Activision Blizzard: Kotick über Innovation & Guitar Hero

Activision Blizzard
21.07.2011 01:21, Julian Dasgupta

Activision Blizzard: Kotick über Innovation & Guitar Hero

In einem recht ausführlichen Interview plauderte Forbes mit Bobby Kotick über ein Thema, von dem böse Zungen behaupten könnten, es werde nicht oft mit Activision Blizzard in Verbindung gebracht: Innovation.

Der Geschäftsführer des Publishers merkt an, dass man die Leute intern dazu ermutige, innovativ zu sein, indem man ihnen die Freiheit gewährt, Fehler zu machen. Nach der Veröffentlichung betreibe man bei jedem Spiel dann eine genaue Analyse, falls die ursprünglichen Abschätzungen nicht erreicht wurden. So wolle man herausfinden, wo es gehakt hat und ob die Erwartungen der Kunden nicht erfüllt wurden.

Es sei vielleicht eine Spezialität von Activision, einen besonders guten Draht zum Kunden zu haben und mit allerlei Methoden herauszufinden, was diese denn wirklich spielen wollen. Man habe stets ein gutes Gefühl dafür, was der Markt will, heißt es da mit Verweis auf nicht überall unumstrittene Verfahren wie Fokusgruppentests oder Umfragen. Sollte man mal falsch liegen, dann gebe es einen bewährten Lernprozess, über den die Ursachen untersucht werden.

Kotick über Activisions Musikspiele

Als Beispiel für den Erkenntnisprozess führt Kotick die Guitar Hero-Reihe an. Vor über drei Jahren noch hatte er damit geprahlt, dass über 2000 Leute bei Activision an Musikspielen arbeiten; nach dem Absatzeinbruch der jüngeren Vergangenheit hatte der Publisher dann Anfang 2011 die Sparte aufgelöst.

Activision habe den damaligen Publisher (Red Octane) nach dem ersten Guitar Hero aufgekauft und die Serie dann schnell mit weiteren Titeln zu einem großen Erfolg entwickelt. Allerdings habe man sich nicht genug Zeit genommen, um das Verhalten der Zielgruppe zu verstehen. Der Anreiz habe darauf basiert, dass die Leute den Rockstar in ihnen rauslassen wollen. Activision habe dann angefangen, DJ Hero zu entwickeln.

Rückblickend - und das ist eigentlich eine wirklich einfache Sache - hätten wir sagen sollen: "Tja, wie viele Leute wollen denn den DJ in ihnen rauslassen?" Und von den Leuten, die ihren inneren DJ ausleben wollen, wie viele wollen das in einem Spiel machen, in dem man Punkte bekommt, und wie viele wollen das lieber mit einem DJ-Deck und anderen Tools an einem Mac machen, wo sie wirklich ein DJ sein können? Tja, es hat sich gezeigt, dass das ein ziemlich kleiner Markt ist.

Die Kundschaft habe das Spiel letztendlich nie gewollt; man habe es ihr quasi aufgenötigt. Der Hersteller habe sich außerdem so für DJ Hero begeistert, dass man darüber vergaß, die eigentliche Kernmarke, Guitar Hero, mit frischen Ideen auszustatten.

Und das war also wie ein Doppelschlag für uns - DJ Hero war nicht erfolgreich, und dann hatte auch Guitar Hero keinen Erfolg mehr, weil es nicht die notwendige Pflege und Sorgfalt bekam. Also haben wir im letzten Jahr das gemacht, was meiner Meinung nach die richtige Entscheidung war. Wir haben uns gesagt, dass wir das Interesse der Kunden zurückgewinnen und inspirierte Innovation abliefern müssen.

Also nehmen wir die Produkte vom Markt und erzählen eine ganze Zeit lang niemandem, was wir jetzt machen, aber wir stoppen den Verkauf von Guitar Hero komplett. Dann werden wir neue Studios einspannen, um Guitar Hero neu zu erfinden. Das ist das, was wir zur Zeit machen.

Äußerst wichtig für jenen Neustart seien die zuvor bereits erwähnten Marktforschungsbemühungen. Man verbringe viel Zeit damit, sich mit potenziellen Kunden aus allen möglichen Ziel- bzw. Altersgruppen zu unterhalten um zu ergründen, was erwünscht ist. Das zuständige Studio entwickle derweil eigene Prototypen, mit denen man herumexperimentiert.

Über jene Marktforschung heißt es:

Im Falle von Guitar Hero haben wir Analysen betrieben, und es wurde recht deutlich, dass die Leute nicht noch mehr Heavy Metal-Musik aus den 80ern wollen. Aber das was sie wollten, war für uns nur sehr schwer zu bekommen von den Musikanbietern. Das, was die Leute am meisten wollten, war Led Zeppelin. Aber wir schafften es nicht, Led Zeppelin dazu zu bekommen, uns die Rechte zu geben. Und da gab es noch diverse andere Künstler, wo das genauso war. Und da gab es noch andere Dinge... Dinge, für die die Zeit noch nicht reif war, aber die heutzutage vielleicht wirklich gut ankommen würden.

Der Innovationsprozess

Jedes neue Produkt bzw. Konzept müsse bei Activision einen recht umfassenden Evaluationsprozess durchlaufen, bevor man es letztendlich abnickt. Das Marketing sei von Anfang an involviert. Mehrere Leute würden dabei bewerten, ob die Marktforschung die ursprünglichen Erkenntnisse und Annahmen der Entwickler bestätigt, ob das Budget ausreicht und auch der Zeitplan eingehalten werden kann. Natürlich müsse man auch beachten, ob die Konkurrenz ähnliche Produkte veröffentlicht hat oder plant.

Außerdem schütte Activision mehrere Millionen Dollar an Boni an Teams wie Infinity Ward oder Treyarch aus. Die Studiochefs könnten dann entscheiden, wie das Geld dann genau auf das Team verteilt wird. Dabei sollen auch jene belohnt werden, die besonders gute Ideen hatten.

Allerdings lässt Kotick auch seine Präferenz dafür durchblicken, dass sich ein Unternehmen auf das konzentrieren sollte, was man kennt und beherrscht. Dies sei ein Grund, warum sich Activision bis dato von Facebook & Co. fernhält - man habe intern kein Personal, das Erfahrung mit Social Games hat. Koticks Ratschlag an andere Firmenchefs:

Mach diese eine Sache richtig, die du am besten kennst - du scheiterst vielleicht, aber konzentriere dich auf eine Sache, lass dich nicht ablenken.

Über die Jahre hinweg haben wir die Zahl der Spiele eingeschränkt, auf dir wir uns konzentrieren. Ich kann Ihnen verraten, dass wir im letzten Jahr zwei wirklich große Projekte eingestampft und ein Projekt sehr langfristig verschoben haben - weil wir das Bestmögliche abliefern wollen.

Bei dem verschobenen Spiel könnte sich der CEO eventuell auf den Call of Duty-Ableger bezogen haben, der bei Sledgehammer Games in Arbeit war. Nach dem Aderlass bei Infinity Ward im vergangenen Jahr war das Team von seinem Projekt abgezogen worden, um die verbliebenen Entwickler bei IW bei der Produktion von Call of Duty: Modern Warfare 3 zu unterstützen. Namen nennt Kotick generell nicht, aber bei einem der eingestellten Projekte handelt es sich wohl um True Crime: Hong Kong.

In einem Fall hatten wir ein GTA-artiges Spiel mit einer offenen Spielwelt, das etwas publikumsfreundlicher und nicht so brutal wie GTA sein sollte, mit einem Schwerpunkt auf Fahren und Kämpfen - nicht Obszönität. Es wäre inhaltlich nicht so kontrovers gewesen, hätte sich aber toll gespielt. Nach drei Jahren haben wir aber erkannt, dass wir einfach nicht die notwendigen Fertigkeiten in der Firma haben, um diese Sorte von Spiel zu machen, also haben wir es eingemottet.

Letztendlich sei das ein Beispiel dafür, dass sich Fokus auszahlt - wenn man nach einer gewissen Zeit nicht die angestrebte Qualität erreichen kann, müsse man eben handeln. Das solle aber nicht heißen, dass Leute dadurch entmutigt werden, Risiken einzugehen, schließlich hätten sie Möglichkeiten gehabt, sich dann an andere Projekte zu setzen. In manchen Fällen arbeite man auch mit externen Studios zusammen, schließlich sei es schwieriger die Ausrichtung eines internen Teams zu ändern. True Crime: Hong Kong war bei United Front Games in Entwicklung.