Game Developers Conference Europe 2012: Yager über den Wert negativer Gefühle

Game Developers Conference Europe 2012
13.08.2012 14:07, Julian Dasgupta

Yager über den Wert negativer Gefühle

Mit Spec Ops: The Line hatten Yager und 2K Games einen recht düsteren Shooter abgeliefert und sich damit von einer etwas anderen Seite an das Genre herangewagt als die oft recht US-patriotisch daherkommende und Adrenalinschübe setzende Konkurrenz. Auf der GDC Europe blickte Jörg Friedrich (Design Lead) zurück auf die Produktion und hatte sich dafür das folgende Thema auserkoren: "Making the player feel bad - breaking rules of player choice for emotional impact".

Anfangs legte Friedrich den Unterschied zwischen Filmen und Spielen dar. In Filmen könne man sich in bestimmten Szenen auf Emotionen konzentrieren, da man nichts kontrollieren, keine Herausforderungen lösen muss. Dadurch sei es einfacher, mit Charakteren mitzufühlen. Man sei manchmal zu beschäftigt damit, das Geschehen zu steuern. Spiele könnten dafür intensiver sein, heißt es mit Verweis auf eine gewisse Fingerszene aus Heavy Rain - hier mache sich das Medium genau jene Faktoren zu nutze. Man fühle sich in den Charakter hineinversetzt. In Spielen trage der Spieler außerdem Verantwortung für seine Handlungen und könne sich z.B. schuldig fühlen. Das sei bei einem passiv konsumierten Erlebnis nicht möglich.

"Sollten Spiele nicht nur spaßig und unterhaltsam sein?"

Die Technik habe sich in den vergangenen 30 Jahren extrem weiterentwickelt, das Spektrum der in Spielen abgedeckten Gefühlen hingegen nicht. Mit negativen Emotionen könne man den Spieler überraschen, einem Erlebnis mehr Tiefe verleihen. Jeder würde sich heute noch an den Tod eines gewissen Charakters in Final Fantasy VII erinnern.

Wie aber könne man ein negatives Erlebnis servieren, ohne dass der Spieler aufhört zu spielen? Man müsse etablierte Regeln brechen, aber darauf achten, dass nicht zu viele Regeln gebrochen werden, damit der Spieler nicht verärgert wird. Außerdem: Würde man das am laufenden Band machen, trete ein Gewöhnungseffekt sein - der Kontrast würde fehlen.

Eine der Regeln, die man clever umgehen kann: Man solle den Spieler nicht nur vor Entscheidungen stellen, die einen "guten" und einen "schlechten" Ausgang haben. Manchmal müsse es auch "schlecht" und "schlechter" oder einfach hoffnungslos sein. Auch sollten die Konsequenzen einer Handlung nicht immer vorher klar sein - der Spieler müsse dann basierend auf seiner Erfahrung/Einschätzung handeln. Die Konsequenz müsse letztendlich natürlich immer noch in den Kontext der Situation passen. In Fahrenheit habe das in den Dialogen gut funktioniert, bei L.A. Noire hingegen nicht.

Eine weitere Regel, die man auch mal ignorieren sollte: Nicht jede Entscheidung des Spielers sollte belohnt oder bestraft werden. Moralsysteme würden den Spieler aus einer Situation rausreißen - oft gehe es dann nicht um die wirkliche Moral des Spielers, sondern um strategische Abwägungen hinsichtlich späterer Auswirkungen.

Achtung, Spec Ops-Spoiler folgen:

Als Beispiel nennt Friedrich die Szene, in der die aufgebrachten Zivilisten Lugo lynchen. Der habe den Spieler bis dahin begleitet und sei ihm vertraut - die Menschen seien aber aus gutem Grund zornig gewesen: Das Soldatentrio hatte den für das Überleben notwendige Wassernachschub gekappt.

Der Spieler könne nun seiner Wut über den Verlust freien Lauf lassen und auf die Zivilisten feuern - oder in die Luft schießen, um die Menge aufzulösen. Die Entwickler hätten sich bewusst dagegen entschieden, selbst irgendwelche Wertungen für die Handlungen oder bestimmte Konsequenzen zu implementieren. Der Spieler müsse selbst sein Handeln bewerten.