to-Win-Items könnte den Wirtschaftskreislauf zerstören, dessen sich das Studio immer gerühmt hatte. Gegenstände oder gar Raumschiffe, die quasi aus dem Nichts entstehen, würden die klassische Wertschöpfungskette konterkarieren.

CSM ignoriert

Kritik gab es auch an der Einbeziehung des CSM, dessen Wichtigkeit die Entwickler stets betont hatten. So ließ ein Mitglied in der EVE Radio-Sendung verlauten, dass der Rat vor der Incarna-Veröffentlichung keinerlei Infos zu den konkreten Plänen CCPs erhalten habe. Er gehe davon aus, dass nicht mal alle Leute innerhalb des Studios über die Preise im Store informiert wurden. Die weitergeleiteten Dokumente könnten ein Indiz dafür sein, dass die vom Management vorgegebene Strategie innerhalb des Teams äußerst umstritten ist.

Auch an anderer Stelle sei der Rat ignoriert worden: CCP habe dem CSM den Artikel von Gylfason zwar vor der Veröffentlichung vorgelegt. Die CSM-Mitglieder hätten das Studio daraufhin gewarnt, dass die Tonart und die Begründung den Ärger nur vergrößern würden.Trotz diverser Anmerkungen und Vorschläge sei der Text dann aber nahezu unverändert ins Netz gestellt worden.

Laut Develop haben mittlerweile über 5000 Spieler angekündigt, ihre Abonnements zu kündigen. Dies würde einem Umsatzverlust von knapp einer Mio. Dollar pro Jahr entsprechen. Es darf spekuliert werden, ob das Studio einen solchen Schwund angesichts einer Nutzerbasis von über 300.000 Leuten einkalkuliert hat und darauf hofft, mit Mikrotransaktionen und neuen Spielern mittelfristig mehr Geld einnehmen zu können. Drain hatte in seiner Kolumne gemutmaßt, dass CCP die bisherigen 'Power-Nutzer' und den Kern der Fangemeinde eher ignorieren will und darauf hofft, mit dem neuen Geschäftsmodell frische Nutzer anlocken zu können. Ein Hauptanlaufpunkt ehemaliger EVE-Nutzer ist laut Massively Perpetuum Online .

CCP versucht, die Gemüter zu beruhigen

Derweil beginnt bei CCP die Abteilung Schadenskontrolle langsam hochzutouren: Bei Gamasutra darf John Turbefield z.B. darlegen, dass die Spieler ja über den CSM einen zentralen Einfluss auf die Ausrichtung von EVE Online (ab 49,95€ bei kaufen) ausüben würden. Gylfason hingegen hat mittlerweile einen zweiten Artikel veröffentlicht, in dem er sich für den Ton des vorherigen Textes entschuldigt.

Jene Blog-Post habe seine Gefühle gegenüber der Gemeinde nicht korrekt dargestellt. Er sei sehr frustriert gewesen - der Ärger über die durchgesickerten internen Dokumente habe seine Gemütslage noch verschlechtert.

Mit ein paar Tagen Abstand sei ihm klar, dass es jetzt darum gehe, den gegenseitigen Respekt und das Vertrauen zwischen beiden Parteien zu stärken. Es gebe bestimmte Fragen, die ihrer Beantwortung harren - Fehler bei der Kommunikation könne man sich nicht mehr erlauben.

CCP habe eine außerordentliche Sitzung mit dem CSM am 30. Juni und 1. Juli einberufen und werde alle Mitglieder nach Reykjavik einfliegen lassen. Der CSM solle den Entwicklern dann "dabei helfen, die Strategie für virtuelle Güter festzulegen und zu verfeinern." Ziel des Meetings sei es, eine Übereinkunft darüber zu finden, wie virtuelle Güter sich in EVE Online weiterentwickeln werden. Wer Anmerkungen oder Bedenken habe, solle sich deswegen vorher am besten mit den CSM in Verbindung setzen.

Gylfason sagt auch: Es gibt und gab niemals Pläne dafür, "Gold-Munition" für Aurum zu verkaufen. Die im Fearless-Dokument aufgeführte Debatte habe nur alle möglichen Problemfelder abdecken sollen. Leute hätten dort auch zum Zwecke der Diskussion Meinungen vertreten, die sie persönlich gar nicht teilen würden. Jener Kontext würde dort fehlen.

Da das ganze Thema recht heikel sei, wolle sich CCP dazu erst wieder äußern, wenn das Treffen mit dem CSM abgeschlossen wurde.